Arme Seelen

Das Fegfeuer und der
Trost der Armen Seelen
Von Joseph Ackermann
Leicht sprachlich überarbeitet und neu herausgegeben von Klemens Kiser

  
  





 

 

"Trost der Armen Seelen", herausgegeben von Joseph Ackermann, Pfarrer in Emmen, das nichts gegen die Glaubens und Sittenlehre unserer heiligen Kirche enthält, verdient seines salbungsvollen Inhaltes wegen der Andacht des gläubigen Volkes allerdings empfohlen zu werden.
Chur, den 27. Juli 1846 + CASPAR VON CARL, Bischof von Chur 

Von Klemens Kiser leicht sprachlich überarbeitet und neu herausgegeben
(2. Neuauflage).

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Belehrungen und Beispiele über die Armen Seelen im Fegfeuer

Vom Begriffe und Dasein des Fegfeuers

Von den Peinen/Leiden des Fegfeuers

 

Beweggründe, den Armen Seelen zu helfen

 

Von den Mitteln, den Armen Seelen zu helfen

Aussagen über die Dankbarkeit der Armen Seelen (kurz und bündig von Heiligen) 

GESTIFTET ZUM WOHL DER ARMEN SEELE

Einleitung

Es ist dem Menschen eigen, sich um seine in fernen Gegenden wohnenden Freunde zu kümmern und sich sehnsuchtsvoll nach ihrem Schicksal zu erkundigen. Deshalb sollten wir auch wünschen, Kunde über den Zustand unserer geliebten Verstorbenen zu erlangen, da es wohl niemanden gibt, dem der Tod nicht einen geliebten Vater, eine zärtliche Mutter, einen Bruder, eine Schwester, oder einen Freund oder Bekannten, der ihm am Herzen lag, entrissen hat.

Noch heftiger drängt uns die Liebe, Nachricht zu erhalten, wenn wir bedenken, daß sie sich, wie mit Grund zu glauben ist, in schrecklichen Leiden befinden und wir ihnen nach der eindeutigen Lehre unserer heiligen Religion leicht Trost und Linderung, ja sogar die Erlösung aus denselben verschaffen können. Wie traurig und undankbar unsererseits und wie schrecklich für jene wäre es, wenn wir ihnen diese himmlische Wohltat versagten, entweder nur weil wir sie nicht kannten oder auch weil wir sie nicht achteten.

Um also diesem dringenden Bedürfnis gläubiger Seelen so viel als möglich zu entsprechen, wurde hier das wichtigste und interessanteste gesammelt, das man über diesen Gegenstand sowohl in der hl. Schrift, der Überlieferung und den Beschlüssen der Kirche, als auch in den Schriften der hl. Väter, kirchlichen Schriftsteller  und Geisteslehrer  finden konnte.  Es wurden,  da Tatsachen  immer mehr Eindruck machen als Worte, Beispiele zur Erleuchtung  und Aufmunterung beigefugt. Aber aus der großen Menge derselben wurden nur die zweckmäßigsten und sichersten gewählt, jene nämlich, die ihrer Quellen wegen zuverlässig sind. Auch von den neueren Beispielen wurden keine angeführt, von deren Echtheit man nicht gewissenhaft überzeugt war. Wir sind weit entfernt, allen diesen Beispielen, der Anordnung der Kirche gemäß, mehr als menschliches Ansehen beilegen zu wollen.

Ferner versuchten wir, auch auf die so eifrige und wirksame Dankbarkeit dieser Armen Seelen ihren Wohltätern gegenüber aufmerksam zu machen. Durch eine Menge von Erfahrungen wollen wir auch aufzeigen, daß der liebe Gott ihnen gestattet, uns schon in diesem Leben in allen unseren Nöten und Gefahren sehr große Hilfe zu leisten, und daß sie dieses auch wirklich tun.

Um endlich nicht beim bloßen Wissen dieser Sache stehen zu bleiben,  zumal das Gebet das allgemeinste und unentbehrlichste Hilfsmittel für die Armen Seelen ist, wurde dieser Sammlung noch ein Gebetsanhang  für die Armen Seelen beigefügt. Was könnte es für gläubige Seelen Erhabeneres. Freudigeres und Tröstlicheres  geben,  als  der  Gedanke, daß sie durch ihr  Gebet den teuren Abgeschiedenen auch noch jenseits des Grabes ihre Liebe erweisen und daß der liebe Gott dieses Gebet als ein wohlgefälliges Opfer und Lösegeld für ihre Befreiung annehme?

Gewiß ist es ein süßer Trost, den uns unsere Religion anbietet, da sie uns lehrt, daß die wahre in Gott gegründete Liebe auch durch den Tod nicht getrennt werde (die Liebe hört niemals auf, sagt der heilige Apostel, 1. Kor., 13, 8), daß sie in und durch Gott dann erst recht wirksam sei und daß durch diese Liebe, als das Band der Vollkommenheit (Kol. 3,14), die leidende wie die triumphierende Kirche mit der streitenden auf Erden eine Familie, "einen Leib ausmache" (Eph. 4. 16).

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Belehrungen und Beispiele über die Armen Seelen im Fegfeuer

Vom Begriffe und Dasein des Fegfeuers

Vom Begriffe des Fegfeuers

Das Fegfeuer ist der Zustand in der anderen Welt, an dem die Seelen von jenen leichten Sünden gereinigt  werden,  die zwar die Gnade Gottes in uns nicht auslöschen  und daher nicht mit der Höllenstrafe  gestraft werden, doch aber, bis sie gänzlich getilgt sind, vom Himmel, in den nichts Unreines eingeht, ausschließen.

Es ist der Zustand in der anderen Welt, wo auch für schwere Sünden, für die man zwar in diesem Leben noch die Gnade der Rechtfertigung wieder erlangt, aber noch nicht genug Buße getan hat, vollends gebüßt wird. Denn es ist Glaubenslehre, daß durch die Lossprechung von den Sünden nicht jedem büßenden Sünder die ganze Schuld und Strafe nachgelassen werden, so daß keine Verschuldung einer zeitlichen Strafe zurückbleibe, die entweder auf dieser Welt oder in der anderen im Fegfeuer abgetragen werden muß, bevor der Zugang zum Himmel offen sein kann.

Hierüber liefert uns die hl. Schrift Beweise bei Moses und David. Denn obschon diese großen Diener Gottes über ihre begangenen Sünden mit Gott wieder ausgesöhnt waren, blieb doch für sie die harte zeitliche Strafe dafür nicht aus. Auch die Kirche hat sich darüber eindeutig ausgesprochen.

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Das Fegfeuer wird aus dem alten Testament bewiesen.

 

Schon im alten Bund hat man an einen Reinigungsort geglaubt. Dies gibt deutlich jene Stelle im zweiten Buch der Makkabäer (12, 39-45) zu erkennen, wo es heißt, daß der Heerführer Judas für die in einem Kampf Gefallenen,  bei denen man Opfergeschenke der Götzen gefunden  hatte, eine Sammlung durchgeführt und 12.000 Drachmen Silber nach Jerusalem gesandt hat, damit ein Sühnopfer für die Verstorbenen dargebracht würde, weil er gut und fromm betreffs der Auferstehung gesinnt war.

"Denn," fügt hier die hl. Schrift bei, "wenn er nicht gehofft hätte, daß die Gefallenen auferstehen würden,

so schiene es ja überflüssig und eitel, für die Verstorbenen zu beten. Vielmehr dachte er, daß eine sehr große Gnade denen vorbehalten sei, welche in Frömmigkeit entschlafen sind. Es ist also ein heiliger und heilsamer Gedanke, für die Verstorbenen zu beten, daß sie von ihren Sünden erlöst werden." Es folgert also hier die hl. Schrift selbst aus dem Verhalten dieses Heerführers das Dasein des Fegfeuers bzw. einen Zustand der Verstorbenen in der anderen Welt, auf den unsere Gebete und Opfer eine heilsame Wirkung haben, wodurch sie von ihren Sünden erlöst werden können. - Zudem hätte weder in so schwerer Kriegszeit eine so große Sammlung gemacht, noch eine wichtige Religionserneuerung dieser Art plötzlich eingeführt werden können, wenn nicht schon vorher dieser Glaube tief im Volk verwurzelt gewesen wäre.

Dazu sagt Allioli: "Diese ganze Stelle liefert einen klaren Beweis für die katholische Lehre von dem Dasein eines Reinigungsortes für die im Stand der Gnade mit noch nicht vollkommen abgebüßten Sünden Verschiedenen und von der Wirksamkeit des Gebetes und der guten Werke zu ihrer Erlösung." Ferner erhellt dieses aus Jesus Sirach (7,37), wo es heißt: "Wohltätigkeit ist allen Lebenden angenehm, aber versage sie auch einem Toten nicht:" nämlich durch Bezeigung der letzten Ehre und Darbringung der Seelenmessen, wie Allioli hier hinzufügt. Schließlich geht dies aus der Stelle des hl. Paulus hervor (1. Kor. 15, 29), wo er schreibt: "Was täten sonst die, welche um der Toten willen sich taufen lassen, wenn es gewiß ist, daß die Toten nicht auferstehen? Warum lassen sie sich für dieselben taufen?"

Nach Buttler und mehreren Schriftauslegern zeigt dies, daß die Juden damals noch den Gebrauch hatten, sich für die Toten zu waschen oder zu reinigen. Übrigens glauben die Juden jetzt noch an einen Läuterungszustand nach diesem Leben und beten für die Abgeschiedenen.

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Das Fegfeuer wird aus dem neuen Testament bewiesen.

Der göttliche Heiland sagt: (Matth. 5, 25, 26) "Einige dich mit deinem Widersacher ohne zu zögern, so lange du mit ihm auf dem Weg bist, damit dich nicht der Widersacher dem Richter übergebe, und der Richter dich dem Diener übergebe, und du in den Kerker geworfen werdest. Wahrlich, ich sage dir, du wirst von da nicht herauskommen, bis du den letzten Heller bezahlt hast." Nun verstehen unter diesem Kerker die Schriftausleger und Kirchenlehrer allgemein das Fegfeuer, indem offenbar von der anderen

Welt die Rede ist und die Hölle nicht darunter verstanden werden kann, da kein Herauskommen daraus denkbar ist, was doch hier als möglich vorausgesetzt wird. Ferner sagt der göttliche Heiland: (Matth. 12,32) "Und wer ein Wort wider den Menschensohn redet, dem wird vergeben werden, wer aber wider den Heiligen Geist redet, dem wird weder in dieser, noch in der zukünftigen Welt vergeben werden." Hieraus folgert der hl. Augustinus mit anderen heiligen Kirchenlehrern auf das Fegfeuer, indem es, diesem göttlichen  Ausspruch  gemäß, notwendig  Sünden geben müsse, die in der anderen  Welt abgebüßt werden können.

Der hl. Paulus schreibt (1. Kor. 3,12-15): "Wenn aber jemand auf diesen Grund (der Jesus Christus ist) baut und Gold, Silber, Edelsteine sammelt (unter Gold, Silber und Edelsteinen werden hier die guten Werke, unter Holz, Heu, Stoppeln hingegen die leichten Sünden von den heiligen Vätern verstanden) oder Holz, Heu und Stoppeln, so wird eines jeden Werk offenbar werden; denn der Tag des Herrn wird es erweisen, weil es im Feuer offenbar werden wird: Wie das Werk eines jeden ist, wird das Feuer erproben.  Wenn jemandes  Werk,  auf welches  er gebaut  hat, besteht,  so wird er seinen  Lohn empfangen. Brennt aber dieses Werk, so wird er Schaden leiden, er selbst aber wird selig werden, jedoch wie durch Feuer."

Über diese Stelle sagt Allioli in seinen Anmerkungen: "Das Feuer, wovon der Apostel hier spricht, kann einzig und allein nur das Feuer nach dem Tod im Reinigungsort sein, Fegfeuer genannt, welches noch in der Zeit zur Läuterung  der nicht ganz reinen,  abgeschiedenen Seelen  brennt,  bis es mit dem allgemeinen Gericht und dem allgemeinen Weltbrand endet." (II. Petr. 3, 10-13.) In Übereinstimmung hiermit erklären alle heiligen Väter diese Stelle, und wir haben sogar eine unfehlbare Erklärung im selben Sinn beim Konzil von Florenz in der letzten Sitzung.

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Das Fegfeuer wird aus der apostolischen Überlieferung bewiesen.

Schon  im dritten  Jahrhundert  spricht  Tertullian  von  dem  Opfern für  die  Toten,  als von  einer apostolischen Überlieferung, und der hl. Johannes von Damaskus sagt in seiner Ansprache über die Verstorbenen: "Die Jünger und Apostel des göttlichen Heilandes, die das ewige Wort selbst sahen und den lebendigen Kreis der ganzen Welt bekehrten, lehrten, man solle in den fruchtbaren, unbefleckten und belebenden Geheimnissen des hl. Meßopfers das Gedächtnis derjenigen begehen, die gläubig entschlafen seien."

Zur Bekräftigung führt er in der gleichen Rede noch das Zeugnis des hl. Chrysostomus mit diesen Worten an: "Jener Johannes, der vom Gold den Namen Chrysostomus empfing, denn wahrlich spricht er goldene Worte, lehrt: Nicht leichtfertig oder zufällig wurde es von den weisesten Schülern Gottes verordnet und der Kirche überliefert, daß der Priester in den ehrfurchtsgebietenden Geheimnissen Gebete für die Seelen der Verstorbenen verrichte."

Desgleichen schreibt der hl. Gregor von Nyssa: "Nicht ohne Grund und Nutzen ist von den Aposteln und Jüngern  Christi überliefert  worden,  was auch überall in der heiligen  Kirche Gottes überaus angenehm, daß das Gedächtnis derjenigen, die im wahren Glauben gestorben sind, in jener göttlichen und lichtvollen Geheimnisfeier begangen werde."

Schließlich gibt der hl. Augustinus seine volle Überzeugung über diese apostolische Überlieferung bzgl. des Fegfeuers zu erkennen, indem er in seiner Abhandlung über die Sorgfalt für die Verstorbenen schreibt: "Wir lesen im Buch der Makkabäer, daß Opfer für die Toten dargebracht wurden; allein wenn auch hiervon durchaus nichts in der hl. Schrift des alten Testamentes geschrieben stünde, so ist das Ansehen der ganzen Kirche, das in diesem Gebrauch hervorleuchtet, nicht von geringem Gewicht, da in den Gebeten, welche am Altar zu Gott dem Herrn vom Priester gesprochen werden, das Gebet für die Toten seinen Platz hat."

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Das Fegfeuer wird aus den Beschlüssen der Kirche bewiesen.

 

Die Kirche hat ihre Überzeugung, daß es ein Fegfeuer gibt, nicht nur durch ihre Anordnungen und steten Gebräuche bei den Begräbnissen und Gedächtnisfeiern der Verstorbenen, und durch ihre uralten, ursprünglichen Meßordnungen allzeit und überall an den Tag gelegt, sondern auch dieselbe schon seit sehr langer Zeit in Konzilien feierlich als eine Glaubenslehre erklärt: Im dritten und sechsten Konzil von Karthago, in dem vierten allgemeinen von Lateran und im Konzil von Trient.

Dieses  letztere  erklärt  ausdrücklich,  "daß  die  im  Fegfeuer  zurückgehaltenen Seelen  durch  die Hilfeleistungen der Gläubigen, vorzüglich aber durch das 'angenehme Opfer des Altares Erleichterung erhalten;" und wirft selbst den Bannfluch auf diejenigen, welche behaupten würden, "es werde jedem büßenden Sünder nach erhaltener Rechtfertigungsgnade die Schuld so nachgelassen und die ewige Strafe so getilgt, daß keine zeitliche Strafe zurückbleibe, die entweder auf dieser Welt oder künftig im Fegfeuer abgetragen werden müsse, ehe der Zugang zum Himmel offen sein könne."

 

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Von den Leiden des Fegfeuers

 

Von den Geistespeinen des Fegfeuers

Die Geistespein, oder die Strafe des Verlustes, ist nach den heiligen Kirchenvätern  die größte des Fegfeuers und trifft mehr oder weniger alle darin befindlichen Seelen, daher auch diejenigen, welche sonst keine andere Pein zu leiden haben. Sie besteht in der Empfindung  der Schuld über das begangene Böse und unterlassene Gute und in der Beraubung der beseligenden Anschauung Gottes, die nach dem Konzil von Florenz die peinlichste aller Qualen ist. Niemand kann begreifen, wie groß die Leiden einer vom Leib losgetrennten Seele sind, welche sich in ihrer heftigen Sehnsucht nach Gott, ihrem  höchsten  und  einzigen  Gut,  allzeit  als  ein  Gegenstand  seiner  strafenden  Gerechtigkeit zurückgestoßen sieht.

Der hl. Bischof und Ordensstifter Alphons von Liguori schreibt: "Weit größer, als die Peinen der Sinne im Fegfeuer, ist die Pein, welche dort die heiligen Seelen dadurch zu ertragen haben, daß sie der Anschauung ihres Gottes beraubt sind. Weil dieselben nicht nur von natürlicher, sondern auch von übernatürlicher Liebe zu Gott entflammt sind, so werden sie so gewaltsam zur Vereinigung mit ihrem höchsten Gut hingezogen, daß sie, weil sie sich durch ihre Schuld davon zurückgehalten sehen, einen so heftigen Schmerz empfinden, daß derselbe sie jeden Augenblick zu töten vermöchte, wenn sie sterben könnten."

"Deshalb," sagt der hl. Chrysostomus, "ist diese Pein der Beraubung ihres Gottes für sie eine weit größere Qual, als das Leiden der Sinne. Tausendfaches Feuer der Hölle," sagt er, "würde ihnen keine so große Pein verursachen, als die Qual des Verlustes Gottes."

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Von der Feuerpein des Fegfeuers

 

Das  Feuer  des Reinigungsortes ist nach  den  heiligen  Kirchenvätern  von  dem  der  Hölle  nicht verschieden. "Das gleiche Feuer," sagt der hl. Thomas von Aquin, "quält die Verdammten in der Hölle und die Gerechten  im Fegfeuer."  "Die geringste  Pein dort," fügt dieser  hl. Kirchenlehrer  hinzu, "übersteigt die größte, welche man in diesem Leben erdulden kann." Er nimmt selbst die größten Qualen der Märtyrer und sogar das bittere Leiden unseres Herrn nicht aus, indem er sagt, daß dieses Feuer nicht nach der natürlichen Kraft, sondern wie das höllische mit einer erhöhten übernatürlichen Heftigkeit als Geißel Gottes brenne.

Der hl. Bischof und Kirchenvater Augustinus sagt in seiner Erklärung des 37. Psalmes von diesem Feuer: "Weil gesagt wird: Er selbst aber wird selig werden" (1. Kor. 3, 15), "wird jenes Feuer gering geachtet. Allein obwohl man durch das Feuer selig wird, wird jenes Feuer dennoch schmerzlicher sein, als was immer der Mensch in diesem Leben leiden kann. Und ihr wißt wohl, welche großen Übel in diesem Leben schon die Bösen erduldet haben und erdulden können; doch haben sie nur solche erduldet, die auch die Guten erdulden konnten. Denn was hat jeder Zauberer, Ehebrecher, Lasterhafte und Gotteslästerer  von Rechts wegen ertragen, was nicht auch der Märtyrer im Bekenntnis Christi erdulden mußte. Die Übel hier auf Erden sind also viel leichter, und dennoch seht, wie die Menschen alles tun, was ihnen empfohlen wird, um sie nicht erdulden zu müssen! Wie viel besser ist es daher für sie, das zu tun, was Gott befiehlt, damit sie jene weit schwereren Übel nicht leiden müssen!"

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Von den übrigen Leiden des Fegfeuers

 

Es gibt im Fegfeuer neben der Feuerpein noch andere Strafen, das sind die Strafen der Sinne: Vorerst die Finsternis; deswegen wird das Fegfeuer von der Kirche auch Finsternis genannt. Ferner werden dort, wie in der Hölle, auch alle Sinne vorzüglich jene, mit denen am meisten gesündigt worden ist, gepeinigt; gemäß dem Wort: "Womit jemand sündigt, damit wird er auch gestraft." (Buch der Weish.) Auch müssen die Seelen oft an dem Ort leiden, an dem sie gesündigt haben.

Der hl. Kirchenlehrer  Thomas von Aquin schreibt daher, nachdem er dort von dem ordentlichen Fegfeuer  gesprochen:  "Einen  anderen  Ort des Fegfeuers  gibt es noch, nach einer besonderen Anordnung; und so werden, wie man liest, bisweilen einige an verschiedenen Orten gestraft, entweder zur Belehrung der Lebenden oder zur Hilfe der Verstorbenen,  damit nämlich, wenn ihre Strafe den Lebenden bekannt wird, diese durch die Gebete der Kirche gemildert werde." Endlich sind sie auch, je nachdem es Gott mehr oder weniger zuläßt, den Qualen der bösen Geister ausgesetzt.

Hierüber sagt der hl. Bernhard folgendes: "Diejenigen, welche sich im Reinigungsort befinden, erwarten die Erlösung, müssen aber zuerst durch die Hitze des Feuers, oder die Schärfe der Kälte, oder irgend einen anderen schweren Schmerz gepeinigt werden. Der allgütige Vater überläßt dort seine zur ewigen Herrlichkeit bestimmten Kinder den Händen des Versuchers, nicht um sie zu töten, sondern um sie zu reinigen, nicht zum Zorn, sondern zur Barmherzigkeit, nicht zur Vertilgung, sondern zur Wiederherstellung, indem sie schon keine Gefäße des Zornes mehr sind, zum Verderben bereitet, sondern Gefäße der Erbarmung, aufbewahrt zur ewigen Herrschaft."

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Allgemeine Ansichten über die Leiden des Fegfeuers

 

Der hl. Cäsarius von Arles schreibt: "Es mag vielleicht jemand sagen: Ich bekümmere mich wenig um die Zeit, die ich im Fegfeuer zubringen werde, wenn ich nur zum ewigen Leben gelange. Allein Gott gefällt eine solche Denkart nicht. Alle Qualen dieses Lebens können mit jenen des Reinigungsortes nicht in Vergleich gesetzt werden. Und wer weiß denn, wie viele Tage, Monate, Jahre er dort bleiben muß? Man würde sich fürchten den Finger ins Feuer zu halten, und sollte sich nicht fürchten, eine lange Zeit in der verzehrenden Flamme zu sein?"

Im gleichen Sinn sagt der hl. Bernhard: "Werft den alten Sauerteig von euch, Brüder, da ihr noch die Zeit dazu habt. Die Tage, welche uns zur Reinigung verliehen sind, gehen zwar vorüber, ob wir wollen oder nicht. Aber wehe uns, wenn sie erfüllt werden, falls unsere Reinigung nicht vollkommen ist, so daß wir notwendigerweise durch jenes Feuer gereinigt werden müssen, gegen das in diesem Leben nichts peinlicheres, nichts schärferes und nichts heftigeres erdacht werden kann." Diese Ansicht vom Fegfeuer haben alle heiligen Kirchenväter und Kirchenlehrer.

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Wenige Auserwählte entgehen den Leiden des Fegfeuers.

Aus dem einzigen Ausspruch der heiligen Schrift (Offenb. 21, 27), wo es von der heiligen Stadt (dem Himmel) heißt: "Nichts Unreines wird in dieselbe eingehen," läßt sich leicht entnehmen, daß sich wenige Sterbende dieses höchsten Glückes, unmittelbar zur Anschauung Gottes zu gelangen, erfreuen werden. Die hl. Theresia, welche nach ihrem eigenen Geständnis den Zustand vieler Verstorbenen gesehen hat, sagt, daß unter denselben nur drei, nämlich Personen von ausgezeichneter Heiligkeit, gewesen seien, die unmittelbar zur Anschauung Gottes gelangten; und der gelehrte Kardinal Bellarmin sagt in seinen Seufzern der Taube, daß kaum einige Gerechte aus der größten Barmherzigkeit Gottes den scharfen Peinen des Fegfeuers entgehen, so daß sie sogleich in den Himmel gelangen.

"Wer ist so vollkommen," sagt der hl. Bernhard, "so heilig, daß er, wenn er aus dieser Welt scheidet, jenem Feuer nichts schulde und seine Seele von allen Sündenschlacken durchaus geläutert hat, daß er sich rühmen könnte, er habe ein reines Herz, daß er sagen könnte: Mein Herz ist rein, ich bin frei von Sünden? (Spr. 20, 9.) Wenige sind zwar auserwählt; allein auch unter diesen wenigen gibt es, wie ich dafür halte, äußerst wenige, die so vollkommen sind, daß sie jene Reinigung vollbracht haben, von welcher der weise Mann spricht (Sir. 7, 43), da er sagt: "Reinige dich mit den wenigen von deiner Fahrlässigkeit."

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Man muß ganz rein sein, um in den Himmel gelangen zu können.

Obwohl die leichten Sünden uns nicht der Freundschaft Gottes berauben, so ist doch gewiß, daß sie unsere Seele beflecken und daher, bevor wir vor demjenigen erscheinen können, der die Heiligkeit selbst ist und nicht die geringste Makel vor sich erdulden kann, eine Reinigung im Fegfeuer erfordern, wenn eine solche nicht schon im Leben vollbracht worden ist. Sehr einleuchtend  ist hierfür auch folgende Geschichte, die zeigt, daß sogar kleine Kinder einer solchen bedürftig sein können.

Die hl. Perpetua, welche im Jahr 203 den Martertod erlitt und wegen ihrer ausgezeichneten Heiligkeit in den heiligen Kanon der Messe aufgenommen wurde, hat in ihrem bekannten denkwürdigen Bericht selbst folgende Geschichte beschrieben, die sie kurz vor ihrem Tod von ihrem Bruder Dinokrat hatte, der im Alter von sieben Jahren an Gesichtskrebs gestorben war. Bald nachdem sie auf eine besondere Mahnung angefangen hatte, für ihn zu beten, sah sie ihn schmachtend vor Durst und Hitze, unsauber, mit seiner Wunde im Gesicht, aus einem finsteren Kerker, wo noch viele andere waren, hervorgehen. Als sie nachher noch inbrünstiger für ihn betete, sah sie ihn bald wieder an einem hellen Ort rein und fröhlich, mit anderen Kindern spielend, und statt der Wunde hatte er eine Narbe im Gesicht. Daran erkannte sie, daß er von seiner Pein befreit sei. Der hl. Augustinus, welcher nach Buttler mit anderen heiligen Kirchenvätern diese Geschichte für echt hält, macht darüber die Bemerkung, dieser Knabe müsse getauft gewesen sein und hernach seine Unschuld entweder auf Zudringen seines heidnischen Vaters durch eine götzendienstliche Handlung, oder durch Verletzung der Wahrheit, oder irgend einen anderen Fehler des kindlichen Alters verloren haben. Graf von Stollberg führt im VIII. Band seiner Geschichte Jesu die Beschreibung dieser Geschichte in ihrer ursprünglichen Umständlichkeit an, und ebenso auch Buttler im Leben der erwähnten Heiligen vom Monat März.

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Beweggründe, den Armen Seelen zu helfen

 

Die Armen Seelen nnen nichts mehr verdienen und sich keine Linderung verschaffen.

 

Der gelehrte Buttler sagt in seiner vortrefflichen Abhandlung über den Allerseelentag folgendes: "Noch ein Umstand darf nicht übergangen werden, der besonders unser Mitleid mit den im Fegfeuer leidenden Seelen erwecken soll, daß sie sich nämlich keine Verdienste mehr sammeln und nicht die geringste Linderung verschaffen können. Die Kranken und Armen können doch mit ihren Worten um Hilfe bitten, und man wird schon durch den Anblick ihrer Leiden gerührt, menschenfreundlichen Anteil daran zu nehmen. Allein die Seelen im Fegfeuer haben keine anderen Mittel, als die Geduld, die Ergebung und die Hoffnung. Sie mögen noch so sehr seufzen und sich nach dem besseren Zustand sehnen, Gott antwortet ihnen nichts anderes, als daß jene Nacht, wo niemand mehr wirken kann (Joh. 9,4), für sie gekommen sei." "Würde sich dieser Schreckensort  auftun," fügt er hinzu," könnten wir ihre Qualen sehen, welchen Eindruck würde dieser Anblick auf uns machen! Wie viele Tränen würden wir vergießen, von welchem Schauer wurden wir ergriffen werden, wenn wir jene unzählbare Menge Diener Gottes sähen, die unsere Brüder in Christus sind, welche so unaussprechliche Leiden erdulden!"

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Die Armen Seelen im Fegfeuer rufen uns ohne Unterlaß um Hilfe an.

Da die Armen Seelen im Fegfeuer sich selbst in ihrer äußersten Not und Pein nicht die geringste Erleichterung verschaffen können, hingegen wohl wissen, daß; uns im Stand der Gnade alle Schätze der Kirche mit allen Verdiensten des Lebens und Leidens Jesu Christi gleichsam zu Gebote stehen, um ihnen fortwährend leicht Trost und Linderung, ja sogar gänzliche Befreiung zu erwirken, so schreien sie ohne Unterlaß zu uns um Rettung und Hilfe. Da sie aber dieses nicht auf eine uns vernehmbare Weise tun können, so tut es die Kirche für sie sowohl durch ihre vielen rührenden Einrichtungen zu ihrer Erlösung, als auch durch eifrige Darstellung des kläglichen Zustandes derselben vermittelst ihrer Diener. Der Kanzler Gerson läßt sie auf folgende Weise zu uns rufen: "Betet für uns, weil wir uns selbst nicht helfen können! Diesen Beistand dürfen wir von euch erwarten;, versagt ihn uns nicht! Ihr, die ihr uns kanntet auf Erden, die ihr uns liebtet, könntet ihr uns jetzt vergessen! Man sagt gewöhnlich, daß man in den Trübsalen den Freund erkenne. Welche Trübsal ist aber mit der unsrigen zu vergleichen! Habt also Mitleid mit uns." "Einem harten Herzen wird es zuletzt übel gehen.“ (Sir. 3.27.) „Seid also gegen euere eigenen Vorteile nicht gleichgültig.

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Es ist unsere Pflicht, den Armen Seelen im Fegfeuer zu Hilfe zu kommen.

Der geistreiche und fromme M. Boudon, Großerzdiakon von Evreux, sagt hierüber in seiner Schrift: "Die Verherrlichung  der allerheiligsten  Dreieinigkeit  in den Seelen des Fegfeuers":  "Je ärmer eine Person ist, desto mehr sind wir verpflichtet, ihr zu helfen. Wer kann nun aber ärmer sein, als derjenige, welcher nichts hat, stark verschuldet ist, weder arbeiten, noch erwerben, noch begehren kann und doch in den schrecklichsten Peinen sitzen muß, bis er den letzten Heller zurückbezahlt hat? Das Gesetz, den Bedrängten zu Hilfe zu kommen, ist zwar allgemein und erstreckt sich selbst auf die fremden und unbekannten Personen; allein hier ist noch eine strengere Verbindlichkeit  vorhanden, indem sich in diesen reinigenden Flammen sogar solche befinden, die uns zunächst angehen und an deren Leiden wir vielleicht nicht wenig schuld sind. Es schmachten darin unsere Brüder, Schwestern, Väter, Mütter und andere.

Welch ein Schmerz muß es wohl für diese sein, sich jetzt in diesen Gluten selbst von jenen vergessen und verlassen zu sehen, für deren Glück sie einst keine Mühe gespart hatten und die nun mit dem von ihnen hinterlassenen Vermögen viele törichte Ausgaben machen, für ihre Linderung und Rettung aber keinen Heller davon verwenden! Wahrlich, darüber muß man staunen; ich einmal fasse es nicht. Wenn ein Tier brennen würde, hätte man Erbarmen mit ihm; und gegen einen Vater, eine Mutter, einen Gatten usw. in den schrecklichsten Flammen  des Fegfeuers  kann man gefühllos  sein! Sind wir nicht Menschen ohne Glauben? Wäre einer von diesen Personen auf dieser Welt das geringste Übel widerfahren  oder hätten wir nur einen Funken Feuer auf sie fallen gesehen,  so hätten wir alles aufgeboten, sie davon zu befreien: nun aber sind wir niederträchtig und blind genug, sie in Peinen zu lassen, deren Schärfe kein Mensch zu begreifen vermag."

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Es ist der Wille Gottes, daß wir den Armen Seelen im Fegfeuer zu Hilfe kommen.

 

In den himmlischen Offenbarungen der hl. Birgitta, welche von der Kirche viele Gutheißungen erhalten haben, vorzüglich aber vom Konzil in Basel sorgfältig geprüft und gutgeheißen worden sind, liest man im vierten Buch (7. Kap.), daß der Engel, als er ihr einst das Fegfeuer in drei verschiedenen Abteilungen zeigte, zu ihr sprach: "Alle Seelen, welche sich in diesen Orten aufhalten, haben Teil an den Gebeten und guten Werken der heiligen Kirche, welche in der Welt verrichtet werden, vorzüglich an jenen, welche sie selbst wirkten, da sie noch lebten, so wie auch an denselben, welche von ihren Freunden für sie verrichtet werden. Wisse auch, daß, sowie die Sünden vielfältig und verschieden sind, desgleichen auch die Strafen vielfältig und verschieden sind. Sowie daher der Hungrige durch den Bissen, der ihm dargereicht wird, der Durstige durch den Trank, der Traurige durch die Lustbarkeit, der Nackte durch das Kleid und der Kranke durch das Bett, in das er kommt, erfreut wird, so erfreuen sich die Seelen und nehmen Anteil an allem Guten, das für sie in der Welt getan wird. Gesegnet sei derjenige," fügte er hier hinzu, "der in seinem Leben den Seelen mit seinen Gebeten und guten Werken sowie durch die Arbeit seines Leibes zu Hilfe kommt; denn die unfehlbare Gerechtigkeit Gottes will, daß sie entweder durch die Pein des Fegfeuers gereinigt werden oder durch die guten Werke der Gläubigen eine frühere Erlösung erlangen."

Hierauf hörte man ein Rufen vieler Stimmen aus dem Fegfeuer: "O Herr Jesus Christus, gerechter Richter; gieße den Geist deiner Liebe in das Herz der Priester, der Ordensleute und aller derjenigen, welche in der Welt geistlicherweise Gewalt haben, alsdann könnten wir einen größeren Anteil, als bisher, an ihren Gesängen, Gebeten und Opfern haben." Nachher riefen von einer Seite her viele Stimmen: "O Gott, belohne jene, welche uns in unserem Elend Hilfe verschaffen!" Endlich schrie noch eine sehr starke Stimme: "O Herr und Gott: erteile durch deine unbegreifliche Macht allen jenen auf Erden eine hundertfältige  Vergeltung,  die uns  durch  ihre guten  Werke  zum  Licht  deiner  Gottheit  und  zur Anschauung deines Angesichtes erheben."

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Die guten Werke für die Verstorbenen haben vor Gott einen großen Wert.

 

Der berühmte Geisteslehrer Ludwig Blosius schreibt hierüber folgendes: "Der gütige und liebreiche Herr liebt die Seelen seiner Auserwählten, die nach dem Tod des Leibes noch gereinigt werden müssen, so sehr und verlangt ihre Erlösung so inbrünstig, daß, wenn wir aus christlicher Liebe für sie eifrig beten und das anbetungswürdige heilige Sakrament des Altares, oder die Verdienste Jesu Christi aufopfern, oder den Psalmengesang oder was immer für ein heilsames Werk verrichten und Gott für sie zum Opfer darbringen, es ihm nicht weniger angenehm ist, als wenn wir unseren Herrn selbst, wenn er in einem Kerker eingeschlossen wäre, mit unseren Tröstungen aufrichten oder durch unsere Hilfe zu befreien suchten; denn er selbst hat gesagt: Wahrlich, sage ich euch, was ihr einem diesem meiner geringsten Brüder getan habt, das habt ihr mir getan." (Matth. 25, 40.)

Man liest auch bei dem hl. Dionysius, dem Karthäuser, daß der göttliche Heiland einst zur hl. Gertrud sagte: "So oft sie eine Seele aus dem Fegfeuer erlöse, sei dies dem Herrn so angenehm, als wenn sie ihn selbst aus einem Kerker befreite, und es werde ihr der gebührende Lohn für diese Wohltat gemäß seiner allmächtigen Güte zur erwünschten Zeit nicht ausbleiben." Der hl. Kirchenlehrer Thomas von Aquin lehrt sogar, daß Gott die guten Werke für die Verstorbenen wohlgefälliger seien, als für die Lebendigen, weil jene sie mehr bedürfen und nicht, wie diese, sich selbst Hilfe verschaffen können. Schließlich sagt schon der hl. Erzbischof und Kirchenlehrer Ambrosius in seinem Buch über die Pflichten der Geistlichen: "Alles, was für die Verstorbenen in einer frommen Absicht getan wird, wird in unser eigenes Verdienst umgewandelt, und wir erhalten es wieder hundertfach vermehrt nach dem Tod."

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Durch die Erlösung der Armen Seelen aus dem Fegfeuer fördern wir die Ehre Gottes auf die wirksamste und vollkommenste Weise.

 

In den bisherigen Beweggründen haben wir teils unseren eigenen Nutzen, teils den Nutzen der Armen Seelen berücksichtigt,  um uns aufzumuntern,  ihnen beizustehen;  in dem gegenwärtigen  wollen wir hierfür einzig auf die Ehre Gottes sehen. Die letzte Absicht der Heiligen war bei allen ihren Handlungen immer: "Die größere Ehre Gottes." So lehrt uns auch der göttliche Heiland als erste Bitte zum Vater im Himmel zu beten: "Geheiligt werde Dein Name:" im gleichen Sinn betet die Kirche im Gloria der heiligen Messe: "Wir danken Dir wegen deiner großen Herrlichkeit."

Schließlich ist das "Lob Gottes" die Hauptbeschäftigung der Heiligen im Himmel, es soll daher auch "die Verherrlichung Gottes" der Hauptbeweggrund in unseren Werken der Liebe für die Verstorbenen sein, und zwar mit dem vollsten Recht, denn wir fördern dieselbe auf die wirksamste und vollkommenste Weise, indem wir nämlich diese heiligen Seelen durch die Erlösung, welche wir ihnen erwirken, in den Himmel versetzen, wo Gott allein vollkommen erkannt, geliebt und folglich verherrlicht wird. Der fromme Boudon  war von diesem Gedanken  so ergriffen,  daß er ausrief:  "Ich lade alle ein, die für die Verherrlichung  Gottes entflammt sind und nach der reinen Liebe Gottes allein streben, über diese Wahrheit nachzudenken."

Wenn die hl. Theresia und andere Heilige beteuert haben, sie hätten für einen einzigen Grad der Verherrlichung Gottes alle erdenklichen Peinen leiden mögen, was soll man denn nicht tun, was nicht leiden für die Erlösung der Seelen aus den reinigenden Flammen des Fegfeuers, da diese ja das Mittel ist, dieselbe um Millionen Grad fördern zu lassen, und zwar nicht nur für einen Augenblick, sondern für immer, für die ganze Ewigkeit.

So rief auch ein vor Liebe zu Jesus brennender Ordensmann, P. Johann von St. Maria, aus: "Ich bekenne, daß es mein Wunsch wäre, in einer Wildnis oder in einem Kerker die ganze Zeit meines Lebens verbannt zu sein, um nichts anderes tun zu müssen, als Ablässe für die Armen Seelen zu gewinnen  und dadurch  einige Seelen Jesus, unserem  Herrn, zu senden,  wo sie ihn in seinem Himmelreich aus ihrem ganzen Vermögen lieben und loben könnten!"

 

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Von den Mitteln, den Armen Seelen zu helfen

 

Von den Mitteln im allgemeinen, mit denen wir den Armen Seelen helfen können.

 

Die Glieder der Kirche Jesu Christi triumphieren entweder im Himmel, oder kämpfen auf der Erde oder leiden im Fegfeuer; daher die Benennung der triumphierenden, streitenden und leidenden Kirche.

Die Liebe verbindet uns mit dem ganzen mystischen Leib Jesu und läßt uns teilnehmen an den Leiden und Trübsalen  sowie an dem Glück und an den Tröstungen  aller, deren Haupt Jesus ist. Die Gemeinschaft  der  Heiligen,  die  wir  im  Glaubensbekenntnis aussprechen,  schließt  in sich  eine Gemeinschaft der Güter und eine wechselseitige Verbindung zwischen allen Gliedern Jesu Christi.

Wir stehen in dieser Verbindung mit den Heiligen im Himmel, wenn wir Gott für ihre Siege und erlangten Belohnungen danken, sie um ihre Fürbitten anrufen und die Wirkungen derselben erfahren; ebenso stehen wir auch in Verbindung mit den Seelen im Fegfeuer, wenn wir die Barmherzigkeit Gottes durch unsere Gebete und guten Werke auf sie herabziehen und ihnen dadurch in ihren Leiden Hilfe leisten. Es sind der Mittel, ihnen zu helfen, ebenso viele, als wir selbst Mittel haben, uns Gnaden und Verdienste zu erwerben, indem wir alle unsere Gott gefälligen Werke und Handlungen zugleich auch fürbittweise für sie verwenden können.

Die heiligen Väter geben uns vielerlei an, nämlich das Gebet, das Fasten, die Bußwerke, das Almosen, die Werke der Barmherzigkeit und das heilige Meßopfer. Man kann aber auch folgenden Abhandlungen und Beispielen gemäß mehrere nennen: Das Gebet, die Anrufung der Mutter Gottes, der Engel und Heiligen, die Bußwerke, die Werke der Barmherzigkeit, die Aufopferung der eigenen Verdienste, die heiligen Ablässe, das Weihwasser, das Lichterbrennen, die Wallfahrten, die heilige Kommunion, das heilige Meßopfer.

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Von der Kraft des Gebetes für die Verstorbenen

 

"Es ist ein heiliger und heilsamer  Gedanke,"  sagt die heilige Schrift (II. Makk. 12, 45), "für die Verstorbenen zu beten, damit sie von ihren Sünden befreit werden." Es ist heilig, weil es Gott sehr wohlgefällig ist, und heilsam, weil es bei der allerbarmenden Güte Gottes seinen hohen und wohltätigen Zweck nicht verfehlt; denn unter allen Opfern gefallen Gott keine mehr, und keine gereichen ihm zu größerer Ehre, als die Opfer der Barmherzigkeit und der Liebe, vorzüglich wenn sie für diese leidenden Seelen verrichtet werden, die er zärtlich liebt, indem sie heilig sind und der Himmel ihnen schon zugesichert ist.

Da sie nämlich durch seine Gerechtigkeit noch in den Flammen des Fegfeuers zurückgehalten werden, bis sie gereinigt sind, so läßt er die Gebete, die wir liebend für sie zu ihm abschicken, gern zu ihrer Sühnung gereichen; und da diesen, wenn sie auch nur zeitliches betreffen, von Jesus Christus gewisse Erhörung versprochen ist, wie viel kräftiger und sicherer müssen sie erst wirken, wenn sie selbst seine für die ganze Ewigkeit auserwählten Bräute, die einst an allen seinen Gütern und seiner Glückseligkeit teilnehmen sollen, zum Gegenstand haben! Es sagt daher der hl. Augustinus, "daß es keine frömmere und heiligere Beschäftigung gebe, als für die Verstorbenen zu beten."

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Ermahnung, für die Verstorbenen zu beten, von Thomas von Kempen (V. Brief)

Wir sollen gern für alle Verstorbenen beten, vorzüglich aber für unsere Eltern, Freunde und Wohltäter, weil dies ein Werk sehr großer Liebe und Barmherzigkeit ist. Sowie wir also wünschen, daß man uns einst nach dem Tod zu Hilfe komme, so müssen wir uns bemühen, auch ihnen mit der Gnade Gottes, soviel wir können, zu helfen. Denn derjenige, der für die Befreiung der Armen Seelen eifrig und treu ist, verschafft sich selbst den größten Nutzen, weil er sich, da er für sie betet, keineswegs der Frucht seines Gebetes beraubt und außerdem dadurch heilsam an den Tod erinnert wird.

Auch wird er kaum jemals ohne die Gnade der innerlichen  Sammlung  zu seinen gewöhnlichen Geschäften zurückkehren, indem er weiß, daß wir alle den nämlichen Weg des Fleisches werden gehen müssen und daß, was jene jetzt überstanden haben, ihm ebenfalls ganz gewiß bevorsteht. Laßt uns daher für unsere Lieben beten, weil wir ihnen in kurzer Zeit folgen werden, und sie dann, wenn sie erlöst sein werden, sich unser in der gleichen Drangsal gewiß ebenfalls erinnern werden! Unser Glaube sei nicht bloß im Mund, und wir sollen nicht nur auf das sehen, was uns vor Augen ist, sondern wir sollen allen Liebe erweisen, mögen wir ihnen dann körperlich gegenwärtig oder abwesend sein. "Denn die Liebe hört nimmermehr auf (1. Kor. 13); und diejenigen, die einander wahrhaft lieben, werden einander nicht vergessen können.

Der treue Freund wird in der Not erkannt. Wäre es denn nicht gottlos und gar zu grausam von dir, wenn du deinen Bruder oder Freund in einen Kerker oder in ein Feuer geworfen sähest und dadurch nicht zu Tränen gerührt würdest, oder gar, wenn du ihm die Hand reichen könntest, ihm diese Liebe nicht erweist und, wenn du ihn auch mit einigen Worten befreien könntest, mit stummem Mund vorüber gingest.

Laßt uns daher oft für die Toten unsere Hände zum Himmel erheben und ihnen alles, was wir zu ihrer Erlösung  für nützlich  erkennen,  mit frommer  Gesinnung  erweisen,  indem  wir bedenken,  welche schrecklichen Qualen sie leiden und daß sie nicht zur Ruhe gelangen können, bevor sie gereinigt sind!

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Vom Eifer, mit dem man für die Verstorbenen beten soll.

Wir müssen wohl acht haben, unser Gebet für die Verstorbenen mit Eifer zu verrichten. Denn bedenke man doch, mit welcher Beflissenheit man handeln würde, wenn es darum ginge, eine Person, die uns sehr lieb wäre, wie z.B. einen Vater, eine Mutter, ein Kind, usw. in diesem Leben von der Todesstrafe zu befreien; und dann erwäge man, wie unser Gemüt gestimmt sein sollte, wenn wir für Seelen beten, die uns nicht weniger wert sein können und welche in den schrecklichsten Flammen der Strafgerechtigkeit Gottes brennen! Gewiß sollte dies unter Tränenströmen geschehen; möchten wir es wenigstens mit einer wahren, herzlichen Rührung tun!

Boudon sagt, ein Psalm, auf diese Weise gebetet, wirke mehr, als sonst fünfzig, die nachlässig hergesagt werden. Deswegen sind die kurzen Stoßgebetlein sehr kostbar und empfehlenswert, durch welche man z.B. das Blut Jesu mit heiliger Inbrunst für sie aufopfert, die Fürbitte Mariens und der Heiligen usw., was den Tag über oft und zwar ohne Mühe, wie z.B. beim Stundenschlag, geschehen kann. Denn erstaunlich sind hier die Wirkungen eines eifrigen Gebetes und tröstlich die Verheißungen, die demselben von der unendlich großen Güte Gottes gegeben sind. Er tut, wie der königliche Prophet sagt, den Willen derjenigen, die ihn fürchten, und erhört ihr Gebet und erlöst sie (Ps. 144, 19). Und der hl. Jakobus sagt (Jak. 5, 16): "Das beharrliche Gebet des Gerechten vermag vieles." Auch der göttliche Heiland spricht (Joh. 15, 7): "Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, so bittet, um was ihr immer wollt, es wird euch gegeben werden." Traurig hingegen sind die Erfahrungen  über das nachlässige und das in der Sünde verrichtete Gebet.

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Beispiele über den Gebetseifer der Heiligen für die Verstorbenen

Der hl. Bischof und Kirchenvater  Ambrosius  sprach in seiner Trauerrede  über den römischen Kaiser Valentinian mit heiligem Eifer: "Laßt uns die heiligen Geheimnisse für denjenigen darbringen, dessen Verlust wir beweinen! Laßt uns mit glühender Andacht für seine Seelenruhe beten... Erhebt eure Hände mit mir, damit wir wenigstens durch diese Pflichterfüllung einen Beweis unserer Dankbarkeit für die empfangenen  Wohltaten  geben  können."  Dann  dessen  früher  verstorbenen  Bruder  Gratian erinnernd: "Ihr werdet beide selig sein, wenn meine Gebete etwas vermögen. Ich werde keinen Tag vorübergehet  lassen, ohne mich eurer zu erinnern. Jede Nacht werdet ihr der Gegenstand meines Flehens sein. An allen meinen Opfern werdet ihr teilnehmen. Wenn ich euer vergesse, so soll auch meine Rechte vergessen sein."

So sprach er auch das folgende Gebet in der Trauerrede auf den Kaiser Theodosius den Großen: "Gib deinem Diener Theodosius eine vollkommene Ruhe, jene Ruhe, welche Du deinen Heiligen bereitet hast. Ich werde meinen Tränen und Bitten nicht ablassen, bis ich ihn hinführe auf den heiligen Berg des Herrn, wohin ihn seine Verdienste rufen."

Mit gleichem Eifer brach einst der hl. Abt und Kirchenlehrer Bernhard in folgende Worte aus: "Auf, ihnen zu helfen! Ich will den Herrn mit Wehklagen beschwören, mit Seufzern will ich in ihn dringen; mit meinen Gebeten will ich, ihr Fürbitter sein; ich will zu ihrer Beruhigung ein besonderes heiliges Meßopfer darbringen, in der Hoffnung, daß der Herr sie seines gnädigen Blickes würdigen, ihre Qualen in Ruhe, ihr Elend in Glorie und ihre Peinen in Lohn verwandeln wolle. Durch solche und ähnliche Werke kann ihre Bußzeit abgekürzt, ihre Mühsal geendet und ihre Qual aufgehoben werden. Durchlaufe, gläubige Seele, welche du immer bist, diese Gefilde der Abbüßung und betrachte, was darin vorgeht. Mache auf diesem Markt deinen Ankauf zu Werken der Barmherzigkeit."

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Beispiele, wie schnell das Gebet für die Verstorbenen erhört wird.

In der Chronik der minderen Brüder liest man folgendes: P. Konrad von Offida aus diesem Orden erwachte einst betend vor einem Altar in der Kirche und sah dort einen Bruder seines Klosters, der kurze Zeit vorher gestorben war. Dieser klagte ihm dann, daß er da ein schmerzliches Fegfeuer leide, und bat ihn dringend um sein Gebet, das viel vor Gott vermöge. Er betete daher sogleich inbrünstig das Vater unser für ihn und setzte den Vers: Herr gib ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen, hinzu.

Darauf sagte der Bruder zu ihm: “O Vater, wenn du wüßtest, welch eine große Erleichterung meiner Pein ich durch dein kurzes Gebet empfinde, deine große Liebe würde dich bewegen, es noch einmal für mich zu verrichten."  Er tat es, und da der Verstorbene  wieder eine gleiche Linderung  der Schmerzen empfand, sagte er noch einmal bittend zu ihm: "Ach Vater, um Gottes Barmherzigkeit willen fahre, bitte, in diesem so wertvollen Gebet, das mein Leiden in Trost umwandelt, fort!" Der Diener Gottes setzte darauf dieses Gebet ununterbrochen fort, wodurch nach und nach die Traurigkeit des Verstorbenen in Freude, seine bleiche Farbe in Glanz und sein aschenfarbiges Kleid in ein schneeweißes umgewandelt wurde; und nachdem es jener hundertmal gebetet hatte, stand die Seele desselben voll Freude ganz glorreich vor ihm, dankte ihm unaussprechlich für ihre schnelle Erlösung und fuhr dann jubelnd zum Himmel. Ein ähnliches Beispiel liest man in der gleichen Chronik von einem P. Stephan, der mit gleichem  Erfolg vielmal  nacheinander  den Psalm:  "Aus der Tiefe rufe ich zu Dir" für eine ihm erschienene Seele gebetet hatte.

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Auch ein kurzes Gebet kann den Verstorbenen sehr nützen.

Ein gottseliger Bischof sah einst, als er bei Tag in einen leichten Schlaf fiel, im Traum einen Knaben, der mit einer goldenen Angel an einer silbernen Schnur eine schöne Frau aus einem tiefen Brunnen herauszog, und da er hierauf nach seinem Erwachen ans Fenster ging, sah er den nämlichen Knaben auf dem Kirchhof bei einem Grab stehen. Als er ihn nun fragte, was er dort mache, antwortete dieser, er bete für die Seele seiner Mutter, welche da begraben liege, das Vater unser und den Psalm Miserere. Daraus erkannte der Mann Gottes, daß die Seele dieser Frau durch das Gebet dieses Knaben aus dem Fegfeuer erlöst worden sei und daß die goldene Angel das Vater unser, die silberne Schnur aber das Miserere bedeutet haben.

Folgendes Beispiel liest man in der Chronik der Karthäuser. Ein Edelmann brachte einst eine große Summe Geldes in ein Kloster dieses Ordens, um da für seinen verstorbenen Vater beten zu lassen, und als darauf der versammelte Chor nur die Worte: Requiescat in pace. Amen. (Er ruhe im Frieden. Amen.) für ihn sang, beklagte sich jener darüber, weil er dieses kurze Gebet für das mitgebrachte Geld für viel zu wenig hielt. Allein der erleuchtete Prior ließ sogleich von jedem Geistlichen auf ein Zettelchen jene Worte schreiben und zugleich auch eine Waage bringen, und sagte darauf zu dem Edelmann, er wolle nun beides gegeneinander abwiegen, und siehe, o Wunder, nachdem er in eine Schale das Geld, in die andere aber die Zettelchen gelegt hatte, ging jene federleicht in die Höhe, diese aber zog bleischwer hinunter.  Dieses Ereignis  beschämte  und tröstete  den Edelmann  zugleich.  Papst Benedikt  XIII. erwähnte auch dergleichen in seinen Erbauungsreden.

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Wie wirksam es ist, die Muttergottes für die Verstorbenen anzurufen.

Die Muttergottes, welche von der streitenden Kirche die Mutter der Barmherzigkeit genannt wird, erweist sich in dieser liebevollen Eigenschaft nicht weniger zärtlich gegen die leidende Kirche im Fegfeuer. Sie sagte selbst einmal der hl. Birgitta, wie man in den Offenbarungen derselben liest: "Ich bin die Mutter aller derjenigen, die im Fegfeuer sind: denn alle ihre Leiden werden auf meine Fürbitte jede Stunde etwas gemildert." So bezeugt noch weiter diese heilige Ordensstifterin ebenda, "sie habe aus göttlicher Eingebung erkannt, daß Maria die Trösterin aller derjenigen sei, die sich im Fegfeuer befinden."

Der hl. Alphons Liguori sagt daher: "Glücklich, dreimal glücklich sind die Diener dieser Mutter der Barmherzigkeit, indem ihr Schulz sie nicht nur in diesem Leben begleitet, sondern ihnen auch über das Grab in das Fegfeuer nachfolgt. Je unvermögender dann die Seelen sind, sich selbst zu helfen, desto mehr verdoppelt sie für dieselben ihre Sorgfalt und Güte." Daraus läßt sich leicht schließen,  wie angenehm der Himmelskönigin und zugleich wie wirksam für die Armen Seelen es sein müsse, wenn man Maria andächtig für dieselben anruft.

Der fromme Boudon empfiehlt deswegen nicht nur, sie sehr oft um ihre Fürbitte für diese Seelen eifrig anzurufen,  sondern  auch,  daß wir alle unsere  übrigen  guten Werke  und Gebete  für dieselben vertrauensvoll  in ihre gebenedeiten  Hände legen. “Denn,“ sagt er. "niemand kann heiliger darüber verfügen; außerdem ist dies einer der stärksten Beweise der wahren Liebe, die man zu ihr hat."

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Die Muttergottes übt über das Fegfeuer eine besondere Macht aus.

Es unterliegt keinem Zweifel, daß die Königin des Himmels und der Erde, wie über die triumphierende und streitende  Kirche, so auch, wie der hl. Bernardin  bemerkt,  über die leidende  Kirche eine vorzügliche Herrschaft ausübe, so zwar, daß sie die erste an den Schätzen ihrer Glorie, die zweite an denen ihrer Gnaden und die dritte an den Wirkungen ihrer Fürbitten teilnehmen läßt, deswegen der Heilige auf sie den Spruch der heiligen Schrift anwendet: "Ich bin auf den Fluten des Meeres gewandelt." (Sir. 24. 8). indem sie nämlich durch jenes stürmische Feuermeer geht und die schreckliche Hitze der Armen Seelen mildert. Der hl. Dionysius der Karthäuser sagt nach einer Offenbarung, "daß, wenn nur ihr Name im Fegfeuer ertöne, diese Seelen jene Freude empfinden, die ein Kranker auf seinem Schmerzenslager fühle, wenn er Worte besonderen Trostes hört." Auch der gelehrte Novarin, bezeugt, "daß ihre Fürbitte für sie wie kühlender Maitau auf ihre verzehrenden  Flammen herabfalle und sie lindere."

Nach Salmeron ist es eine Meinung vieler Gottesgelehrten. es habe die allerseligste Jungfrau, bevor sie starb, ihren göttlichen Sohn noch um die Gnade gebeten und sie auch erlangt, daß alle Seelen, welche sich damals im Fegfeuer befanden, erlöst wurden und sie in den Himmel begleiteten, "weil sie gerade dazumal," wie der fromme Gerson sagt, "als Königin, und zwar als Königin der Barmherzigkeit, als Mutter der Gnaden gekrönt worden war, wobei es wohl schicklich war, für die Gefangenen Begnadigung zu erhalten." Dies ist eine Meinung, der andere Meinungen und Fakten gegenüberstehen. Siehe in "Was wissen wir vom Fegfeuer" bzgl. Salomon.

Auch fügt der hl. Bernardin bei, "daß sie eine besondere Herrschaft über das Fegfeuer erlangt habe und vorzüglich ihre treuen Verehrer daraus erlöse."

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Von der Kraft des heiligen Rosenkranzgebetes zum Trost der Armen Seelen

Diese Kraft geben schon die eigenen Worte der Himmelskönigin zu erkennen, die sie nach dem Zeugnis des sel. Alanus  einst in einer  Erscheinung  zum hl. Dominikus  sprach,  daß nämlich  eine der Hauptwirkungen des heiligen Rosenkranzes die Erlösung der Armen Seelen im Fegfeuer sei.

Dies bestätigt auch das folgende Beispiel: Durch die Predigten des hl. Dominikus wurde in Rom eine Frau von üblem Rufnamens Katharina bekehrt und verlegte sich dann mit besonderem Eifer auf diese Gebetsübung,  die sie meistens für die Armen Seelen im Fegfeuer aufopferte. Um nun zu zeigen, welchen Nutzen diese Andacht jenen Seelen verschaffe, ließ der Herr einst den genannten Heiligen sehen, daß, während Katharina  eines Tages zum Heil derselben  den schmerzhaften  Rosenkranz betrachtend  betete, aus den Gliedern eines wunderschönen Knäbleins,  das unseren Herrn Jesus Christus vorstellte, fünfundfünfzig Quellen emporsprangen, so viele nämlich, als Vater unser und Ave Maria in demselben enthalten sind. Diese Quellen gaben in großer Menge das hellste Wasser von sich, und alle ergossen sich in das Fegfeuer zu einer solchen Erquickung der leidenden Seelen, daß sie beinahe keine Pein mehr fühlten, lauter Jubeltöne hören ließen und voll Dank ihre mitleidige Wohltäterin Katharina lobpriesen. (Compadelli.)

Der sel. Alanus schreibt: "Viele Brüder und Schwestern im Herrn haben ihm eidlich bezeugt, daß ihnen während des Rosenkranzgebetes viele Seelen erschienen seien und dankend versichert haben, es gebe nach dem heiligen Meßopfer kein kräftigeres Hilfsmittel für die Seelen im Fegfeuer, als das heilige Rosenkranzgebet, und daß täglich viele dadurch aus diesem erlöst werden, welche sonst noch viele Jahre darin bleiben müßten." Darum sagt auch der hl. Alphons Maria von Liguori: "Wollen wir demnach den Seelen im Fegfeuer kräftig helfen, so müssen wir dieselben immer in unseren Gebeten der allerseligsten  Jungfrau anempfehlen  und ihnen besonders den heiligen Rosenkranz  aufopfern, wodurch sie sehr getröstet werden." (Herrlichkeiten Mariens.)

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Wie mächtig die Anrufung der heiligen Engel für die Verstorbenen ist.

Die heiligen Engel verlassen ihre Pflegekinder keineswegs, wenn diese, nachdem sie durch ihren treuen Beistand ihren gefährlichen Lebenslauf glücklich vollendet und auf immer der Hölle entgangen sind, noch ihre Sündenschulden in den Flammen des Fegfeuers büßen müssen; sondern sie erweisen ihnen vielmehr dann, wenn möglich, eine noch größere Liebe und Sorgfalt. Sie besuchen sie nämlich oft, zeigen sich ihnen sichtbar, trösten sie und unterlassen nicht, ihnen überall auf Erden, wo sie dafür empfängliche Gemüter antreffen, Hilfe zu verschaffen, indem sie dieselben an sie erinnern und zu einem tätigen Eifer für sie entflammen.

Sowie einst der hl. Erzengel Raphael, wie er selbst sagte (Tob. 12, 12), die Gebete des alten Tobias vor den Thron Gottes brachte, wenn dieser unter Tränen betete und den Tisch verließ, um die Toten zu begraben, so tragen die heiligen Engel auch beständig diese Gebete und guten Werke dahin und bringen die reichen Gnaden, die sie dort dafür einlösen, diesen verlassenen Seelen ins Fegfeuer. Wie Boudon sagt, melden sie denselben, was in Bezug auf sie auf der Erde vorgeht, zeigen ihnen die Wohltäter an und ermahnen sie, für sie zu beten, wobei diese liebevollen Geister selbst nie versäumen, all das ihrige eifrig beizutragen. Es muß daher die Anrufung der heiligen Engel für die Verstorbenen sehr wirksam sein. Auch muntert uns die Kirche selbst zum Vertrauen dazu auf, indem sie von dem hl. Erzengel Michael, im Namen des Herrn, singt: Ich habe dich zum Fürsten eingesetzt, um alle Seelen aufzunehmen, und in den Totenmessen heißt es vom hl. Erzengel Michael; daß er jene Seelen in die Herrlichkeit jenes göttlichen Lichtes führen möge, das dem Abraham und seiner ganzen Nachkommenschaft verheißen war.

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Wie wirksam die Anrufung der Heiligen für die Armen Seelen ist.

"Es ist" wie der hl. Augustinus und der hl. Thomas von Aquin lehren, "eine ausgemachte Sache, daß die Heiligen im Himmel durch ihre Fürbitte eine große Macht haben, den Armen Seelen die Erlösung aus dem Fegfeuer zu bewirken;" und man darf nicht zweifeln, daß sie diese Liebe ihren im Fegfeuer büßenden  Brüder im ausgedehntesten Maß erweisen,  und diese zwar um so mehr, da sie ihre schrecklichen Leiden besser kennen. Denn der Himmel ändert ihre Gesinnung nicht, sondern vermehrt vielmehr ihre Liebe; und waren sie während ihres sterblichen Lebens schon so eifrig und mächtig, ihren Mitbrüdern, wenn diese auch ganz lasterhaft waren, in jeder Not Hilfe und Gnade zu erbitten, wie sollten sie jetzt nicht eine noch viel inbrünstigere Liebe mit weit sicherem Erfolg gegen diese Seelen ausüben, die mit der Gnade Gottes geschmückt und bestimmt sind, durch die ganze Ewigkeit ihre glückselige Gesellschaft zu genießen! Ja, obschon sie nicht mehr fähig sind, zu leiden, so sind sie doch immer des Mitleidens empfänglich, und da sie vor dem Thron des barmherzigen Gottes stehen, müssen sie auch notwendig Barmherzigkeit fühlen.

Wenn uns daher die heilige Kirche so dringend empfiehlt, uns in allen Nöten an die Heiligen zu wenden, und wir selbst in allen Ereignissen des Lebens so oft ihren kräftigen Beistand erfahren, so erhellt von selbst, daß die eifrige Anrufung derselben für die Armen Seelen ein höchst heilsames Werk ist und zu deren Erquickung und Erlösung sehr hilfreich sein muß.

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Beispiele über die Hilfe, welche Engel und Heilige den Verstorbenen erweisen

Im Leben der sel. Cäcilia Lampugnana liest man, sie sei drei Tage nach ihrem Tod erschienen und habe bezeugt, daß sie im Fegfeuer von ihrem Schutzengel, den sie sehe, sehr erquickt werde. Auch fügte sie hinzu, daß sie ihn bitten wolle, sich bald zum Vorsteher der Kirche des heiligen Grabes zu begeben, damit er Seelenämter für sie halte, wodurch sie großen Nachlaß ihrer Leiden erhalten werde.

Ferner liest man von der sel. Cäcilia, einer Dominikanerin, daß sie in ihrem Leben die Gewohnheit gehabt habe, allzeit etwas von ihrem Trank abzubrechen, um damit den dürstenden Heiland am Kreuz zu trösten; nachdem sie nun nach ihrem Tod ins Fegfeuer verurteilt wurde, sei sogleich ein Engel mit einer goldenen Schale voll Wasser gekommen, habe die Flammen um sie her ausgelöscht und sie in den Himmel eingeführt. Schließlich liest man auch, daß ein Jüngling, der sich schlafen gelegt, ohne seinen gewöhnlichen Rosenkranz für die Armen Seelen gebetet zu haben, von seinem Engel geweckt wurde, indem diese Seelen täglich ein Opfer von ihm verlangten.

Bzgl. der Heiligen hingegen schreiben, Franziskus Gonzaga, Bischof von Mantua: P. Johann de Via, aus dem Orden des heiligen Franziskus, sei einem Novizen, dem er sich schon früher kund gegeben hatte und der darauf seine Erlösung bewirkte, glanzvoll erschienen, um ihm dafür zu danken, und da der hl. Franziskus ihm zur Rechten, der hl. Bernardin aber zur Linken stand, sagte er ihm auch, diese beiden Heiligen seien herabgestiegen, um ihn zu empfangen, weil er ihren höchsten Tugenden allzeit fleißig nachgestrebt habe. In der Heiligsprechungsbeschreibung des hl. Bernardin liest man von einem Toten, der wieder zum Leben auferweckt wurde, daß er den hl. Franziskus im Himmel von unzähligen Ordenskindern, deren er sehr viele aus dem Fegfeuer erlöst, umgeben gesehen habe.

Ferner  schreibt  Baronius  in  seinen  Jahrbüchern  vom  Jahr  647,  daß  der  hl. Dionysius,  der hl. Mauritius und der hl. Martin den König Dagobert von Frankreich, der zu ihrer Ehre drei Kirchen hatte erbauen lassen, aus dem Fegfeuer befreit haben. Schließlich erzählt man, wie Boudon schreibt, nach einer himmlischen Offenbarung, daß, nachdem einst der hl. Johannes die allerseligste Jungfrau gebeten, sich einer Seele, die in den Flammen des Fegfeuers litt und große Andacht zu ihr gehabt hatte, zu erbarmen, der allgütige Gott diese sogleich daraus erlöst habe.

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Von der Kraft der Bußwerke für die Verstorbenen

Es ist bekannt, daß die Heiligen sich der Bußwerke aller Art, wie übrigens auch die katholische Kirche in ihren Anliegen zu tun pflegt, als der geeignetsten Mittel bedienten, um für sich und andere von Gott außerordentliche Gnaden zu erlangen. Es läßt sich, wie auch viele Beispiele dafür zeugen, nicht daran zweifeln, daß dieselben auch für die Verstorbenen die heilsamste Kraft haben. Boudon sagt, von deren wundersamen Wirkungen auf sie gerührt, daß, wenn wir nur ein wenig Glauben hätten, das Fasten, die Bußgürtel, die Geißelungen und andere Bußwerke unsere gewöhnlichen Übungen wären, um dadurch den Armen: Seelen Hilfe zu verschaffen. Da aber der Eifer hierfür nicht bei jedermann so weit reichen kann, so ist doch niemand, der zu diesem Zweck sich nicht bisweilen eine bessere Speise, einen Trank oder ein anderes Vergnügen versagen, seine Sinne, besonders die Augen, die Ohren, die Zunge abtöten, einige Zeit des Stillschweigens beobachten, die Krankheiten, die Kälte und Hitze und anderes Ungemach geduldig ertragen, seine Gemütsart, seinen Eigenwillen bezähmen, kurz alles, was äußerlich und innerlich Leiden und Mühe verursacht, mit Unterwürfigkeit und Dank gegen Gott verdienstlich erdulden könnte.

So haben die Bauern, die Handwerker, die Dienstboten sowie alle, welche körperliche und geistige Leiden haben, vieles, das sie für diese Seelen aufopfern können, und zugleich würde diese christliche Liebe, die sie den Armen Seelen erweisen, ihnen einen reichlichen Segen und Kraft in ihren eigenen Leiden herabziehen. Boudon erzählt, daß Leute, die alle Beschwerden einer Reise, die sie machten, Gott für die Armen Seelen aufopferten, als sie auf derselben in große Gefahren gerieten, außerordentlicherweise daraus errettet worden sind, indem Gott so ihre Liebe durch einen besonderen Beistand seiner liebevollen Vorsehung belohnte.

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Das Gebet mit Fasten oder andere Bußwerke haben große Kraft für die Armen Seelen.

Im Buch Judith (4, 12) liest man: "Wißt, daß der Herr euere Gebete erhören wird, wenn ihr im Fasten und Beten vor dem Angesicht des Herrn bleibt und verharrt." Dieses bestätigt das folgende rührende Beispiel. Sancio, König von Leon, starb durch Verrat an Gift. Nun legte die Königin Guda, seine Gemahlin, die ihn zärtlich liebte, ihren königlichen Schmuck ab und ging in ein Kloster, um da Gott zu dienen und mit größerem Nutzen seiner Seele helfen zu können. Tag und Nacht betete sie eifrig, und an den Samstagen fastete sie jedesmal zu Ehren der Muttergottes.

Und siehe, gerade an einem Samstag, da sie für ihn betete, erschien ihr Sancio in einem schwarzen Trauerkleid, mit einem Ausdruck schrecklicher Pein. Er dankte ihr für ihr Gebet und bat sie, damit fortzufahren und es noch zu vermehren. "Ach," sagte er, wenn ich dir, teure Gattin, sagen könnte, wie schrecklich meine Qualen im Fegfeuer sind, o wie würde da dein Mitleid mit deinem Sancio noch zunehmen! Ach, bei der göttlichen Barmherzigkeit, hilf mir Guda, hilf mir!" Nach dieser Erscheinung widmete sich die Königin vierzig Tage lang ununterbrochen dem Gebet und dem Fasten, und nach Verlauf dieser Zeit sah sie ihn mit himmlischem Glanz umgeben, und er sprach zu ihr: "Jetzt bin ich befreit von meinen Peinen. Dieses verdanke ich dir, fromme Königin! Sei dafür ewig von Gott gesegnet! Verharre in deinen heiligen Übungen! Betrachte die Strafen im anderen Leben und vor allem die Herrlichkeit des Himmels, wohin ich vorausgehe, um dich dort zu erwarten und dein kräftiger Fürbitter zu sein."

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Geduldig für die Verstorbenen leiden, hilft ihnen.

In den Jahrbüchern des Klosters des hl. Trudo liest man folgendes: Eine gute Frau wurde von ihrem betrunkenen Mann sehr oft nicht nur mit Schimpfworten, sondern auch noch mit harten Schlägen unschuldigerweise sehr mißhandelt. Sie klagte daher einst diese ihre Not einem gottseligen Abt, der ihr den Rat gab, alle ihre Leiden mit der größten Geduld zu ertragen und Gott dem Herrn zu einem angenehmen  Opfer für die Armen Seelen darzubringen,  wodurch sie gewiß bald werde getröstet werden. Sie befolgte diesen guten Rat und opferte alle ihre Trübsale für eine gewisse Seele im Fegfeuer auf. Nun erschien diese bald darauf dem genannten Abt, um ihm für den vortrefflichen Rat, den er ihrer großmütigen Retterin gegeben hatte, zu danken, durch welchen sie von ihrer Pein befreit worden sei und jetzt in die ewige Freude aufgenommen werde.

Als hierauf dieser Abt jener Frau diese Nachricht mitteilte, wurde sie davon überschwenglich getröstet und erfreut, fuhr dann bei allem ihrem Leiden in dem gottseligen Liebeseifer fort und erlöste dadurch in der Folge noch viele andere Seelen. Es erschien sogar ein Bruder aus diesem Kloster bald nach seinem Tod jenem Abt und sagte ihm, daß ihm am besten durch die Bußwerke dieser Frau geholfen würde. Nachdem nun sogleich der Abt sie dafür angesprochen und sie ihre Verdienste für ihn aufgeopfert hatte, erschien er in der folgenden Nacht wieder und war erlöst.

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Die heilige Kommunion ist für die Armen Seelen sehr nützlich.

Der hl. Kardinal und Kirchenlehrer Bonaventura, aus dem Orden des heiligen Franziskus, der in seinen Werken viel von den Armen Seelen spricht, ermahnt besonders zur öfteren heiligen Kommunion für sie: "Die Liebe und das Mitleid mit deinem Nächsten," sagt er, "treibe dich zum heiligen Tisch; denn nichts ist so wirksam, für die Seelen Ruhe zu erlangen."

Das folgende Beispiel bestätigt das Gesagte: Ludwig Blosius erzählt, einem frommen Diener Gottes, den er wohl kannte, sei einst ein Verstorbener, der ganz in Flammen eingehüllt war, erschienen und habe ihm mitgeteilt, daß er schrecklich leiden müsse, weil er mit zu wenig Vorbereitung den göttlichen Heiland unter den sakramentalen Gestalten empfangen habe. "Darum bitte ich dich," fügte er hinzu, "mein lieber Freund, sei doch so gut um der Liebe willen, die wir zueinander hatten, und kommuniziere einmal zum Heil meiner Seele, aber mit andächtiger Vorbereitung und großem Eifer; so hoffe ich sicher, von  den  fürchterlichen  Peinen  befreit  zu werden,  die  ich  für  meine  Lauigkeit  gegen  das allerheiligste Sakrament des Altares wohl verdient habe."

Jener erfüllte unverzüglich  diese fromme  Bitte, und nachdem  er die heilige Kommunion  mit der gehörigen Vorbereitung empfangen hatte, erschien ihm die Seele noch einmal mit glänzendem Licht umgeben, wie sie in festlichem Flug sich emporschwang, um unverhüllten Angesichtes den König der ewigen Glorie zu schauen. (Blos. in mon. sp. e. VI.)

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Von der Kraft des heiligen Meßopfers für die Verstorbenen

Die heiligen  Väter sprechen  sich vielfach mit Eifer über die unermeßliche  Wirkung  des heiligen Meßopfers für die Verstorbenen aus. Der hl. Cyrill von Jerusalem sagt, als er jenen, die von ihm im Christentum unterrichtet wurden, mehrere Stellen der Meßordnung erklärt, daß wir darin für unsere Väter und überhaupt für alle Verstorbenen  in der zuversichtlichen Hoffnung beten, daß ihnen durch die Gebete, die man im heiligen Opfer für sie darbringe, große Linderung zuteil werde, und fügt, um dies zu erklären, bei: "Wenn einem König, für jene, die ihn beleidigt hatten, und deshalb bestraft wurden, die Freunde oder Verwandten der Beleidiger irgend ein Geschenk von hohem Wert, wie z.B. eine Krone, zur Besänftigung seines Zornes darbrächten, glaubt ihr nicht, daß der Fürst die Schuldigen begnadigen oder doch ihre Strafe mildern würde? Ebenso richten wir unsere Gebete zu Gott für die Verstorbenen, obschon wir Sünder sind; nicht zwar, als könnten wir ihm eine Krone anbieten, sondern indem wir ihm Jesus Christus  selbst darbringen,  der für unsere Sünden geblutet  hat, damit der so gütige und barmherzige Gott ihnen und uns gnädig sein möge" (Katech. 19.9).

"Nicht umsonst“, sagt der hl. Chrysostomus, "haben die Apostel das Gedächtnis an die Toten bei den heiligen ehrfurchtsgebietenden Geheimnissen verordnet, denn sie wußten, welche Vorteile denselben aus dieser Übung zuströmen. Wenn die Gemeinde mit dem Priester die Hände ausstreckt in Gegenwart des heiligen Opfers, welche Kraft müssen dann unsere Gebete haben! Wer am Altar steht, ruft nicht vergebens: Laßt uns für die Entschlafenen beten."

Sehr schön sagt auch ein frommer Schriftsteller  unserer Zeit: "Das heilige Meßopfer ist Gott weit angenehmer, als wenn wir ihm tausend Welten zum Opfer brächten, die alle mit Seraphinen angefüllt wären: Welten voll Seraphinen, was sind sie im Vergleich mit Jesus, dem eingeborenen, geliebten Sohn Gottes? Und gibt es wohl etwas, das wir durch Jesus durch seine Vermittlung hei Gott nicht erhalten könnten? Wäre eine Seele im Fegfeuer so tief verschuldet, daß das Blut Jesu diese Schuld heim Vater nicht bezahlen könnte? Könnten sich diese Seelen jetzt noch die Verdienste Jesu aneignen, so würde sofort eine allgemeine Erlösung stattfinden."

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Beispiele, wie hilfreich das heilige Meßopfer für die Armen Seelen wirkt

Der hl. Abt und Kirchenvater Bernhard schreibt in dem Leben des hl. Malachias: "Einst hörte dieser heilige Bischof im Traum eine Stimme, die ihm sagte, seine Schwester, die unlängst gestorben war, stehe im Vorhof und habe schon 30 Tage lang nichts mehr verkostet. Beim Erwachen verstand er sogleich,  welche  Speise  ihr abging,  denn es waren  ebenso  viele Tage,  daß er das lebendige Himmelsbrot  nicht mehr für sie dargebracht  hatte. Er fuhr hernach ununterbrochen fort, ihr diese himmlische Wohltat wieder zu erweisen, worauf er sie bald einmal in einem Trauerkleid zur Kirche kommen sah; sie durfte aber nicht hinein. Später sah er sie in einem etwas weißen Gewand in der Kirche; allein sie durfte sich dem Altar nicht nähern. Endlich sah er sie das dritte Mal in einem weißen Gewand unter einer Schar Weißgekleideter, was ihm ihre Erlösung bedeutete."

Der hl. Bernhard schließt diese Erzählung mit folgenden Worten: "Offenbar hat dieses Sakrament die Kraft, die Sünden zu tilgen, die feindlichen Mächte zu überwältigen  und den von der Erde Heim- kehrenden den Himmel aufzuschließen."

Der hl. Antonius erzählt: "Als einst der hl. Johannes von Alvernia, aus dem Minoritenorden, an einem Allerseelentag  bei der heiligen Wandlung den allerheiligsten  Leib unseres Herrn dem ewigen Vater aufopferte und ihn inbrünstig bat, die Seelen im Fegfeuer durch das Blut und die Verdienste seines eingeborenen  Sohnes daraus zu befreien, sah er deren eine große Menge, gleich unzählig vielen Feuerfunken aus einem Ofen, sich in den Himmel emporschwingen."

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Das heilige Meßopfer ist das kräftigste Heilmitteln für die Armen Seelen.

Der sel. Heinrich Suso, aus dem Predigerorden, war. wie er selbst schreibt, mit einem Ordensmann, der in Köln sein Studiengefährte war, das gegenseitige Versprechen eingegangen, daß derjenige von ihnen, der den anderen überleben würde, ein Jahr lang wöchentlich  zwei heilige Messen für den anderen lesen müsse. Nachdem nun der Ordensmann gestorben war, vergaß zwar Heinrich Suso für ihn die schuldigen Messen zu lesen, betete aber und opferte seine äußerst strengen Bußwerke fortwährend für ihn auf. Allein der Verstorbene  erschien ihm darauf in einem ganz traurigen und abgehärmten Aussehen und beklagte sich bei ihm jämmerlich darüber, daß er versäumt habe, ihm durch Entrichtung des heiligen Meßopfers beizustehen. Suso entschuldigte sich damit, daß er ihn doch beständig dem Herrn empfohlen und für ihn Buße getan habe. Jetzt schrie der Verstorbene:  "Blut, Blut, Bruder, ist nötig, damit mir Linderung werde! Messen, Messen, wie wir einander versprochen haben, sollen gelesen werden!" Und in der Tat, nachdem der Selige mehrere Messen für ihn gelesen hatte, sah er ihn bald darauf als eine Lichtgestalt gen Himmel steigen. Denn es ist nur allzu wahr, daß, wie der fromme Papst Benedikt XIII. hierbei bemerkt, nur Jesus Christus uns in seinem Blut von unseren Sünden rein gewaschen hat. Es sagt daher das heilige Konzil von Trient (25. Sitzung), daß die im Fegfeuer behaltenen Seelen die kräftigste Hilfe durch das heilige Opfer des Altares erhalten.

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Vom Ursprung der 30 Messen oder der sogenannten Gregorianischen Messen

Der hl. Papst Gregor der Große erzählt selbst in seinen Gesprächen folgende Geschichte, die sich in seinem eigenen Kloster in Rom zugetragen und zu diesen Messen Anlaß gegeben hat. Ein Bruder namens Justus war gestorben. Da er aber gegen die Ordensregel sich einige Goldstücke angeeignet hatte, befahl der heilige Papst, ihm zur Strafe und den anderen zur Warnung, daß ihm kein Bruder im Tod beistehen und sein Leichnam außerhalb des Kirchhofes mit diesem Geld in eine Grube geworfen werden solle. Dieses geschah wirklich. Aber dreißig Tage später erbarmte sich der Heilige seiner und ließ eben so viele Tage nacheinander eine heilige Messe für ihn lesen. Als diese nun verrichtet waren, erschien der Verstorbene seinem leiblichen Bruder Copiosus, der Arzt in der Stadt war, und sagte ihm auf dessen Frage, wie es ihm gehe: Bisher ging es schlecht: allein jetzt steht es gut um mich; denn heute habe ich die Gemeinschaft erhalten. Nachdem Copiosus diese Nachricht ins Kloster gebracht hatte, zählte man die Tage, seit denen man das heilige Opfer für ihn dargebracht hatte (denn man hatte ihrer nicht geachtet), und es fand sich, daß es gerade der dreißigste war. Der heilige Papst schließt diese Erzählung mit den Worten: "Da Copiosus nicht wußte, was die Brüder für ihn getan, noch diese Brüder, was er gesehen hat, und da die Erscheinung mit dem heiligen Opfer übereinstimmte, so zeigte sich klar daß der gestorbene Bruder durch die Darbringung des heilsamen Opfers der Pein entkommen sei." Von da an wurde dieser Gebrauch der 30 Messen allgemein; und mehrere Beispiele zeugen von der großen Kraft derselben für die Verstorbenen.

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Über den Ursprung des Allerseelentages

Der große kirchliche Geschichtsforscher P. Surius, aus dem Karthäuserorden, gibt als Ursprung dieses allgemeinen Gedächtnistages folgende Begebenheit  an, welche der hl. Petrus Damiani im Leben des hl. Abtes Odilo Cluny (Kluny) beschreibt: Ein frommer Ordensmann aus Frankreich, der auf seiner Heimkehr von einer Pilgerreise nach dem gelobten Land auf dem Meer durch einen Sturm auf eine unbekannte Insel geworfen wurde, traf da einen gottseligen Einsiedler an, der ihm sagte, er höre in der Nähe seiner Zelle oft ein seltsames und schreckliches Geheul der bösen Geister, die sich beklagten, daß ihnen durch die Gebete und guten Werke der Christen für die Verstorbenen ein so großer Schaden zugefügt werde, indem dadurch die ihnen zur Quälung übergebenen Seelen erlöst oder wenigstens in ihren Peinen stark erleichtert werden. Besonders äußerten sie deswegen einen großen Haß gegen den Abt Odilo von Cluny und dessen Mönche. Nach seiner Rückkehr teilte dieser Ordensmann, gemäß dem Verlangen des Einsiedlers, diese Nachricht dem heiligen Abt von Cluny mit, der. dadurch noch mehr entflammt, um dieses Werk so ausgezeichneter Liebe noch mehr zu verbreiten, um das Jahr 1030 in allen Klöstern seines Ordens auf den zweiten Wintermonat  einen jährlichen Gedächtnistag  für alle Seelen im Fegfeuer einführte.

Nachdem er später mit dem Papst Johannes XIX. davon gesprochen hatte, führte der Papst diesen Brauch in der ganzen Kirche ein. Zwar meldet schon Tertullian im dritten Jahrhundert, daß die Christen seiner Zeit ein jährliches Gedächtnis der Verstorbenen gehalten haben; und der Bischof Amalarius von Trier hatte eine solche schon zwei Jahrhunderte vor Odilo in seinem Sprengel eingeführt, allein erst infolge des genannten Ereignisses wurde dieser Brauch, wie gesagt, auf die ganze Kirche ausgedehnt.

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Das Weihwasser

Nach altem Brauch segnet die Kirche das Wasser. Die Priester und die Gläubigen besprengen mit dem Weihwasser die Verstorbenen und ihre Gräber. In manchen Gegenden findet man auf den Friedhöfen leider keine Weihwassergefäße. Geben Sie, bitte, den Armen Seelen immer wieder den Trost des Weihwassers. Gehen Sie nicht nur an Allerseelen auf den Friedhof.

Geben Sie auch zu Hause jeden Abend Ihren Verstorbenen,  allen Armen Seelen und den meist vergessenen Priesterseelen das Almosen des Weihwassers. Bedenken Sie die Worte Jesu Christi: "Was ihr dem geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan."

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Aussagen über die Dankbarkeit der Armen Seelen

Der hl. Hieronymus:  Die Hilfe,  die wir den Heimgegangenen erbitten, läßt uns eine ähnliche Barmherzigkeit erwarten.

Der hl. Augustinus: Jene Menschen, die während ihres Lebens diesen Seelen ...am meisten helfen, werden ihrerseits durch eine besondere Vorsehung Gottes mehr Hilfe von anderen empfangen, wenn sie im Tod in die Läuterung hinüberschreiten.

Der hl. Bernhard: Die fürbittende Macht der Armen Seelen bei Gott ist so groß, daß man es kaum für möglich halten könnte, wäre nicht die tägliche Erfahrung da, um sie immer wieder zu bezeugen.

Der hl. Johannes Vianney (Pfarrer von Ars): Oh! Wenn man wüßte, wie groß die Macht der guten Armen Seelen über das Herz Gottes ist, und wenn man alle Gnaden wüßte, die wir durch ihre Fürsprache erhalten können, dann wären sie nicht so sehr vergessen. Man muß gut für sie beten, damit auch sie gut für uns bitten. Die Armen Seelen im Fegfeuer können nichts für sich selbst tun, aber sie können sehr viel für ihre Wohltäter erreichen,

Der hl. Alphons Maria von Liguori: Ich halte es für gewiß, daß eine Arme Seele, die durch die Fürbitte eines noch auf der Erde lebenden Christen befreit wurde, im Himmel nicht aufhören wird, zu Gott zu sagen: "Herr, schau auf diesen mildherzigen und hilfsbereiten Menschen. Er hat mich aus dem Fegfeuer herausgezogen und half, daß ich so schnell mich Deiner Gegenwart erfreuen kann. Laß nicht zu, daß er verlorengeht."

Die hl. Katharina von Bologna: Wenn ich eine Gnade von unserem himmlischen Vater erhalten will, nehme ich meine Zuflucht zu den Armen Seelen. Ich bitte sie, Gott mein Anliegen vorzutragen und meine Bitte zu unterstützen. Und dann erfahre ich, wie ich durch ihre Fürsprache erhört wurde.

Papst Johannes XXIII.: Eines der verdienstlichsten Werke der Liebe, das sicherlich dem Herrn gefällt, ist unsere Hilfe für die Armen Seelen. Sogar in der natürlichen Ordnung, hier auf Erden, erwirkt uns diese Hilfe eine unbegrenzte Segensfülle. Die Heimgegangenen zahlen uns alles zu gelegener Zeit zurück, indem sie uns beschützen, uns vor dem Bösen bewahren und uns auf alle Weise helfen.

Der hl. John Fischer:  Die Armen  Seelen  gehören  zu den tiefsten  Kennern  irdischer  Not und menschlichen Daseins. Da sie in einer uns noch nicht zugänglichen Gotterfahrung leben, sind sie von Liebesgewalt zu uns erfüllt und besonders den Menschen die treuesten Freunde, die ihnen durch Gebet und Opfer den Weg zur Gottesschau verkürzen.

Die hl. Katharina von Genua: Wer in diesem Leben seine Sünden abbüßt, bezahlt mit wenigen Pfennigen tausend Dukaten; wer aber die Abbüßung ins andere Leben verschiebt, bezahlt mit tausend Dukaten wenige Pfennige.

Christus zur hl. Gertrud: Ein einziges Wort, vom Grunde des Herzens gesprochen, hat mehr Kraft und Wirksamkeit zur Erlösung der Armen Seelen, als das Hersagen einer Menge von Psalmen und Gebeten ohne Andacht.

 

 

 

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