Erklärung des
hl. Meßopfers

P. Martin von Cochem

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Inhaltsverzeichnis

Erklärung des hl. Meßopfers

von P. Martin von Cochem † 1712

Überarbeitet und neu heraus-gegeben von Klemens Kiser ©

Kommentiert für heute, da viele die alte lat. Messe nicht mehr kennen. Kommentare in  [......]

Früchte der hl. Messe - nach P. Martin von Cochem

In der Todesstunde werden die hl. Messen, die du mit Andacht mitgefeiert hast, dein größter Trost sein.
   
Jede hl. Messe wird dich zum Richterstuhl Gottes begleiten und dort für dich Fürsprache einlegen.
   
Durch jede hl. Messe bist du imstande, deine Sündenstrafen abzubüßen nach dem Maß deiner Andacht.
   
Wenn du der hl. Messe mit Andacht mitfeierst, erweist du der hl. Menschheit unseres Heilandes die größte Ehre. Christus leistet Ersatz für alle deine Nachlässigkeiten und Vergehen.
   
Er läßt dir alle jene läßlichen Sünden nach, die du entschlossen bist, nach Kräften zu meiden. Er vergibt dir auch alle Sünden, deren du nicht bewußt bist und die du niemals gebeichtet hast. Die Gewalt des Teufels über dich ist gebrochen.
   
Den Seelen im Fegfeuer gewährst du den größten Trost.
   
Eine einzige hl. Messe im Leben andächtig angehört, wird dir von größerem Nutzen sein, als viele, die für dich nach dem Tod aufgeopfert werden.
   
Du wirst vor vielen Gefahren und vor vielem Unglück bewahrt, dem du sonst erlegen wärest.
   
Durch jede hl. Messe verkürzt du dein Fegfeuer.
   
Jede hl. Messe gewinnt für dich einen höheren Grad der Glorie im Himmel.
   
Der Segen des Priesters, den du in der hl. Messe empfängst, wird von Gott selbst bestätigt.
   
Du bist von einer großen Zahl hl. Engel umgeben, die dem anbetungswürdigen Opfer mit Andacht beiwohnen.
   
Deine zeitlichen Angelegenheiten werden in besonderer Weise vom Himmel gesegnet sein.
   
Wenn du die hl. Messe mitfeierst und dieselbe zu Ehren eines Heiligen aufopferst, so danke Gott für die Gnaden, die er ihm erteilt! Du vermehrst dadurch seine Glorie, seine Freude und seine himmlische Glückseligkeit und ziehst dessen besonderen Schutz auf dich herab.
   
Jedesmal, wenn du die hl. Messe mitfeierst, opfere dieselbe neben anderen Meinungen auch zu Ehren eines Tagesheiligen auf!

 

Vorwort des Verfassers

Andächtige Seele unter allen Schätzen, welche wir in der Welt haben, ist keiner herrlicher als das Opfer der hl. Messe, und daß unter allen Schäden, die es auf der Welt gibt, meines Erachtens kaum einer größer ist als die Unkenntnis dieses heiligsten Opfers. Der Schatz der hl. Messe ist unschätzbar, und darum ist auch der Schaden unmeßbar. Von der hl. Messe kann ich sagen, was die Hl. Schrift von der Weisheit sagt: „Sie ist ein unerschöpflicher Schatz für die Menschen; wer ihn benützt, wird der Freundschaft Gottes teilhaftig" (Wsh 7,14). Es ist bitter zu beklagen, daß dieser teure Schatz, durch den sich alle Gläubigen bereichern könnten, gleichsam in der Erde vergraben liegt und von wenigen erkannt und geschätzt wird, weil von der hl. Messe wenig geschrieben, wenig gelehrt und wenig gepredigt wird.
Damit nun die Welt diesen so großen Schaden nicht länger leiden muß, bin ich entschlossen, mit Hilfe der göttlichen Gnade im vorliegenden Buch klar und nachdrücklich zu beweisen, daß das hochwürdigste Meßopfer der hohe Gottesdienst ist, durch den die heiligste Dreifaltigkeit würdig geehrt, die lieben Heiligen hoch erfreut, die katholische Kirche merklich gestärkt, die elende Welt erhalten und die armen Seelen im Fegfeuer voll Milde erquickt werden können.
Diesen Beweis habe ich nicht aus mir ersonnen, sondern in der Hl. Schrift, in den allgemeinen Konzilien, bei den hl. Vätern und den Gottesgelehrten gefunden. Ja, ich habe alle Bücher, die etwas von der hl. Messe enthielten, soweit sie mir konnten zu Händen kommen, durchforscht, und was ich von der Würde und dem Nutzen der hl. Messe gefunden; genau aufgezeichnet. Diese meine Arbeit und den reichen Schatz, den ich gefunden, lege ich Dir vor, geliebter Leser und geliebte Leserin, mit der freundlichen Bitte, Du mögest das Buch nur einmal aufmerksam ganz durchzulesen und bei dir zu überdenken. Alle diese Dinge werden Dir so schön, so tröstlich und so angenehm vorkommen, daß du dich herzlich darüber freuen und das feste Vertrauen gewinnen wirst, durch die hl. Messe die Seligkeit zu erwerben. Deswegen nenne ich dieses Buch: „Meßerklärung über Honig süß", weil alles, was darin steht, süßer als Honig und kräftiger als Mark ist. Ich wünsche von Herzen, daß dir dies Buch tief zu Herzen gehe und eine inbrünstige Andacht zur hl. Messe in dir erwecken möge. Ich empfehle mich ernstlich in alle hl. Messen, die du all dein Lebtag hören wirst, und bitte, du wollest mich in dieselben tief einschließen und sie zu meinem Heil dem höchsten Gott aufopfern.
Alles, was ich in dieser Meßerklärung geschrieben habe, unterwerfe ich dem Urteil der heiligen römisch-katholischen Kirche, der es allein zusteht, die Wahrheit der katholischen Lehre zu erforschen und gutzuheißen, in deren mütterlichem Schoß ich zu leben und zu sterben verlange.
[Das Buch hat natürlich Imprimatur.]

 

Vorwort und Lebensbeschreibung des P. Martin von Cochem

Wer einmal etwas von ihm gelesen hat, der wird den Mann mit dem tiefen Glauben liebgewinnen. Pater Martin wurde in Cochem an der Mosel am 12. Dez. 1634 geboren. Alle Kapuziner wurden früher mit dem Heimatort ‘geadelt’. Er trat im dort mit 18 Jahren ins Kapuzinerkloster ein. Der Kapuzinerorden, der die ursprüngliche Strenge des hl. Franziskus wieder lebte, war damals erst wenige Jahrzehnte in Deutschland, fand aber eine große Verbreitung. Selbst während des grausamen Dreißigjährigen Krieges konnte er mehr als 60 Niederlassungen gründen. Neben den Jesuiten hat das Deutsche Reich maßgeblich den Kapuzinern die Erhaltung und Wiederbelebung des katholischen Glaubens zu verdanken.
Nach seiner Priesterweihe, die er um 1660 empfing, war Pater Martin sieben Jahre Lektor im Kloster zu Mainz, d.h. er unterrichtete Philosophie und Theologie, und gab 1666 einen kleinen Katechismus heraus. Der Verleger erkannte sofort, wie verständlich das Buch geschrieben war, und schlug ihm vor, sich ganz der Schriftstellerei zu widmen. Der Wunsch konnte in Erfüllung gehen, als ihm bereits im nächsten Jahr das Amt des Lektors abgenommen wurde. Bald war nun sein Name in ganz Deutschland bekannt. Mit eisernem Fleiß sammelte er Material zu immer neuen Büchern, die fast alle bald neue Auflagen erlebten. Hauptsächlich sind es Gebetbücher, dazu kommen Legenden d.h. Heiligenbeschreibungen, Beispielsammlungen, Biblische und Kirchengeschichte, das oft gedruckte „Leben Jesu" und mehrere Bücher von der hl. Messe.
Pater Martin wirkte fleißig in der Seelsorge. 1668 kam er nach Bensheim an der Bergstraße; dann in ein Kloster bei Rüdesheim, nach Königstein am Taunus und Dieburg bei Darmstadt. Der Erzbischof von Mainz ihn schätzte ihn sehr und sandte ihn wegen seiner Gelehrsamkeit, seines Eifers und seiner Frömmigkeit 1682-85 als Visitator und Missionar vor allem in den Spessart, der durch die Kriege gelitten hatte. Er mußte in den Kirchen, Schulen, und Privathäusern der Städte und Dörfer Unterricht erteilen, predigen und auch bei den Geistlichen nach dem Rechten sehen. Das ging nicht ohne Gefahren. In einer Winternacht hatte er sich einmal mit einem Laienbruder verirrt, und beide stürzten plötzlich von einem Felsen hinab. Glücklicherweise lag unten im Tal tiefer Schnee, und so blieben sie unverletzt. Während aber der Begleiter vor Schrecken und Kälte keinen Laut hervorbringen konnte, begann Pater Martin dankerfüllt mit lauter Stimme das Te Deum zu singen.
Die folgenden Jahre konnte er sich in den Klöstern seines Ordens wieder der Schriftstellerei widmen. Als aber 1689 der französische König Ludwig XIV. seine Kriege gegen Deutschland wieder anfing, mußten die Kapuziner außer Landes gehen, und so begann auch für Pater Martin eine Zeit rastloser Wanderungen, die ihn bis nach Österreich und Böhmen führten.
Erst 1696 konnte er zurückkehren und versah nunmehr die Seelsorge im Wallfahrtskloster Walldürn. Hier schrieb er seine Erklärung der hl. Messe, die zu dem Besten und Tiefsten gehört, was er verfaßt hat. Die Liebe des deutschen Volkes zur hl. Messe dürfte zum großen Teil auf dieses einst weit verbreitete Buch zurückzuführen sein. Wie hoch er selbst die hl. Messe schätzte, erkennt man daraus, daß er ungeachtet seiner vielen Arbeiten keine hl. Messe, der er mitfeiern konnte, versäumte. Wenn bei Leichenbegängnissen viele Priester zugegen waren, wartete er mit dem Zelebrieren bis zuletzt, um vorher an den Messen der übrigen Priester teilnehmen zu können. - Früher zelebrierten alle Priester einzeln, d.h. bei Beerdigungen waren so viele Messe neben- und hintereinander als Priester da waren. Daher auch die vielen Seitenaltäre.

Das war bei Kerzenschein nicht immer einfach, da man nüchtern zelebrieren mußte - die Nüchternheit galt ab Mitternacht. Daher waren die Messen nur am Vormittag, meist in der Frühe.
Bereits über 60 Jahre alt, mußte er nochmals die Mühen einer Visitation im Stift Trier übernehmen. Erst als 75-jähriger Greis durfte er seßhaft werden. Im Wallfahrtskloster Waghäusel, das damals zum Bistum Speyer gehörte, beteiligte er sich an der Pilgerseelsorge und hörte noch mit Hilfe eines Hörrohres Beicht. Er starb am 10. Sept. 1712.

Pater Martin von Cochem hatte ein äußerst tätiges Leben voll großer Abtötungen geführt. Jahrelang trank er keinen Wein, aß er weder Fisch noch Fleisch und gönnte er sich nur 3-4 Stunden Schlaf. 66 Schriften hat er herausgegeben. Aus allen leuchtet eine glühende Liebe zum dreifaltigen Gott, zum allerheiligsten Altarssakrament und zur allerseligsten Jungfrau hervor.
Die vorliegende Ausgabe der „Meßerklärung" ist leicht überarbeitet, da manche Worte und Formulierungen heute nicht mehr bekannt sind. Eine Verkürzung geschah durch Auslassung von Wiederholungen, Umarbeitung der letzten Kapitel und Wegfall mehrere Geschichten, durch welche er das Buch verständlicher machen wollte. An den übrigen braucht sich niemand zu stoßen, ohne sie wäre es kein Cochem mehr. Im übrigen sei die ausdrückliche Erklärung hinzugefügt, daß der Herausgeber sich dem Urteil der hl. katholischen Kirche unterwirft.
Diese Ausgabe wurde nach alten Vorlagen des 18. - 20. Jh. leicht überarbeitet. Dieses Buch wurde nach dem Konzil vernichtet! Es ist eben gut katholisch.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Verfassers
Vorwort und Lebensbeschreibung des P. Martin von Cochem
1. Kap.

1. Vom Wesen des hl. Meßopfers

 

2. Wie die hl. Messe von den Irrlehren angefochten worden ist

2. Kap.

Von der Vortrefflichkeit der hl. Messe

 

1. Von der Weihe der Kirchen
2. Von der Priesterweihe
3. Was zur Feier der hl. Messe nötig ist
4. Von den Zeremonien der hl. Messe
5. Vom vornehmsten Priester bei der hl. Messe
6. Welch kostbare Gabe in der hl. Messe geopfert wird

3. Kap.

Von den Geheimnissen der hl. Messe

 

1. Die Vorbilder der hl. Messe
2. Über die Geheimnisse der hl. Messe
3. Gnaden, die aus dem andächtigen Messehören entspringen

4. Kap.

In der hl. Messe erneuert Christus seine Menschwerdung

5. Kap.

In der hl. Messe erneuert Christus seine Geburt

 

1. Die Freude, die der Himmel durch die erneuerte Geburt Christi empfängt
2. Den Heil, den die Welt durch die erneuerte Geburt Christi empfängt

6. Kap.

In der hl. Messe erneuert Christus sein Leben

7. Kap.

In der hl. Messe erneuert Christus sein Gebet

8. Kap.

In der hl. Messe erneuert Christus sein Leiden

 

1. Wie in der hl. Messe das Leiden Christi erneuert wird
2. Warum Christus in der hl. Messe sein Leiden erneuert

9. Kap.

In der hl. Messe wird Christi Tod erneuert

10. Kap.

1. In der hl. Messe wird die Blutvergießung Christi erneuert

 

1. Wie das hl. Blut in der hl. Messe ausgesprengt wird
2. Wie das hl. Blut für uns ruft

11. Kap.

Die hl. Messe ist das vorzüglichste Brandopfer

12. Kap.

Die hl. Messe ist das allerhöchste Lobopfer

13. Kap.

Die hl. Messe ist das beste Dankopfer

14. Kap.

Die hl. Messe ist das kräftigste Bittopfer

15. Kap.

Die hl. Messe ist das heiligste Versöhnungsopfer

 

1. Wie die hl. Messe die Verzeihung der Sünden erwirkt und verstockte Sünder bekehrt
2. Wie die hl. Messe die läßlichen Sünden austilgt

16. Kap.

Die hl. Messe ist das würdigste Genugtuungsopfer

 

Wie viele Strafen man durch eine Messe abbüßen kann

17. Kap.

Die hl. Messe ist das vortrefflichste Werk des Heiligen Geistes

18. Kap.

Die hl. Messe ist die süßeste Freude aller Heiligen

 

1. Die hl. Messe ist die Freude der Mutter Gottes
2. Wie die hl. Messe die Freude der Heiligen ist

19. Kap.

Die hl. Messe ist der größte Nutzen der Gläubigen

20. Kap.

Die hl. Messe ist eine Vermehrung der Gnade und Glorie

 

1. Von der Gnade
2. Die himmlische Herrlichkeit
3. Von der hl. Kommunion

21. Kap.

Die hl. Messe ist die sicherste Hoffnung der Sterbenden.

22. Kap.

Die hl. Messe ist die gewisseste Erlösung der Verstorbenen

23. Kap.

Was und wie der Priester und die Engel für die Mitfeiernden beten

 

1. Wie der Priester bei der hl. Messe für uns bittet
2. Wie die Engel bei der hl. Messe für uns bitten

24. Kap.

Die hl. Messe hindert die Arbeit nicht, sondern befördert sie

25. Kap.

Von der Aufopferung der hl. Messe

26. Kap.

Nützliche Lehre, mehrere Messen zugleich zu hören

27. Kap.

Herzliche Ermahnung zum täglichen Besuche der hl. Messe

 

Beispiele aus dem Leben für den täglichen Besuch der hl. Messe

28. Kap.

Mit welcher Andacht und Ehrfurcht wir die hl. Messe mitfeiern sollen

29. Kap.

Meßandacht 1. Bis zur Wandlung

30. Kap.

Meßandacht 2. Während und nach der Wandlung

 

3. Der dritte Hauptteil und der Schluß der hl. Messe

   
Anhang: Meßandachten, Gebete, Beichtandacht
 

Begrüßung Jesu im hochhl. Altarssakrament
Meßandacht zu Ehren des bitteren Leidens und Sterbens Jesu
Hausmesse, wenn man nicht zur Kirche kommen kann.
Beichtandacht
Kommunionandacht

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1. Kap. - Vom Wesen des hl. Meßopfers

1. Die hl. Messe wird auf lateinisch Sakrifizium genannt (wörtlich: heilig Gemachtes), ein Wort, das sich auf deutsch in seiner ganzen Bedeutung nicht genau übersetzen läßt. Wir sagen zwar dafür Opfer, aber ein Opfer kann auch viel weniger sein als ein Sakrifizium. Wenn man zum Beispiel ein Geldstück auf den Altar legt, so ist dieses ein Opfer, und ein solches Opfer ist um so größer, je größer die Selbstentäußerung ist, die man bei der Hingabe übt. Das wissen wir aus dem Lob, das der liebe Heiland der Witwe spendete, die von ihrer Armut alles opferte, was sie hatte (Mk 12,42f.). Aber ein Sakrifizium war dies keineswegs, denn das ist etwas viel Größeres und Erhabeneres. In seiner eigentlichen Bedeutung wird als Sakrifizium bezeichnet eine äußere Gabe, die allein Gott als dem Allerhöchsten dargebracht und von einem rechtmäßig verordneten und geweihten Priester auf gewisse bedeutungsvolle Weise konsekriert oder geheiligt wird, zur Anerkennung der höchsten Herrschaft des allmächtigen Gottes über alle Kreaturen.
Das Sakrifizium wird also Gott geheiligt und jedem anderen Gebrauch entzogen, weswegen bei der Darbringung gewöhnlich eine Zerstörung der Gabe stattfindet. Hierdurch wird angedeutet, daß das alles eigentlich Gott gehört und seiner Herrschaft ganz unterworfen ist, auch der Mensch mit allem, was er ist und was er hat.- Daraus kannst du nun entnehmen, daß ein Sakrifizium weit mehr ist als ein Opfer. Deswegen werde ich in diesem Buch das Wort „Sakrifizium" öfter anstatt des Wortes „Opfer" gebrauchen, damit du beim Lesen dieses Wortes daran denkst, daß es sich um jenes vortreffliche Opfer und jenen so hohen Dienst handelt, der allein dem unendlichen Gott, aber keiner einzigen Kreatur gebührt.

2. Daß ein solches Sakrifizium Gott allein zukommt, beweist der hl. Augustinus aus dem allgemeinen Brauch aller Völker, indem er sagt: „Wer hat jemals dafür gehalten, daß man ein Sakrifizium einem anderen darbringen soll als einzig demjenigen, den man als Gott erkannt hat oder dafür hält?" Und an einer anderen Stelle: „Der Teufel würde von den Seinigen kein Sakrifizium fordern, wenn er nicht wüßte, daß dieses dem wahren Gott zukäme. (1 Kor 10,20: „Was die Heiden opfern, das opfern sie den Teufeln und nicht Gott.")
Viele große Herren haben wohl andere Dienste, die Gott erwiesen werden, auch für sich gefordert; aber es sind doch wenige gewesen, die verlangt haben, daß man ihnen göttliche Opfer darbringen sollte. Diejenigen aber, welche dies zu verlangen sich erkühnt haben, wollten sich für Götter halten lassen." Aus diesen Worten des hl. Augustinus kannst du erkennen, das Sakrifizium ein göttlicher Dienst ist, der keinem Menschen oder Heiligen oder Engel zukommt.

3. Der hl. Thomas von Aquin sagt, es sei ein Gesetz der Natur, dem allmächtigen Gott Sakrifizia oder göttliche Opfer darzubringen, und daß der Mensch von Natur aus, auch ohne besonderes Gebot und Ermahnung, dazu angetrieben werde (STh II,II 85 Art.I).
Das sehen wir an Abel, Noe, Abraham, Job und den anderen Patriarchen, welche ohne besonderen göttlichen Befehl, aus bloßem Antrieb der Natur göttliche Opfer verrichtet haben. Aber selbst die Heiden haben, angetrieben durch das natürliche Licht ihrer Vernunft, den Götzen, die sie für Götter hielten, Opfer dargebracht. Den Israeliten hat Gott es dann im Gesetz ausdrücklich befohlen, daß sie ihm täglich und an allen hohen Festtagen Opfer bringen sollten. Nicht bloß gebot er ihnen, daß sie ihm Lämmer, Schafe, Kälber und Stiere zum Geschenk geben, sondern daß diese durch die geweihten Priester unter bestimmten Gebeten und Zeremonien aufgeopfert werden sollten. Diese mußten unter dem Klang der Posaunen und dem Gesang von Psalmen die Tiere schlachten, ihnen die Haut abziehen, das Blut um den Altar gießen und das Fleisch auf dem Altar verbrennen. Das waren die jüdischen Sakrifizia bzw. Opfer, durch die sie Gott dem Allerhöchsten die ihm gebührende Ehre geben und bezeugen wollten, daß Er der wahre Herrscher über alle Geschöpfe sei.

4. Da nun alle Völker und Nationen neben Gebeten, Gesängen, Almosen, Bußwerken und anderem Gottesdienst ihre Opfer gehabt haben, durch welche sie dem wahren Gott oder ihren vermeintlichen Göttern die gebührende Ehre erwiesen, so war es geziemend, daß auch Christus seiner Kirche mit dem wahren Glauben ebenso ein wirkliches Opfer als äußeren Gottesdienst verordnete, durch das sie Gott die ihm gebührende Ehre geben und ihm den größten Gefallen erweisen könnte.
Es wird sich ja kein vernünftiger Mensch denken können, daß Christus seiner Kirche, die er in allen Dingen auf das vollkommenste ausstatten wollte, diesen höchsten Gottesdienst vorenthalten und sie in einer so hochwichtigen Sache voll Mangel hätte sein lassen wollen. Dann wäre die Kirche in diesem Stück ja doch geringer gewesen als das Judentum, das so herrliche Opfer hatte, daß vornehme Heiden aus fernen Landen kamen, um diesen jüdischen Gottesdienst zu sehen, und daß einige heidnische Könige die Unkosten, die derselbe erforderte, bestritten haben, wie im zweiten Buch der Makkabäer zu lesen ist. („Es geschah, daß selbst Könige und Fürsten diesen Ort der höchsten Ehre würdig hielten und den Tempel mit den reichsten Geschenken verherrlichten, so daß Seleukus, König von Asien, aus seinen Einkünften allen zum Dienst der Opfer erforderlichen Aufwand hergab." 2 Makk 3,2f.)

5. Was für ein Opfer nun jenes ist, welches Christus seiner Kirche gegeben hat, das lehrt uns die heilige katholische Kirche auf dem Konzil von Trient, wo sie sagt:
„Da im Alten Testament nach dem Zeugnis des Apostels Paulus wegen der Schwäche des levitischen Priestertunis Vollkommenheit nicht möglich war, so mußte nach der Anordnung Gottes, des Vaters der Barmherzigkeit, ein anderer Priester nach der Ordnung des Melchisedech aufstehen, unser Herr Jesus Christus, daß er alle, die geheiligt werden sollten, vollenden und zur Vollkommenheit hinführen könnte. Dieser unser Gott und Herr wollte einmal sich selbst auf dem Altar des Kreuzes durch seinen Tod Gott dem Vater opfern, um dort eine ewige Erlösung zu bewirken. Weil jedoch sein Priestertum nicht durch den Tod erlöschen sollte, so hat er beim letzten Abendmahl, in der Nacht, da er verraten wurde, seinen Leib und sein Blut unter den Gestalten von Brot und Wein Gott dem Vater aufgeopfert, beides unter denselben Gestalten den Aposteln, die er damals zu Priestern des neuen Bundes einsetzte, zum Genuß dargereicht und ihnen sowie ihren Nachfolgern im Priesteramt zu opfern vorgeschrieben mit den Worten: Tut dies zu meinem Gedächtnis.
Dadurch hat er sich selbst als den für ewig bestimmten Priester nach der Ordnung Melchisedechs dargestellt. Das hat er getan, um seiner geliebten Braut, der Kirche, wie es die menschliche Natur verlangt, ein sichtbares Opfer zu hinterlassen, durch welches das einmal am Kreuz blutigerweise dargebrachte vor Augen gestellt werden, das Andenken an dasselbe bis zum Ende der Zeiten lebendig bleiben und seine heilsame Kraft zu, Nachlaß jener Sünden, die von uns täglich begangen werden, in Anwendung kommen sollte.
So hat es die katholische Kirche immer verstanden und gelehrt. Und das ist nun jenes reine Opfer, das durch keine Unwürdigkeit oder Bosheit der Opfernden befleckt werden kann, wovon der Herr gesagt hat durch den Propheten Malachias, daß er seinem Namen, der groß werden soll unter den Völkern, an allen Orten als ein reines Opfer dargebracht werde. Auch der Apostel Paulus spricht nicht dunkel davon, wenn er den Korinthern (1 Kor 10,20f.) schreibt, es dürften diejenigen, die sich durch Teilnahme am Tisch der Teufel befleckt hätten, nicht auch teilnehmen am Tisch des Herrn, wobei er beidemal unter „Tisch" den Altar versteht. Dieses ist schließlich das Opfer, von dem die verschiedenen Opfer zur Zeit der Naturreligion und des Alten Testamentes Vorbilder waren; es enthält ja alle jene Güter, die durch jene angedeutet wurden, denn es ist die vollkommene Vollendung von ihnen allen." (22. Sess. Kap. 1.)

6. Dieses und noch vieles andere sagt die hl. katholische Kirche und befiehlt uns zu glauben, daß Christus beim letzten Abendmahl nicht allein Brot und Wein in sein hl. Fleisch und Blut verwandelt, sondern dieses auch Gott dem Vater aufgeopfert, also das Opfer des Neuen Bundes eingesetzt und in eigener Person dargebracht hat. Du kannst aus obigen Worten schon ersehen, wie man dieselbe Wahrheit auch aus der Hl. Schrift erweisen kann. Denn es ist darauf hingewiesen, wie Christus hierdurch gezeigt hat, daß er ein Priester nach der Ordnung Melchisedechs sei. Von ihm erzählt die Hl. Schrift (Gen 14,18): „Und Melchisedech, König von Salem, brachte Brot und Wein, denn er war Priester Gottes des Allerhöchsten." Melchisedech war Priester des Allerhöchsten. So hat es auch David ausgelegt, da er im Psalm 109,4 sagt: „Der Herr hat geschworen und es wird ihn nicht gereuen: Du bist ein Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedech."
Was nun die Hauptaufgabe eines Priesters sei, das legt der hl. Paulus dar, da er an die Hebräer (8,3) schreibt: „Ein jeder Hohepriester wird aufgestellt zur Darbringung von Gaben und Opfern," und noch klarer im fünften Kapitel: „Jeder Hohepriester, aus den Menschen genommen, wird für die Menschen bestellt in ihren Angelegenheiten bei Gott, damit er darbringe Gaben und Opfer für die Sünden... Niemand nimmt sich selbst diese Würde, sondern der dazu von Gott berufen wird, wie Aaron. So hat auch Christus nicht sich selbst die Herrlichkeit beigelegt, Hoherpriester zu werden, sondern der zu ihm gesagt hat: Mein Sohn bist du, heute habe ich dich gezeugt, wie er auch an einer anderen Stelle spricht: Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedech." Hebr 5,5.
Darauf spricht der Apostel vom Leiden Jesu und fährt dann fort 5,8-11: Obwohl er der Sohn Gottes war, hat er aus dem, was er gelitten, Gehorsam gelernt und zur Vollendung gebracht, ist er für alle, die ihm gehorchen, Urheber des ewigen Heiles geworden, angeredet von Gott als Hoherpriester nach der Ordnung Melchisedechs.
Darüber hätten wir noch viel zu sagen, aber es ist schwer darzulegen."

7. Aus diesen Texten folgt ganz klar, daß Christus und Melchisedech Hohepriester gewesen sind und daß beide dem allerhöchsten Gott Opfer und Gaben dargebracht haben. Melchisedechs Opfer aber ist dadurch merkwürdig, daß er keine Tiere geopfert hat, wie es Abraham und die Gottesfürchtigen jener Zeit zu tun pflegten, sondern er hat auf Eingebung des Hl. Geistes gegen den damaligen Gebrauch Brot und Wein Gott zum angenehmen Opfer dargebracht, und dadurch hat er verdient, ein Vorbild Christi und des Opfers des Neuen Testamentes zu werden. Nach dieser Ordnung ist Christus von Gott dem Vater zum Priester bestellt, nicht nach der Ordnung oder der Weise des Aaron, der geschlachtete Tiere zu opfern hatte.
Nun ist die Frage, wann Christus sein priesterliches Amt nach der Weise des Melchisedech ausgeübt habe. Ich antworte: Es ist geschehen beim letzten Abendmahl, wovon die heiligen Evangelisten sowie der hl. Paulus berichten: „In jener Nacht da er verraten wurde, nahm Jesus das Brot, segnete und brach es, gab es seinen Jüngern und sprach: Nehmt hin und eßt, dies ist mein Leib, der für euch hingegeben wird. Desgleichen nahm er auch den Kelch, dankte, gab ihnen denselben und sprach: Trinkt alle daraus, denn dies ist mein Blut des Neuen Testamentes, das für viele wird vergossen werden zur Vergebung der Sünden. Tut dies zu meinem Gedächtnis." (Bei dem Wort „Andenken" oder „Gedächtnis" kann darauf hingewiesen werden, daß 3 Mos 2,2 und öfter das Opfer „Gedächtnis" genannt wird. - Die Einsetzungsworte stehen bei Mt 26,26-28; Mk 4,22-24; Lk 22,19f.; 1 Kor 2,23-25.)
In diesen Worten hat der Heiland klar zum Ausdruck gebracht, daß er seinen unter der Gestalt des Brotes vorhandenen hl. Leib und sein im Kelch vorhandenes hl. Blut dem himmlischen Vater aufopferte zur Vergebung für unsere Sünden.
In diesem Augenblick hat er sein Priestertum „nach der Ordnung des Melchisedech" ausgeübt und setzt es in derselben Weise fort bis zum Ende der Zeiten, wovon der hl. Paulus schreibt (1 Kor 11,26): „Sooft ihr dieses Brot eßt und diesen Kelch trinkt, sollt ihr den Tod des Herrn verkündigen, bis er wiederkommt."

8. So bleibt denn wahr, was die Kirche auf dem Konzil zu Trient beschlossen hat. Es geht auch aus den Worten des Prophet Malachias (1,10 f.) hervor: „Ich habe kein Wohlgefallen an euch, spricht der Herr der Heerscharen, und nehme kein Opfer an aus euren Händen, denn vom Aufgang der Sonne bis zu ihrem Untergang wird mein Name groß werden unter den Völkern, und an allen Orten wird meinem Namen geopfert und ein reines (Speise-) Opfer dargebracht werden." Hier ist das hl. Meßopfer klar und wahr vorhergesagt, wie alle hl. Väter aufs bestimmteste bezeugen.
Denn diese Weissagung ist nicht im Alten, sondern im Neuen Testament erfüllt worden, wo auch erfüllt wurde, was der ewige Vater seinem Sohn im Psalm 2,7f. versprochen hat: „Du bist mein Sohn, heute habe ich dich gezeugt. Begehre von mir, so will ich dir die Heiden zu deinem Erbe geben und zu deinem Eigentum die Enden der Erde." Das ist geschehen, als die Heiden durch die Predigt der Apostel zum Glauben bekehrt wurden.
Die Weissagung des Malachias ist auch nicht vom Opfer Christi am Kreuz zu verstehen, denn dieses Opfer ist nicht an allen Orten, wie der Prophet es sagt, sondern nur an einem Ort, nämlich auf dem Kalvarienberg dargebracht worden. Die Weissagung ist auch nicht vom Lob Gottes, wie die Nichtkatholiken sagen, noch von unseren guten Werken zu verstehen, denn abgesehen davon, daß das hebräische Wort Speiseopfer bedeutet, sind unsere Lieder und Werke kein reines, sondern ein gar unreines Opfer, wie jene selbst zugeben und aus den Worten des Isaias (64,6) erweisen: „All unsere Gerechtigkeit ist wie ein unsauberes Tuch."

9. Diese Weissagung betrifft also ausdrücklich die hl. Messe. Sie ist das immerwährende Opfer des Neuen Testamentes, das in sich ganz rein und heilig ist und an allen Orten und zu allen Zeiten von Christus selbst durch die Hand der Priester dem himmlischen Vater aufgeopfert wird. Denn Christus ist der eigentliche und oberste Priester, die Priester aber sind nur seine Diener und leihen ihm ihre Hände und ihren Mund zur Vollbringung dieses sichtbaren Opfers. Denn weil wir Christus nicht sehen können, das Opfer aber, damit es die Menschen sehen und hören, sichtbar sein muß, deswegen nimmt Christus die Hilfe der Priester bei der Darbringung seines Opfers in Anspruch.

10. Wie schön konnte deshalb schon der hl. Paulus die ersten Christen, die aus dem Judentum sich bekehrt hatten, trösten, als sie darüber traurig waren, daß sie nicht mehr an den großen Feiern des Tempels teilnehmen konnten. Da hat er sie darauf hingewiesen, daß Christus der größte Hohepriester sei, und schließlich hat er im letzten Kapitel gesagt (13,10): „Wir haben einen Opferaltar, von dem diejenigen nicht essen dürfen, die dem Zelt dienen." Damit wollte er ihnen sagen, daß wir doch das Allerhöchste und Schönste, haben, nämlich die hl. Messe.
Nun wenden die Nichtkatholiken wohl ein, daß das Wort „Messe" nicht in der Hl. Schrift stehe. Das ist wahr, aber das Wort „Dreifaltigkeit" steht auch nicht in der Hl. Schrift, dennoch sind wir daran zu glauben schuldig. Daß man den Sonntag feiern und die Kinder taufen soll, steht auch nicht in der Hl. Schrift, dennoch ist man es zu tun schuldig. Die Hl. Schrift hat andere Bezeichnungen für das hl. Meßopfer, z.B. Apg 13,2, wo gesprochen wird vom heiligen Dienst, der dem Herrn verrichtet wurde; aus dem dafür im Griechischen stehenden Worte ist „Liturgie" geworden. Ferner sagt sie, „das Brot brechen," „den Kelch segnen." Weil die Einsetzungsworte erwähnen, daß Christus „dankte", so nannte man die hl. Messe sehr bald „Eucharistie", d.h. Danksagung. Wenn nun auch das Wort „Messe" nicht in der Hl. Schrift vorkommt, so steht es doch in den uralten Schriften der hl. Päpste und Kirchenlehrer. So schreibt der hl. Ambrosius: „Ich aber blieb bei meinem Amt und fing an, die Messe zu lesen. Während ich opfere, erfahre ich" usw. Der hl. Augustinus sagt: „In der Lesung, die wir in der Messe lesen müssen, werden wir vernehmen." Siehe, hier brauchen diese beiden uralten Kirchenlehrer, welche dreihundert Jahre nach Christus gelebt haben, das Wort „Messe" in einer Weise, daß man sieht, daß das Wort schon damals ganz allgemein im Brauch war.

11. Daß auch die Apostel die hl. Messe gelesen haben, können wir schon entnehmen aus dem, was wir vorhin aus der Hl. Schrift erwähnt haben. Auch in ihren Lebens- beschreibungen ist davon zu lesen, ganz besonders schön in den Märtyrerakten über den Tod des hl. Apostels Andreas. Als dieser vom heidnischen Richter aufgefordert wurde, den Götzen zu opfern, antwortete er: „Alle Tage bringe ich dem allmächtigen Gott ein lebendiges Opfer dar, täglich opfere ich auf dem Altar Gott das unbefleckte Lamm. Nachdem das gläubige Volk das Fleisch dieses unbefleckten Lammes gegessen und dessen Blut getrunken hat, bleibt dasselbe stets unversehrt und lebendig." Der Kanon der hl. Messe besteht nach der Erklärung des Konzils von Trient „teils aus Worten des Herrn selbst, teils aus Überlieferungen der Apostel und aus frommen Anordnungen heiliger Päpste" (22. Sess. Kap. 4). Der letzte, der noch einige Worte hinzufügte, war Papst Gregor I. (†604), so daß der Meßkanon nun schon 1400 Jahre unverändert geblieben ist. (P. Johannes XXIII. fügte den hl. Joseph in den Kanon ein. Bis 1969 gab es nur den römischen Kanon.) Nach dem hl. Jakobus und dem hl. Markus haben noch zwei Liturgien oder Weisen, die hl. Messe zu feiern, ihren Namen; beide stammen in ihren Grundzügen von diesen Aposteln her. Eine der schönsten Erklärungen der hl. Messe aus alter Zeit besitzen wir noch in den Christenlehren, die der hl. Bischof Cyrill von Jerusalem (†386) zwischen Ostern und Weißem Sonntag an die Neugetauften hielt (Mystagogische Katechese Nr.5). Aus all dem folgt, daß die hl. Messe von Anfang der Kirche an gewesen und allezeit für das wahre Opfer des Neuen Testamentes gehalten wurde.

12. Wie sehr die Christen in den ersten Jahrhunderten die hl. Messe geliebt haben, das kann man besonders in den Katakomben sehen, jenen unterirdischen Gängen und Kapellen bei und in Rom, wo sie ihre Toten begruben und an den Jahrestagen das Gedächtnis der Verstorbenen begingen. In Zeiten der Verfolgungen waren das oft die letzten Zufluchtsstätten: Schließlich drangen die Häscher auch hierhin, und viele mußten ihr Leben lassen, weil man sie bei der Feier der hl. Messe überrascht hatte. Wie schwer war dadurch die Teilnahme am hl. Opfer gemacht! In einer Grabinschrift heißt es deswegen: „O Jammerzeiten, wo wir nicht einmal die hl. Geheimnisse und unser Gebet in den Höhlen sicher darbringen können!" Aber selbst die Todesgefahr vermochte es nicht, die Christen von der hl. Messe fernzuhalten.
Der Kaiser Valerian (257-259) hatte verboten, die Katakomben zu betreten. Als Chrysanthus und Daria
und eine eben vom Heidentum bekehrte Christin es dennoch taten, wurden sie überrascht und lebendig begraben. Wie nun der Jahrestag ihres Todes herankam, begab sich eine große Zahl von Gläubigen zu ihrem Grab, um durch die hl. Messe ihr Andenken feierlich zu begehen. Sie wurden entdeckt, und nun verschütteten die Diener des Kaisers alle Zugänge und stürzten eine Menge von Steinen, Geröll und Schutt herab, so daß alle Teilnehmer umkamen. Als die Schreckenstage vorüber und der Kirche Friede wiedergegeben war, wurde die Gruft geöffnet; da fand man noch die Gebeine der Christen, Männer, Frauen und Kinder. Die Skelette der Altardiener hielten noch die hl. Gefäße in ihren Händen.
Oh, welchen Eifer haben damals die Christen im Besuch der hl. Messe gezeigt! Wie lau sind wir dagegen so oft, denen der Besuch derselben so leicht gemacht ist!

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2. Wie die hl. Messe von den Irrlehrern angefochten wurde.

13. Aus der Verfolgung, welche der leidige Satan gegen das allerheiligste Meßopfer erweckt hat, ist klar abzunehmen, daß dasselbe sehr heilig und ihm sehr nachteilig sein müsse, sonst würde er es nicht so gewaltig angefochten haben. In den ersten Tausend Jahren der Christenheit freilich sind zwar viele Irrlehrer aufgestanden und haben die Lehre Christi zu vergiften gesucht, aber kein einzige hat sich getraut, die hl. Messe zu bestreiten, viel weniger sie abzuschaffen. Nach dem ersten Jahrtausend (um 1050) hat der Irrlehrer Berengar sich unterstanden, gegen die hl. Messe zu lehren und zu schreiben; er fand aber keinen Anhang, ist vielmehr seiner falschen Lehre überwiesen und hat dieselbe widerrufen müssen.

14. Dann kamen um 1200 in Südfrankreich die Albigenser auf, welche so gottlose Ketzer waren, daß sie den Ehestand für unerlaubt, die Unkeuschheit aber für zulässig hielten. Diese ließen zwar das feierliche Amt an Sonn- und Feiertagen und sonst in Gegenwart vieler Leute zu; die stille Messe aber, bei welcher wenig Leute zugegen sind, wollten sie durchaus nicht dulden und verboten sie bei schwerer Geld- und Körperstrafe. Wie schlimm sie gegen die Priester vorgingen, die trotz ihres Verbotes doch die hl. Messe feierten, darüber erzählt der fromme Cäsarius von Heisterbach, der zu jener Zeit gelebt hat (Er starb um 1240), folgende Geschichte: Obwohl die Albigenser verboten hatten, daß die Priester die Messe lesen, so gab es dennoch einen frommen Priester, der wegen der besonderen Andacht, die er zum hochheiligsten Opfer trug, das ungerechte Verbot nicht achtete und die hl. Messe im geheimen las. Als die Ketzer dies vernommen hatten, ließ die weltliche Obrigkeit diesen frommen Priester durch den Gerichtsdiener vor den Rat führen, wo man ihm sagte: „Es ist uns für wahrhaftig angezeigt worden, daß du gegen unser Verbot eine stille Messe gelesen und einen großen Frevel begangen hast. Deswegen haben wir dich hierherbringen lassen und wollen von dir hören, ob dem also sei." Der Priester sprach ohne Scheu:
„Ich antwortete mit den hl. Aposteln, welche, als sie vor dem jüdischen Rat befragt wurden, ob sie wider dessen Verbot von Christus gepredigt hätten, sagten: Man muß Gott mehr gehorchen als den Menschen. Darum habe ich trotz eures ungerechten Verbots die hl. Messe zur Ehre Gottes und zum Lob seiner hl. Mutter gelesen."
Wegen dieser offenen Antwort wurden die Herren so erbittert, daß sie den frommen Priester gewaltig schlugen, ihn hin und her stießen und ihm schließlich vor allem Volk die Zunge ausreißen ließen. Diese bittere Pein und Schmach ertrug der fromme Priester mit großer Geduld, ging mit blutendem Mund vom Richtplatz zur Kirche, kniete demütig vor dem Altar, auf dem er die hl. Messe gelesen hatte, nieder, klagte der Mutter Gottes sein großes Leid, und weil er mit der Zunge nicht reden konnte, rief er sie mit dem Herzen inbrünstig um Hilfe an. Sein Gebet war so wirksam, daß Maria ihm erschien, ihm seine Zunge wiedergab und sprach: „Wegen der Ehre, die du Gott und mir durch die hl. Messe erwiesen hast, gebe ich dir deine Zunge wieder und ermahne dich, auch fernerhin fleißig die hl. Messe zu lesen." Nach dies er Wohltat dankte er der Mutter Gottes von Herzen und ging dann zu dem noch versammelten Volk, zeigte ihnen seine neugeschenkte Zunge und machte dadurch die verstockten Ketzer und Feinde der hl. Messe zuschanden. Für die Wahrheit dieser Geschichte verbürgt sich der gelehrte Pater Cäsarius mit den Worten, die er seinem Beispeilbüchlein vorgesetzt hat: „Ich nehme Gott zum Zeugen, daß ich in diesem Büchlein nichts beschrieben habe, als was ich mit Augen gesehen oder von solchen Männern gehört habe, welche lieber sterben als eine Lüge aussprechen würden." Solche Geschichten wirst du bei fünfzig in diesem Buche lesen, durch welche du nicht allein im Glauben gestärkt, sondern auch zur Andacht gegen das hl. Meßopfer bewegt werden wirst.

15. Volle fünfzehnhundert Jahre wurde das hl. Meßopfer in der Kirche bereits gefeiert, und nur wenige Irrlehrer hatten es gewagt, diese zu bestreiten. Da trat Luther auf und unterstand sich, dieses allergöttlichste Geheimnis zu verleugnen, anzufechten und zu beschimpfen. Das hat er aber nicht aus sich getan, auch nicht gleich zu Anfang seines Abfalls, sondern mehrere Jahre danach und auf Eingebung des Teufels. Damit alle Welt dieses erfahre, hat Gott es so gefügt, daß Luther selbst mit eigener Hand von der Disputation schreibt, welche er mit dem Teufel gehabt habe. Der Teufel, so erzählt er, sei ihm in der Nacht erschienen, um mit ihm über Messe und Priesterweihe zu disputieren. Er selbst habe hervorgehoben, daß er rechtmäßig geweiht sei und mit Eifer und Andacht zelebriert habe. Aber jener habe ihm so zugesetzt, daß er nicht mehr habe antworten können.
[Ausg. Walch, Bd. 19, S. 1489. Die Abneigung Luthers gegen die hl. Messe stellte sich schon bald nach seinem Abfall ein, wie es ja auch kaum anders möglich war. Wie sollte er die Perle des katholischen Gottesdienstes noch geschätzt haben, nachdem er den Sinn für die übrigen Schönheiten der katholischen Kirche verloren hatte? Grisar, Luther (1911), Bd. I, S. 401f.]
Und so hat er die hl. Messe abgeschafft, trotzdem er doch wissen mußte, daß der Teufel alles Gute haßt und keinen Menschen etwas Gutes lehrt. Hätte denn Luther nicht denken sollen: Wenn die hl. Messe eine Abgötterei wäre, so würde der Teufel ganz gewiß nicht gegen dieselbe streiten, noch viel weniger sie abschaffen, sondern sie höchstens befördern und loben, damit desto größere Abgötterei begangen und Gott desto größere Schmach zugefügt würde?

16. Nun aber hat der Satan auf solche Weise nicht allein den Lutheranern, sondern auch den Kalvinisten, ja allen nach Luther Abgefallenen das allerheilsamste Opfer der hl. Messe geraubt und ihnen unersetzlichen Schaden zugefügt, ja ihnen dieses hochwürdigste Geheimnis so zuwider gemacht, daß sie es für eine Verleugnung des blutigen Opfers Christi am Kreuz und für eine „verfluchte Abgötterei" ansehen, wie die Kalvinisten in ihrem Heidelberger Katechismus lehren. O wohl eine grausame Gotteslästerung, die alle frommen Herzen erzittern macht! Diese Lästerung will ich mit nur einem Beweis zunichte machen und folgendermaßen umstoßen.

17. Wenn diese ketzerische Lehre richtig wäre, so folgte daraus, daß von den Zeiten Christi an kein einziger Mensch, nicht einmal ein Apostel oder Märtyrer, selig geworden wäre. Denn die hl. Apostel und alle! Priester haben die hl. Messe gelesen und Gott dem Allerhöchsten aufgeopfert; alle hl. Märtyrer und Bekenner haben dieselbe mit Andacht mitgefeiert und für den höchsten Gottesdienst gehalten. Wenn nun die hl. Messe eine Abgötterei und Verleugnung des einzigen Opfers Christi gewesen ist, so haben die hl. Apostel und alle Gläubigen lauter Abgötterei begangen, Gott den Allerhöchsten schwer beleidigt und sich der ewigen Verdammnis schuldig gemacht. Gleichwie nun kein vernünftiger Mensch dies behaupten wird, so wird auch keiner glauben, daß die kalvinistische Lehre wahr sei.
So will ich lieber dem hl. Fulgentius als Calvin und Luther glauben, der ausdrücklich sagt: „Halte fest daran und zweifle nicht im mindesten, daß der eingeborene Sohn Gottes für uns Mensch geworden ist und sich für uns dem allmächtigen Gott zum angenehmen Opfer dargebracht hat, dem jetzt die katholischen Kirche auf der ganzen Welt das Opfer des Brotes und Weines in Glauben und Liebe darzubringen nicht aufhört."

18. Zu den Irrlehrern sagt, der geistreiche Petrus von Clugny: „Wenn die Welt eure neue Lehre annehmen wollte, dann würde in dieser Zeit der Gnade geschehen, was nie in der Zeit des Zornes geschehen ist; denn wenn die Christen zu opfern aufhören sollten, so würde der Gottesdienst, der allezeit in der Welt gewesen ist, aus der Welt ganz verbannt werden. Darum, ihr Feinde Gottes, sagt euch die Kirche Gottes, daß sie ohne Sakrifizium nicht sein könne, und daß sie in ihrem hl. Opfer nichts anderes als den Leib und das Blut ihres Erlösers darbringe, und was dieser einmal getan hat mit seinem Sterben, das tut sie allezeit mit ihrem Opfern."

19. Laßt uns also zusehen, daß uns nicht widerfahre, was den armen Irrgläubigen geschehen ist. Denn diesen hat der leidige Satan zu ihrem größten Nachteil die hl. Messe gestohlen, uns Katholiken aber hat er verblendet, daß wir sie nicht recht mehr verstehen und die große Kraft des hl. Meßopfers nicht mehr erkennen sollen. Ohne Zweifel ist es durch die Arglist des Teufels geschehen, daß man von diesem höchsten Geheimnis zu selten gepredigt, geschrieben und gelehrt und dadurch bewirkt hat, daß die Leute die hl. Messe versäumen oder unandächtig hören. Um dieses Übel zu verhindern, hat die Kirche auf dem Konzil von Trient befohlen, daß die Seelsorger oft von der hl. Messe predigen sollen.
Dieser Befehl lautet: „Die hl. Kirchenversammlung trägt allen Pfarrern und Seelsorgern auf, daß sie häufig unter der Feier der Messe entweder selbst oder durch andere von dem, was in der hl. Messe gelesen wird, einiges auslegen und unter anderem das Geheimnis dieses hochheiligen Opfers etwas erklären, besonders an den Sonn- und Festtagen (22. Sess. K 8.)."
Dies sind die Worte dieses Kirchengebotes, dem jeder Seelsorger zu gehorchen schuldig ist. Wenn sie das unterließen, so würden sie der Kirche Gottes einen unsäglichen Schaden zufügen. Wenn das christliche Volk von der großen Kraft der hl. Messe nichts weiß, so liebt, achtet und besucht es die hl. Messe an den Werktagen nicht, an Sonn- und Feiertagen aber nur unandächtig und oberflächlich oder versäumt diese ohne Gewissensskrupel. Wenn aber einigemal im Jahr von der großen Kraft und dem Wert der hl. Messe gepredigt wird, dann würden die Gläubigen dieses köstliche Kleinod immer höher schätzen, immer herzlicher lieben und andächtiger hören. Denn es gibt ja in der ganzen katholischen Kirche kein wichtigeres, tröstlicheres oder nützlicheres Geheimnis. Und wer das einmal erkannt hat, der wird auch an Werktagen die hl. Messe nicht leicht versäumen.

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2. Kap. - Von der Vortrefflichkeit de hl. Messe

1. Wiewohl die Vortrefflichkeit der hl. Messe so groß ist, daß auch der höchste Engel sie nicht würdig aussprechen kann, so will ich dennoch zur Erkenntnis dieses Wertes einiges anführen. Der hl. Franz v. Sales ziert in seiner „Philothea oder Anleitung zu einem frommen Leben" die hl. Messe mit herrlichen Ehrentiteln, indem er sagt: „Die hl. Messe ist die Sonne der geistlichen Übungen, das Herz der Andacht, die Seele der Frömmigkeit, die Flamme der göttlichen Liebe, der Abgrund der göttlichen Güte und ein köstliches Mittel, wodurch Gott seine Gnaden uns zueignet." O was sind das für schöne Worte, was für herrliche Ruhmestitel! Wie viele Zeit müßte einer haben, wenn er diese nach ihrer ganzen Bedeutung erklären wollte! Der hl. Franz von Sales will sagen: Will jemand recht fromm, recht andächtig und von der Liebe Gottes entzündet werden, so feiere er nur fleißig die hl. Messe mit, und er hat schon das beste Mittel ergriffen, die göttlichen Gnaden sich zu erwerben.

2. Der gelehrte Pater Osorius zieht die hl. Messe allem übrigen in der Religion vor, indem er sagt: „Unter allen Dingen, welche in der Kirche sind, ist das hl. Meßopfer das allerhöchste und allerkostbarste, weil das allerheiligste Altarsakrament darin konsekriert und Gott dem Allerhöchsten zu einem hl. Opfer dargebracht wird."
Mit ihm stimmt Fornerus, Weihbischof von Bamberg, überein, der sagt: „Die hl. Messe übersteigt um viele Stufen die anderen hl. Sakramente an Würde." Und an einer anderen Stelle: „Majestätisch sind zwar die hl. Sakramente, aber weit majestätischer ist das hl. Meßopfer; jenes sind Gefäße der Barmherzigkeit für die Lebendigen, dieses aber ist ein unerschöpfliches Meer der göttlichen Freigebigkeit für die Lebenden und Verstorbenen." Merke, wie herrlich diese Geisteslehrer das hl. Meßopfer hervorheben. So wollen wir denn sehen, warum die Messe so vortrefflich sein mag.

3. Erstens erkennt man die hohe Vortrefflichkeit der hl. Messe aus der hochwürdigen Weihe oder Konsekration der Kirche und Altäre. Wer jemals bei der Weihe einer Kirche zugegen gewesen ist und verstanden hat, was für Gebete der Bischof gesprochen und wie viel Zeremonien er gebraucht hat, der wird sich gewiß zum höchsten erbaut und verwundert haben, wie überaus herrlich und glorwürdig jede Kirche und jeder Altar geweiht wird. Damit nun auch jene, die das noch nie gesehen haben, dies erkennen, so will ich die (früheren) Zeremonien hier kurz beschreiben.

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1. Von der Weihe der Kirchen.

Am Tag zuvor müssen sowohl der Bischof wie auch die Gemeinde fasten, um durch Buße Gottes Segen wirksam zu erflehen. Am Morgen des Weihetages selbst begibt sich der Bischof mit den Geistlichen, von denen nur ein Diakon in der Kirche bleibt, an den Ort, wo die für den Hochaltar bestimmten Reliquien aufbewahrt werden, und betet dort mit ihnen die sieben Bußpsalmen. Darauf begeben sie sich vor die Kirche, deren Tür geschlossen ist, der Bischof weiht Salz und Wasser, besprengt damit sich und die Umstehenden, und dann geht er mit der Geistlichkeit und dem Volk rechts um die Kirche herum und besprengt die Mauern derselben nach oben, fortwährend sprechend: „Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Hl. Geistes." Ebenso geht er ein zweites Mal um die Kirche und besprengt die Mauern nach unten; beim dritten Mal geht er links herum und besprengt die Mauern in der Mitte. Sooft er dabei am verschlossenen Hauptportal der Kirche anlangt, spricht er ein Gebet, stößt mit dem Bischofsstab an die Tür und spricht: „Öffnet euch, ihr ewigen Tore, und es wird einziehen der König der Herrlichkeit." Aus dem Inneren der Kirche fragt dann ein Diakon: „Wer ist dieser König der Herrlichkeit?" Der Bischof antwortet das erste und zweite Mal: „Der Herr, stark und mächtig; der Herr mächtig im Kampf." Das dritte Mal aber antwortet er mit der gesamten Geistlichkeit: „Der Herr der Heerscharen, er ist der König der Herrlichkeit," und fügt hinzu: „Öffnet, öffnet, öffnet!" Dann zeichnet der Bischof mit dem Stab das Kreuz auf die Türschwelle und spricht: „Siehe das Zeichen des Kreuzes, fliehen sollen alle bösen Geister." Dann tritt der Bischof mit der Geistlichkeit ein mit den Worten: „Der Friede sei diesem Haus!"

4. In der Mitte der Kirche kniet der Bischof nieder und betet den Hymnus „Veni creator Spiritus - O komm Schöpfer Geist." Darauf folgt die Allerheiligenlitanei und der Lobgesang des Zacharias, während dessen der Bischof mit dem Hirtenstab auf den in Kreuzesform mit Asche bestreuten Boden die Buchstaben des lateinischen und griechischen Alphabets schreibt. Vor dem Hochaltar kniend, spricht er nunmehr dreimal: „Deus in adjutorium intende," weiht dann mit vielen Kreuzzeichen Wasser mit Salz, Wein und Asche und fängt an, den Altar zu weihen, indem er mit dem so geweihten Wasser je ein Kreuz in die Mitte des Altars und an seine vier Ecken zeichnet. Vom Altar aus geht der Bischof dreimal durch die Kirche und besprengt zuerst die Wände von unten nach oben, dann den Boden und endlich von der Mitte aus nach den vier Himmelsgegenden die ganze Kirche. Schließlich bereitet er mit diesem Wasser Mörtel, mit dem nachher die Reliquien in den Altar eingemauert werden sollen.

5. Die Reliquien werden nun aus der Kapelle geholt, wo sie die Nacht vorher aufbewahrt wurden, und in feierlicher Prozession zuerst um die Kirche herum und dann in diese hineingetragen. An der Kirchtüre hält der Bischof eine Ansprache an die Gläubigen, verliest bestimmte kirchliche Vorschriften und salbt die Kirchentür von außen mit Chrisam. Dann salbt er das Altargrab mit Chrisam, legt die Reliquien hinein und verschließt dasselbe mit einem geweihten Stein und genanntem Mörtel. Darauf inzensiert der Bischof den Altar von allen Seiten und gibt das Rauchfaß einem Priester, der nun fortwährend räuchernd um den Altar gehen muß, bis der Bischof die Altarplatte zunächst in der Mitte und an den vier Ecken und dann über die ganze Oberfläche mit dem hl. Öl gesalbt hat. Nachdem dann noch die Wände der Kirche an, zwölf mit den sogenannten Apostelkreuzen bezeichneten Stellen gesalbt und inzensiert sind, kehrt der Bischof zum Altar zurück und zündet darauf gesegneten Weihrauch an. Die nun folgenden Gebete, Antiphonen und eine herrliche Präfation sprechen davon, wie der Altar jetzt bereitet sei, daß Christus auf ihn herabsteigen und in der Kirche seine Wohnung nehmen könne. Dann salbt der Bischof noch den unteren Teil des Altares, und schließlich wird feierlich die hl. Messe gehalten.
Alle, die an einer Kirchweihe teilnehmen, können sich nicht genug wundern über die vielfältigen Zeremonien, Salbungen, Weihungen und Gebete. Warum aber dies alles? Warum verwendet man so viele Mühe, Zeit und Unkosten zur Einweihung einer Kirche? Einzig damit die Kirche würdig werde, daß in ihr das heiligste Meßopfer gefeiert und der Altar geheiligt werde, um das allerreinste und allerheiligste Lamm Gottes geistigerweise auf ihm schlachten zu können.

6. Aus alledem erkennt ein guter Christ, wie hochheilig unsere Kirchen und Altäre sind und in was für großen Ehren sie gehalten werden sollen. Der Tempel Salomons war nur ein Schatten und Vorbild unserer Kirchen, dennoch wurde er von Juden und Heiden hoch in Ehren gehalten. Wie viel mehr sollen denn also unsere so gar heilig konsekrierten Kirchen geehrt werden! Von der Weihe des Salomonischen Tempels meldet das dritte Buch der Könige, daß der König Salomon 22.000 Ochsen und 120.000 Widder geopfert habe, welche alle von den Priestern geschlachtet, gereinigt und stückweise zum Opfern niedergelegt wurden. Während nun Salomon laut betete, siehe, da fiel Feuer vom Himmel herab und verzehrte die Schlachtopfer. Der ganze Tempel ward mit Nebel und Rauch erfüllt, und die Majestät Gottes erschien in ihm. Alles Volk sah das Feuer und die Herrlichkeit Gottes, fiel vor Schrecken auf das Angesicht und betete Gott von Herzen an. Salomon aber warf sich vor aller Augen auf die Knie nieder und betete mit lauter Stimme: „Sollte man es glauben, das Gott wahrhaft wohne auf Erden? Denn wenn der Himmel und die Himmel der Himmel dich nicht fassen können, wie viel weniger dieses Haus, das ich erbaut habe!" (3 Kg 8, 27)

7. Wer wundert sich nicht darüber, und wer kann die Würde des Tempels genug begreifen? Und doch war er nur ein Vorbild, ja ein Schatten unserer christlichen Kirchen. Sein Heiligstes war die Bundeslade, die einst die zwei Gesetzestafeln, ein Gefäß mit Manna und den blühenden Stab Aarons enthielt. Die jüdischen Opfer waren Tiere, Brot, Wein, Kuchen u. dgl. Unsere Kirchen aber werden unvergleichlich heiliger vom Bischof geweiht, mit dem hl. Öl gesalbt, mit geweihtem Wasser besprengt, mit gesegnetem Weihrauch inzensiert, durch zahlreiche Kreuzzeichen und zuletzt durch die Feier der hl. Messe geheiligt. Anstatt der Bundeslade haben wir den Tabernakel, in dem das wahre Manna, das allerheiligste Sakrament, aufbewahrt wird. Wenn denn der Tempel Salomons angemessenermaßen in Ehren gehalten wurde, wie viel mehr sind dann unsere konsekrierten Kirchen, in welchen Gott persönlich wohnt, in größten Ehren zu halten!

8. Unsere Kirchen werden nicht bloß genannt, sondern sind auch in Wahrheit ein Haus Gottes, in dem Gott persönlich wohnt und allezeit anzutreffen ist. Stets hat er Tausende von Engeln bei sich, die ihm dienen, ihn anbeten, ihn loben und ehren und ihm unser Gebet vortragen. Dies wurde vorbedeutet durch die Erscheinung der Himmelsleiter, welche der Patriarch Jakob nachts im Traum sah. Als er aufwachte, sprach er: „Wie furchtbar ist dieser Ort! Hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte des Himmels" (Gen 28,17). Den Stein, auf dem er mit dem Kopf gelegen hatte, salbte er mit Öl und richtete ihn auf zu einem Altar, und als er zurückkam, opferte er Gott auf diesem Stein. Das ist ein Vorbild der christlichen Kirchen gewesen, in denen der Altarstein mit dem hl. Öl und Chrisam gesalbt wird, und von denen man in Wahrheit sagen kann: „Wie furchtbar ist dieser Ort; hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte des Himmels!" Da steigen die Engel auf und ab und bringen unsere Gebete Gott dar. Von unseren Kirchen hat Gott schon durch den Propheten Isaias sagen lassen: „Ich will sie hinaufführen auf meinen heiligen Berg und sie erfreuen in meinem Bethaus; ihre Brandopfer und Schlachtopfer sollen mir angenehm sein auf meinem Altar; denn mein Haus wird ein Bethaus genannt werden für alle Völker" (Is 56,7).

9. Weil also unsere Kirchen wirklich Gotteshäuser sind, und weil Christus im hl. Sakrament persönlich darin wohnt, umgeben von Tausenden von Engeln, so können wir die Kirchen nie genug ehren und nie andächtig genug darin beten. Wenn wir tiefen Glauben hätten, so würden wir mit größter Ehrfurcht die geweihte Kirche betreten, mit größter Ehrerbietung Christus im hochhl. Sakrament anbeten und alle Engel, die zugegen sind, andächtig verehren. So pflegte David es zu tun, da er sagt: „Vor dem Angesicht der Engel will ich dir lobsingen, will anbeten zu deinem heiligen Tempel hin und preisen deinen Namen" (Ps 137,1f.).
Wer aber in der Kirche oder gar unter dem Gottesdienst schwätzt, lacht, sündigt, begeht eine furchtbare Verunehrung gegen Gottes Majestät und gegen sein heiliges und hochgeweihtes Haus. Wenn du also in die Kirche gehst, so nimm dir vor, kein unnötiges Wort zu reden oder anzuhören und nicht vorwitzig umherzusehen, sondern andächtig zu beten, Gott zu verehren, deine Sünden abzubüßen und bei Gott Barmherzigkeit zu erlangen.

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2. Von der Priesterweihe.

10. Zweitens erkennt man die Vortrefflichkeit der hl. Messe aus der hochheiligen Weihe der Priester und geistlichen Diener. Ein jeder Geistliche muß sieben Weihen empfangen, ehe er die Gewalt bekommt, die hl. Messe zu lesen. Durch die vier niederen Weihen werden die Geistlichen nur erst zum Kirchendienst angenommen und zum Dienst der Priester bei der hl. Messe bestellt. Keiner von diesen darf den Kelch oder die Patene, auch nicht das Korporale oder das Purifikatorium mit der bloßen Hand anrühren, sondern dazu müssen sie erst noch die erste von den drei höheren Weihen, den Subdiakonat, empfangen. Ähnlich durfte auch im Tempel niemand anders als nur die Leviten die hl. Gefäße anrühren und reinigen.
Auch fast alle zur hl. Messe notwendigen Sachen werden besonders geweiht
und sollen stets sauber und heil und nicht von geringem Material sein, da sie zum Dienst Gottes gebraucht werden und zum Teil die heiligen Gestalten unmittelbar berühren. In diesem Punkt sieht es in manchen Kirchen gar nicht so gut aus, wie es sein sollte.

11. Die eigentliche Priesterweihe aber geht folgendermaßen vor sich: Die zu Weihenden werden einzeln aufgerufen und treten vor den Bischof in der Kleidung des Diakons, wozu sie schon früher geweiht sind, also mit Schultertuch, Albe, Gürtel, Manipel und Stola angetan. Der Bischof hält ihnen vor, was für ein schweres und heiliges Amt sie auf sich nehmen wollen, und fragt, ob sie dessen würdig seien. Wenn niemand etwas dagegen einwendet, kniet der Bischof nieder und betet mit allen Anwesenden über die auf ihrem Angesicht Liegenden die Allerheiligenlitanei. Danach beginnt die eigentliche Weihe, zu der sich die zu Weihenden paarweise vor dem Bischof niederknien. Erst legt der Bischof allen die Hände auf, spricht dann mit ausgebreiteten Händen ein langes Gebet über sie, legt jedem die Stola so um, wie sie der Priester trägt, nämlich über der Brust gekreuzt, und danach das aufgerollte Meßgewand. Nachdem nun noch einmal die Hilfe des Hl. Geistes im Veni Creator angerufen wurde, setzt sich der Bischof vor den Altar und salbt einem jeden die Hände, zuerst kreuzweise von einer Hand zur andern, den Daumen und Zeigefinger, dann die ganze Handfläche und spricht dabei: „O Herr, würdige dich, diese Hände zu heiligen und zu weihen durch diese Salbung und unseren Segen"; dann macht er das Kreuzzeichen darüber und fährt fort: „Damit gesegnet sei, was sie segnen, und geweiht, was sie weihen, und geheiligt im Namen unsers Herrn Jesu Christi." Die gesalbten Hände werden mit einem weißen Tüchlein zusammengebunden, dann reicht der Bischof jedem den Kelch mit Wein und Wasser sowie die Patene mit der Hostie dar und spricht: „Empfange die Gewalt, dem Herrn das Opfer darzubringen und die hl. Messe zu lesen sowohl für die Lebendigen wie für die Verstorbenen. Im Namen des Herrn."
Nun waschen die Neugeweihten ihre Hände und bringen zusammen mit dem Bischof das hl. Opfer dar. Zur Opferung gehen die neuen Priester mit einer brennenden Kerze, dem Sinnbild der Selbsthingabe, zum Altar und übergeben sie dem Bischof, und dann lesen sie zugleich mit ihm die Messe Wort für Wort. Bei der hl. Kommunion empfangen sie den Leib des Herrn aus der Hand des Bischofs.
Nachdem so das Opfer dargebracht ist, bekommen sie noch die Gewalt, die Sünden zu vergeben. Erst beten alle das apostolische Glaubensbekenntnis, und dann legt der Bischof jedem beide Hände aufs Haupt mit den Worten: „Empfange den Hl. Geist; welchen du die Sünden vergibst, denen sind sie vergeben, und welchen du sie behältst, denen sind sie behalten." Zuletzt verspricht noch jeder in die Hand des Bischofs Gehorsam und wird dann von ihm gesegnet mit den Worten:
„Der Segen Gottes des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes komme auf dich
herab, auf daß du gesegnet seist in der priesterlichen Weihe und Opfer der Versöhnung für die Sünden des Volkes opferst dem allmächtigen Gott."

12. Das ist also die Form, in der alle Priester der römisch-katholischen Kirche geweiht wurden. Warum aber nun dies alles? Warum muß ein Priester so vielmal, mit so großer Mühe, unter so vielen Gebeten, Salbungen und Zeremonien geweiht werden? Hauptsächlich darum, daß er genügend gereinigt, geheiligt und würdig gemacht wird, das allerreinste, allerheiligste, allerhochwürdigste und allergöttlichste Opfer der hl. Messe der furchtbaren Majestät Gottes aufzuopfern. Wenn du über das alles noch weiter nachdenkst, wirst du auch die hohe Würde der Priester begreifen.

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3. Was zur Feier der hl. Messe nötig ist.

13. Drittens erkennt man die hohe Vortrefflichkeit der hl. Messe aus den vielfältigen Sachen, die zu einer jeden hl. Messe vonnöten sind, die will ich nacheinander hier aufzählen. Zuerst der geweihte Priester, welcher die Person Christi vertritt. Er tritt mit folgender Kleidung an den Altar:

  1. Das Schultertuch, welches der Priester zuerst über sein Haupt und danach um die Schultern legt; es bedeutet das Tuch, mit dem die Juden im Haus des Kaiphas das Antlitz Christi bedeckten und spottweise fragten: „Weissage uns Christus, wer ist es, der dich geschlagen hat."
  2. Die Albe; sie bedeutet das weiße Spottgewand, mit dem Christus im Haus des Herodes bekleidet wurde;
  3. der leinene Gürtel, ein Abbild des Strickes, mit dem der Heiland gebunden und gefangen abgeführt wurde;
  4. der Manipel, den der Priester am linken Arm trägt; er bedeutet die Bande, mit denen Christi Arme gebunden wurden;
  5. Die Stola, die der Priester über die Schultern und kreuzweise vorn übereinander legt; ein Sinnbild des Kreuzes, das Christus auf seine Schultern genommen;
  6. die Kasel oder das Meßgewand bedeutet das Purpurkleid, das Christus von den Soldaten bei der Dornenkrönung angelegt worden ist. Das Kreuz auf der Rückseite besagt, daß der Priester das Kreuz Christi geduldig auf sich nehmen muß, und den Stab auf der Vorderseite kann man auf die Geißelungssäule deuten.

Zweitens ist vonnöten ein konsekrierter Altar, der etwas erhöht stehen soll, weil er den Kalvarienberg andeutet, auf dem das Kreuzopfer dargebracht wurde.

Für die hl. Messe sind zu seiner Ausstattung nötig:
  1. drei Altartücher, welche die Grabtücher Christi versinnbilden,
  2. ein Kruzifix, weil Meßopfer und Kreuzopfer dasselbe sind;
  3. mindestens zwei Leuchter mit Wachskerzen;
  4. das Meßbuch mit einem Kissen oder Pult;
  5. die drei Kanontafeln;

Drittens kommt der Kelch, zu dem folgendes gehört:

  1. ein Löffelchen, um ein wenig Wasser in den Wein zu mischen;
  2. die leinene Palla, mit welcher der Kelch zugedeckt wird;
  3. die Patene, ein vergoldeter Teller, auf dem die hl. Hostie liegt;
  4. das Kelchtüchlein zum Austrocknen des Kelches;
  5. das Velum oder Tuch, mit dem dies alles bedeckt wird;
  6. die Bursa für das
  7. das Korporale - ein Leinentuch, auf dem die Hostie liegt und der Kelch steht.

Und nun ist noch nicht alles aufgezählt; es kommt noch hinzu der Wein, der reiner und unverfälschter Traubenwein sein muß; die Hostie aus reinem Weizenmehl; die Meßkännchen mit dem Teller; das Lavabotüchlein, die Glocke und schließlich die Ministranten! Alles das ist so notwendig, daß ein Priester sündigen würde, wenn er außer einem Notfall eines davon weglassen würde. Das magst du an einer schönen Erzählung behalten.

14. Als die Mauren aus Afrika den größten Teil Spaniens unter ihr Joch gebracht hatten, geschah es, daß ein König, der viele Christen gefangen hielt, sich endlich ihrer erbarmte, sie sämtlich aus dem Kerker kommen und sich vorstellen ließ. Er fragte einen jeden, was für ein Handwerk oder eine Kunst er verstünde, und erlaubte jedem, dasselbe zu üben. Unter den gefangenen Christen war auch ein Priester, der auf die Frage tiefernst antwortete: „Ich kann den allmächtigen Gott vom Himmel herabrufen."
Der König befahl dem Priester, alle notwendigen Dinge aufzuschreiben, damit er diese von einem christlichen Ort herholen könne. Als nun alles besorgt war und der Priester mit der hl. Messe anfangen wollte, bemerkte er, daß er das Kruzifix vergessen hatte. Da stand er nun in großer Verlegenheit, ob er die hl. Messe lesen solle oder nicht. Unterdessen rief er die Hilfe Gottes an, und siehe, es erschienen zwei Engel, glänzend wie die Sonne, und brachten ein schönes hölzernes Kreuz, das sie auf den Altar stellten, worauf sie dem Priester befahlen anzufangen. Der König fiel auf sein Angesicht und blieb so lange betend liegen, bis die Engel verschwunden waren. Er glaubte auch dem Priester und anerkannte die Wahrheit der christlichen Religion. Diese Geschichte habe ich deswegen erzählt, damit du erkennst, wie von den nötigen Dingen keines fehlen darf, wenn ein Priester dieses Opfer rechtmäßig verrichten will.

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4. Von den Zeremonien der hl. Messe.

15. Viertens erkennt man die Vortrefflichkeit der hl. Messe an ihren andächtigen Zeremonien, von denen ich die wichtigsten hier erwähne. Der Priester bezeichnet sich sechzehnmal mit dem hl. Kreuzzeichen; er wendet sich sechsmal zum Volk; er küßt achtmal den Altar; er erhebt seine Augen elfmal zum Himmel; er schlägt an zehnmal seine Brust; er legt vierundfünfzigmal seine Hände zusammen; er macht einundzwanzigmal eine kleine Verneigung, siebenmal die größere, achtmal die tiefe Verbeugung. Er kniet über zehnmal nieder. Er segnet einunddreißigmal das Opfer mit dem Kreuzeichen. Er legt neunundzwanzigmal beide Hände flach auf den Altar. Er betet vierzehnmal mit ausgebreiteten Händen, sechsunddreißigmal mit zusammengelegten Händen; er legt siebenmal die gefalteten Hände auf den Altar, die linke Hand allein neunmal, die linke Hand elfmal auf die Brust. Er erhebt beide Hände zum Himmel achtmal. Er betet still elfmal, laut dreizehnmal. Zehnmal deckt er den Kelch ab und zu, und zwanzigmal geht er hin und her. (Dies gilt für die alte lateinische Messe.)
Zu diesen 350 oft wiederholten Dingen kommen noch 150 andere, einzelne Zeremonien;
zusammengezählt machen sie also 500 aus. Daneben muß jeder Priester noch 400 Rubriken oder Regeln beachten, so muß er neunhundert Dinge beobachten und darf keines ohne Not unterlassen. Denn sie alle haben ihre tiefe Bedeutung und dienen zur Erbauung und Andacht. Deswegen hat der hl. Papst Pius V. aufs allerstrengste kraft des heiligen Gehorsams befohlen, daß jeder Priester nur auf diese Weise Messe lesen darf, ohne das Geringste daran zu ändern.
Der Priester soll die hl. Messe deshalb auch nicht zu schnell lesen, damit er die einzelnen Zeremonien recht und würdig vollziehen kann. Außerdem muß er sich auf die hl. Messe vorbereiten und nach derselben die Danksagung verrichten. Hieraus magst du nun erkennen, zu wie großem Dank du dem Priester verpflichtet bist, welcher für dich eine hl. Messe unter Beobachtung so vieler Zeremonien liest. Und wie es Sitte ist, ihm dafür auch eineUnterstützung für seinen Lebensunterhalt zu gewähren, so wird das gewiß niemandem auffallen, der das Wort des hl. Paulus kennt: „Wer dem Altar dient, der soll auch vom Altar leben." (1 Kor 9,13.)

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5. Vom vornehmsten Priester bei der hl. Messe.

16. Die ganze Größe und Würde der hl. Messe wird durch nichts besser erkannt, als wenn man bedenkt, wer derjenige ist, der dieses Opfer darbringt. Wer meinst du wohl, daß dieser sein möge? Der Priester, der Bischof, oder der Papst? O nein. Meinst du, daß es ein Heiliger sei, oder ein Engel, oder Maria? Es ist niemand anders, als der Priester aller Priester, der Bischof aller Bischöfe, der eingeborene Sohn des Vaters, Jesus Christus, der vom Vater gesalbte Hohepriester, der ewige Priester nach der Ordnung des Melchisedech. Dieser gibt dem allerhöchsten Meßopfer solch hohe Vortrefflichkeit, die alle Vortrefflichkeiten übersteigt und das christliche Sakrifizium ganz göttlich macht.

17. Daß Christus wirklich der eigentliche Priester bei der hl. Messe ist, beweise ich aus dem hl. Chrysostomus, der sagt: „Was da vorgesetzt wird, sind nicht die Werke menschlicher Kraft: der damals bei jenem Mahl wirksam war, der wirkt das auch jetzt. Wir haben nur den Platz der Diener inne, der aber die Gaben heiligt und verwandelt, ist Christus selbst. Du nun, wenn du den Priester opfern siehst, dann glaube nicht, daß er als Priester dies tue, sondern die unsichtbar ausgestreckte Hand Christi." Mit diesen Worten sagt der hl. Chrysostomus klar, daß Christus selbst in eigener Person das Wichtigste bei der hl. Messe vollbringt, daß er vom Himmel herabkommt, Brot und Wein in sein heiliges Fleisch und Blut verwandelt, sich selbst Gott dem Vater für das Heil der Welt aufopfert und als ein getreuer Mittler für das Wohl des Volkes bittet, während die Priester nur die Diener Christi sind, ihm ihren Mund, ihre Stimme und ihre Hände leihen, auf daß Christus durch ihre Mithilfe dieses göttliche Opfer vollbringe.

18. Wenn aber jemand dem hl. Chrysostomus vielleicht nicht glauben wollte, so will ich ihm ein Beweis liefern, dem er nicht widersprechen kann noch darf, das Zeugnis der heiligen, katholischen Kirche, die auf dem Konzil von Trient sagt, das Kreuzopfer und das Meßopfer sei ein und dasselbe Opfer, „denn es ist ein und dieselbe Opfergabe, es opfert jetzt ebenderselbe unter dem Dienst der Priester, der sich damals am Kreuz selbst aufopferte; nur die Weise des Opfers ist verschieden." (22. Sess. K 2).
Siehe, mit diesen Worten lehrt uns die Kirche und stellt uns zu glauben vor, daß die Priester nur Diener Christi sind, und daß er sich selbst am Altar ebenso gut und wirksam aufopfert, als er, am Kreuz hängend, sich aufgeopfert hat. O welch hohe Ehre und große Gnade, o was für eine Wohltat ist dies für uns, daß unser göttlicher Heiland sich würdigt, unser Priester, unser Mittler und unser Fürsprecher zu sein und sich selbst in eigener Person Gott dem Vater für uns darzustellen und aufzuopfern!

19. Höre auch, wie der hl. Paulus dasselbe lehrt, der schreibt: „Auch geziemt es sich, daß wir einen solchen Hohenpriester hätten, der da wäre heilig, schuldlos, unbefleckt, nicht aus der Reihe der Sündern, sondern über die Himmel erhoben; der nicht jeden Tag nötig hat, wie die Hohenpriester, zuerst für seine eigenen Sünden Opfer darzubringen, dann für die des Volkes; denn dieses hat er einmal getan, da er sich selbst aufopferte. Denn das Gesetz stellt Menschen zu Hohenpriestern auf, die Schwachheiten haben; das Wort des Eides aber, das nach dem Gesetz gekommen ist, den Sohn, den Vollkommenen in Ewigkeit." (Hebr 7,26f.)
Sind dies nicht schöne Worte, mit welchen der hl. Paulus uns vor Augen stellt, wie hoch der liebe Gott uns geschätzt hat, da er uns keinen gebrechlichen, sündhaften Menschen, sondern seinen eigenen und einzigen Sohn, welcher die Heiligkeit selbst und voll aller Tugenden ist, zum Priester und Mittler verordnet hat?

20. Nun wollen wir denn erwägen, warum Christus sein Opfer keinem Menschen als Priester hat anvertrauen wollen. Die vornehmste Ursache war, weil dieses sein Opfer ganz rein und unbefleckt sein mußte, wie der Prophet Malachias geweissagt hat mit den Worten: „An allen Orten wird meinem Namen ein reines Opfer dargebracht werden" (Mal 1,11), worüber die Kirche sagt: „Das ist jenes reines Opfer, das durch keine Unwürdigkeit oder Bosheit der Opfernden kann befleckt werden." (Konzil von Trient, 22. Sitzung Kap. 1)
Wenn die Priester die eigentlich Opfernden wären, so würde ja ganz gewiß das Meßopfer oft genug befleckt und verunreinigt werden, und man könnte jedesmal in Zweifel geraten, ob Gott ein angenehmes Sakrifizium geopfert sei. Deswegen hat Gott Vater gewollt, daß sein heiligster Sohn den Namen und das Amt eines Priesters für sich selbst beibehalten solle laut seinen eigenen Worten: „Du bist Priester auf ewig nach der Ordnung des Melchisedech." Die Priester sind die Diener bei diesem höchsten Opfer. Wie nun ein Diener, wenn er von seinem Herrn einen Dukaten empfängt, um ihn in einer Kirche zu opfern, dieses Opfer nicht beflecken könnte, selbst wenn er sich dabei im Stand der Todsünde befände, ebenso können auch die Priester das hochwürdige Meßopfer, das sie im Namen Christi aufopfern, weder beflecken noch verunreinigen.

21. Warum hat dann aber Christus keinem Engel oder Heiligen, oder seiner reinsten Mutter dies anvertrauen wollen? Die sind doch ganz heilig und voller Gnaden und würden dies reinste Opfer keineswegs verunreinigt, sondern auf die allervortrefflichste Weise dargebracht haben! Ja, o mein Gott, wie heilig und andächtig würde die hl. Messe sein, die ein Cherub oder der heiligste Seraph lesen würde! O, was für eine herzliche Freude und Andacht würden diejenigen haben, die eine solche hl. Messe mitfeiern und mit eigenen Augen sehen könnten, wie ein solcher Seraph so andächtig, so ehrerbietig und so aufmerksam die hl. Messe lesen würde! Gewiß würden ihre Herzen vor lauter Andacht überfließen und mit göttlicher Liebe entzündet werden. Wenn nun dies bei der heiligen Messe eines Seraphs geschehen sollte, was würde dann geschehen, wenn die Mutter Gottes selbst ihren lieben Sohn auf dem Altar aufopferte? Sie hat ja der hl. Mechthild geoffenbart: „Ich habe meinen Sohn am Lichtmeßtag mit so großer Andacht und Dankbarkeit Gott dem Vater aufgeopfert, daß, wenn die Andacht aller Heiligen in eines Menschen Herz eingegossen würde, sie dennoch mit meiner Andacht nicht verglichen werden könnte." Wenn nun Maria dies getan, als sie noch auf Erden lebte, was würde sie nicht jetzt tun, da sie im Himmel wohnt und mit Tugenden und göttlichen Gnaden ganz überfüllt ist? O wie kräftig, o wie andächtig, o wie unergründlich heilig würde jenes Meßopfer sein, welches die glorwürdigste Mutter Gottes dem allerhöchsten Gott darbringen möchte! Wiewohl nun ein solches Meßopfer eines großen Heiligen, eines hohen Seraphs oder der allerseligsten Jungfrau überaus heilig sein würde, so wäre es dennoch dem unendlich heiligen Gott noch nicht heilig genug, weil ihm ein solches Opfer gebührt, das seiner unendlichen, göttlichen Majestät ähnlich und gleichförmig ist. Deswegen hat Christus das allerheiligste Meßopfer keinem Engel, noch einem Heiligen, viel weniger einem sündigen Menschen anvertrauen wollen und können, sondern sich selbst vorbehalten, auf daß er täglich seinem mächtigsten Vater zum Heil seiner lieben Gläubigen ein entsprechendes Opfer darbringen und dasselbe auf so unendliche, hohe und unbegreiflich kräftige Weise aufopfern könne, daß die allerheiligste Dreifaltigkeit ein unendliches Wohlgefallen daran haben muß.

22. Hieraus folgt nun, daß jede hl. Messe einen unergründlichen Wert hat, weil sie von Christus selbst mit solcher Andacht und Ehrerbietung aufgeopfert wird, daß dieses allen Verstand der Engel und Menschen übersteigt.
Das hat Christus mit folgenden Worten der hl. Mechthild geoffenbart: „Ich
allein weiß und verstehe vollkommen, wie ich mich täglich auf dem Altar für das Wohl der Gläubigen aufopfere, was weder Cherubim noch Seraphim noch die himmlischen Kräfte völlig begreifen können." O mein Gott, wie vortrefflich und unschätzbar muß dann diese Aufopferung Christi in der hl. Messe sein, daß auch die heiligsten Engel sie nicht ergründen können! O mein liebster Jesus, wie unerforschlich muß dann diese deine Aufopferung sein, weil du selbst bezeugst, daß nur du allein mit deinem göttlichen Verstand sie erfaßt! O, wie glückselig muß dann jeder sein, der die hl. Messe mifeiert und dadurch verdient, daß du diese unergründliche, allerkräftigste und allerheilsamste Aufopferung für ihn verrichtest!

23. Beherzige doch diese Worte, lieber Leser, und erwäge tief bei dir, wie viel dir das Messemitfeiern nützt und einbringt, da in ihr Jesus Christus selbst sich für dich aufopfert, sich als Mittler zwischen die göttliche Gerechtigkeit und deine unendliche Ungerechtigkeit hinstellt und die gerechte Strafe, so du mit deinen Sünden täglich verschuldest, entweder ganz abwendet oder zum wenigsten aufhält. Wenn du das richtig erkennst, wie sehr würdest du dann die hl. Messe lieben, wie herzlich danach verlangen, wie andächtig würdest du sie hören, wie ungern würdest du dich davon abhalten lassen! Ja, du würdest lieber an deinen zeitlichen Gütern Schaden leiden, als durch Versäumung der so heilsamen Messe deiner Seele so großen Schaden zufügen. So haben es die ersten Christen getan, welche die Messe so herzlich liebten, daß sie lieber ihr Leben lassen als die hl. Messe versäumen wollten. Woher kam denn dieser Eifer? Weil sie den hohen Wert der hl. Messe erkannten und ihrer Früchte gern teilhaftig werden wollten. Dies sollen wir von ihnen lernen und, durch ihr Beispiel aufgemuntert, neue Lust und Liebe zur hl. Messe schöpfen.

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6. Welch kostbare Gabe in der hl. Messe geopfert wird.

24. Obwohl von den Vorzügen der hl. Messe nun schon viel gesagt ist, so bleibt dennoch etwas Großes übrig, nämlich die Kostbarkeit der Opfergabe, welche der allerheiligsten Dreifaltigkeit in der hl. Messe dargebracht wird. Der hl. Paulus schreibt an die Hebräer (8,3): „Ein jeder Hoherpriester wird aufgestellt zur Darbringung von Gaben und Opfern; deshalb ist es notwendig, daß auch dieser (nämlich Christus) etwas habe, das er darbringe." Der hl. Paulus fügt nicht hinzu, was denn Christus darzubringen habe, und so entsteht nun die Frage, was für ein Opfer Christus dem himmlischen Vater in seinem Priesteramt aufopfert. Es darf das gewiß nichts Geringes, sondern muß schon eine kostbare Gabe sein, würdig des Herrn, dem sie aufgeopfert wird. Denn je größer und höher der Herr ist, um so größer und wertvoller muß auch die Gabe sein. Würde jemand einem König oder Kaiser eine Handvoll Bohnen verehren wollen, so würde er schlechten Dank verdienen, ja noch Spott genug davontragen. Nun aber ist der allmächtige Gott ein Herr von so großer Majestät und Würde, daß Himmel und Erde gegen ihn weniger sind als eine Handvoll Bohnen gegen den Kaiser. Höre, was der weise Mann von ihm sagt: „Wie ein Stäubchen an der Waage, also ist der Erdkreis vor dir, wie ein Tropfen des Morgentaues, der auf die Erde herabfällt." (Wsh 11,23) Wenn also die ganze Welt nur wie ein Tröpflein Tau gegen Gott zu rechnen ist, was will man denn in der ganzen weiten Welt finden, das würdig wäre, ihm als Gabe angeboten zu werden? Was will dann Christus außer Gott finden in dem ganzen Himmel, das er der hochheiligen Dreifaltigkeit zu einem würdigen und wohlgefälligen Opfer verehren könne?

25. So höre denn und staune! Etwas gab es, aber auch nur ein einziges im ganzen Himmel und auf der ganzen Erde, was eine würdige Opfergabe für den unendlichen Gott sein könnte, nämlich Christi eigene, allerheiligste, unbefleckte, hochgebenedeite Menschheit, d.h. sein allerheiligster Leib, sein rosenfarbenes Blut und seine gebenedeite Seele. Diese seine hl. Menschheit ist das Vortrefflichste und Allerwunderbarste, was die allmächtige Hand Gottes erschaffen hat. Das hat einmal die Muttergottes der hl. Brigitta geoffenbart mit den Worten: „Die Menschheit Christi ist das Allerkostbarste, was jemals gewesen und noch wirklich ist." Denn die allerfreigebigste Hand Gottes hat der menschlichen Natur Christi so viele und große Gnaden, Reichtümer, Tugenden, Heiligkeit, Weisheit, Vorzüge und Freiheit eingegossen, daß er ihr nicht noch mehr mitteilen könnte. Nicht, als ob Gott nicht noch Größeres gehabt hätte, sondern weil die menschliche Natur Größeres nicht mehr aufnehmen konnte.
Obwohl also Maria von unsagbarer Schönheit, Heiligkeit und Hoheit ist, so verschwindet sie doch gegen die Menschheit Christi wie eine brennende Fackel gegen die hell leuchtende Sonne. Dieser menschlichen Natur Christi sind alle Engel und Heiligen im Himmel und alle Menschen auf Erden nächst Gott die höchste Ehre schuldig wegen der hohen Gnaden und Tugenden, die ihm als dem Haupt der Menschheit in so hohem Grad eingegossen worden sind wie keinem anderen geschaffenen Wesen.

26. Bei der Erschaffung der Engel hat Gott in seiner Freigebigkeit ihnen unschätzbar und unzählbar viel Heiligkeit, Vollkommenheiten und Vorzüge verliehen; er hat auch vielen frommen Menschen manche große Gnaden, Tugenden und Heiligkeit aus lauter Güte mitgeteilt; über alle aber hat er der allerseligsten Jungfrau Maria sowohl bei ihrer Erschaffung wie nachher in ihrem heiligen Leben viele unbegreifliche Gnaden, Privilegien und Vollkommenheiten verehrt und geschenkt.
Und nun zähle all dies zusammen, so viel hat der Hl. Geist der menschlichen Natur Christi bei der Erschaffung mitgeteilt, nein, noch viel mehr, denn über dieses hinaus noch viele andere gleichsam unendliche Gnaden, Reichtümer und himmlische Schätze. Nun urteile selbst, wie unbegreiflich edel, schön, liebenswürdig, verständig und glorwürdig die heilige Menschheit Christi sein mag, da sie ein unendliches Meer aller Vollkommenheiten in sich begreift.

27. Diese allerkostbarste und allerhochwürdigste Menschheit Christi ist also das einzig teuere Opfer, das der höchste Bischof unserer Seelen, der eingeborene Sohn Gottes, der allerheiligsten Dreifaltigkeit täglich in allen hl. Messen aufopfert. Mit ihr zugleich opfert er alles dasjenige, was diese heiligste Menschheit in den dreiunddreißig Jahren seines Wandels hier auf Erden zu größerer Ehre des dreifaltigen Gottes in herzlicher Liebe getan und mit bitteren Schmerzen gelitten hat, all sein Fasten, Wachen, Beten, Reisen, seine Bußwerke, Predigten und Abtötungen, all seine Verfolgungen, seine Verachtung und Verspottung, seine Schmerzen, Geißelschläge, seine Dornenkrönung und Annagelung, seine Wunden, Leiden und Qualen, all seine Tränen und Schweißtropfen, seinen Blutschweiß, das Wasser seiner Seite und sein kostbares Blut. Dieses alles stellt Christus in jeder Messe der hochhl. Dreifaltigkeit vor Augen und opfert es auf ebenso kräftige und annehmbare Weise, wie er es in seinem heiligen Leben und Leiden getan hat.

28. Und nun kommt als Hauptsache noch dazu, daß Christus diese seine hl. Menschheit nicht allein aufopfert, sondern in innigster Vereinigung mit seiner göttlichen Natur. Denn obwohl im hl. Meßopfer nicht eigentlich die Gottheit, sondern die Menschheit Christi der heiligsten Dreifaltigkeit aufgeopfert wird, so doch in der Vollkommenheit, welche sie durch die persönliche Vereinigung mit der Gottheit empfangen hat. Durch diese Vereinigung ist die menschliche Natur Christi vergöttlicht, mit unendlichen, göttlichen Schätzen bereichert und von unendlichem Wert und unendlicher Würde geworden. Daraus kannst du nun schließen, was für ein überaus kostbares Opfer unser Heiland in jeder hl. Messe dem himmlischen Vater darbringt.

29. Zuletzt ist auch noch wohl zu erwägen, daß Christus seine Menschheit nicht aufopfert in der Gestalt, in der sie im Himmel ist, sondern in der Gestalt, wie sie auf dem Altar gegenwärtig wird. Denn im Himmel ist die Menschheit Christi so glorwürdig und majestätisch, daß auch die hl. Engel davor erzittern.
Auf dem Altar aber ist sie so demütig und erniedrigt, daß ebendieselben hl. Engel sich gar nicht genug darüber wundern können. Denn hier ist diese göttliche Menschheit unter der Gestalt der hl. Hostie verborgen, wie mit dem ärmsten Gewand umkleidet, ja wie in einem engen Gefängnis verschlossen. Denn diese Gestalten umgeben den Leib Christi und halten ihn so eingeschlossen, daß keine Gewalt ihn davon wieder trennen kann, solange die Gestalten währen. Der unsterbliche Leib Christi erscheint auf dem Altar nicht größer, als die Gestalt der hl. Hostie ist, ja, wie das kleinste Teilchen, das von der größeren Hostie abfällt, weil er in jedem Teil der konsekrierten Hostie ganz zugegen ist. Weder in solchen kleinen Stücklein noch in der großen Hostie kann er seine Hände und Füße bewegen oder ein äußerliches Werk tun, nein, wie in einem Gefängnis liegt er da, all seiner Macht und Kräfte gleichsam beraubt.

30. Was mag der dreifaltige Gott sagen, wenn er diese glorwürdigste Menschheit Christi in solch demütiger Gestalt anschaut und gleichsam wie ein verächtliches Würmlein vor seinen Füßen liegend erblickt! O, was für eine gewaltige Ehre empfängt der himmlische Vater dadurch, da er ja sieht, daß sein Sohn all diese äußerste Erniedrigung zu desto höherer Ehre des Vaters auf sich nimmt. O, was für eine unbegreiflich große Kraft und Hoheit empfängt das hl. Meßopfer dadurch! O, was für großes Heil und Nutzen bekommen dadurch die Menschen, für welche das hochheilige Opfer gefeiert und aufgeopfert wird! O, was für Trost und Erquickung gewinnen daraus die Seelen im Fegfeuer, für deren Erlösung diese heilsame Messe gelesen und gehört wird!

31. In dem Buch von den vortrefflichen Männern des Zisterzienserordens ist zu lesen, wie zu Zeiten des hl. Bernard ein Ordensmann zu Clairvaux gestorben und zu den Leiden des Fegfeuers verurteilt wurde. Dieser erschien einem alten Pater und bat, die Priester möchten doch die hl. Messe für ihn lesen. Nach wenigen Tagen erschien er dem Pater wieder mit fröhlichem Angesicht, wies ihn dann hin auf die hochhl. Messen, welche die Priester in der Klosterkirche für ihn lasen, und sprach: „Siehe, das sind die Waffen der Gnade Gottes, wodurch ich errettet worden bin. Ich sage dir in Wahrheit, daß diesen Waffen der göttlichen Gnade, dieser Kraft der Barmherzigkeit Gottes, diesem Schlachtopfer des Heilands, gar nichts widerstehen kann als nur einzig und allein ein unbußfertiges Herz." Dies erwähne ich hier, damit du die Herrlichkeit der hl. Messe aus diesem Lobspruch desto besser erkennst und sie desto lieber, öfter und andächtiger hören mögest. Denn die täglichen hl. Messen sind die Waffen der göttlichen Gnade, die Kraft der göttlichen Barmherzigkeit; sie enthält jenes Schlachtopfer, dem nichts widerstehen kann, wenn man sie mit Andacht hört. Wir sollen uns befleißen, unserem treuen Heiland herzlichen Dank zu sagen, daß er sich täglich und stündlich dem himmlischen Vater aufopfert, und sollen ihm danken, daß er uns diese kräftigen Waffen gegeben hat, durch die wir Gottes Gnaden erwerben und seine Barmherzigkeit gleichsam erzwingen können.

32. Zum größerem Ruhm der hl. Messe wollen wir nun vernehmen, was sich bei der Einweihung der Wallfahrtskapelle in Einsiedeln nach dem Zeugnis des hl. Konrad in der Nacht zum 14. Sept. 948 zugetragen hat. Im Leben des hl. Meinrad ist zu lesen, wie achtzig Jahre nach dessen Tod Eberhard, ein frommer Einsiedler, all sein ererbtes Vermögen zum Bau des Klosters verwendet und den hl. Bischof Konrad von Konstanz ersucht hat, die Kapelle einzuweihen.
Als dieser nun in der Nacht vor der Weihe in die Kapelle gehen wollte, um zu beten,
hörte er darin schon, die Antiphonen und Responsorien von der Kirchweihe laut singen. Als er hineinkam, sah er die Kapelle voller Engel und Christus selbst in bischöflicher Kleidung, wie er diese einweihte. Hierüber geriet Konrad in solches Staunen, daß er unbeweglich weiter dort verharrte. Er sah und hörte, wie Christus ganz dieselben Worte und Zeremonien brauchte, welche die Kirche vorschreibt, und wie die Heiligen ihm dabei dienten. Maria, zu deren Ehre die Kapelle und der Altar geweiht wurden, stand auf dem Altar in höchster Herrlichkeit, glänzender als die Sonne und leuchtend wie der Blitz. Nach Vollendung der Weihe sang der Heiland das Hochamt in größter Feierlichkeit, und die Chöre der Engel musizierten und sangen dazu so herrlich, daß der hl. Konrad vor lauter Wonne fast vergangen wäre. Nach vollendeter Messe verschwand das himmlische Heer und hinterließ ihn voll Freude und Süßigkeit. Als man dann am nächsten Morgen in ihn drang, die Weihe zu beginnen, da hörten alle eine Stimme vom Himmel, die dreimal sprach:
Höre auf, Bruder, die Kapelle ist schon konsekriert." So ließ er dann ab mit der Weihe und schrieb diese wundersame Sache an den hl. Vater nach Rom. O wären wir doch bei dem hl. Konrad gewesen und hätten sehen können, was
er gesehen hat: was für Verwunderung, was für Freude, was für Andacht würden wir empfunden haben! Wir freuen uns auch so, weil wir wissen, daß Christus selbst alle Tage in der hl. Messe sich selbst aufopfert, und daß wir daran teilnehmen können, wenn wir nur wollen.

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3. Kap. - Von den Geheimnissen der hl. Messe.

1. Da ich nunmehr von den Geheimnissen der hl. Messe reden will, drängt es mich, mit David auszurufen: „Kommt und seht die Werke des Herrn, welche Wunder er auf Erden gewirkt hat." (Ps 45,9.) Christus hat zwar viele Wunderzeichen hier auf Erden gewirkt, aber mich dünkt, es sei doch keines höher und größer gewesen, als da er beim letzten Abendmahl das allerhochwürdigste und allerheiligste Meßopfer einsetzte. Dasselbe ist ein kurzer Inbegriff aller Wunderwerke Gottes und ein Wunder über alle Wunder, so daß der hl. Bonaventura sagen und schreiben durfte:
Die Messe ist in ihrer Weise so voller Geheimnisse wie das Meer voller Tropfen, die Luft voller Stäublein, das Firmament voller Sterne und der Himmel voller Engel." Denn in ihr gehen täglich so viele Geheimnisse vor sich, daß ich nicht weiß, ob die allmächtige Hand Gottes jemals etwas Größeres gewirkt hat.

2. Mit diesen erstaunlichen Worten des hl. Bonaventura, welche die Geheimnisse der hl. Messe als ganz unzählbar hinstellen, stimmt Pater Sanchez überein, indem er ausführt: „In der hl. Messe empfangen wir so wunderbare und wahrhafte Schätze, so kostbare himmlische Gaben, so viele Güter für das gegenwärtige und so gewisse Hoffnung für das zukünftige Leben, daß wir, um dieses zu begreifen, die Gabe des übernatürlichen Glaubens haben müssen." Damit will er sagen: Wenn uns nicht Gott selbst durch seine übernatürliche Offenbarung über die Schätze der hl. Messe unterrichtet hätte, so würden wir mit unserem einfachen Verstand nichts davon erfassen können. Dann fährt er fort: „Gleich wie du aus dem Meer oder einem Fluß stets genug Wasser schöpfen kannst, also kannst du es auch mit der hl. Messe machen. Denn die Unermeßlichkeit derselben ist so groß, daß sie nie erschöpft, ja nicht einmal vermindert werden kann." Aus diesem schönen Vergleich kannst du entnehmen, wie voller Gnaden und Geheimnisse die hl. Messe ist, und wie viele geistliche und leibliche Güter man täglich daraus schöpfen kann.

3. Das hat der hl. Augustinerpater Johannes von Facundo wohl gewußt, der keinen Tag die hl. Messe unterließ und sie immer des Morgens in aller Frühe feierte, weil seine Sehnsucht nach dem Opfer Christi so groß war, daß er nicht länger warten konnte. Er las aber die Messe so langsam, daß die Meßdiener manchmal vom Altar fortliefen und keiner bei ihm dienen wollte. Als ihm danach der Prior befahl, nicht mehr Zeit zu gebrauchen als die übrigen Priester, gehorchte der heilige Mann; nach einigen Tagen aber fiel er dem Prior zu Füßen und bat, den Befehl zurückzunehmen. Der Prior wollte erst den Grund wissen, weshalb Johannes so viele Zeit haben wollte, aber erst auf langes Drängen teilte dieser ihm denselben mit, und nun sprach der Prior zu einem vertrauten Pater: „Glaube mir für gewiß, daß unser Pater Johannes deswegen so lange Messe liest, weil Gott ihm die großen Geheimnisse, welche in derselben vorgehen, zu erkennen gibt, die so hoch sind, daß kein Mensch sie mit seinem Verstand begreifen kann. Von diesen Geheimnissen hat er mir so große Dinge gesagt, daß ich vor Schrecken fast außer mir war. Glaube mir sicherlich, daß Christus sich diesem Pater leiblicherweise zeigt, mit ihm freundlich redet, ihm seine fünf Wunden zeigt und aus denselben solchen Glanz über den heiligen Mann ausgießt und ihn so erquickt, daß er ohne Speis und Trank würde leben können. Pater Johannes sieht auch den Leib Christi wie eine glänzende Sonne und er kennt dessen unendliche Glorie und Schönheit. Ja, er erkennt auch so hohe und himmlische Dinge, daß kein Mensch sie recht ergründen oder aussprechen kann. Darum will ich von nun an auch selbst nie unterlassen, die hl. Messe zu lesen oder zu hören und andere dazu anzutreiben."
Aus diesen Worten können wir klar erkennen, wie voll wunderbarer Geheimnisse die hl. Messe sein muß. Ein Teil derselben wird schon dadurch begriffen, daß wir die Vorbilder aus dem AltenTestament betrachten, die in ihr erfüllt, ja gleichsam erneuert werden.

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1. Die Vorbilder der hl. Messe.

4. Das erste Vorbild war das Opfer des frommen und gerechten Abel, welcher aus wahrer Andacht zu Gott, von den Erstlingen seiner Herde Gott zum Bekenntnis seiner unendlichen Majestät ein Brandopfer dargebracht hat. Daß dieses Opfer dem lieben Gott gefallen habe, bezeugt die Hl. Schrift (Gen 4,4) mit den Worten:
„Der Herr schaute auf Abel und seine Gaben," wo Theodotion übersetzt: „Der Herr zündete das Opfer Abels an," indem er etwa Feuer vom Himmel kommen ließ wie später bei Einweihung des Tempels. In ähnlicher Weise geschieht es auch bei unserem Meßopfer; wenn nämlich der Priester die Worte der hl. Wandlung über Brot und Wein ausspricht, so fällt das göttliche Feuer des Hl. Geistes vom Himmel herab, entzündet gleichsam das Opfer des Brotes und Weines und verwandelt sie in den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Das Opfer Abels hat dem allmächtigen Gott sehr wohl gefallen, das Opfer der Christenheit aber gefällt ihm unvergleichlich mehr. Denn wenn ein Priester die hl. Hostie in die Höhe hebt, so spricht der Vater dieselben Worte wie bei der Taufe Christi: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe." (Mt 3,17)

5. Das zweite Vorbild war das Opfer des gerechten Noe, von dem in Gen 8, 20f. geschrieben steht: „Noe aber baute dem Herrn einen Altar und nahm von allen reinen Tieren und Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar. Und der Herr roch den lieblichen Geruch und sprach: „Niemals wieder will ich die Erde verfluchen um der Menschen willen." Wenn nun also der erzürnte Gott solches Gefallen an dem Opfer des Noe gehabt hat, daß er versprach, die Welt hinfür niemals mit einer Sündflut wieder zu strafen, wieviel mehr wird ihm dann das Opfer gefallen, in dem der allersüßeste Geruch der Tugenden und Heiligkeit Christi zum Himmel emporsteigt?

6. Das dritte Vorbild des hl. Meßopfers waren die verschiedenen Opfer des Patriarchen Abraham, von dem mehrmals in der Hl. Schrift steht: „Abraham erbaute dem Herrn einen Altar und rief da dessen Namen an." Dasselbe liest man auch von Isaak und Jakob
, die Diener des wahren Gottes waren und nach dem Beispiel aller Gerechten dem Herrn aller Herren Brand- und Schlachtopfer darbrachten. Alle Priester des Neuen Testamentes sind diesen großen Dienern Gottes getreu nachgekommen und setzen das bis auf den heutigen Tag mit heiligem Eifer fort, indem alle, die nur ein wenig wahre Andacht zu Gott haben, ihm auch täglich das allerhochwürdigste Opfer aufopfern.

7. Das vierte Vorbild unseres heiligsten Meßopfers war das Opfer des Königs und Hohenpriesters Melchisedech, der dem allmächtigen Gott zur Danksagung für den Sieg Abrahams in neuer Art Brot und Wein unter bestimmten Zeremonien und Gebeten aufopferte. Aber davon wurde schon im ersten Kapitel genug gesagt. So kommen wir denn zum fünften Vorbild, den Opfern im Gesetz des Moses, die von Gott selbst waren befohlen worden. Denn vor dieser Zeit hatten die frommen Väter aus freiem Willen nach Eingebung des natürlichen Verstandslichtes, wann und wo sie wollten, Opfer Gott dargebracht. Im Gesetz aber hat Gott befohlen, daß die Juden ihm vor allem drei Opfer darbringen sollten, nämlich Brandopfer, Friedopfer und Sühnopfer. Täglich sollten sie ihm zwei Lämmlein schlachten und aufopfern, nämlich eins morgens und eins abends. Alle diese jüdischen Opfer dauerten bis Christus und waren klare Vorbilder des Kreuzesopfers. Nach dem Leiden Christi aber mußten sie aufhören; an ihre Stelle trat das Meßopfer als tägliche Erneuerung des Kreuzesopfers.

8. Dieser Opfer von den ersten Zeiten her geschieht ausdrückliche Erwähnung in jeder hl. Messe, da der Priester bald nach der hl. Wandlung also zum Herrn des Himmels und der Erde spricht: „Würdige dich, auf diese Gaben mit gnädigem und freundlichem Angesicht herabzublicken und sie wohlgefällig aufzunehmen, wie du dich gewürdigt hast, huldvoll die Gaben deines gerechten Dieners Abel und das Opfer unseres Patriarchen Abraham anzunehmen und jenes, das dir dein Hoherpriester Melchisedech dargebracht hat, ein heiliges Opfer, eine fleckenlose Weihegabe." Dadurch zeigt die Kirche selbst, das jene Opfer Vorbilder des hl. Meßopfers waren, wenn dieselben auch nicht im mindesten an den Wert der hier geopferten Gabe heranreichen können. Möchten nur wir alle beim hl. Meßopfer dieselbe Andacht haben, mit welcher jene ihr Opfer verrichteten, damit Gott auch aus unserer Hand die heiligste Opfergabe in Gnaden aufnehmen könne.

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2. Über die Geheimnisse der hl. Messe.

9. Hier ist nun zu wissen, daß die wichtigsten Geheimnisse des ganzen Lebens und Leidens Christi in der hl. Messe begriffen und uns vorgestellt werden. Das will der Psalm 110,4 andeuten, wo es heißt: „Ein Gedächtnis seiner Wunderwerke hat der gnädige und barmherzige Herr gestiftet." Und damit wir erkennen, daß hiermit auf die hl. Messe hingewiesen sei, heißt es in Ps 28,6f.: „Ich will bei deinem Altar sein, o Herr, damit ich die Stimme des Lobes höre und all deine Wunder erzähle." Hat denn nicht Christus Ähnliches gesagt, als er das hochheilige Meßopfer einsetzte und seinen Aposteln die hl. Messe zu lesen befahl mit den Worten: „Tut dies zu meinem Gedächtnis?" Als wollte er sagen: Da ich nun von euch scheiden muß und nach Vollendung der menschlichen Erlösung zu meinem himmlischen Vater gehen werde, sollt ihr doch meiner niemals vergessen, sondern mich allzeit in frischem Gedächtnis behalten; darum setze ich die hl. Messe als das Opfer des Neuen Testamentes ein, in dem alle Geheimnisse meines ganzen Leben und Leidens eingeschlossen sind und allen meinen Gläubigen vor Augen gestellt werden.

10. Daß dieses sich wirklich so verhält, will ich in einem kurzen Überblick beweisen und erklären. Erstens wird das hochwürdigste Geheimnis der gnadenreichen Menschwerdung Christi nicht allein dargestellt, sondern gewissermaßen erneuert. Denn gleichwie die allerseligste Jungfrau Maria zur Vollbringung der Menschwerdung ihren Leib und ihre Seele darbot und nur durch Überschattung des Hl. Geistes das Wort Fleisch werden konnte, ebenso bietet der Priester Brot und Wein dar, opfert sie dem allmächtigen Gott, und der Hl. Geist verwandelt sie durch die Kraft der Wandlungsworte in den wahren Leib und das wahre Blut Christi. Auf diese Weise wird das allergöttlichste Geheimnis der Menschwerdung Christi erneuert, und der Priester hat ebensowohl Christus in seinen Händen, wie Maria ihn in ihrem jungfräulichen Schoß getragen hat.

11. Das gnadenreiche Geheimnis der Geburt Christi wird ebenfalls erneuert und uns klar vor Augen gestellt. Denn gleichwie Christus aus Maria der Jungfrau geboren wurde, so wird er in der hl. Messe aus dem Mund der Priester gleichsam geboren, und wenn der Priester das letzte Wort der Wandlung ausspricht, so hat er das liebe Christkind leibhaftig in seinen priesterlichen Händen. Zur Bezeugung dessen fällt er auf seine Knie und betet seinen eigenen Gott und Schöpfer in seinen Händen demütig an, hebt ihn dann mit Andacht über sein Haupt in die Höhe und zeigt, ihn mit Freuden dem anwesenden Volk. Gleichwie die liebe Mutter Gottes ihr neugeborenes Kindlein in Windeln gewickelt den frommen Hirten gezeigt und es zur Anbetung dargeboten hat, ebenso zeigt auch der Priester dem Volk dasselbe Christkind, unter den Gestalten des Brotes wie in Windeln eingehüllt, auf daß alle insgesamt es erkennen und als ihren Herrn und Gott anbeten. Wer dieses von Herzen tut, der übt eine größere Tugend als die frommen Hirten. Denn diese sahen die Menschheit Christi vor Augen und glaubten an seine Gottheit, wir aber sehen nur die Gestalten und glauben dennoch fest, daß die Gottheit und Menschheit Christi darunter verborgen ist.

12. In der hl. Messe haben wir auch denjenigen gegenwärtig, den die hl. drei Könige angebetet, der greise Simeon auf seine Arme genommen und den Maria Gott dem Vater im Tempel aufgeopfert hat. Wir hören auch Christus sein hl. Evangelium durch den Mund des Priesters verkündigen und können daraus Heil und Nutzen schöpfen. Wir sehen ferner Christus bei der hl. Messe Wunder wirken, denn da er den Wein in sein hl. Blut verwandelt, so ist das ein viel größeres Wunder, als da er zu Kana das Wasser in Wein verwandelte.
Wir sehen ihn weiterhin wiederum sein letztes Abendmahl halten und von neuem wahrhaft Brot und Wein in sein heiliges Fleisch und Blut konsekrieren. Schließlich sehen wir bei der Aufhebung auch Christus am Kreuz erhoben und hören ihn mit den Ohren unseres Geistes für uns bitten und sagen: „Vater, verzeihe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun" und wie schwer sie mit ihren Sünden deine Gottheit beleidigen. Dieses alles sehen wir zwar nicht mit Augen, aber dennoch glauben wir es von Herzen und verdienen durch diesen unseren festen Glauben um so größeren Lohn, wie Christus ausdrücklich bezeugt, da er zu Thomas spricht: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben." (Jo 20,29.) Je höher und unbegreiflicher diese Geheimnisse sind, um so kräftiger und verdienstlicher ist auch unser Glaube und um so reicher wird unser Lohn sein im Himmel.

13. In der hl. Messe erfüllt Christus auch sein treues und tröstliches Versprechen, das er vor seinem Scheiden mit den Worten gegeben hat: „Siehe, ich bleibe bei euch alle Tage, bis an das Ende der Welt." (Mt 28,20.) Kraft seiner Gottheit ist ja Christus immer und überall gegenwärtig, und darum ist dies Versprechen zu verstehen von seiner Menschheit, mit der er in der hl. Messe und in dem hochwürdigsten Sakrament des Altares zugegen ist. Da weilt er Tag und Nacht persönlich bei uns, ist allezeit bereit, uns Audienz zu geben, unser Begehren anzuhören und uns in unseren Nöten beizuspringen. In der hl. Messe aber ist er noch überdies unser Opfer, unser Mittler und die Versöhnung für unsere Sünden. Denn, weil Christus in der hl. Messe sein priesterliches Amt ausübt, deswegen steht ihm von Amts wegen zu, wie Paulus (Hebr 5) sagt, daß er „opfere Gaben und Opfer für die Sünden des Volkes," daß er sich seinem Vater für das Volk aufopfert, wie er sich ihm am Kreuz aufgeopfert hat. Daraus erhellt, daß zwischen der hl. Hostie im Tabernakel oder der Monstranz und in der hl. Messe doch noch ein großer Unterschied ist, obwohl die Gegenwart Christi dieselbe ist. Denn in der hl. Messe liegt die hl. Hostie zugleich als Opfergabe vor den Augen des Vaters.

14. Daß nun der liebe Heiland täglich bis zum Ende der Welt bei uns bleiben will, dafür gibt es verschiedene wichtige Ursachen. Erstens: Weil er das Haupt seiner Kirche oder seiner Gläubigen und diese sein geistiger Leib sind, dieser Leib aber nicht bei dem Haupt im Himmel sein kann, so muß denn das Haupt bei dem Leib auf Erden sein. Zweitens: Weil Christus der Bräutigam und die Kirche die Braut ist, mit der er sich viel fester und inniger verbunden als weltliche Brautleute, deswegen treibt ihn seine Liebe an, unaufhörlich bei seiner geliebten Braut zu weilen. Höre nur, wie der hl. Paulus diese Liebe im Epheserbrief (5,25f.) hervorhebt: „Ihr Männer, liebt eure Frauen, wie auch Christus die Kirche geliebt und sich selbst für sie hingegeben hat, um sie zu heiligen und reinigen in der Wassertaufe durch das Wort des Lebens, um selbst herrlich die Kirche sich darzustellen, ohne Makel, ohne Runzel oder etwas dergleichen, sondern daß sie heilig und unbefleckt sei." Alle Menschen sind Glieder der Kirche und werden in der hl. Taufe so schön geziert wie die lieben Engel. Darum liebt Christus eine solche reine Seele mehr als ein Bräutigam die allerschönste Braut. Deswegen will er auch bei ihr bleiben alle Tage bis zum Ende der Welt. Daß aber Christus in so geheimnisvoller, nur für das Auge des Geistes erkennbarer Weise bei seiner geliebten Braut, der Kirche, bleibt, geschieht dazu, daß die gläubige Seele Gelegenheit habe, den Glauben zu üben und täglich größere Belohnung im Himmel zu erwerben.

15. Drittens will Christus bei seiner Kirche bleiben, weil es sich geziemt, daß er für seine geliebte Braut sorge, ihr die notwendige Nahrung verschaffe und sich ihres Heils und ihrer Wohlfahrt treulich annehme. Dies alles und noch weit mehr tut er in der hl. Messe und bei dem geistigen und wirklichen Empfang des hochhl. Sakramentes und beweist dadurch in der Tat, daß er ein getreuer Liebhaber seiner geliebten Braut ist, der er alles zu ihrem zeitlichen und ewigen Heile Notwendige verschafft.

16. O christliche Seele! Wenn du eine Todsünde auf dir hast, so bist du des Teufels Braut, und der leidige Satan regiert dich. Bist du aber ohne Todsünde und im Stand der Gnade, so bist du eine Braut Christi und wirst von deinem Bräutigam herzlich geliebt und in allem, was zu deinem Heil dient, fleißig versorgt. Was für Gnaden und Wohltaten, meinst du, wird dir dein Bräutigam bei einer einzigen heiligen Messe erweisen? Wie viele Mittel wird er dir an die Hand geben, um die Tugend zu üben und deine Seligkeit zu vermehren! Höre und verwundere dich! Ich sage dir ernstlich und will es dir in diesem Buch gründlich beweisen, daß Jesus aus lauter Liebe dir in jeder hl. Messe, die du ohne Todsünde mit mittelmäßiger Andacht anhörst, 77 Gnaden zu verdienen gibt. Auf daß du dies erkennest und glaubest, will ich dir hier dieselben nacheinander aufzählen.

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3. - Die 77 Gnaden, die aus dem
      andächtigen Messehören entspringen.

1. Wegen deines Heiles schickt Gott Vater seinen lieben Sohn vom Himmel herab.
2. Zu deinem Heil verwandelt der Hl. Geist Brot und Wein in den wahren Leib und das wahre Blut Christi.
3. Um deinetwillen kommt der Sohn Gottes vorn Himmel herab und verbirgt sich in der hl. Hostie.
4. Ja, er erniedrigt sich so sehr, daß er auch in dem allerkleinsten Teilchen der hl. Hostie zugegen ist.
5. Wegen deines Heiles erneuert er das gnadenreiche Geheimnis seiner Menschwerdung.
6. Zu deinem Heil wird er in jeder hl. Messe wiederum geistiger Weise geboren.
7. Zu deinem Besten verrichtet er auf dem Altar die Andachten, welche er auf Erden vollbracht hat.
8. Zu deinem Heil erneuert er sein bitteres Leiden, auf daß er dich dessen teilhaftig mache.
9. Zu deinem Heil stirbt er wiederum geistiger Weise und gibt sein edles Leben für dich dar.
10. Zu deinem Heil vergießt er geistiger Weise sein heiliges Blut und opfert es dem himmlischen Vater für dich auf.
11. Mit diesem heiligen Blut besprengt er deine Seele und reinigt, sie von ihren schlimmen Makeln.
12. Für dich opfert sich Christus zum wahren Brandopfer und gibt der Gottheit so große Ehre, wie ihrer Würde zukommt.
13. Wenn du diese Ehre Gott aufopferst, so erstattest du ihm die Ehre, welche du ihm zu geben unterlassen hast.
14. Für dich opfert er sich zum Lobopfer und erstattet, was du am Lob Gottes versäumt hast.
15. Wenn du dieses Lob Christi Gott aufopferst, so gibst du ihm ein höheres Lob, als selbst die Engel ihm geben.
16. Für dich opfert sich Christus zum vollkommensten Dankopfer und erstattet, was du im Danksagen versäumt hast.
17. Wenn du diesen Dank Christi Gott aufopferst, so vergiltst du ihm reichlich alle Wohltaten, welche er dir gezeigt hat.
18. Für dich opfert sich Christus zum mächtigsten Versöhnungsopfer und macht dir den erzürnten Gott wiederum zum Freund.
19. Er verzeiht dir auch alle deine läßlichen Sünden, die du zu meiden willst.
20. Er ersetzt auch viele von deinen Versäumnissen, die du durch Unterlassung des Guten begangen hast.
21. Er verbessert viele von deinen Nachlässigkeiten, die du in Verrichtung des Guten dir hast zu Schulden kommen lassen.
22. Er verzeiht dir auch deine unbewußten und vergessenen Sünden, die du niemals gebeichtet hast.
23. Er opfert sich zum Opfer der Genugtuung und zahlt einen Teil deiner Schulden oder Strafen.
24. Durch eine jede hl. Messe büßest du mehr Strafen ab als durch ein anderes schweres Bußwerk;
25. weil Christus dir einen Teil seiner Verdienste schenkt, die du Gott dem Vater für deine Sünden aufopfern kannst.
26. Christus opfert sich für dich zum kräftigsten Bittopfer und bittet für dich so herzlich, als er am Kreuz für seine Feinde gebetet hat.
27. Sein heiliges Blut schreit für dich mit so vielen Worten, wie Blutströpflein aus seinem Leib geflossen sind.
28. Seine heiligen Wunden schreien für dich mit so vielen Stimmen, wie ihrer an seinem Leib gewesen sind.
29. Wegen dieses kräftigen Bittopfers erwirbst du das Erbetene weit eher in als außer der hl. Messe.
30. Das Gebet, welches du bei der hl. Messe verrichtest, ist viel besser als das, welches du außer der hl. Messe sprichst. Denn
31. Christus vereinigt es mit seinen Gebeten und opfert es seinem himmlischen Vater auf.
32. Deine Nöten und Gefahren trägt er ihm treulich vor und läßt sich dein Heil ganz angelegen sein.
33. Alle gegenwärtigen Engel bitten auch für dich und opfern dem höchsten Gott dein armseliges Gebet auf.
34. Der Priester liest in deiner Gegenwart die hl. Messe, durch deren Kraft der böse Feind von dir abgehalten wird.
35. Der Priester liest seine Messe auch für dich und opfert sie Gott auf zu deinem größeren Heil.
36. Wenn du bei der hl. Messe bist, so bist du geistiger Weise ein Priester, und Christus verleiht dir die Gewalt, die hl. Messe aufzuopfern, sowohl für dich, als auch für andere.
37. Wenn du die hl. Messe aufopferst, so verehrst du der heiligsten Dreifaltigkeit die allerangenehmste Gabe.
38. Du opferst ihr eine gar teuere Gabe, die mehr wert ist, als Himmel und Erde.
39. Du opferst ihr eine so kostbare Gabe, sie ebenso viel wert ist wie Gott selbst.
40. Durch diese Aufopferung erweist du Gott eine so hohe Ehre, als Gott verehrt zu werden verdient.
41. Durch diese Aufopferung erfreuest du die allerheiligste Dreifaltigkeit auf unendliche Weise.
42. Diese so edle Gabe opferst du als deine eigene Gabe, weil sie dir von Christus selbst geschenkt wird.
43. Wenn du die hl. Messe recht mitfeierst, so verrichtest du ein Werk des höchsten Gottesdienstes.
44. Durch das Mitfeiern der hl. Messe erweist du der Menschheit Christi den höchsten Dienst und Gefallen.
45. Dadurch verehrst du das Leiden Christi auf die beste Weise und machst dich seiner Früchte teilhaftig.
46. Du kannst auch dadurch die Mutter Gottes auf die beste Weise verehren und erfreuen.
47. Alle Engel und Heiligen kannst du mit dem Mitfeiern der hl. Messe mehr verehren als durch das Sprechen vieler Gebete.
48. Durch das andächtige Messehören kannst du an deiner Seele reicher werden als durch irgendein Ding dieser Welt. 
49. Denn dadurch verrichtest du eines der allerbesten guten Werken.
50. Du verrichtest eine hohe Übung des wahren Glaubens und verdienst dadurch einen hohen Lohn.
51. Wenn du dich vor der hl. Hostie und dem hl. Kelch niederbeugst, so verrichtest du ein vortreffliches Werk der Anbetung.
52. Sooft du die hl. Hostie andächtig anschaust, so oft verdienst du besonderen Lohn im Himmel.
53. Sooft du demütig an deine Brust schlägst, so oft erlangst du Verzeihung einiger Sünden.
54. Wenn du im Stand der Todsünde die hl. Messe hörst, so bietet dir Gott die Gnade der Bekehrung an.
55. Wenn du im Stand der Gnade die hl. Messe hörst, so vermehrt dir Gott wunderbar seine göttliche Gnade.
56. Bei der hl. Messe wirst du mit dem Leib und Blut Christi geistiger Weise gespeist und getränkt.
57. Du wirst gewürdigt, Christus mit deinen Augen anzuschauen und von ihm angeschaut zu werden.
58. Du empfängst auch den priesterlichen Segen, und Christus bekräftigt denselben im Himmel.
59. Durch das fleißige Messehören wirst du an zeitlichen und leiblichen Gütern gesegnet.
60. Dadurch wirst du vor vielem Unglück bewahrt, in das du sonst gefallen wärst.
61. Du wirst in deinen Anfechtungen gestärkt, von denen du sonst wärst überwunden worden.
62. Durch jede hl. Messe erwirbst du die Gnade, selig zu sterben.
63. Wegen der mitgefeierten hl. Messen erlangst du Hilfe und Trost in deiner letzten Not von den Engeln und Heiligen.
64. Bei deinem Sterben werden dich die mitgefeierten hl. Messen trösten und dir ein festes Vertrauen auf die göttliche Barmherzigkeit verschaffen.
65. Sie werden mit dir zum göttlichen Gericht gehen und bei dem strengen Richter Gnade erbitten.
66. Du wirst hoffentlich ein kurzes und gelindes Fegfeuer haben, weil du mit den vielen hl. Messen deine Strafen größtenteils bezahlt hast.
67. Denn durch jede heilige Messe milderst du dein Fegfeuer mehr als durch ein anderes schweres Bußwerk.
68. Eine mitgefeierte hl. Messe in deinem Leben wird dir mehr nützen als viele, die nach deinem Tod für dich gelesen werden.
69. Im Himmel wirst du gewiß eine hohe Stufe der Glorie erhalten und ewig besitzen.
70. Denn jede mitgefeierte hl. Messe erhebt dich höher in den Himmel und vermehrt dir merklich deine Seligkeit.
71. Für deine Freunde kannst du nicht kräftiger beten, als daß du die hl. Messe für sie mitfeierst und aufopferst.
72. Deinen Wohltätern kannst du durch das Mitfeiern der hl. Messe die von ihnen empfangenen Wohltaten aufs reichlichste vergelten.
73. Den Elenden, Kranken und Sterbenden kannst du durch das Messehören am besten Hilfe und Trost leisten.
74. Vielen, vielen Sündern kannst du durch Aufopferung der hl. Messe die Bekehrung erwerben.
75. Durch das Messehören kannst du allen Christgläubigen großes Heil erbitten.
76. Durch das Messehören kannst du das ganze Fegfeuer abkühlen und die Armen Seelen kräftiglich erquicken.
77. Wenn du für deine Verstorbenen keine Messen lesen lassen kannst, so kannst du sie durch das Mitfeiern der hl. Messe erlösen.

Den Beweis für alle diese Gnaden wirst du beim Weiterlesen in diesem Buch finden. Was dünkt dich nun, andächtige Seele? Was hältst du nun von der hl. Messe?

Meinst du wohl, daß es auch nur ein einziges gutes Werk auf der Welt gibt, durch welches du so große Gnaden und Früchte erwerben kannst wie durch die hl. Messe? Meinst du nicht auch, daß das wahr ist, was P. Sanchez sagt: „Wenn ein Christ sich es nur zunutze zu machen weiß, so kann er durch eine einzige Messe reicher werden als durch alle von Gott erschaffenen Dinge zusammengenommen." O, wohl ein großer Schatz ist die hl. Messe! O, glückselig derjenige, der mit geringer Mühe so große Schätze erwerben kann! Wer will denn nun nicht gerne Messe mitfeiern? Wer will denn die Messe mutwillig versäumen? O liebe Seele, versäume sie doch nicht, sondern lasse alles liegen, wie es liegt, und eile zur hl. Messe!

Gedenke, wie du dich betrüben würdest, wenn du an einem Tag 77 Kreuzer - Taler (Euro) will ich schon gar nicht mehr sagen - verlieren oder verspielen oder verscherzen solltest. Gewiß würde dich der Verlust aufs tiefste schmerzen und reuen. Wieviel mehr aber solltest du dich dann betrüben, wenn du an einem Tag ohne Not, ja aus lauter Faulheit oder Mutwillen die hl. Messe versäumst hast! Du aber versäumst gar viele Messen und betrübst dich deswegen gar nicht, als wenn dir gar kein Schaden widerfahren wäre - das klarste Zeichen dafür, daß du den köstlichen Schatz der hl. Messe nicht erkennst oder nicht achtest. Wenn du aber fleißig in diesem Buch liest, so wirst du hoffentlich hinfür diesen himmlischen Schatz besser erkennen, höher achten und eifriger suchen. Das gebe Gott. Amen!

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4. Kap. - In der hl. Messe erneuert Christus seine Menschwerdung

1. Im vorigen Kapitel haben wir die Geheimnisse der hl. Messe nur kurz erwähnt, jetzt aber wollen wir eins nach dem anderen, erklären und beherzigen, und zwar zuerst das gar hohe Geheimnis der Menschwerdung Christi. Daß dieselbe in einer jeden hl. Messe erneuert werde, beweise ich zunächst durch das Zeugnis des gottseligen Lehrers Marchantius, der sagt: „Was ist die hl. Messe anderes als eine lebendige und vollkommene Darbietung, ja Erneuerung der Menschwerdung und Geburt, des Lebens, Leidens und Sterbens Christi sowie der ganzen von ihm vollbrachten Erlösung?"

2. O, was für eine vortreffliche, o, was für eine fruchtbare und unaussprechliche Wohltat hat die göttliche Güte dem menschlichen Geschlecht damals erwiesen, als der Sohn Gottes „wegen uns Menschen und um unseres Heiles willen vom Himmel herabstieg, durch den Hl. Geist in Maria der Jungfrau Fleisch geworden ist und die Menschheit annahm." Dieses unbegreifliche Geheimnis betet der Priester an, wenn er beim Credo zu dem Wort kommt: Et incarnatus est - und er ist Mensch geworden - und nicht bloß das Haupt beugt, sondern voller Ehrfurcht seine Knie beugt und der göttlichen Güte für diese tiefste Erniedrigung möglichsten Dank sagt.

3. Die hl. Kirche hat auch die heilsame Anordnung getroffen, daß alle Gläubigen jedes Jahr durch den ganzen Advent diese hohe göttliche Wohltat beherzigen, andächtig verehren und der göttlichen Güte dafür herzlich danken sollen, was gewiß auch unsere höchste Schuldigkeit ist. Denn durch die gnadenreiche Menschwerdung hat Christus uns so viel Gutes erwiesen, daß wir ihm nicht allein in dieser Zeit, sondern auch in der zukünftigen langen Ewigkeit nimmermehr genug dafür danken können.

4. Aber Jesus hat in seiner Liebe sich nicht begnügen wollen, nur einmal Mensch zu werden, sondern auf daß er seinem geliebten Vater mit dem Hl. Geist das herzliche Wohlgefallen, das sie vorzeiten aus diesem Geheimnis empfingen, täglich und unaufhörlich erneuern und vermehren könnte, so hat er in seiner unendlichen, göttlichen Weisheit das höchste Geheimnis der hl. Messe erfunden, durch die er seine wundersame Menschwerdung so lebhaft erneuert, als wenn sie wirklich wiederum geschähe; ja, sie geschieht auch wirklich und wahrhaft, wenn auch geistiger Weise.

5. Dies bezeugt der hl. Augustinus mit den Worten: „O hohe Würde der Priester, in deren Händen Christus wiederum Mensch wird! O himmlisches Geheimnis, welches der Vater und der Sohn und der Hl. Geist durch die Priester in so wunderbarer Weise wirken." Der hl. Johannes von Damaskus sagt: „Wenn einer fragt, wie das Brot in den Leib Christi verwandelt werde, so sage ich: Der Hl. Geist überschattet den Priester und wirkt dasjenige, was er im Schoß Mariens gewirkt hat." Auch der hl. Bonaventura bezeugt dies mit den klaren Worten: „Gott scheint nichts Geringeres zu tun, indem er sich würdigt, täglich vom Himmel auf den Altar zu steigen, als er getan hat, da er vom Himmel steigend die menschliche Natur annahm."

6. Hier muß ich denn mit dem hl. Augustinus ausrufen: „O große Würde der Priester, in deren Händen Gott wiederum Mensch wird." O hohe Würde aller Katholiken, zu deren Heil Jesus Christus täglich in allen hl. Messen wiederum geistiger Weise Mensch wird! Hier muß ich ausrufen mit Christus selbst: O wohl eine große Liebe Gottes gegen uns Sünder, „denn hat Gott die Welt so geliebt, daß er seinen eingeborenem Sohn hingab." (Jo 3,16.) Was ist das für ein süßer Trost für uns armselige Menschen! Sollen wir uns des nicht herzlich freuen?

7. Der gottselige Thomas von Kempen sagt in der Nachfolge Christi (IV. 2): „So groß, so neu und so freudig soll es dir erscheinen, wenn du die hl. Messe liest oder hörst, als wenn am selbigen Tag Christus eben erst in den Schoß der Jungfrau herverstiegen und Mensch geworden wäre." Sind das nicht tiefe Worte? Wenn denn aber Jesus in allen Messen geistiger Weise von neuem Mensch wird, warum gehen wir nicht voller Freuden hin? Warum rufen wir da nicht Christus um Gnade und Barmherzigkeit an? Die Hauptursache ist, weil wir keinen lebhaften Glauben daran haben und diese große Wohltat Gottes nicht recht erkennen.

8. Nun wollen wir sehen, auf welche Weise Christus seine Menschwerdung erneuert und wie viele Wunder er dabei wirkt. Unser heiliger Glaube lehrt uns, daß, wenn der Priester vor der Wandlung die Hostie in den Händen hält, er nur natürliches Brot in seinen Händen habe. Sobald er aber die Worte der Wandlung darüber spricht, im selben Augenblick, wo das letzte Wort ausgesprochen wird, da wird das Brot durch göttliche Kraft in den wahren Leib Christi verwandelt, und weil ein lebendiger Leib nicht ohne Blut sein kann, so ist in der hl. Hostie auch das Blut Christi enthalten. Dann hat der Priester anstatt des Brotes, das er vor einem Augenblick in den Händen hielt, Jesus Christus, den wahren Sohn Gottes, in seinen priesterlichen Händen. Das ist freilich ein überaus großes Geheimnis und unergründliches Wunder, in dem nicht nur eins, sondern viele, große, wunderbare Dinge begriffen sind.

9. Ist es nicht ein Wunder über alle Wunder, daß statt des Brotes der wahre Leib des Gottmenschen und statt des Weines sein wahres Blut zugegen wird? Ist das nicht ein Wunder über alle Wunder, daß kein Brot und Wein mehr da ist, aber die Gestalten von Brot und Wein bleiben? Denn die hl. Hostie hat noch ihre Farbe, ihre Rundung und ihren Geschmack wie vorher. Und vom Wein ist noch die Farbe, der Geruch und der Geschmack wie vor der Verwandlung. Ist das nicht ein Wunder über alle Wunder, daß die äußeren Gestalten wahrhaft bleiben und rein übernatürlicherweise erhalten werden? Ist es nicht ferner ein Wunder über alle Wunder, daß Christus seinen Leib so klein und fein machen kann, daß er ganz in einer so kleinen Hostie, ja sogar in dem kleinsten Teil derselben enthalten ist?

10. Alle diese und noch viele andere große Wunder, die ich der Kürze halber nicht aufzählen will, wirkt Christus während der Wandlung in jeder hl. Messe zu unserem Heil und will, daß wir aus dieser großen Wohltat über die Maßen viel Nutzen ziehen. Dies erkannte die hl. Jungfrau Gertrud gar wohl, nach deren Beispiel auch du vor der Wandlung bedenken solltest, was für ein großes Wunder dein Gott zu deinem Heil auf dem Altar wirkt, und ein großes Verlangen erwecken, daß durch deine Mitwirkung das gegenwärtige Sakrifizium noch mehr zur Ehre Gottes und zum Heile der Gläubigen gereichen möchte. Dazu könntest du tiefgebeugt mit der hl. Gertrud beten: „O, allerschönster Jesus, das Werk, welches du jetzt wirken willst, ist so erhaben, daß meine Geringfügigkeit dasselbe gar nicht anschauen darf. Deswegen versenke ich mich in den Abgrund meiner Niedrigkeit und will dort, da ja durch diese Wandlung allen Auserwählten Heil zukommen wird, auch meinen unverdiententen Teil erwarten. O könnte ich doch, o süßester Jesus, dir bei diesem hohen Werke mithelfen, so wollte ich herzlich gern alle meine Kräfte anwenden und auch die allerschwerste Mühe nicht scheuen, damit diese Opferung, welche allen lebendigen und verstorbenen Christen Nutzen bringt, auch voll zur Wirkung gelangen möchte. Ich bitte dich ganz herzlich, du wollest allen Messelesenden und Messehörenden Gnade verleihen, damit sie dieses hochwürdigste Opfer zu deiner größeren Ehre und zum Heil der Gläubigen aufopfern mögen. Amen."

11. Nun wollen wir auch erwägen, eine wie große Gewalt Christus nicht etwa den Engeln, sondern den Priestern verliehen hat, mit wenig Worten das allergrößte Wunder zu bewirken und Brot und Wein in sein heiliges Fleisch und Blut zu verwandeln. Beim sel. Alanus de Rupe heißt es darüber: „Die Macht des Vaters ist so groß, daß er aus nichts Himmel und Erde hervorgebracht hat; die Macht der Priester aber hat er so groß gemacht, daß sie den Sohn Gottes selbst zum Sakrament und Opfer machen und die Schätze des Erlösers durch das Sakrament und Opfer den Menschen zur Verteilung bringen. Dies ist der größte Teil der Herrlichkeit Gottes, dies ist die größte Freude der Mutter Gottes, dies ist die Lust der Seligen, dies ist die beste Hilfe der Lebendigen, und dies ist der größte Trost der Verstorbenen." O, wundere dich denn höchlichst über die gewaltige Kraft der Wandlungsworte: Gott empfängt durch das hl. Meßopfer seine allergrößte Ehre und Glorie.

Der Muttergottes kann man keinen größeren Dienst erweisen, als wenn man ihr zu Ehren die hl. Messe mitfeiert und ihren gleichsam von neuem menschgewordenen Sohn verehrt; es ist die größte Freude der Seligen, weil man durch nichts ihre Freuden mehr vergrößern kann, als wenn man die hl. Messe zu ihrer Ehre aufopfert, und dies ist auch die beste Hilfe der Lebendigen und der süßeste Trost der Verstorbenen, wie du noch später lesen wirst.

12. Hier muß ich abermals mit Christus ausrufen: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren gehen, sondern das ewige Leben haben." Diese große Liebe hat Gott zum ersten Mal der Welt erwiesen, als er seinen Sohn vom Himmel sandte, damit er die menschliche Natur annahm; diese große Liebe erzeigt er der Welt täglich von neuem, indem er seinen Sohn wieder vom Himmel schickt, um die Menschwerdung zu erneuern. In seiner ersten Menschwerdung hat Christus den Himmel erfreut und der Welt Heil gebracht, und dieses tut er auch jedesmal bei der Erneuerung derselben. Durch seine erste Menschwerdung hat er gewaltige Schätze der göttlichen Gnade erworben, bei der Erneuerung derselben teilt er diese himmlischen Schätze der göttlichen Gnade den andächtigen Messelesenden und Messehörenden aus. Dafür will ich ein denkwürdiges Beispiel beibringen.

13. In den Chroniken der Minderbrüder wird erzählt, daß der sel. Johannes von Fermo oder Alvernia gewohnt war, die hl. Messe mit größter Andacht zu feiern, und oft so große Süßigkeit darin empfand, daß seine schwachen Kräfte dieselbe nicht ertragen konnten. Als er einmal am Fest der Mariä Himmelfahrt das Hochamt singen sollte, empfand er zu Anfang der hl. Messe eine große innerliche Freude, die er mit keinem Wort aussprechen konnte, so daß er sich fürchtete, er würde wegen derselben die hl. Messe nicht vollenden können: So kam es auch.
Als er bei der Wandlung die übergroße Liebe Christi erwog, welche ihn einst angetrieben hat, vom Himmel zu kommen und die menschliche Natur anzunehmen, und welche ihn noch unaufhörlich antreibt, diese seine Menschwerdung täglich in allen hl. Messen zu erneuern, da wurde ihm sein Herz so weich und seine Kraft so schwach, daß er die Worte der Wandlung nicht aussprechen konnte. Die ersten Worte: „Hoc est, hoc est enim" konnte er endlich sprechen, die übrigen zwei konnte er gar nicht hervorbringen. Als der Pater Guardian dies bemerkte, eilte er mit einem Pater zum Altar und stellte sich neben den sel. Pater Johannes, um ihm die Worte aussprechen zu helfen. Endlich tat er sich genügend Gewalt an, daß er die beiden letzten Worte: Corpus meum mit größter Anstrengung hervorbrachte, siehe, da erblickte er in der hl. Hostie die Gestalt eines herzigen Jesukindleins und hielt dasselbe gleichwie neugeboren in seinen priesterlichen Händen. Dieser Anblick verzehrte die Kräfte des Paters. Wiewohl er so sehr erschöpft war, daß er seine Glieder nicht bewegen noch seine Hände erheben konnte, um das hl. Kreuzzeichen zu machen, so brachte er dennoch durch Hilfe des Guardians mit größter Mühe die hl. Messe so weit, daß er das hochwürdigste Fleisch und Blut Christi genießen konnte. Sobald dieses geschehen, kam er so sehr von Kräften, daß er wie tot in die Sakristei getragen werden mußte. Als er endlich wieder zu sich gekommen war, wurde er um der Liebe Gottes willen gebeten, doch zu sagen, was ihm am Altar widerfahren sei, und was er in seiner Verzückung gesehen habe. Auf diese Bitten sagte er: „Als ich vor der Wandlung die Liebe Christi erwog, welche ihn angetrieben, vorzeiten Mensch zu werden und diese seine Menschwerdung täglich in allen hl. Messen zu erneuern, da wurde mein Herz weich wie warmes Wachs, und mein Fleisch schien ohne Gebein zu sein, so daß ich weder auf meinen Füßen stehen noch die heiligen Worte der Wandlung aussprechen konnte. Nachdem ich sie endlich mit größter Mühe ausgesprochen, siehe, da sah ich statt der hl. Hostie das allerzarteste Jesuskindlein in meinen Händen, und ein Blick auf ihn durchdrang mir das Mark meines Herzens und nahm mir so sehr alle Kräfte meines Leibes, daß ich in eine süße Ohnmacht sank und in die brennendeste Liebe zu diesem allerschönsten Kindlein ganz verzückt wurde." Dieses und noch mehr, was er während der Verzückung empfunden hatte, erzählte der fromme Pater den andächtigen Seelen und bewies ihnen ganz klar, was für eine unergründliche Liebe Jesus uns armen Sündern erweist, indem er täglich um unseres Heiles willen seine gnadenreiche Menschwerdung erneuert und uns die Früchte derselben reichlich zuteilt.

14. Aus diesem Beispiel merke, Gott liebende Seele, was für Wonnen vom Himmel herabfließen, wenn die Quelle aller himmlischen Wonne vom Himmel auf den Altar herabsteigt. Solche Freude haben viele heilige Seelen verkostet, und auch du würdest sie gewißlich verkosten, wenn du nur mit größerer Andacht der hl. Messe mitfeierst. Merke dir, wie vielen Nutzen uns diese erneuerte Menschwerdung bringen muß, da Jesus dadurch die Verdienste seiner ersten Menschwerdung den Messemitfeiernden zueignet und austeilt. Die Gnaden, die er vorzeiten vom Himmel gebracht und der Welt geschenkt hat, bringt er in allen Messen wieder vom Himmel und schenkt sie allen Anwesenden nach ihrer Fähigkeit. Durch seine tiefe Erniedrigung versöhnt er den gerechten Zorn Gottes und hält die wohlverdienten Strafen von uns ab.
Wegen dieser und vieler anderer Wohltaten, die er uns erweist, können wir ihm nicht genug danken, daß er uns die hl. Messe eingesetzt hat und darin nicht allein seine Menschwerdung, sondern alle Geheimnisse seines hl. Lebens und Leidens aufs lebhafteste erneuert. Keinen größeren Dank aber können wir ihm erweisen, als daß wir täglich oder sooft wir können, die hl. Messe andächtig hören und sie der hochhl. Dreifaltigkeit zur Danksagung für alle erwiesenen Wohltaten herzlich aufopfern.

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5. Kap. - In der hl. Messe erneuert Christus seine Geburt.

1. Von diesem allersüßesten Geheimnis der Geburt Christi singt über den ganzen Erdkreis die hl. katholische Kirche: „Es triefen die Berge von Süßigkeit und die Hügel fließen von Milch und Honig." (Joel 3,18.) Ja, wahrhaftig haben an jenem allerheiligsten Tag, an dem der eingeborene Sohn Gottes mit der menschlichen Natur bekleidet aus dem Schoß der Jungfrau in diese Welt eintrat, die Berge Süßigkeit geträufelt und die Hügel sind honigfließend geworden. Denn derjenige, dessen Süßigkeit über Milch und Honig geht, derjenige, sage ich, der die überreiche Quelle aller Süßigkeit ist, hat durch seinen Eintritt in die Welt alles versüßt: er hat die wahre Freude vom Himmel herab gebracht; er hat den Menschen, die guten Willens sind, Frieden angekündigt; er hat den Betrübten herzlichen Trost eingegossen und hat der Welt neue Weihe und eine neue Zukunft verliehen.

2. O was für große Freude hatte in jener Nacht der himmlische Vater, als er seinen geliebtesten Sohn, den er von Ewigkeit her gezeugt, jetzt in neuer Weise aus seiner liebsten Tochter Maria sah geboren werden! O, welche Freude empfand der Sohn Gottes, als er sah, daß er mit einer so edlen Menschheit bekleidet war, und daß er nun nicht allein im Himmel einen Vater, sondern auch auf Erden eine Mutter hatte! O, was für ein Wohlgefallen hatte der Hl. Geist, als er sah, wie jenen, den er von Ewigkeit durch das feste Band der Liebe mit dem Vater verknüpft hatte, jetzt durch seine Mitwirkung mit der menschlichen Natur so fest verbunden war, daß er zwei unendlich weit voneinander verschiedene Naturen in einer Person vereinigte! O, was für Süßigkeit empfand die allerseligste Jungfrau Maria, als sie ihr neugeborenes Kindlein mit gläubigen Augen ansah und erkannte, daß es nicht bloß ihr Söhnlein, sondern auch zugleich wahrhaft Gottes Sohn war.

3. O, wie glückselig waren die damaligen Menschen, welche gewürdigt wurden, das holdseligste Kindlein, das schönste unter allen Menschenkindern, mit ihren Augen anzusehen, mit ihren Armen zu umfangen und mit ihrem Mund zu küssen. O, wie begreiflich würden wir es mit dem hl. Joseph von Cupertino finden, wenn nach dem Besuch der hl. drei Könige das ganze Judenland nach Bethlehem geeilt wäre, um den neugeborenen König der Juden zu sehen und sich über dessen engelgleiche Schönheit zu wundern...

4. Wiewohl wir jene glücklich schätzen, sind wir doch noch viel glücklicher, weil wir dasselbe süße Kind täglich mit den Augen des Glaubens anschauen und der Freuden seiner Geburt teilhaftig werden können. Der hl. Papst Leo I. sagt: „Es helfen uns die Worte des Evangelisten und der Propheten, durch welche wir so entzündet und belehrt werden, daß wir die Geburt des Herrn, bei der das Wort Fleisch geworden ist, nicht so sehr als vergangen zu ehren, sondern als gegenwärtig anzuschauen scheinen. Denn was der Engel zu den bei ihren Herden wachenden Hirten gesagt, das hat auch unser Ohr gehört: Ich verkündige euch eine große Freude, die allem Volk zuteil werden wird; denn euch ist heute der Heiland geboren" usw. An dieser gnadenreichen Geburt können wir alle Tage teilnehmen, ja diese gleichsam mit unseren Augen anschauen, wenn wir nur in die hl. Messe gehen wollen, denn da wird diese wahrhaft erneuert und zu unserem Heil unaufhörlich fortgesetzt.

5. Dieses vernehmen wir aus den Offenbarungen der hl. Äbtissin Hildegard, die schreibt: „Als bei der hl. Messe Brot und Wein in das Fleisch und Blut Christi verwandelt wurden, da erschienen mir auch die Zeichen seiner Menschwerdung und Geburt wie in einem Spiegel, gleichwie sie am Sohn Gottes, da er auf der Welt war, vollbracht worden sind." Aus diesem von der Kirche gutgeheißenen Zeugnis erkennen wir, daß die Geburt Christ bei der hl. Messe erneuert und dem Himmel so lebhaft vorgestellt wird, wie sie vor zweitausend Jahren geschehen ist.
Willst du wissen, wie Christus wieder geboren wird, so höre, was der hl. Hieronymus schreibt: „Die Priester bewirken Christus durch ihren geheiligten Mund," indem sie die hl. Worte der Wandlung aussprechen. Dies bezeugt auch Papst Gregor XIII., da er die Priester ermahnt, vor der hl. Messe zu beten: „Ich will die hl. Messe zelebrieren und den Leib und das Blut unseres Herrn Jesu Christi verwandeln."

6. Das stellt uns auch die Kirche vor Augen, da sie unter der hl. Messe den Lobgesang zu singen befiehlt, den die lieben Engel in der Christnacht gesungen: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede den Menschen auf Erden, die guten Willens sind." Das ist das Gloria der hl. Messe. Wenn du diesen Gesang singen oder sprechen hörst, so stelle dir vor, als wenn der Engel wieder sagte, was er zu den Hirten gesprochen:
„Ich verkündige euch große Freude, denn euch ist heute der Heiland geboren, und ihr werdet das Kind finden in Windeln eingewickelt und in der Krippe liegend." Stelle es dir so vor, sage ich, als wenn dein Schutzengel zu dir sagte: „Erfreue dich, mein Kind, denn jetzt in dieser Messe wird dein Heiland zu deinem größten Heil wiederum geboren, und du wirst ihn mit deinen Augen sehen unter der Gestalt der hl. Hostie." Wenn auch dein Schutzengel dir dies nicht mit vernehmbaren Worten sagt, so sagt es dir doch dein wahrer Glaube, und es geschieht wahrhaftig und in der Tat. Soll dir dies denn nicht eine außerordentliche Freude sein, wenn du dies lebhaft glaubst und dich gegen das Christkind so verhältst, wie diejenigen, die gewürdigt wurden es mit eigenen Augen zu sehen?

7. Im Leben der Kirchenväter lesen wir, wie, Plegus, ein sehr geistreicher Priester allezeit mit großer Andacht die hl. Messe las und ein besonderes Verlangen empfand zu wissen, auf was für eine Weise Christus unter den Gestalten des Brotes und Weines gegenwärtig sei, nicht als ob er an dessen Gegenwart zweifelte, sondern weil er vor großer Liebe seinen Heiland gerne sehen wollte. Als er nun einmal nach der hl. Wandlung von großem Verlangen ganz entzündet war, fiel er auf seine Knie und sprach folgendermaßen: „Ich bitte dich, o allmächtiger Gott, du wolltest mir Unwürdigsten die Natur des Leibes Christi in diesem Geheimnis zeigen und mir verleihen, ihn mit Augen anzuschauen und mit meinen Händen zu berühren, wie ihn vorzeiten der greise Simeon auf seinen Armen getragen hat." Unter diesem Gebet kam ein Engel vom Himmel zu ihm und sprach: „Steh eilig auf, wenn du Christus sehen willst, denn siehe, er ist leiblicherweise gegenwärtig, wie ihn seine hl. Mutter auf ihrem Schoß getragen hat." Hierüber erschrak der ehrwürdige Priester, erhob sein Haupt vom Boden und sah den Sohn Gottes als ein schönes Knäblein auf dem Korporale liegend, ihn freundlich anlächelnd und ihm mit beiden Händen zuwinkend, daß er es auf seine Arme nehmen solle. Er aber wagte vor lauter Ehrerbietung das nicht zu tun, bis der Engel zu ihm sprach: „Siehe, hier ist derselbe Jesus, den du zuvor in der Gestalt des Brotes vor dir liegen sahst, in seiner eigenen Gestalt gegenwärtig; fürchte dich nicht, sondern steh ohne Schrecken auf, nimm ihn auf deine Arme und erfreue dich in Gott deinem Heiland."
Durch diese Worte ermuntert, stand er auf, nahm das liebe Kindlein auf seine zitternden Arme, drückte es freundlich an seine Brust und liebkoste es auf die wonnigste Weise. Nachdem er nun diese Freude genug genossen, legte er das Kindlein wieder auf das Korporale, fiel abermals auf seine Knie und bat es demütig, daß es die vorige Gestalt wieder annehmen wolle, auf daß er es genießen und in sein Herz aufnehmen und die hl. Messe vollenden könne. Nach dem Gebet stand er auf, sah das hochwürdige Sakrament in seiner vorigen Gestalt der hl. Hostie und genoß es mit ganz besonders herzlicher Andacht.

8. Dieses Beispiel habe ich deswegen eingefügt, damit du erkennen und fest glauben sollst, daß wir in der hl. Messe das liebe Christkind wahrhaftig gegenwärtig haben, nicht nur in der Vorstellung oder geistiger Weise, sondern in der Wirklichkeit und leiblicher Weise, ebendasselbe Christkindlein, das von der Gottesmutter zu Bethlehem geboren und von den hl. drei Königen ist angebetet wurde. Sein Angesicht aber bedeckt es mit den zarten Windeln, das sind die Gestalten der hl. Hostie, welche wir mit unseren Augen sehen. Das liebe Kind aber, welches darunter verborgen liegt, können wir zwar mit unseren leiblichen Augen nicht sehen, wir sehen es aber mit unseren innerlichen Augen des Verstandes, der, durch den wahren Glauben erleuchtet, fest glaubt, daß Jesus unter diesen Gestalten verborgen ist. Der Ursachen aber, weshalb er sich nicht sehen läßt, sind viele, unter denen eine der ersten ist, damit wir Gelegenheit haben, unseren Glauben in einer so hochwichtigen Sache zu üben und in einer jeden Messe großen Lohn zu verdienen. Auf daß wir aber seine persönliche Gegenwart desto sicherer glauben sollten, so hat er sich von vielen Christen, ja oftmals auch von Juden und Heiden sehen lassen. Davon will ich noch ein Beispiel auswählen.

9. Albert Krantz beschreibt ausführlich, wie Kaiser Karl der Große viele Jahre gegen die heidnischen Sachsen stritt und sie vom Götzendienst zum christlichen Glauben bringen wollte. Obwohl er sie oft mit seiner Streitmacht überwunden und zur Verleugnung ihrer Götzen gezwungen hatte, wurden sie, gereizt durch ihren Herzog Wittukind immer wieder meineidig und verleugneten den christlichen Glauben. Als nun Kaiser Karl zum zwölften Mal mit einem mächtigen Heer in der Fastenzeit nach Sachsen zog und gerade das Osterfest war, befahl er seinem ganzen Heer, daß sie sich zum Empfang der hl. Sakramente bereiten und das hl. Osterfest mit aller Andacht im Lager begehen sollten.
Zur selben Zeit bekam den Herzog Wittukind große Sehnsucht, das kaiserliche Lager zu besichtigen und den christlichen Gottesdienst anzuschauen. Deswegen legte er seine kostbare Kleidung ab und kleidete sich, auf daß er nicht erkannt werden sollte, mit schlechten Kleidern, ging ohne Gefährten als Bettler in das Lager und bat die Soldaten um Almosen. Unterdessen forschte er alles aus und nahm wahr, daß der Kaiser und seine Soldaten am heiligen Karfreitag betrübt einhergingen, strenge fasteten, eifrig beteten, am Abend vor Ostern beichteten und am hl. Ostertag kommunizierten. Als nun die hl. Messe bis zur Wandlung gekommen war, sah er mit leiblichen Augen, daß der Priester ein überaus schönes Kindlein in seinen Händen hatte, ob dessen Anblick er eine nie gekannte Süßigkeit in seinem Herzen empfand und die übrige hl. Messe hindurch kein Auge vom Priester abwandte. Als die Soldaten zum hl. Gastmahl gingen, sah er mit größter Verwunderung, daß der Priester einem jeden das schöne Kindlein darreichte, und daß dasselbe von allen und jedem empfangen und genossen wurde, jedoch nicht auf gleiche, sondern auf gar verschiedene Weise. Denn zu einigen eilte das liebliche Kindlein mit wunderbarer Freude, zu andern aber wollte es nicht hineingehen, sondern wehrte sich mit Händen und Füßen und war doch hineinzugehen genötigt. Das alles sah der Herzog und konnte sich über solch unerhörte Geheimnisse nicht genug verwundern.
Nach dem Gottesdienst ging er zur Kirche hinaus, setzte sich wieder unter die Bettler und erbat sich von den Hinausgehenden ein Almosen. Der Kaiser gab jedem Bettler das Almosen mit eigener Hand. Als auch Wittukind das seinige bekam, nahm ein Diener wahr, daß er einen krummen Finger hatte, erkannte ihn daran und sagte es dem Kaiser. Karl ließ ihn in sein Zelt berufen und sprach zu ihm: „Warum gibst du dich für einen Bettler aus, da du doch der Herzog in Sachsen bist?" Wittukind war erschrocken, da er fürchtete, er möchte als Spion behandelt werden; dann sprach er zum Kaiser: „Wollt mir das nicht übel anrechnen, denn ich habe es getan, damit ich desto freier den Gottesdienst der Christen erforschen könnte." „Was hast du denn gesehen?" fragte der Kaiser. Jener antwortete: „Ich habe solche Wunderdinge gesehen, dergleichen ich noch nie gesehen und gehört habe und die ich gar nicht begreifen kann." Alsdann erzählte er ihm alles, was er am Karfreitag, am Abend vor Ostern und am Ostertag selbst bei der hl. Messe gesehen hatte, und bat den Kaiser um die Erklärung dieser Geheimnisse.
Dieser verwunderte sich sehr, daß Gott diesem Heiden die Gnade erwiesen, das liebe Christkindlein in der hl. Hostie mit Augen zu sehen, was doch so vielen Heiligen verweigert bleibt. Danach erklärte er ihm die Ursache ihrer Betrübnis am Karfreitag, wie auch ihres Fastens, Beichtens und Kommunizierens, und rührte ihm sein Herz dermaßen, daß er sein Heidentum abschwur und nach ausführlichem Unterricht die hl. Taufe empfing. Er nahm auch einige Priester mit und brachte mit deren Hilfe nach und nach das Herzogtum Sachsen zu Christus.

10. Aus dieser Geschichte kannst du gleichsam mit Händen greifen, daß das liebe Christkind unter der Gestalt der konsekrierten Hostie gegenwärtig ist. Seine wahre, unbeschreiblich schöne Gestalt verbirgt zwar Christus vor unseren sündigen Augen, aber nicht vor den Augen Gottes und des himmlischen Heeres, sondern ihnen zeigt er sich in allen hochhl. Messen in solcher übernatürlichen Schönheit, daß die heiligste Dreifaltigkeit unergründliche Ehre, die Mutter Gottes aber und die Engel und Heiligen eine unersetzliche Freude und Wonne daraus empfangen.

11. Wenn die lieben Engel dies neugeborene Kindlein anschauen, so fallen sie demütig auf ihre Knie und beten es ehrfürchtig an. Das deutet der hl. Paulus an, da er spricht: „Wenn er den Erstgeborenen abermals in die Welt einführt, so sollen ihn alle Engel Gottes anbeten." (Hebr 1,6.) In der hl. Christnacht hat Gott seinen Erstgeborenen zum erstenmal in die Welt eingeführt, in allen hl. Messen aber führt er ihn abermals ein, damit er sich für uns opfere und die Früchte seiner Geburt uns mitteile. Alsdann beten ihn die Engel an, wie die Kirche in der Präfation singt: „Deine Majestät loben die Engel, es beten sie an die Herrschaften, die Gewalten erzittern vor ihr. Die Himmel und die Kräfte der Himmel samt den seligen Seraphim singen den Lobgesang deiner Herrlichkeit, sprechend: Heilig, heilig, heilig, ist der Herr, der Gott der Heerscharen; Himmel und Erde sind voll seiner Herrlichkeit."
So sollen wir in ihr Lob mit einstimmen und das süße Kind preisen, das die Verdienste seiner Geburt allen Mitfeiernden der Messe reichlich austeilt.

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1. Die Freude, die der Himmel
    durch die erneuerte Geburt Christi empfängt.

Diese hohen Dinge in ihrer Erhabenheit zu erklären, ist kein menschlicher Verstand mächtig genug, sondern die Wissenschaft des Engels wird dazu erfordert, der täglich sieht und erfährt, welch unergründliche Freuden aus dem immerwährenden Lesen der hl. Messe im Himmel entstehen. Wir können zwar nicht im geringsten begreifen, was für Freuden die allerheiligste Dreifaltigkeit hat, aber wir wissen aus unserer Glaubenslehre, daß Gott alle Seligkeit aus sich selbst empfängt und eine göttliche Person sie der anderen bereitet. Von der unerschaffenen Weisheit, dem Sohn Gottes, sagt die Hl. Schrift: „Er ist der Glanz des ewigen Lichtes und der makellose Spiegel der Herrlichkeit Gottes und ein Abbild seiner Güte" (Wsh 7,26).
Dieser Spiegel steht von Ewigkeit her vor den Augen des himmlischen Vaters, in ihm schaut und erkennt der Vater sich selbst aufs allerklarste und erfreut sich darüber unendlich. Denn er hat darin gesehen, wie er es auch jetzt sieht und in Ewigkeit sehen wird, was für ein großer, glorwürdiger, allweiser, allwissender, allmächtiger, gewaltiger, schöner, reicher, glückseliger und unendlicher Herr er ist und in alle Ewigkeit bleiben wird. Diese eigene Erkenntnis und die Anschauung in diesem göttlichen Spiegel macht seine wesentliche und unendliche Seligkeit aus. Wenn er außerdem nichts mehr hätte, worüber er sich freuen könnte, so wäre er dennoch in alle Ewigkeit aufs vollkommenste selig und glücklich.

12. Dieser unbefleckte Spiegel ist ihm in der gnadenreichen Geburt Christi auf eine neue Weise vor Augen gestellt, nämlich mit der allerreinsten menschlichen Natur bekleidet und mit aller Kostbarkeit der Tugenden und Vollkommenheiten eingefaßt. Deswegen war - um auf unsere Weise davon zu reden - für den himmlischen Vater die Anschauung dieses Spiegels eine neue Freude, und der ganze himmlische Hof nahm daran teil. Deswegen sangen die seligen Geister in lauter Freude auf Erden ihren frohen Gesang und bereiteten damit den Hirten eine unbegreifliche Wonne. Mit diesem ihrem Gloria in excelsis zogen die Chöre der Engel in den Stall ein, warfen sich da vor dem neugeborenen Kind nieder und beteten in tiefster Demut seine höchste Gottheit an.

13. Dies alles, was in der Christnacht vorgegangen ist, geschieht noch täglich in jeder hl. Messe: der eingeborene Sohn Gottes wird in den Händen der Priester wiederum Mensch und aus ihrem Mund von neuem geboren. Durch die Worte der Wandlung wird kein neuer Christus erschaffen oder seine Person vervielfacht, sondern nur seine persönliche Gegenwart wird vermehrt und an einem Ort hervorgebracht, wo seine hl. Menschheit vorher nicht war. Er ist zwar nur ein einziger Christus und bleibt auch nur ein einziger Christus; dennoch ist er an den verschiedenen Orten nicht nur geistiger, sondern auch leiblicher Weise wahrhaft gegenwärtig und bleibt es so lange, wie die Gestalten bleiben. Wenn aber die Gestalten vergehen, so hört auch die persönliche Gegenwart der menschlichen Natur Christi an diesem Ort auf.

14. Wenn denn nun dieser eingeborene Sohn Gottes von neuem geboren und dieser sonnenklare Spiegel, geziert mit göttlicher Vollkommenheit, durch die Hand des Priesters erhoben und Gott aufgeopfert wird: was für Freude und Wonne, meinst du, wird der himmlische Vater davon empfangen? Gewiß keine geringere, als er in der hl. Christnacht an seinem lieben Sohn empfunden hat. Denn an beiden Orten sieht er ein und denselben lieben Sohn, von dem er selbst gesagt hat: „Dies ist mein geliebter Sohn, an welchem ich mein Wohlgefallen habe" (Mt 3,17). Der Unterschied aber ist dieser, daß Christus damals mit sterblichem Fleisch bekleidet war, in der hl. Messe aber mit seinem verherrlichten Leib und mit den fünf allerkostbarsten Edelsteinen seiner hl. fünf Wunden. Damals war er leiblicher Weise geboren, diesmal geistiger und doch wahrhafter Weise.

15. Hierbei sollst du auch wissen, daß der himmlische Vater seine Freude nicht allein im Anschauen dieses göttlichen Spiegels findet, sondern daß dieser sein liebster Sohn ihm mit kindlicher Neigung entgegenkommt und ihn auf unaussprechliche Weise erfreut. Diese Seligkeit, welche Gott von der Menschheit Christi zuteil wird, übersteigt alle Freude, welche er aus allem Lob der Engel und aller Ehre der Heiligen und aus allem Dienst frommer Menschen empfängt. Denn die hochwürdigste Menschheit Christi, vereinigt mit der Gottheit zu einer Person und dadurch vergöttlicht, weiß allein die Gottheit nach ihrer unendlichen Hoheit würdig zu ehren, zu lieben und zu erfreuen.
Dies kann man aus den Worten entnehmen, die Christus zur hl. Mechthild gesprochen hat: „Ich allein weiß und verstehe vollkommen, wie ich mich täglich auf dem Altar für das Heil der Gläubigen aufopfere, welches weder Cherubim noch Seraphim noch alle himmlischen Kräfte völlig verstehen können." Gleichwie nun Christus allein dies weiß, so weiß er auch allein, wie er täglich auf dem Altar die hochwürdigste Gottheit würdig lieben und erfreuen soll. Er verrichtet das mit solch herzlicher Lieblichkeit, daß weder Cherubim noch Seraphim es verstehen, viel weniger verrichten können. Das ganze Himmelsheer schaut zwar mit staunenden Augen zu, kann aber diese Weise und dieses Maß unendlicher Seligkeit nicht begreifen. Da nun dieses täglich in Hunderttausenden von Messen geschieht, o, wer will es denn ausrechnen oder erklären, wie viele, wie große, wie hohe Lust der allerheiligsten Dreifaltigkeit aus den täglichen Messen zuteil wird! O wohl herzliche Freuden!
O, mein liebster Gott, ich gönne dir von Herzen diese Freuden und wünsche innigst, daß ich dir diese unvermehrbaren Freuden durch meine Andacht vermehren könnte. Dich bitte ich, o Jesus Christ, du wollest in allen hl. Meßopfern an meiner Statt die allerheiligste Dreifaltigkeit lieben und erfreuen und alle Liebe und Freude, die ich ihr zu erzeigen unterlassen habe, überfließend erstatten.

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2. Den Segen, den die Welt
    durch die erneuerte Geburt Christi empfängt.

16. Schließlich, wollen wir sehen, was für großen Segen die Welt durch die tägliche Erneuerung der gnadenreichen Geburt Christi empfängt und erlangt. Von der ersten Geburt weissagte der Prophet Isaias: „Ein Kind ist uns geboren, ein Sohn ist uns geschenkt" (Is 9,6). Eben dieses sage ich auch von der geistigen Geburt Christi in allen hl. Messen. Welch kostbares Geschenk! Es ist nichts anderes als der teuerste Schatz des ganzen Himmels, der allerreichste Sohn des allerreichsten himmlischen Vaters. Dieser kommt in allen hl. Messen aus einem fernen Freudenland, aus dem himmlischen Paradies und bringt unschätzbare Reichtümer und himmlische Schätze mit, nämlich göttliche Gnade und Barmherzigkeit, Verzeihung der Sünden, Nachlaß der Strafen, Besserung des Lebens, die Gnade selig zu sterben, Vermehrung der himmlischen Seligkeit, wie auch Glück und Segen an zeitlichen Gütern, Bewahrung vor schädlichem Unglück, Behütung vor Sünde und Schande, ja seinen ganzen göttlichen Segen. All dieses und vieles andere ist er bereit, allen denen, welche die hl. Messe mitfeiern, freigebig mitzuteilen und reichlich auszuspenden.

17. Wenn wir aber die Weissagung des Isaias noch besser erwägen, so finden wir noch mehr darin, was zu unserem Trost uns geoffenbart ist. Denn er sagt ausdrücklich, das Kind sei uns geboren, der Knabe uns geschenkt. Wenn das ist, so ist er ja unser eigen, so ist alles, was er hat, unser eigen, so ist alles, was er auf dem Altar vollbringt, unser eigen. So ist denn auch die Ehre, der Dank, der Dienst, das Wohlgefallen, das er der hochhl. Dreifaltigkeit erweist, unser eigen. Soll denn dieses dem Menschen, der bei der hl. Messe ist, nicht ein großer Trost sein, wenn er daran denkt, daß nicht allein die hl. Messe, sondern auch das liebe Jesulein ihm zum Eigentum geschenkt worden ist? Wenn du in der hl. Christnacht im Stall zu Bethlehem gewesen wärst, das süße Christkind auf deine Arme genommen und Gott dem Vater aufgeopferst hättest mit der Bitte, daß er sich deiner wegen dieses Kindleins erbarmen wolle, meinst du denn nicht, daß er dich zu Gnaden aufgenommen und dir alle deine Sünden verziehen hätte? So tue dies doch auch in der hl. Messe, besonders in der Advents- und Weihnachtszeit; tritt im Geist zum Altar hin, nimm das Kind auf deine Arme und opfere es Gott dem Vater auf!

18. Nun ist noch ein Punkt zu erklären übrig, nämlich, daß Christus bei seiner erneuerten Geburt auf dem Altar eine so demütige Gestalt annimmt, daß Himmel und Erde sich darüber wundern müssen. Von der ersten Menschwerdung und Geburt Christi beschreibt der hl. Paulus mit nachdrücklichen Worten, wie Christus sich dabei für uns so sehr erniedrigt habe, indem er sagt: „So sollt ihr gesinnt sein, wie auch Jesus Christus gesinnt war, der, da er in Gottes Gestalt war, sich selbst entäußerte und Knechtsgestalt annahm, den Menschen gleich und im Äußeren wie ein Mensch befunden ward. Er hat sich selbst erniedrigt und ist gehorsam geworden bis zum Tod" (Phil 2,5-8).
19. Das sind sehr denkwürdige und betrachtenswerte Worte, darin uns der hl. Paulus die unergründliche Demut Christi erklärt und seine Entäußerung vor Augen stellt. Wer aber die geistige Geburt Christi bei der hl. Messe erwägt, der findet noch eine weit größere und ganz unermeßliche Demut Christi. Denn bei seiner Geburt wurde er den Menschen gleich und nahm die Gestalt eines überaus schönen, herzigen Kindes an. In der hl. Messe aber nimmt er die Gestalt des Brotes an. Ja, er erniedrigt und entäußert sich so sehr, daß er sich auch in das allerkleinste Stücklein verbirgt.
[Wie ungeziemend ist da die heutige Kommunionpraxis!]

20. Welch unergründliche Demut und unerhörte Entäußerung! Hiervon kann Christus mit Fug und Recht sagen, was schon David im Psalm 21,7 ihm in den Mund gelegt hat: „Ich bin ein Wurm und nicht ein Mensch, der Leute Spott und des Volkes Verachtung." Denn wer achtet ein kleines Stücklein Brot? Wer erweist dem Heiland unter dieser Gestalt die genügende Ehre und Ehrfurcht? Wo ist die Herrlichkeit, welche seinem verherrlichten Leib eigentlich zusteht? Wo ist seine gewaltige Allmacht, wo seine Erhabenheit und Majestät, welche den ganzen Himmel in Zittern und Ehrfurcht versetzt? Das alles hat er beiseite gesetzt und statt dessen Geringes angenommen. Denn derjenige, der das Wort des Vaters ist, kann hier kein Wort reden. Derjenige, der den Himmel erbaut hat, kann hier weder Hand noch Fuß regen; derjenige, den die Himmel nicht fassen können, wird hier von der Gestalt der kleinsten Hostie umschlossen wie ein Gefangener. Derjenige, der zur Rechten Gottes auf dem himmlischen Thron sitzt, der liegt hier wie ein gebundenes Lamm auf dem Altar und ist bereit, noch einmal geistiger Weise für uns geschlachtet zu werden. O, wohl eine unergründliche Demut des höchsten Herrn des Himmels und der Erde, o, wohl eine unbegreifliche Liebe des treuesten Liebhabers der Menschenkinder!

21. Daneben unterwirft er sich auch den Priestern, ja nicht allein den frommen, sondern auch den schlechten, und überliefert sich so in ihre Hände, daß sie ganz nach ihrem Gefallen mit ihm umgehen können. Ist denn das nicht auch eine unermeßliche Erniedrigung? Als Christus kam, um sich von Johannes taufen zu lassen, sagte dieser: „Ich sollte von dir getauft werden, und du kommst zu mir?" (Mt 3,14). Gleicherweise sollte auch jeder Priester erschrecken, daß der Sohn Gottes sich so ganz in seine Hände gibt. O freilich ein großes Wunder! Warum aber demütigt sich Christus so, warum entäußert er sich so sehr? Willst du die Ursache wissen, so höre und verwundere dich.

22. Eine der wichtigsten Ursachen ist die, daß er durch diese seine äußerste Erniedrigung den erzürnten Gott versöhnen und dessen gerechte Strafe von den Sündern abwenden will. Denn es gibt ja doch kein besseres Mittel, seinen Feind zu versöhnen, als sich vor ihm zu verdemütigen und um Verzeihung zu bitten. Das sehen wir an dem gottlosesten König Achab. Als diesem der Prophet Elias auf Gottes Befehl geweissagt hatte, daß der Herr ihn und seine Frau und seine Kinder wegen ihrer schweren Sünden so hart strafen wolle, daß keines von ihnen soll begraben, daß vielmehr ihre Leiber von den Hunden und den Vögeln des Himmels sollten gefressen werden, „da zerriß Achab seine Kleider und zog ein härenes Bußgewand an, schlief im Trauergewand und ging mit gebeugtem Haupt einher." Da sprach Gott zu Elias: „Hast du Achab nicht gesehen, wie er sich demütigte vor mir? Weil er sich also demütigte, will ich das Unglück nicht in seinen Tagen bringen." (3 Kg 21,27f.)

23. Wenn denn nun dieser König Achab, von dem die Schrift sagt, daß er an Gottlosigkeit nicht seinesgleichen gehabt habe, durch seine Demut und Erniedrigung den allmächtigen Gott bewogen hat, die angedrohte Strafe nicht über ihn kommen zu lassen, was muß dann nicht die alleräußerste Demut Christi auf dem Altar bei Gott bewirken; verdemütigt er sich ja doch hier für die Sünder unendlich mehr als Achab. Denn er legt ja das Kleid der Glorie ab, verbirgt sich unter der Gestalt der hl. Hostie, geht nicht etwa nur mit gebeugtem Haupt, sondern liegt auf dem Altar wie ein Schlachtopfer und ruft von Grund seines Herzens zu Gott dem Vater um Verzeihung der Sünden und Abwendung der Strafen von den armenSündern. Soll denn Gott nicht zu seinen Engeln sagen, was er zu seinem Propheten gesagt hat: Habt ihr nicht gesehen, wie sich mein Sohn vor mir demütigt? Ja freilich, antworten die Engel, wir sehen es und sind erstaunt über die unendliche Erniedrigung unseres Herrn und Gottes. Da wird ja Gott sagen: Weil sich denn mein göttlicher Sohn um der Sünder willen so ganz entäußert und vor mir demütigt, so will ich den Sündern kein Übel zufügen, noch sie wegen ihrer schweren Laster so strafen, wie sie es verdienten.

24. Höre, Sünder, was Gott spricht, und erkenne, woher es kommt, daß der gerechte Gott dir dein Leben lang erhält und dich nicht schon längst nach dem Maß deiner Missetaten gestraft hat. Ich meine, es kommt hauptsächlich daher, weil du oft der hl. Messe beigewohnt hast und der Abbitte Christi teilhaftig geworden bist. Dieser hat sich auf dem Altar deiner angenommen, sich an deiner Statt vor Gott verdemütigt und die verdiente Strafe von dir abgewendet. Deswegen sei deinem treuen Fürsprecher dankbar und sprich zu ihm von ganzem Herzen:

Gebet. „Lob und Ehre sei dir, o süßester Jesus, wegen der unendlichen Liebe,
durch die du dich würdigst, in allen hl. Messen vom Himmel herab zu kommen, Brot und Wein in dein hl. Fleisch und Blut zu verwandeln, dich unter diesen geringen Gestalten zu verbergen, durch solche unergründliche Demut den Zorn deines gerechten Vaters zu versöhnen und die verschuldeten Strafen von uns abzuwenden. Wegen dieser kostbaren Wohltaten danken wir dir von ganzem Herzen, wir loben, preisen und benedeien dich aus allen unseren Kräften und bitten alle himmlischen Heerscharen, daß sie zugleich mit uns dich preisen und erstatten mögen, was uns an Dankbarkeit abgeht. Wir bitten auch demütig, du wollest die Augen unseres Herzens öffnen, damit wir die gnadenreichen Geheimnisse, welche du täglich in allen hl. Messen erneuerst, klar erkennen, würdig ehren und zur Vermehrung unseres Heiles verwenden mögen. Amen."

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6. Kap. - In der hl. Messe erneuert Christus sein Leben.

1. Unter den Dingen, welche die Augen und Ohren erfreuen, sind die Schauspiele, welche die Ereignisse des Lebens wie lebend darstellen, nicht die geringsten. Denn daran haben eitle und neugierige Leute solches Vergnügen, daß sie bei Tag und bei Nacht daran teilnehmen können und dafür teures Geld ausgeben. Wenn wir die Geheimnisse der hl. Messe recht beobachten und uns vorstellen möchten, wie Christus, gleichsam mit fremder Kleidung angetan, alle Geheimnisse seines wunderbaren Lebens lebendig vorstellt und wieder erneuert, so würden wir gewiß beim ersten Glockenzeichen zur Kirche eilen und mit größter Begierde diesem lieblichen Schauspiel beiwohnen. Vornehmlich deswegen, sagt Sanchez, „weil die Verdienste Christi in diesem hl. Schauspiel uns umsonst geschenkt und zugeeignet werden." Nun aber ist es sehr zu verwundern und zu beklagen, daß, trotzdem man den Schauspielern Geld geben muß, viele dennoch lieber denen zusehen und mit solchen Possen die edle Zeit vergeuden, als daß man die Zeit zur hl. Messe verwendet, da doch bei dieser, auch nur durch andächtiges Zuschauen, uns eine reiche Belohnung gegeben wird.

2. Du möchtest aber sagen: Es ist kein Wunder, daß die vorwitzigen Leute lieber zu den Schauspielern als zu der Messe eilen, weil in jenen viele lustige Dinge vorgestellt werden, während in der hl. Messe nichts zu sehen ist, was Ohren und Augen erfreuen könnte. O, wohl eine große Blindheit der eitlen Menschen, welche keine anderen Augen als nur unter der Stirn haben, in ihrem Gemüt aber ganz erblindet sind.
Denn wenn sie darin die Augen des Glaubens hätten, so würden sie griße herzliche Begeisterung bei diesem heiligsten Schauspiele empfinden. Denn die hl. Messe ist ein kurzer Inbegriff des ganzen Lebens Christi und eine Erneuerung aller Geheimnisse desselben. Sie ist nicht eine bloße und erdichtete Vorstellung, sondern eine wirkliche und wahrhaftige Wiederholung dessen, was Christus auf Erden getan und gelitten hat.

3. Denn in der hl. Messe haben wir dasselbe Christkind, welches die Hirten in Windeln gewickelt gefunden haben, in geringeren Windeln, nämlich den Gestalten der hl. Hostie. Den hl. drei Königen war dies Kind zur Anbetung dargestellt und dem greisen Simeon auf die Arme gelegt; wir haben ebendasselbe auf dem Altar, um es andächtig anzubeten und mit den Armen der Liebe innig zu umfangen. In der hl. Messe hören wir ihn das hl. Evangelium predigen; wenn dies auch durch den Mund des Priesters geschieht, so nützt es uns doch nicht weniger - falls wir es überhaupt annehmen -, als wenn wir es aus dem Mund Christi gehört hätten. Wir sehen ihn auch hier ein viel größeres Wunder wirken als zu Kana in Galiläa; denn dort verwandelte er Wasser in Wein, hier aber Wein in sein heiligstes Blut. Bei der Messe erneuert er auch sein letztes Abendmahl und konsekriert ebensowohl Brot und Wein, wie er es damals getan hat. Bei der hl. Messe wird er auch gleichsam wieder geschlachtet, nicht zwar blutigerweise durch die Hände der gottlosen Schergen, wohl aber unblutigerweise durch die Hände der geweihten Priester, und dem allmächtigen Gott geopfert. Dazu sagt Pater Sanchez folgende denkwürdige Worte: „Wer nun hieraus Nutzen schöpfen will, der kann bei der hl. Messe ebenso Verzeihung der Sünden und himmlische Gnaden empfangen, als wenn er bei all diesen Geheimnissen persönlich zugegen gewesen wäre." Daraus erhellt, wie heilsam die hl. Messe ist und wie viel ein jeder Mensch dabei verdienen kann.

4. Nun wollen wir sehen, auf welche Weise Dionysius der Karthäuser die Erneuerung der Geheimnisse des Lebens Christi bei der hl. Messe auslegt, da er sagt: „Das ganze Leben Christi, das er auf dieser Welt zugebracht hat, ist nur ein einziges hohes Amt der hl. Messe gewesen, in dem er selbst der Altar, der Tempel, der Priester und das Opfer war."

5. Mit den priesterlichen Gewändern hat er sich bekleidet in der heiligsten Sakristei des Mutterschoßes Mariens, indem er unser Fleisch angenommen und das Kleid der Sterblichkeit angelegt hat. Aus dieser Sakristei ist er in der hl. Christnacht ausgegangen und begann den Introitus oder Eingang, als er in die Welt eintrat. Das Kyrie eleison hat er gesungen, als er in der Krippe liegend weinte. Das Gloria haben die Engel gesungen, als sie den Hirten erschienen. Die Tagesgebete hat Christus gebetet, als er im Gebet die Nacht durchwacht und die göttliche Barmherzigkeit für uns angerufen hat. Die Lesung hat er gelesen, als er die Schriften des Alten Testamentes auslegte. Das Evangelium hat er gesungen, als er im Judenland umherzog und sein Evangelium predigte. Das Offertorium hat er gelesen, da er sich täglich Gott dem Vater zur Erlösung der Menschheit aufgeopfert und alles zu leiden angeboten hat. Die Präfation sang er, indem er an unser Stelle Gott unaufhörlich lobte und für die erzeigten Wohltaten Dank sagte. Das Sanktus hat das hebräische Volk am Palmsonntag gesungen, da sie sprachen: „Gebenedeit sei, der da kommt im Namen des Herrn, Hosanna in der Höhe." Die Konsekration vollzog er beim letzten Abendmahl, als er Brot und Wein in seinen Leib und sein Blut verwandelte.
Die Aufhebung oder Elevation geschah, als er, an das Kreuz genagelt, in die Höhe gehoben und aller Welt zum Schauspiel vorgestellt wurde. Das Paternoster hat er gebetet, als er die sieben Worte am Kreuzgesprochen hat. Die Brechung der hl. Hostie ist geschehen, als seine allerheiligste Seele von seinem Leib schied. Das Agnus Dei hat der Hauptmann gesprochen, da er, an die Brust klopfend, sprach:
„Wahrlich, dieser war der Sohn Gottes." Die hl. Kommunion geschah, als der hl. Leichnam ins Grab gelegt wurde. Den Segen am Ende der Messe hat er gegeben, als er bei seiner Himmelfahrt seine Jünger mit erhobenen Händen segnete.

6. Siehe, das ist das Hochamt und die lange Messe, welche Christus auf Erden gehalten und seinen Aposteln und Priestern viel kürzer zu halten hinterlassen hat. Davon sagt Fornerus: „Die Messe ist ein kurzer Abriß des Lebens Christi, worin uns in einer halben Stunde dargestellt wird, was Christus in den 33 Jahren auf Erden verrichtet hat
." So sind wir denn ebenso glücklich, wenn nicht noch glücklicher, wie diejenigen, welche mit Christus auf Erden lebten. Denn diese haben nur eine einzige, und zwar sehr lange Messe gehört oder gesehen, wir aber können täglich viele Messen hören und mit geringer Mühe die Früchte des ganzen Lebens Christi erwerben. Damit wir aber noch klarer erkennen, daß Christus alle Geheimnisse seines Lebens bei der hl. Messe erneuert, so will ich davon eine denkwürdige Geschichte erzählen.

7. Weihbischof Thomas von Cantimpré schreibt: „Als ein Priester zu Douai im Jahre 1254 zur österlichen Zeit in der Kirche des hl. Amatus unter der Messe die Kommunion austeilte, da sah er, wie eine hl. Hostie auf der Erde im Staub lag. Hierüber erschrak er sehr, nicht wissend, wie dies geschehen sei, fiel auf seine Knie und wollte sie mit Ehrerbietung aufheben. Da sah er aber mit großer Verwunderung, wie dieselbe sich selbst von der Erde erhob und in der Luft schwebte. Er hatte nur ein einziges Korporale bei der Hand, worauf das Ziborium stand, deswegen nahm er das Purifikatorium, womit man den Kelch austrocknet, in die Hand, hielt es unter die hl. Hostie und fing dieselbe damit auf. Dann trug er sie mit Freuden auf den Altar, kniete demütig davor nieder und bat Christus um Verzeihung wegen der Unehre, welche ihm widerfahren war. Wie er nun das hochwürdige Sakrament ergriffen anschaute, sah er, daß die Gestalt der hl. Hostie verschwand und sich in die Gestalt eines holdseligen Kindleins verwandelte. Das rührte ihn zu Tränen, er brach in lautes Schluchzen aus, so daß alle Chorherren aus dem Chor eilten und dem Priester zu Hilfe kommen wollten. Hier sahen alle die Gestalt eines wunderschönes Kindes und wurden dadurch so gerührt, daß sie vor lauter Freude und Wonne sich nicht zu fassen vermochten. Das ganze Volk, welches in der Kirche war, eilte hinzu, dies große Wunder zu sehen und der Gegenwart Christi versichert zu werden. Siehe aber, ein neues Wunder! Wiewohl die Chorherren ein Kind sahen, so konnten dennoch die Weltleute dies nicht sehen, sondern sahen statt dessen Christus in seiner männlichen Gestalt und in seiner göttlichen Majestät.
Welch ein Schrecken und Erstaunen sie überfiel, konnten sie selber nicht sagen noch ihr Lebtag vergessen. Aus Ehrerbietung schlugen sie vielmal ihre Augen zu Boden, bald aber erhoben sie dieselben, ihn anzuschauen. Diese herrliche Erscheinung dauerte eine ganze Stunde. Welche Anmutungen sie in selber Stunde erweckt und welche Freuden sie in ihrem Herzen empfunden haben, wer will es erklären! O Gott, hätten auch wir die Gnade gehabt, solches zu sehen! Nachdem nun der Zulauf groß geworden und Christus seine leibliche Gestalt nach einer Stunde ihren Augen entzogen hatte, da verschloß der Priester die hochheilige Hostie im Tabernakel, und das Volk breitete das Wunder allerorten aus."
Als der Weihbischof, der die Geschichte berichtet, das Wunder vernommen hatte,
reiste er von Cambrai nach Douai, kam zum Dekan der Stiftskirche des hl. Amatus und fragte ihn, ob das Gerücht, welches er von der Erscheinung Christi gehört hatte, wahr sei. Der Dekan sprach: „Es ist nicht allein wahr, daß Christus in der heiligen Hostie von vielen ist gesehen worden, sondern daß er noch von vielen in seiner menschlichen Gestalt wirklich gesehen wird." „Da entstand in mir", schreibt der Weihbischof, „eine große Begierde, Christus auch zu sehen, und ich bat den Herrn Dekan, daß er mir auch die hochwürdige Hostie zeigen möchte. Er ging mit mir zur Kirche, und zugleich mit uns ging eine große Menge Volkes, hoffend, Christus noch einmal zu sehen. Der Dekan eröffnete den Tabernakel nicht ohne Schrecken, nahm das hochheilige Gut mit großer Ehrerbietung heraus und gab dem Volk den Segen mit demselben. O Wunder!
Das Volk erhob seine Stimme, brach in Schluchzen aus und schrie: „O Jesus!
O Jesus!" Ich fragte was das Schreien und Weinen bedeute, und sie sagten: „Wir sehen unsern lieben Heiland mit leiblichen Augen." Ich aber konnte nichts anders sehen als nur die Gestalt der heiligen Hostie. Deswegen war ich sehr betrübt und glaubte, daß ich wegen meiner Sünden nicht würdig erachtet würde, meinen Erlöser anzuschauen. Ich erforschte mein Gewissen genau, und als ich nichts Merkliches fand, bat ich Christus mit weinenden Augen, daß er mich auch würdigen wolle, sein liebes Angesicht mit leiblichen Augen anzuschauen. Nach meinem inständigen Gebet ward mir meine Bitte gewährt, und ich sah mit meinen unwürdigen Augen nicht die Gestalt eines Kindes, wie viele von dem Volk sahen, sondern ich sah die Gestalt eines vollkommenen Mannes. Ich sah Christus ganz klar: seine Augen waren überaus klar und lieblich, sein Haar floß vom Haupt bis auf die Schultern, sein Bart war ziemlich lang und unter dem Kinn etwas gekrümmt; seine Stirn war glatt und breit, seine Wangen hager und sein Haupt ein wenig geneigt. In dieser schönen Gestalt sah ich meinen Heiland Jesus Christus eine gute Weile an und war von diesem Anblick so bewegt, daß mein Herz vor Größe der Liebe und Süßigkeit fast verging. Nachdem ich längere Zeit der Freude dieses lieben Bildes genossen hatte, da veränderte sich die liebliche Gestalt des Angesichtes Christi in eine betrübte Gestalt, und ich sah ihn, wie er in seinem bitteren Leiden gewesen, mit einer Dornenkrone gekrönt und mit Blut überronnen, das von seiner Stirne über die Wangen herabfloß. Durch. diesen erbarmenswerten Anblick wurde ich zu einem solch herzlichen Mitleid bewegt, daß ich heiße, bittere Tränen weinte und das schmerzliche Leiden Christi in meinem Herzen bedauerte. Ja, es war mir, als ob die spitzigen Dornen der Krone Christi in meinem Haupt steckten. Auch das anwesende Volk erhob ein verwirrtes Geschrei, ein jeder auf besondere Weise, weil ein jeder etwas Besonderes sah und schaute. Einige sahen ihn in demselben Augenblick in der Gestalt eines lieblichen Kindleins, einige in der Gestalt eines schönen Knaben, andere in der Gestalt eines erwachsenen Jünglings, andere in der Gestalt eines wohlgestalteten Mannes und einige in der Gestalt seines Leidens.
Welche Regungen sie aber in ihren Herzen empfunden, welche Anmutungen sie erweckt, was für Gefühle sie durch ihr Rufen ausgedrückt und wie viel süße und bittere Tränen sie geweint haben, mag ein jeder selbst erwägen, da es mir unmöglich ist, dies zu beschreiben."

8. O, wohl ein schönes,, anmutiges und tröstliches Beispiel! O, wäre ich damals auch zu Douai gewesen. O, hätte ich auch die Gnade dieses frommen Volkes gehabt, daß ich meinen Gott und Heiland mit meinen Augen in so vielen Gestalten hätte sehen dürfen! O was für Freude hätte ich gehabt, was für Trost empfangen! - Obwohl ich dich, o Jesu, in der hl. Hostie niemals gesehen habe, glaube ich dennoch ganz fest, daß du wahrhaftig darin gegenwärtig bist und deinem himmlischen Vater alle Gestalt, die du auf Erden gehabt, lebendig vor Augen stellst. Daß dieses dir, dem Allmächtigen, leicht ist, merke ich mir an diesem Beispiel, in dem ich vernommen, daß in demselben Augenblick einige dich als Kind, andere als Knaben, andere als Jüngling und andere als Mann geschaut haben. Einige sahen dich verherrlicht, einige leidend und einige sterbend, und das in einem einzigen Augenblick. Ebenso tut es Christus in jeder hl. Messe, in der er sein ganzes Leben und Leiden erneuert und alle Geheimnisse desselben dem himmlischen Vater, dem Hl. Geist, seiner lieben Mutter, allen Chören der Engel und allen Scharen der Heiligen ebenso klar vorstellt, als wenn alles und jedes wirklich wiederum geschähe.

9. Er zeigt ihnen die Gestalt, wie er im Mutterschoß und in der Krippe gelegen, wie er beschnitten und im Tempel aufgeopfert worden, wie er nach Ägypten geflohen und das Elend der Verbannung gelitten, wie er gefastet und gepredigt hat und umherzog, wie er verfolgt, verkauft, verraten, verklagt, gegeißelt, gekrönt, gekreuzigt, getötet und begraben wurde, wie er schließlich auferstanden und gen Himmel aufgefahren ist. Mit dieser lebendigen Vorstellung und wahrhaften Erinnerung seines heiligsten Lebens und Leidens macht er Gott dem Vater und dem Hl. Geist wie auch dem ganzen himmlischen Heer keine geringere Freude, als er ihnen durch diese Geheimnisse bei seinen Lebzeiten gemacht hat. Deswegen schöpft der Himmel aus einer jeden Messe unvergleichlich größere Freude und Wonne als von allen guten Werken dieser ganzen Welt zusammengenommen.

10. Diese Freude entspringt nicht bloß aus der Erinnerung an das Leben und Leiden Christi, sondern auch aus den Gesinnungen und Anmutungen, welche die Menschheit Christi bei der hl. Messe gegen Gott zeigt. Denn während jeder Messe ehrt, lobt, liebt, dankt und verherrlicht Christus die allerheiligste Dreifaltigkeit aus der ganzen Kraft seiner göttlichen Natur, aus der ganzen Macht seiner menschlichen Natur und von Grund seines Herzens auf so hohe und unbegreifliche Weise, daß diese Wirkungen des Lobes und der Liebe alles Lob und alle Liebe der Engel und alle Ehre und Dienste der Heiligen, welche sie ihm auf Erden geleistet haben, unendlicher Weise übertrifft. Daraus läßt sich klar erkennen, was für ein hoher Gottesdienst die hl. Messe ist und wieviel man sowohl durch das Feiern wie auch durch das Anhören derselben bei Gott erwirken kann. Die übrigen Dienste, die Christus in der hl. Messe seinem Vater leistet, werden später noch ausführlicher erklärt werden.

11. Zu Ende dieses Kapitels erwäge, wie sehr die hl. Messe uns nützt, und was für große Verdienste wir dadurch erwerben können. Christus hat 33 Jahre auf Erden gearbeitet und einen überaus reichen Schatz von Verdiensten gesammelt, nicht für sich, sondern für uns, seine armen Kinder. Er läßt aber nicht nach zu arbeiten, sondern fährt noch immer damit fort, wie er selbst bezeugt: „Mein Vater wirkt bis jetzt, und auch ich wirke" (Jo 5,17), nicht, um mehr zu verdienen, sondern, daß er uns fähig mache, seine Verdienste zu empfangen.
Deswegen erneuert er in allen Messen sein heiliges Leben und verrichtet in jeder, was er in den 33 Jahren vollbracht hat. Das stellt er seinem Vater vor Augen, auf daß er ihn uns versöhne. Damit erfreut er seinen Vater, auf daß er ihm den Ärger, den er aus unseren Sünden geschöpft hat, vertreibe. Dies alles opfert er seinem Vater auf, um unsere Schulden zu bezahlen. Und wenn wir bei der hl. Messe sind, so schenkt er uns dies alles, jedem nach seiner Fähigkeit, auf daß wir dadurch unsere Strafen abbüßen.

12. O, so danke denn deinem treuherzigsten Freunde, der so viel für dich gearbeitet und dir einen reichen Schatz gesammelt hat! Erkenne seine treuherzige Freundlichkeit, da er dir diesen teuren Schatz täglich gleichsam umsonst anbietet, ja sogar schenken will! So versäume denn nicht, täglich zur hl. Messe zu gehen und durch eine so geringe Mühe einen großen Teil dieses Schatzes zu heben und dir anzueignen. Wenn du in weltlichen Dingen so leicht reich werden könntest wie an deiner Seele, du würdest gewiß keine Mühe sparen und keine Zeit verlieren. Wie magst du denn beim Erwerben der ewigen Reichtümer so saumselig sein und diesen unendlichen Schatz so leichtsinnig verscherzen! Gott wolle deine Blindheit erleuchten deine Trägheit ermuntern und dir einen neuen Eifer zu dem so nützlichen Messehören eingießen. Amen.

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7. Kap. - In der hl. Messe erneuert Christus sein Gebet.

1. Der Lieblingsjünger Johannes schreibt in seinem ersten Brief (2,1f.): „Wir haben einen Fürsprecher bei dem Vater, Jesus Christus, den Gerechten, und dieser ist die Versöhnung für unsere Sünden." Ist das nicht eine treue Versicherung unseres Heiles? Sagt ja doch die hl. Schrift so ausdrücklich, daß der Sohn Gottes selbst, der Beisitzer des göttlichen Gerichtes, ja der wahre Richter der Lebendigen und der Toten, auch zugleich unser Advokat und Fürbitter sei.

2. Hier ist aber nun die Frage, wann und wo Christus dieses sein Amt verrichtet.
Die katholische Kirche glaubt und lehrt, daß Christus nicht allein im Himmel, sondern auch auf Erden in der hl. Messe für uns bittet und uns Gott anbefiehlt. Das bezeugt der hochgelehrte Suarez mit den Worten: „Sooft das Meßopfer dargebracht wird, so oft bittet Christus für jenen, der opfert, und für jene, für die geopfert wird." Also Christus bittet für den Priester, der die hl. Messe liest, und für die Leute, die mit ihm dieselbe aufopfern, wie auch für alle, für welche der Priester und die Leute diese besonders darbringen.

3. Auf welche Weise Christus für diese bittet, beschreibt der hl. Laurentius Justiniani so: „Wenn Christus auf dem Altar geschlachtet wird, ruft er zu seinem Vater und zeigt ihm seine Wunden, auf daß er die Menschen durch sein eifriges Bitten vor der ewigen Strafe bewahre." Das sind fürwahr schöne Worte, welche uns anzeigen, wie treu Jesus für uns bittet und wie eifrig er sich unserer Sache annimmt. Auf Erden hat er sich unseres Heiles so angenommen, daß er manche lange Nacht ohne Schlaf in stetem Beten und Wachen zugebracht hat, wie der hl. Lukas mit ausdrücklichen Worten bezeugt: „Er ging hinaus auf den Berg, um zu beten, und er brachte die ganze Nacht im Gebet mit Gott zu." (Lk 6,12.) Daß er das aber nicht nur einmal, sondern des öfteren getan, ist aus den Worten zu entnehmen:
„Er lehrte bei Tag im Tempel, des Nachts aber ging er hinaus und hielt sich am Ölberg auf." (Lk 21,37 und 22,39): „Er ging nach seiner Gewohnheit hinaus an den Ölberg
." Daraus ist zu erkennen, daß Jesus den Brauch hatte, des Nachts an den Ölberg zu gehen und unter freiem Himmel im Gebet zu verharren.
Was meinst du nun aber, was und für wen er gebetet hat? Der hl. Ambrosius sagt: „Der Herr betet nicht, als ob er für sich bitte, sondern daß er für mich etwas erhalte." Nicht für sich, sondern für mich und für dich und für alle Menschen hat der treue Heiland manche Nacht im Gebet zugebracht, damit er uns vor dem ewigen Verderben bewahren möchte. Weil Christus voraussah, wie viele Millionen Menschen, für die er den bitteren Tod erlitt, dennoch verdammt würden, so trieb ihm der Untergang so vieler Seelen viel tausend Tränen aus seinen milden Augen und viel tausend Seufzer aus seinem mitleidigen Herzen.

4. All diese eifrigen Gebete, welche unser treuer Heiland auf Erden gesprochen hat, erneuert und wiederholt er in jeder Messe und stellt dieselben Gott dem Vater so klar vor Augen, als wenn er sie allesamt noch einmal spräche. Desgleichen zeigt er ihm auch die heißen Tränen, die er für das Heil der Sünder geweint hat; er zählt ihm vor die herzlichen Seufzer, die ihm die Sorge für die Sünder ausgepreßt hat, und rechnet ihm die vielen Nächte vor; die er in Wachen und Beten für die Rettung der Sünder zugebracht hat. Dies alles opfert er zwar für das Heil der ganzen Welt, vornehmlich aber für das Heil eines jeden, der bei der hl. Messe zugegen ist. Nun bedenke, wie heilig, wie andächtig und wie kräftig das Gebet sein muß, das der Heilige aller Heiligen, Jesus Christus, der Sohn Gottes, in eigener Person aus der ganzen Kraft seiner vergöttlichten Menschheit spricht! Wie heilsam muß dieses Gebet sein für jene, für die er es spricht, wie angenehm dem himmlischen Vater, zu dem es gesprochen wird!

5. Weiter wisse, daß Christus auf dem Altar nicht allein für alle Gegenwärtigen bittet, sondern sich auch, damit seine Bitte desto kräftiger sei, für deren Heil Gott aufopfert. Wie hoch, wie mächtig, wie kräftig diese Aufopferung sein mag, wer will's erkennen, ergründen, erklären? Höre, was davon in den Offenbarungen der hl. Gertrud geschrieben steht: „Bei der Aufhebung der hl. Hostie sah die hl. Gertrud, wie Christus sein allersüßestes Herz wie einen goldenen Kelch gleichsam mit seinen eigenen Händen emporhob und seinem Vater vorstellte und sich selbst auf eine so unaussprechliche und unbegreifliche Weise für seine Kirche aufopferte, daß dies kein Geschöpf würdig zu begreifen vermag."

6. Merke doch also um Gottes willen, was für ein hohes Geheimnis die hl. Messe ist, und beherzige, was für ein hochwichtiges, göttliches Opfer sie sei, merke es dir und staune, weil die hohe Weise dieses Aufopferns kein Mensch, kein Heiliger, kein Engel, ja auch die allererleuchtetste Mutter Gottes selbst nicht völlig ergründen kann. Auf daß Christus dieses sein Wort noch mehr erklären und bekräftigen möchte, hat er dasselbe der hl. Mechthild, Schwester der hl. Gertrud, mit folgenden Worten geoffenbart: „Ich allein weiß und erkenne vollkommen, wie ich mich täglich auf dem Altar Gott dem Vater aufopfere für das Heil der Gläubigen; weder Cherubim noch Seraphim noch alle himmlischen Kräfte können es völlig ergründen."
Aus diesen sehr denkwürdigen Worten entnimm, wie eifrig und kräftig Jesus auf dem Altar für seine lieben Gläubigen, besonders aber für die Anwesenden nicht allein bittet, sondern auch sich selbst auf eine so hohe Weise aufopfert, daß selbst die allerhöchsten himmlischen Geister dies nicht völlig verstehen können. O, was für eine Gnade ist dies für uns, was für ein großes Heil!

7. Neben all diesem ist auch hier wieder zu beachten, daß Christus bei der hl. Messe sich nicht aufopfert in jener Majestät, in der er im Himmel thront, sondern in solcher Demut und Erniedrigung, wie keine sonst zu finden ist. Denn auf dem Altar ist er nicht allein unter der Gestalt der großen Hostie, sondern auch im allerkleinsten Stücklein zugegen, das von derselben abbröckelt.

8. Unter dieser so geringen Gestalt, in dieser seiner äußerster Erniedrigung schreit er vom Altar zu Gott im hohen Himmel empor mit allmächtiger Stimme, welche die Wolken zerteilt und in das Innerste der göttlichen Barmherzigkeit eindringt.
Vom König in Ninive lesen wir beim Propheten Jonas, als er vernommen, daß die Stadt nach vierzig Tagen untergehen solle, da sei er von seinem Thron aufgestanden, habe sein königliches Gewand von sich geworfen, ein Bußkleid angetan und dem ganzen Volk befohlen, Gottes Barmherzigkeit anzurufen. Durch diese seine Demut und Bußfertigkeit hat er erreicht, daß Gott sein Urteil widerrief und die boshafte Stadt verschonte. Wenn denn nun dieser heidnische König durch seine Erniedrigung für seine Stadt Gnade erworben hat, was wird dann Christus, welcher bei der hl. Messe viel mehr tut, von dem gütigen Gott nicht erhalten?
Denn er steht von seinem göttlichen Thron auf, wirft seine Majestät gleichsam von sich, zieht das geringe Gewand der Gestalten der hl. Hostie an und ruft mit aller Macht zu dem allmächtigen Gott um Barmherzigkeit für sein liebes Volk, gleichsam sprechend:

9. „O lieber himmlischer Vater, siehe an diese meine äußerste Demut und tiefste Erniedrigung, da ich mich vor dir so sehr verdemütige, daß ich mehr einem Würmlein als einem Menschen gleich zu sein scheine. Dieses tue ich für die armen Sünder und Sünderinnen, daß du ihnen verzeihen und sie verschonen wollest.
Sie haben sich gegen dich erhoben, ich aber demütige mich vor dir. Sie haben dich mit ihren Sünden erzürnt, ich aber will dich mit meiner Demut versöhnen. Sie haben von deiner Gerechtigkeit Strafen verdient, ich aber will dieselben durch mein eifriges Bitten von ihnen abwenden. Um meinetwillen also schone ihrer, o liebster Vater, und strafe sie nicht nach ihrer Schuld. Übergib sie doch nicht dem leidigen Satan und laß sie nicht ewig verloren gehen. Ich will sie nicht verlieren, denn sie sind mein und sind durch mein Blut gar teuer erkauft worden. Besonders aber bitte ich, o liebster Vater, für die anwesenden Sünder und Sünderinnen, für die ich jetzt noch einmal mein Leben hingebe und mein teures Blut geistiger Weise vergieße, auf daß du sie durch die Kraft meines hl. Blutes und bitteren Todes vor dem ewigen Tod bewahrst."

10. O Jesu, wohin bringt dich die Liebe zu deinen Gläubigen, daß du dich ihrer so treu annimmst, so viel auf dem Altar für sie tust und so eifrig für sie bittest! Diese deine große Liebe und Treue können wir niemals hoch genug schätzen, viel weniger auf irgendeine Weise als nur durch fleißige Teilnahme an der hl. Messe vergelten. Wer wollte denn nicht gerne bei der hl. Messe sein, da er doch weiß, daß Christus selbst für sein Heil bittet, ja nicht allein bittet, sondern, damit sein Gebet desto kräftiger sei, sein Leiden erneuert und sich selbst auf so unaussprechliche Weise zum Opfer hingibt? Wer sollte nicht auf eine solche Fürbitte vertrauen? Wer sollte nicht nach einem solchen Fürsprecher verlangen?
O wie leicht kannst du ihn haben, ja, du hast ihn wirklich, wenn du die hl. Messe mitfeierst. Es unterliegt keinem Zweifel, daß Christus am Kreuz die unter dem Kreuz Stehenden seinem Vater ganz besonders empfohlen und ihnen die Früchte seines Leidens ganz besonders zugeeignet hat. Also unterliegt es auch keinem Zweifel, daß Christus bei der hl. Messe für die Anwesenden dasselbe tut, besonders wenn sie ihn als Fürsprecher anrufen, indem sie bitten, daß er sich auch für sie aufopfern wolle. Denn alsdann bittet er ebenso kräftig für sie, wie er am Kreuz für seine Feinde gebetet hat.
Was wird dieses Gebet nicht bewirken? Welch großes Heil wird es uns erwerben? O welch feste Hoffnung auf die ewige Seligkeit soll uns dies bringen, daß der eingeborene Sohn Gottes sich würdigt, täglich für uns zu bitten und die gefährdete Sache unseres Heiles auf sich zu nehmen!

11. Wenn die allerseligste Jungfrau Maria vom Himmel herabkäme, dir erschiene und tröstlich zu dir sagte: „Fürchte dich nicht, mein liebes Kind, denn ich verspreche dir, daß ich das gefährliche Geschäft deines Heiles auf mich nehmen, meinen Sohn inständig bitten und nicht eher zu bitten nachlassen werde, bis er mir verspricht, daß er dich selig machen wolle" - würdest du dich nicht von Herzen freuen? Würdest du nicht vor Größe der Freude von Grund deiner Seele ausrufen: „Nun bin ich von Herzen getröstet! Nun habe ich gar keinen Zweifel mehr an meiner Seligkeit, denn die Mutter Gottes ist mir erschienen und hat mir aufrichtig versprochen, daß sie nicht nachlassen wolle zu bitten, bis sie mir das ewige Heil erwerbe." Da hättest du reichlich Ursache, dich zu erfreuen, wenn dir diese Gnade widerfahren sollte, und ich würde mich gleichermaßen freuen, wenn die liebe Mutter Gottes mir eine derartige Wohltat erzeigen und mir ihre machtvolle Fürbitte versprechen wollte.

12. Wenn wir so großes Vertrauen auf die kräftige Fürbitte Mariens setzen, warum setzen wir dann nicht dasselbe, ja viel größeres Vertrauen auf die allmächtige Fürsprache des eingeborenen Sohnes Gottes, welcher uns nicht allein verspricht, daß er sich unseres Heiles annehmen und seinen Vater für uns um Erwerbung der Seligkeit bitten wolle, sondern in jeder Messe, bei der wir persönlich gegenwärtig sind, wirklich für uns eintritt und der göttlichen Gerechtigkeit gleichsam Gewalt antut, daß sie uns nicht nach unserem Verschulden strafen, sondern aus Gnaden selig machen wolle. Denn er bittet nicht allein, sondern es bitten zugleich, ja rufen seine Tränen mit so vielen Anmutungen, wie Tränen aus seinen Augen geweint worden sind. Mit ihm rufen auch seine hl. Wunden mit so vielen Stimmen, wie Wunden an seinem heiligsten Leib gewesen sind. Mit ihm rufen auch seine Blutstropfen mit so vielen Worten, als Tropfen aus seinen schmerzlichen Wunden geflossen sind. Mit ihm ruft auch sein göttliches Herz mit so vielen Bewegungen, wie Seufzer aus demselben gekommen sind. Die Stimme des hl. Blutes und dieses Rufen der Wunden, der Tränen und des Herzens ist allmächtig, es übersteigt die Wolken, zerteilt die Himmel und durchdringt das Herz des himmlischen Vaters. Was wird denn dieses Rufen und Flehen nicht erhalten? Was für Gnaden wird es uns nicht erbitten, was für Übel nicht von uns abwenden?

13. Wenn du also wohl weißt, daß Christus in der hl. Messe für alle Anwesenden ganz besonders bittet, warum gehst du dann nicht in die hl. Messe, auf daß auch du seines Gebetes teilhaftig wirst? Du klagst und seufzt ja oft, daß du nicht andächtig beten könntest: warum gehst du denn nicht zur hl. Messe, daß Christus da für dich oder an deiner Statt bete und deinen Mangel ersetzt? Er lädt dich doch so freundlich ein: „Kommt alle zu mir, die ihr mit Mühe und Arbeit beladen seid, ich will euch erquicken" (Mt 11,28). So rief er, da er noch auf Erden war. Vom Altar aus aber scheint er zu rufen: „Kommt alle zu mir, die ihr nicht andächtig beten könnt, und ich will für euch beten." Warum erfüllst du denn nicht den Wunsch Christi, o armseliger Mensch, warum eilst du nicht zu ihm in der hl. Messe?
Du läufst ja in der Not gern zu den Leuten, ihnen dein Elend zu klagen und sie um ihr Gebet für dich anzusprechen. Wenn du auf das Gebet der Menschen vertraust, warum vertraust du nicht vielmehr auf das allerkräftigste Gebet Christi? Du steckst ja wirklich in großer Not, und deine größte Not ist die augenscheinliche Gefahr der Verdammnis. Davon sprachen die Jünger zu Jesus: „Wer kann wohl selig werden?" Er antwortete: „Bei den Menschen ist es unmöglich, nicht aber bei Gott" (Mk 10,26f.). Da du also aus dem Mund Christi, hörst, daß es dir nicht möglich sei, aus eigener Kraft selig zu werden, so fliehe doch in dieser größten Gefahr täglich zur hl. Messe, auf daß Christus für dich bete und dir die Seligkeit beim Vater ausbitte.

14. Du möchtest aber sagen: „Ach, ich armseliger Mensch, ich verdiene nicht und bin nicht würdig, daß Christus für mich bittet." So denke nicht, sondern sei versichert, daß, wenn du Christus bei der Messe nur mit einem Seufzer ansprichst, er ganz gewiß für dich bittet, ja gleichsam bitten muß. Denn so spricht der hl. Paulus: „Jeder Hohepriester wird für die Menschen bestellt in ihren Angelegenheiten bei Gott, damit er Gaben und Opfer für die Sünden darbringe." (Hebr 5,1). Weil Christus vom himmlischen Vater zu unserem höchsten Priester bestellt wurde, und weil er in der hl. Messe sein priesterliches Amt verwaltet, deswegen muß er von Amtes wegen für sein Volk bitten. Das tut er nicht bloß für alle insgemein, sondern auch für jeden insbesondere; gleichwie er für alle insgemein uns für jeden insbesondere gelitten hat, und gleichwie er jetzt für alle insgemein und für jeden insbesondere sorgt. Darum hast du gar nicht am Gebet Christi für dich zu zweifeln, sondern bist dessen, wenn du die hl. Messe mitfeierst, versichert und vergewissert.

15. Aus allem Gesagten hast du nun genugsam vernommen, wie kräftig und eifrig unser Heiland auf dem Altar für uns bittet, und wie heilsam für uns Arme dieses sein hl. Gebet ist. Nun ist nur noch nötig, daß du dein Gebet mit dem Gebet Christi vereinst oder ihn bittest, daß er es mit seinem Gebet vereinigen wolle. Das beweist Weihbischof Fornerus: „Die Gebete", sagt er, „die von jenem, der die hl. Messe andächtig hört und sie Gott für sich aufopfert, mit dem Meßopfer vereinigt werden, gehen allen anderen, auch viele Stunden währenden noch so eifrigen Gebeten und himmlischen Beschauungen gleichsam unendliche Meilen weit vor, und zwar durch die Kraft der Verdienste des Leidens Christi, das seine Macht in der hl. Messe durch einen wunderbaren Überfluß der Gnaden und himmlischen Güter beweist." Diese seine Meinung bekräftigt Fornerus mit folgendem Beweis: „Denn gleichwie das Haupt der edelste Teil des Körpers ist und alle Glieder an Würde übertrifft, so übertrifft auch das Gebet Christi, der unser Haupt ist und in der hl. Messe für uns betet, das vereinigte Gebet aller Christen, die Glieder Christi sind."

16. Wenn nun ein Mensch sein armseliges Gebet bei der hl. Messe mit dem alleredelsten Gebet Christi vereinigt, so wird es verbessert und geadelt, gleichwie ein kupferner Pfennig, der in flüssiges Gold getaucht wird. Es wird zugleich mit dem göttlichen Gebet Christi in den Himmel getragen und Gott als eine edle Gabe dargeboten. Hieraus folgt, daß ein geringes Gebet, bei der hl. Messe gesprochen, viel besser ist als ein eifriges, zu Hause gesprochen. Deswegen handeln die Geistlichen, die ihr Breviergebet, und die Laien, die ihre gewöhnlichen Gebete zu Hause verrichten, wenn sie unterdes die hl. Messe hören könnten, sehr unweise und berauben sich selbst vieler Verdienste. Denn wenn sie dieselben bei der hl. Messe beteten und die Meinung machten, zugleich die hl. Messe zu hören, und nur zur Wandlung in ihren Gebeten aufhörten, um den Leib und das Blut Christi anzubeten und aufzuopfern, so würden sie doch viel mehr verdienen, als wenn sie zu Hause oder auf dem Feld beten. Denn sie werden aller Gnaden, die in diesem Buch geschrieben sind, teilhaftig und sammeln sich einen großen Schatz von Verdiensten im Himmel.

Inhaltsverzeichnis

 

8. Kap. - In der hl. Messe erneuert Christus sein Leiden.

1. Unter allen Geheimnissen des Lebens Christi ist keines nützlicher zu erwägen und würdiger zu verehren als eben das bittere Leiden und Sterben, durch das wir erlöst wurden. Hiervon reden die hl. Väter ganz großartig und versprechen jenen, die das Leiden Christi fleißig verehent, reichliche Vergeltung von Gott. Obwohl es viele nützliche Andachtsübungen zum bitteren Leiden gibt, so meine ich doch, daß keine besser und würdiger sei als eben das andächtige Mitfeiern der hl. Messe. Denn auf dem Altar ist es wahrhaftig gegenwärtig, deswegen kann man es da am besten betrachten und vor Augen stellen.

1. Wie in der hl. Messe das Leiden Christi erneuert wird.

2. Daß das Leiden Christi bei der Messe erneuert wird, können wir ja mit Augen sehen und mit Händen greifen. Denn was wir all das sehen, sind lauter Kreuze und Kreuzzeichen: In den Altarstein sind fünf Kreuze eingehauen, die mit wohl mehr als hundert Kreuzzeichen vom Bischof konsekriert worden sind. Auf dem Altar steht ein Kruzifix, auf der Hostie steht ein Bild des Gekreuzigten und ebenso im Meßbuch vor dem Kanon. Auf dem Schultertuch steht ein Kreuz, auf dem Manipel, auf der Stola und auf der Kasel oder dem Meßgewand ist ein Kreuz, auch am Kelch und auf der Patene siehst du das Kreuz. Der Priester bezeichnet sich selbst mit dem Kreuzzeichen sechzehnmal, das Opfer aber neunundzwanzigmal. Was bedeuten denn diese vielen Kreuze und Kreuzzeichen anders als eben, daß das blutige Kreuzopfer Christi, d.h. sein bitteres Leiden und Sterben, vorgestellt, wiederholt und erneuert wird?

3. Christus hat beim letzten Abendmahl gesprochen: „Tut dies zu meinem Andenken." Aber dieses Andenken ist nicht bloß eine Erinnerung, sondern auch eine Erneuerung des Leidens Christi, denn so lehrt die katholische Kirche auf dem Konzil von Orient (Sitzung 22, Kan. 2): „Wenn jemand sagt, das Meßopfer sei nur ein Opfer des Lobes und Dankes oder nur eine bloße Erinnerung an das am Kreuz vollbrachte Opfer, der sei im Bann
." Und im Kap. 2 sagt sie: „In diesem göttlichen Opfer, das in der hl. Messe vollzogen wird, ist eben derselbe Christus enthalten und wird unblutiger Weise geschlachtet, der sich selbst auf dem Altar des Kreuzes ein Mal blutiger Weise dargebracht hat." Wenn wir kein anderes Zeugnis als nur dieses einzige hätten, sollte es uns schon genug sein und uns allen Zweifel benehmen. Was die katholische Kirche lehrt und uns zu glauben vorlegt, das müssen wir fest glauben und dürfen dem nicht im geringsten widersprechen. Nun aber sagt die Kirche, daß derjenige, der sich vorzeiten am Kreuz blutiger und schmerzlicher Weise aufgeopfert hat, in der hl. Messe wahrhaft gegenwärtig ist und wiederum unblutiger Weise, also ohne Schmerzen zum Schlachtopfer wird.

4. Zum Beweis fügt die Kirche noch folgende Worte hinzu: „Denn es ist ebendasselbe Schlachtopfer und ebenderselbe Opfernde durch den Dienst der Priester, der sich damals selbst am Kreuz hingab, nur die Weise zu opfern ist verschieden." Als wollte die Kirche sagen: In beiden Opfern, d.h. im Kreuzesopfer und im Meßopfer, ist dasselbe Opferlamm, das geopfert und geschlachtet wird, und es ist derselbe, der beide Opfer verrichtet, nämlich Christus. Die Art und Weise aber, wie er in beiden Fällen das Opfer vollbringt, ist verschieden; denn am Kreuz hat er sich selbst blutiger Weise geopfert, geschlachtet durch die Hände der gottlosen Schergen; auf dem Altar aber opfert er sich selbst unblutiger Weise, geistig geschlachtet durch die Hände und den Dienst der Priester.

5. Dieses Wort „schlachten", auf Latein immolare, braucht die Kirche gar oft im Meßbuch, und auch der hl. Augustinus braucht es an der Stelle: „Christus ist an und für sich zwar nur einmal geschlachtet worden, aber dennoch wird er im Sakrament oder der hl. Messe alle Tage für das Volk geschlachtet." Dieses Wort, sage ich, ist sehr beachtenswert, weil es in der Hl. Schrift vom Schlachten der Tiere zu den Opfern im Alten Bund weit über hundertmal gebraucht wird.
Wenn nun die Kirche dasselbe Wort bei der hl. Messe braucht, so will sie damit anzeigen, daß Christus unter der hl. Messe nicht allein mit den bloßen Worten des Priesters, auch nicht allein mit der bloßen Aufhebung des Sakraments geopfert werde, sondern daß er in der hl. Messe wie ein Lamm geistiger Weise gemartert, getötet und geschlachtet wird, wie wir noch weiter beweisen wollen.

6. Der hl. Cyprian sagt: „Das Leiden Christi ist das Sakrifizium, welches wir aufopfern", als wollte er sagen: Wenn wir die hl. Messe lesen, so erneuern wir das, was beim Leiden Christi geschehen ist. Noch klarer sagt es der hl. Gregor: „Obwohl Christus jetzt nicht mehr stirbt, so leidet er doch durch das Meßopfer in geheimnisvoller Weise wiederum für uns."

7. Solcher Zeugnisse könnte ich gar viele beibringen, will mich aber der Kürze halber auf das beste beschränken, nämlich auf das der unfehlbaren hl. Kirche, die am neunten Sonntag nach Pfingsten im Stillgebet betet: „Verleihe uns, o Herr, daß wir diese Geheimnisse würdig begehen, denn so oft das Gedächtnis dieser Opfergabe gefeiert wird, so oft wird das Werk unserer Erlösung geübt." Hier ist nun die Frage, was das Werk unserer Erlösung sei. Das wissen die Kinder zu beantworten. Denn wenn du sie fragst: Wodurch sind wir erlöst worden? so antworten sie: Durch das Leiden Christi. Wenn nun die Kirche sagt, daß das Werk der Erlösung in allen Messen vollzogen wird, so folgt daraus, daß das Leiden Christi in allen Messen wieder erneuert wird. Das ist natürlich nicht so zu verstehen, als ob wir durch die Messe von neuem erlöst würden, sondern daß die Kraft der Erlösung durch die hl. Messe uns zugeeignet wird.
Schließlich höre noch ein schönes Wort von Molina: „Die hl. Messe übertrifft die anderen Opfer unermeßlich, weil sie nicht bloß eine Vorstellung, sondern das Werk unserer Erlösung ist, voll von Geheimnissen und wirklich vollbracht."
Diese Zeugnisse können einem jeden genug beweisen, daß die hl. Messe eine Erneuerung des Leidens Christi ist und daß das sanftmütige Gotteslamm wieder zum Opfer gebracht wird. Wenn Christus dabei auch nicht leiblicher oder schmerzlicher Weise mehr leiden kann, so zeigt er doch dem himmlischen Heer die erbarmenswerte Gestalt, die er bei seiner Geißelung, Dornenkrönung und Kreuzigung gehabt, so lebendig, als wenn er dies noch einmal wirklich in der Tat für die Welt litte.

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2. Warum Christus in der hl Messe
    sein Leiden wahrhaft erneuert.

8. Im Vorigen Teil diese Kapitels ist zur Genüge gezeigt worden, daß Christus in der hl. Messe seien Leiden wahrhaft erneuert. Vielleicht ist aber manchem die Ursache davon nicht recht bekannt, und darum wollen wir diese in diesem Abschnitt genauer auseinanderzusetzen versuchen. Der hochgelehrte und tieffromme Pater Dionysius aus dem Karthäuserorden gibt dafür schöne Gedanken an die Hand, indem er im Namen Christi folgendes ausführt: „Das Opfer der hl. Messe wird täglich für eure Versöhnung und Reinigung und für euer Heil in der Kirche dargebracht. Denn mit solch brennender Liebe habe ich euch geliebt, so freigebig war ich gegen euch gesinnt, daß es mir nicht genug war, einmal mich euch zu widmen und einmal für euch geopfert zu werden, sondern in dem abgrundtiefen Quell meiner unendlichen Weisheit habe ich dieses tiefe Geheimnis erfunden, um unaufhörlich bei euch zu bleiben, mich euch anzubieten und geopfert zu werden."

9. Siehe doch, welche Liebe der Heiland zu uns hegt, daß er bei uns bleibt und von unserer Mitte aus sich immer wieder dem Vater opfert, wie er es einst am Kreuzgetan hat! Dadurch wird sein Flehen zum Vater dringender und dringender auch sein Rufen zu uns, daß wir alles das uns zueignen lassen, was er uns am Kreuz an wunderbaren Gnaden erworben hat. Aus Liebe zu uns Menschen hat er drei Stunden in bitterer Qual am Kreuz gehangen. Um das wieder gutzumachen, was unser so vielfacher Ungehorsam Schlimmes anrichtet, ist der Sohn Gottes gehorsam geworden bis zum Tod, ja bis zum Kreuzestod, so gehorsam, daß er nicht bloß den bitteren Tod, sondern sogar den schimpflichsten und qualvollsten Tod auf sich genommen hat. Darum hat ihn Gott auch erhöht und ihm einen Namen gegeben, daß in seinem Namen sich beugen die Knie derer, die im Himmel, auf der Erde und unter der Erde sind (Phil 2). Er hat seine Herrlichkeit angetreten, ist auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel, dort thront er zur Rechten des Vaters. Dort haben wir ihn als „Fürsprecher beim Vater, Jesus Christus den Gerechten" (1 Jo 2,2). Dort zeigt er dem Vater seine Wundmale.
Aber seitdem das Wort Fleisch geworden ist und unter uns gewohnt hat, hat sein Bleiben unter uns nicht aufgehört. Nicht bloß im Himmel zeigt er seine Wundmale, sondern aus der Mitte derer, für die er Mensch geworden ist und gelitten hat, ruft er immer wieder zum Vater um Gnade und Barmherzigkeit. O wie viele Menschen mögen wohl durch dieses Flehen gerettet sein und bis zum Ende der Zeiten noch gerettet werden, die ohne dieses Opferleben Christi auf Erden das Heil nicht erlangt, hätten! Geistigerweise am Kreuz hängend, ruft er zum Vater um Gnade; uns selbst aber ruft er auf, daß wir sein Leiden betrachten und seine Liebe immer mehr zu verstehen suchen, um im vollsten Maß all dessen teilhaftig werden zu können, was er uns durch sein bitteres Leiden verdient hat.
Das ist also das Mittel, das er in seiner unendlichen Weisheit zur Rettung der Seelen erfunden hat: das allerheiligste, allerhochwürdigste und allergöttlichste Meßopfer, in dem er täglich, ja unaufhörlich für uns leidet und mit allmächtiger Stimme zu Gott um Gnade und Barmherzigkeit ruft.

10. Hiervon schreibt Pater Bollandus im Leben der hl. Jungfrau Coleta (6.März), wie diese große Dienerin Gottes eine besondere Liebe zur hl. Messe trug und diese jeden Tag mit größter Andacht mitzufeiern pflegte. Als nun einmal der Priester bis zur Wandlung gekommen war, fing sie plötzlich an, laut aufzuschreien und zu sagen: "O mein Gott! O Jesus! O ihr Engel und Heiligen! O ihr Menschen und Sünder! Seht und hört Zeichen und Wunder!" Nach der Messe fragt der Priester, weshalb sie denn so erbärmlich gerufen und geweint habe. „Was hast du denn gesehen?" fragte er. Sie antwortete: „Obwohl solche Dinge so hoch und so göttlich sind, daß es sich nicht geziemt, davon zu reden, so will ich dennoch auf unsere Weise etwas davon verständlich zu machen suchen. Als Euer Hochwürden das hochhl. Sakrament emporhoben, sah ich Christus wie am Kreuz hängend, mit blutenden Wunden etwa folgendes zu Gott rufend: Siehe an, mein Vater, die Gestalt, die ich am Kreuz gehabt und für die Welt erlitten habe! Siehe an meine Wunden, siehe an mein vergossenes Blut, beherzige mein Leiden, beherzige meinen Tod! Dies alles habe ich deswegen gelitten, damit die armen Sünder gerettet werden und nicht verloren gehen möchten. Nun aber willst du sie wegen ihrer Sünden verdammen und dem Teufel übergeben. Wer vergilt mir dann mein Leiden, wer vergilt mir dann meinen bitteren Tod? Von den Sündern in der Hölle werde ich keinen Dank zu gewärtigen haben, die werden vielmehr mich und mein Leiden ewig verfluchen. Wenn sie aber selig würden, so würden sie mich ewiglich preisen und mir Dank sagen für mein bitteres Leiden. Darum bitte ich dich, o liebster Vater, verschone doch die armen Sünder um meinetwillen, und wegen meines bitteren Leidens bewahre sie vor der ewigen Verdammis."

11. Aus diesen Worten vernimmst du, wie treulich der liebe Heiland bei der Messe für uns bittet und zum himmlischen Vater um Barmherzigkeit ruft. Denn da die Messe eine Erneuerung des Leidens Christi ist, deswegen muß auch bei derselben das vorgehen, was am hl. Kreuz geschehen ist. Damals rief Christus mit lauter Stimme:
„Vater verzeihe ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun." Ebenso ruft er auch bei der hl. Messe vom Altar aus, und zwar für die Sünder der ganzen Welt, besonders aber für die jene, welche die hl. Messe mitfeiern. Diese seine Stimme ist nicht matt oder schwach, sondern allmächtig und von einer unendlichen Kraft. Denn sie zerteilt die Wolken, durchdringt den Himmel und dringt ein in das väterliche Herz. Hier erfüllt Christus das Amt eines Fürsprechers, wovon der hl. Johannes spricht: „Wir haben einen Fürsprecher beim Vater, Jesus Christus, den Gerechten, und dieser ist die Versöhnung für unsere Sünden" (1 Jo 2,1f.).
Hier erfüllt er auch, was der hl.. Paulus sagt: „Jesus Christus, der gestorben ist, der auch auferstanden ist, der zur Rechten Gottes sitzt, bittet für uns" (Röm 8,34). Er bittet zwar im Himmel für uns, vornehmlich aber auf dem Altar, weil er da sein priesterliches Amt verwaltet.

12. Diesem gibt auch Zeugnis der hl. Laurentius Justiniani, er sagt: „Während Christus auf dem Altar geopfert wird, ruft er zu seinem Vater und zeigt ihm die Wundmale seines Körpers, auf daß er durch seine Fürbitte die Menschen vor der ewigen Pein bewahre." O, wie viel Gutes erwirkt Christus mit seinem Gebet am Altar! Wie oft wären Land und Leute zugrunde gegangen, wenn Christus sie nicht durch sein Gebet erhalten hätte! Wie viele Tausende wären jetzt in der Hölle statt im Himmel, wenn nicht Christus sie durch seine allmächtige Fürbitte davor bewahrt hätte! Nun denn, Sünder, Sünderin, gehe gern und oft zur hl. Messe, auf daß du der Fürbitte Christi teilhaftig und vor vielem Übel bewahrt wirst! Was du nicht durch dich erhalten kannst, kannst du durch diesen deinen allmächtigen Fürbitter bei Gott erlangen.

13. Aus dem Gesagten dürfte nun die erste Ursache, warum Christus sein Leiden in der hl. Messe erneuert, klar sein: er will nämlich so kräftig, wie er am Kreuz getan, für uns bitten und durch Vorweisen seines Leidens seinen Vater zur Barmherzigkeit bewegen. Nun wollen wir noch einen zweiten Grund vorbringen, der uns ebenfalls sehr nutz- und trostreich ist, nämlich damit uns durch das hl. Meßopfer die Verdienste seines schmerzlichen Kreuzesopfers zugeeignet werden möchten.
Um dieses besser zu verstehen, sollst du wissen; daß Christus in seinem ganzen Leben, besonders aber am Kreuz, einen unendlichen Schatz von Verdiensten erworben hat, die er damals nur jenen Gläubigen austeilte, die zum Empfang dieses Schatzes fähig waren. Diesen Schatz teilt er noch täglich bei vielen Gelegenheiten aus, vorzüglich aber bei der hl. Messe. Hierüber spricht ein christlicher Geisteslehrer:
„Was am Kreuz ein Opfer der Erlösung war, das ist in der hl. Messe ein Opfer der Zueignung, durch welches der Wert und die Kraft des Kreuzesopfers einem jeden Menschen besonders zugeeignet wird." Dieses sind sehr schöne und trostreiche Worte, über die jeder Gerechte und Sünder sich herzlich freuen soll. Wir arme Sünder haben die Gnade nicht gehabt, dem Kreuzesopfer Christi auf dem Kalvarienberg anwesend zu sein und dort uns der Früchte desselben teilhaftig zu, machen; wenn wir aber an der hl. Messe mit Andacht teilnehmen, so wird uns der Wert und die Kraft des Kreuzesopfers oder des Leidens Christi zugeeignet, einem jeden nach seiner Andacht.

14. Nun merke, was das für ein Nutzen ist, daß der göttliche Heiland sein Leiden für uns erneuert und uns dasselbe schenkt und zueignet. Warum meinst du, daß er das tut? Weil wir es ganz als unser eigen betrachten und zu unserem größten Nutzen Gott aufopfern sollen. Was dieses Opfern bringt, das kannst du bei der hl. Mechthild lernen, zu der Christus sagte: „Siehe, ich schenke dir alle Bitterkeit meines Leidens zu eigen, auf daß du dieselbe mir wiedergibst und opferst, als ob es deine eigene wäre. Wer nun dieses tut, dem gebe ich es doppelt wieder.
Und wie oft er mir es wiederum opfert, immer gebe ich es ihm verdoppelt wieder. Und das ist dasjenige, was ich gesagt habe: er wird es hundertfältig wiederbekommen und das ewige Leben besitzen" (Mt 16,29). Sind das nicht tröstliche Worte? Sind wir bei der hl. Messe nicht überaus glücklich, daß Christus uns einen so großen Schatz schenkt und wir ihn so leicht vermehren und vergrößern können? Sooft du ihm etwas von seinem Leiden aufopferst, so oft bekommst du dasselbe vermehrt wieder. Das ist ja ein schneller Verdienst, ein leichtes Mittel, reich zu werden!

15. Noch eine dritte Ursache finde ich, warum Christus in der hl. Messe sein Leiden erneuern wollte, nämlich damit seine Gläubigen, die seinem Kreuzesopfer nicht dabei sein konnten, an der hl. Messe teilnehmen und dabei ebensoviel erwirken können, als wenn sie bei seinem Kreuz gestanden hätten, insofern sie beides mit gleicher Andacht täten. Pater Molina sagt darüber: „Christus hat angeordnet, daß seine Kirche stets dasselbe Opfer darbringen sollte, das er am Kreuz dargebracht hat, nicht freilich in blutiger, sondern unblutiger Weise, trotzdem aber so, daß es dasselbe sein sollte in der Wesenheit und in allem, was der Wesenheit folgt. Indem ich sage, dasselbe Opfer, so sage ich, daß der hl. Messe innewohnt eine Unendlichkeit der Gnaden und Vorzüge. Denn weil die Messe ebendasselbe Opfer ist wie das Kreuzopfer, so muß sie ja dieselbe Kraft und Verdienste haben und Gott dem Vater so angenehm sein, wie es das Kreuzopfer war. Daß aber die hl. Messe wirklich und wesentlich dasselbe Opfer ist, folgt daher, weil die Opfergabe dieselbe und der eigentliche Priester derselbe ist, weil sie ferner ebendemselben Gott aufgeopfert wird und weil auch die Ursache zum Opfer dieselbe ist. Der Unterschied besteht einzig und allein darin, daß die hl. Messe auf eine andere Weise vollbracht wird als das Kreuzesopfer. Denn damals wurde Christus unter Blut und Schmerzen geopfert, jetzt aber unblutig und ohne Schmerzen."

16. Beherzige doch diese hohen und nachdrücklichen Worte, mein lieber Leser, und achte darauf, was für ein unschätzbares Opfer die hl. Messe ist, welch hohen Wert sie hat und welch gewaltige Kraft sie besitzt. Denn nicht allein geistreiche Lehrer, sondern die katholische Kirche selbst sagt es, daß das Kreuzesopfer und Meßopfer ein Opfer seien (Trient Sitzung 22, Kap. 2). So muß ja daraus folgen, daß man durch das Messehören Christus ebenso großen Gefallen erweisen und ebenso großes Verdienst erwerben kann, als wenn er auf dem Kalvarienberg unter dem Kreuz gestanden hätte, wenn er nur bei der Messe solche Andacht haben könnte wie unter dem Kreuz. Sind wir denn nicht über die Maßen glücklich, indem wir täglich dem Leiden Christi beiwohnen und der süßen Früchte desselben teilhaftig werden können? Sind wir denn nicht über die Maßen glücklich, weil wir gleichsam leiblicher Weise bei unserem gekreuzigten Jesu stehen, ihn mit unseren Augen anschauen, mit unserem Mund ihn anreden, ihm unsere Not klagen und Hilfe und Trost von ihm erwarten dürfen? O ihr Christen, achtet diese Gnade, die Christus euch täglich erweist, sehr hoch! O ihr Christen, versäumt diese Gnade, die euch Christus täglich erweist, niemals! O ihr Christen, macht euch des Schatzes, den euch Christus täglich anbietet, täglich teilhaftig!

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9. Kap. - In der hl. Messe wird Christi Tod erneuert.

1. Nach dem Zeugnisse des hl. Johannes hat Christus gesagt: „Eine größere Liebe hat niemand als diese, daß er sein Leben hingibt für seine Freunde." (Joh 15,13.) Weil nämlich niemand etwas Köstlicheres oder Angenehmeres hat als sein Leben, so kann er einem auch nichts Kostbareres mehr geben. Die Liebe Christi gegen uns Menschen ist unvergleichlich größer gewesen, weil er seine Seele hingegeben hat nicht für seine Freunde, sondern für seine ärgsten Feinde, und zwar nicht eine gewöhnliche, sondern die allerheiligste, alleredelste Seele.
Er sagt: „Ich gebe mein Leben ein für meine Schafe." (Jo 10,15.) Diese Worte scheinen etwas Besonderes zu bedeuten. Denn er sagt nicht: Ich will mein Leben einsetzen oder ich habe es eingesetzt, sondern ich setze es ein. Als wollte er sagen: Ich tue es immer, unaufhörlich gebe ich mein Leben für meine Gläubigen hin. Dieses nun tut er täglich bei der hl. Messe, in der er seinen Tod erneuert. Wie das geschieht will ich erklären.

2. Früher pflegte man in der Fastenzeit das Leiden Christi in einem Passionsspiel darzustellen. Dabei wurde ein junger Mann an ein Kreuz geheftet, der nach langem Hängen endlich zu sterben schien und sich so ohnmächtig stellte, als wenn er vor lauter Todesschmerzen bereits seinen Geist aufgäbe, so daß die Umstehenden zu lauter Mitleid bewegt wurden. Nicht so geschieht es bei der Messe, da hier niemand die Person des sterbenden Heilands vertritt. Er hat dieses keinem Engel oder Heiligen anvertrauen wollen, weil nur er allein es kann. Damit Gott und der ganze Himmel täglich vor Augen haben, wie erbarmungswürdig er am Kreuz gestorben ist, stellt er selbst in allen Messen ihnen seinen Tod vor, wie er ihn am Kreuz gelitten hat. Das will ich zunächst wieder mit einer Geschichte erklären und danach aus der Lehre der Theologen beweisen.

3. P. Cäsarius aus dem Kloster Heisterbach schreibt: Bei uns war ein Mönch namens Gottschalk. Als dieser vor 6 Jahren in der Christnacht an einem Seitenaltar zelebrierte, sah er nach der Wandlung an Stelle der hl. Hostie ein so schönes Kindlein in seinen Händen, daß auch die Engel an solcher Schönheit ihre Freude haben mußten. Nicht lange danach erkrankte er, und vor seinem Tod offenbarte er seinem Obern diese Erscheinung. Dieser erzählte dies dem Pfarrer Adolf von Deifern, der seufzend erwiderte: Warum offenbart Gott solche Dinge den heiligen und im Glauben vollkommenen Männern, vielmehr sollte er uns armen Sündern solche Erscheinungen zukommen lassen, damit unser schwacher Glaube gestärkt würde. Als er nun nicht lange danach bei der hl. Messe die hl. Hostie brechen wollte, siehe, da sah er darin ein überaus schönes Knäblein sitzen und ihn freundlich anlächeln. Hierüber erschrak er anfangs gar sehr, und er mußte sich erst ein wenig erholen, bis er das Kindlein mit Freuden anzuschauen wagte. Nach einer Weile wollte er wissen, was auf der anderen Seite der Hostie sein möchte, drehte diese um und sah Christus am Kreuz bangend, wie er gleich darauf sein Haupt neigte und seinen Geist aufzugeben schien. Dieser Anblick ging dem Priester so tief zu Herzen, daß er Tränen vergoß. Die Gestalt des sterbenden Heilands blieb lange vor seinen Augen, und lange stand er da, ohne zu wissen, ob er mit der hl. Messe einhalten oder fortfahren sollte. Unterdessen verschwand die Gestalt des sterbenden Heilands, und der Priester vollendete die hl. Messe unter vielen Tränen.
Das Volk wollte wissen, was ihm geschehen sei, und warum er so langsam Messe gelesen habe. Deshalb stieg er auf die Kanzel, erzählte ihnen die Erscheinung des Christkinds und wollte ihnen auch die Gestalt des sterbenden Christus erklären. Aber sein Herz war so weich, daß er kaum ein verständliches Wort hervorbringen konnte, deswegen stieg er von der Kanzel, brachte mehrere Tage in Reue über seine Sünden und Betrachtung des bitteren Leidens zu und erzählte vielen frommen Leuten die gehabte Erscheinung. Diese blieb ihm all sein Lebtag so tief ins Herz eingedrückt, daß er sein Leben besserte, seine begangenen Sünden abbüßte und seinen Pfarrkindern fortan mit dem besten Beispiel voranleuchtete.

4. Aus dieser Erzählung können wir einigermaßen entnehmen, auf welche Weise unser treuer Erlöser seinen bitteren Tod Gott und dem ganzen Himmel bei der hl. Messe vor Augen stellt, nicht um sie zu betrüben, sondern ihnen die große Liebe, mit der er einen so gar bitteren Tod zur Erlösung der Welt gelitten hat, zu erkennen zu geben. O, wenn wir auch die Gnade haben möchten wie jener Priester, wie gerne würden wir zur Messe gehen, wie andächtig würden wir die Messe hören, und was für ein herzliches Mitleiden würden wir mit unserem Erlöser haben! Sehen wir dieses auch nicht mit den Augen unseres Kopfes, so sehen wir es doch mit den Augen unseres Verstandes und halten es fest durch den Glauben unseres Herzens. Sooft wir diesen Glauben erwecken, so oft tun wir Christus einen großen Dienst und verdienen jedesmal einen sehr großen Lohn. Auf daß wir aber dieses desto fester glauben, so gibt uns Christus bei der hl. Messe einige klare Andeutungen seines Todes, welche von den Gottesgelehrten folgendermaßen erklärt werden.

5. Als Christus beim letzten Abendmahl die Konsekration vornahm, da wollte er dies nicht auf einmal, nicht unter einer Gestalt tun, sondern er wollte zweimal und unter zweierlei Gestalten konsekrieren, um uns seinen Tod aufs lebendigste vor Augen zu stellen. Er hätte ja über das Brot sprechen können: dies ist mein Leib und mein Blut. Wenn er aber dieses getan hätte, so wäre die Gestalt des Brotes keine klare Vorstellung seines bitteren Todes gewesen. Darum wollte er durch die Wandlungsworte zuerst das Brot allein in seinen hl. Leib verwandeln und danach den Wein ebenso allein in sein hl. Blut und beides so getrennt seinen Jüngern zu essen und zu trinken geben. So hat er es auch seiner Kirche hinterlassen, daß die Priester zunächst das Brot in seinen Leib verwandeln und zur Anbetung emporheben, und danach den Wein in sein hl. Blut konsekrieren und emporheben, und auf diese Weise dem Volk ein klares Bild seines Todes vor Augen stellen sollen.

6. Hierüber schreibt der hl. Gregor von Nazianz also: „Zögere nicht, für mich zu beten, wenn du durch das Wort (bei der Wandlung) das Wort (d.h. den Sohn Gottes) herabzieht, wenn du in unblutiger Scheidung den Leib und das Blut des Herrn schlachtest mit dem Opfermesser seines Wortes." Die Wandlungsworte sind also deswegen, weil durch sie Christi Leib und Blut unter den getrennten Gestalten gegenwärtig wird, das geistige Schwert, durch welches das Opferlamm auf dem Altar geschlachtet wird. Wie beim Tod Christi sein Blut ganz von seinem Leib getrennt wurde,
so wird auch beim Meßopfer durch die sakramentale Trennung des Blutes von seinem hl. Leib sein Tod dargestellt.

7. Weiterhin sagt sehr schön unser P. Gervasius: „Was in der hl. Messe geopfert wird, ist Christus, aber nicht in der Gestalt, in der er im Himmel ist, sondern wie er unter den Gestalten des Brotes und Weines ist, unter denen er wie tot erscheint. Denn er ist da in einem solchen Zustand, daß er weder Hand noch Fuß bewegen, noch durch seine Glieder ein lebendiges Werk verrichten kann, obwohl er die Werke der Seele, nämlich die des Verstandes und des Willens, übt." Nicht wie ein Lebendiger in seiner himmlischen Gestalt, sondern wie leblos erscheint hier unserem Blick der verherrlichte Christus.

8. Wie diese Darstellung und Erneuerung des bitteren Todes Christi dem allmächtigen Gott gefällt, mag keine menschliche Zunge genug erklären und auslegen, etwas weniges können wir wohl davon reden und verstehen. Denn indem Christus in der hl. Messe dem himmlischen Vater seinen Tod vor Augen stellt, zeigt und opfert er ihm auch wieder den schweren Gehorsam, den er ihm bereitwillig geleistet hat. Er war ihm zwar in allem vollkommen gehorsam, gleichwohl aber verlangte kein Gehorsam von ihm so Furchtbares und seiner Natur Widerstrebendes wie dieser, daß er sein edles Leben, welches ihm über alle Maßen lieb war, lassen und den allerbittersten Tod erleiden sollte. Diesen harten Gehorsam beschreibt der hl. Paulus mit den Worten: „Er hat sich selbst verdemütigt und ist gehorsam geworden bis zum Tod, ja bis zum Tod am Kreuz." Auf daß wir aber auch wissen sollten, wie angenehm dieser harte Gehorsam dem Vater gewesen sei und wie reichlich er ihn belohnt habe, fügt er hinzu: „Deswegen hat Gott ihn auch erhöht und ihm einen Namen gegeben, der über alle Namen ist." (Phil 2,8f.). Diesen vortrefflichen Gehorsam opfert Christus seinem Vater bei der hl. Messe auf und zugleich mit diesem auch die heroischen Tugenden, mit denen er gestorben ist und welche er in seinem Sterben geübt hat, nämlich seine höchste Unschuld, seine tiefste Demut, seine unüberwindliche Geduld und seine heiße Liebe, die er nicht allein zu seinem Vater, sondern auch zu seinen Kreuzigern, zu seinen Feinden und zu den undankbaren Sündern trägt.

9. Er zeigt ihm auch die überbitteren Schmerzen, die er im Sterben gelitten hat, die harten Todesstöße, die sein Herz empfunden, die Todesangst, die er ausgestanden, den grausamen Schrei, den er getan hat, und endlich den allergrimmigsten Stoß, welcher sein Herz gebrochen hat. Dies alles stellt er ihm so lebhaft dar, als wenn es eben jetzt geschähe und von neuem wiederholt würde, und erneuert dadurch das unendliche Wohlgefallen, welches Gott damals am freiwilligen Tod seines allerliebsten Sohnes hatte, als er sah, wie bereitwillig er denselben ihm zulieb und zu seiner größeren Ehre auf sich nahm. Wie nun Christus damals den Zorn seines Vaters gestillt, den Sündern Barmherzigkeit erworben und die Welt mit Gott versöhnt hat, so tut er dies immer wieder in allen hl. Messen und erwirbt uns so großes Heil, daß wir ihm nie genug dafür danken können.

10. Laßt uns dieses nun genauer betrachten und aus den Zeugnissen der Geisteslehrer vernehmen, wie viel uns dieser erneuerte Tod Christi nütze. Ich verweise zuerst auf den hl. Papst Gregor, der sagt: „Dieses Schlachtopfer bewahrt die Seelen in besonderer Weise vor dem ewigen Untergang, indem es den Tod des eingeborenen Sohnes Gottes durch dieses heilsame Geheimnis darstellt."
O, wohl ein tröstlicher Spruch für alle diejenigen, welche sich wegen ihrer Sünden vor der ewigen Verdammnis fürchten. Sagt ja doch der hl. Gregor, der mit der Taube als dem Sinnbild des Hl. Geistes abgebildet wird, der geistliche Tod Christi bei der hl. Messe habe solche Kraft, daß er die Seelen in besonderer Weise vor dem ewigen Tod bewahre. Willst du denn also vor dem ewigen Tod bewahrt werden, so höre fleißig die hl. Messe, verehre den bitteren Tod Christi, und opfere ihn Gott auf zur Bewahrung deiner Seele vor dem ewigen Tod.

11. Sehr denkwürdig ist auch, was der gelehrte Mansi schreibt: „Weil der eingeborene Sohn des Allerhöchsten, der sich auf dem Altar des Kreuzes zum blutigen Schlachtopfer dargebracht hat, in der hl. Messe wiederum aufgeopfert wird, so folgt daraus unfehlbar der Schluß, daß die Zelebration einer hl. Messe an sich denselben Wert habe wie der Tod unseres Erlösers." Daß dies wahr ist und wie dieser kostbare Spruch zu verstehen sei, wirst du aus dem folgenden vernehmen.

12. Überaus tröstlich spricht der Kardinal Hosius: „Wiewohl wir Christus in der Messe nicht wiederum töten, so eignen wir uns seinen Tod doch nicht anders zu, als wenn er jetzt den Tod auf sich nähme. In dem blutigen Kreuzesopfer war sein Tod blutig, bei dem unblutigen Meßopfer ist er unblutig und geistig. Den noch bringt er die Wirkungen des blutigen Todes in derselben Weise hervor, als wenn er wirklich im gegenwärtigen Augenblick stürbe." Sind das nicht wunderbare und überaus denkwürdige Worte, daß nämlich der erneuerte oder geistige Tod Christi ebensoviel bewirkt und uns ebensoviel nütze, wie uns der leibliche und schmerzliche Tod Christi genützt hat? Dies behauptet der Kardinal und fügt noch folgende Worte hinzu:
„Der Tod Christi und seine Früchte wird uns in der hl. Messe so zugeeignet, als wenn Christus wirklich sterben würde." Wenn nun dem so ist, o, was für eine gewaltige Kraft muß dann die hl. Messe haben und wie viel Gutes muß sie demjenigen bringen, der sie andächtig mitfeiert! Wenn du auf dem Kalvarienberg bei deinem sterbenden Christus gewesen wärst, o, was für Heil, was für Gnaden und was für geistige Güter würdest du davongetragen haben! Ebenso viele und ebenso große Güter könntest du bei jeder hl. Messe erwerben und davontragen, wenn du dich nur ebenso verhieltest, wie du dich bei deinem sterbenden Christus verhalten hättest.

13. Nun merke, was der Abt Rupertus hiervon sagt: „So wahr als Christus am Kreuz hängend allen, die ihn erwartet haben, Verzeihung der Sünden erwirkt hat, ebenso wahr erwirkt er unter den Gestalten des Brotes und Weines dieselbe Verzeihung der Sünden." Wie das geschieht, wird im 15. Kapitel erklärt. Aus diesem Ausspruch aber können wir den Trost schöpfen, daß wir durch andächtiges Mitfeiern der hl. Messe einen guten Teil von den Strafen für unsere Sünden abbüßen und auslöschen können.

14. Gar schön sagt ferner P. Segneri: „Das Kreuzopfer war die Ursache, daß alle Sünden vernichtet werden konnten; das Meßopfer aber ist die Ursache, daß die Kraft des vergossenen Blutes Christi diesem und jenem besonders zugeeignet wird. Der Tod und die Marter Christi haben den Schatz angesammelt, das Meßopfer aber teilt denselben aus. Der Tod Christi ist eine Schatzkammer für alle; die Messe aber ist der Schlüssel, welcher dieselbe öffnet." Das sind ja tröstliche Worte, die allen jenen, die an Verdiensten arm sind, Mut machen sollen, fleißig zur Messe zu gehen und durch dieselbe ihre Armut zu bereichern. Denn wenn du zur Messe kommst, dann übergibt dir Christus den Schlüssel zu seiner überreichen Schatzkammer und erlaubt dir, hineinzugehen und, soviel als du tragen kannst, d.h. entsprechend der Größe deiner Andacht, herauszunehmen und dir zuzueignen,

15. Pater Segneri fährt weiter und sagt: Merkt deswegen, was es heißt, Messe lesen und Messe hören. Es ist ebensoviel, als bewirken, daß derselbe Gott, der für alle Menschen insgemein gestorben ist, für mich und für dich und für einen jeden, der bei der hl. Messe ist, wiederum stirbt, geradeso als wenn er für einen jeden den Tod erlitte." Nimm doch diese Worte zu Herzen, mein lieber Leser, und bedenke doch, was für eine Liebe dir Gott erweist, wenn du ihm zulieb zur Messe gehst. Er vergilt dir diesen Dienst so reichlich, daß er noch einmal sein Leben für dich dargeben und dir die Verdienste seines Todes schenken will. Er stirbt für dich geistiger Weise und ist auch bereit, für dich noch einmal leiblicher Weise zu sterben, wenn es sein könnte und nötig wäre.

16. Denn die Muttergottes sagte zu einem großen Diener Gottes: „Mein Sohn liebt die Messehörenden so sehr, daß er für einen jeden, wenn es nötig wäre, so vielmal sterben würde, wie er andächtige Messen sein Lebtag gehört hat." Das sind so wunderbare Worte, daß man sie kaum glauben möchte, gleichwohl sind sie der unendlichen Liebe Christi entsprechend, die ihn antreibt, täglich nicht nur einmal, sondern vieltausendmal geistiger Weise für die Sünder zu sterben. Lerne hieraus, daß du täglich mit Andacht die hl. Messe besuchst und es dir so vorstellst, als wenn du mit Christus auf den Kalvarienberg gingst und bei ihm in seinem Leiden und Sterben sein wollest.
Das lehrt dich der gottselige Thomas von Kempen, der sagt: „Wenn du Messe liest oder hörst, so soll dir das so groß und neu zu sein scheinen, als wenn Christus am selbigen Tage zum ersten Male am Kreuzhangend litte oder stürbe" (Nachfolge Christi 4,2). Ja, er leidet und stirbt wahrhaftig geistiger Weise für einen jeden, der die Messe mitfeiert, und zwar mit derselben Liebe, mit der er für alle Sünder zusammen leiblicher Weise gestorben ist.

17. O Gott, was ist das für eine Liebe und Gnade, daß Jesus Christus, der Sohn Gottes, für alle Messe Mitfeiernden gleichsam wieder stirbt! O, was für ein großer Nutzen entspringt uns hieraus! Was für ein großes Heil können wir dadurch erlangen, welch reiche Verdienste erwerben! Wenn du auf dem Kalvarienberg gewesen wärst und hättest Gott die grausamen Todesschmerzen seines sterbenden Sohnes aufgeopfert, meinst du nicht, daß er dir alle deine Sünden verziehen hätte, wie dem reuigen Schächer? Ohne allen Zweifel hätte der mildreiche Vater dir reuevollem Sünder vollkommenen Ablaß all deiner Schulden und Strafen wegen des allerbittersten Todes seines liebsten Sohnes von Herzen erteilt. Nun, so tue dies denn auch bei der hl. Messe, weil dein Jesus da ja. leiblicherweise gegenwärtig ist und die traurige Gestalt seines Hinscheidens annimmt!

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10. Kap. - In der hl. Messe wird die Blutvergießung
                Christi erneuert.

1. Der hl. Apostel Paulus berichtet, wie es im Alten Testament Brauch war, mit dem Blut der Schlachtopfer das Volk zu besprengen und dadurch alles zu reinigen und zu heiligen. Seine Worte lauten: „Als Moses alle Gebote des Gesetzes dem Volk vorgelesen hatte, nahm er das Blut von Stieren und Böcken mit Wasser und purpurroter Wolle und Ysop und besprengte das Buch selbst und alles Volk und sprach: Dies ist das Blut des Bundes, den Gott mit euch geschlossen hat. Auch das Zelt und alle Gefäße zum Dienst besprengte er gleichfalls mit dem Blut. Und mit Blut wird nach dem Gesetz fast alles gereinigt, und ohne Blutvergießen gibt es keine Vergebung" (Hebr 9,19-22). Diese Blutvergießung und Besprengung war eine Vorbedeutung der Ausgießung des göttlichen Blutes Christi, durch das wir viel besser von unseren Sünden gereinigt werden als die Juden von den ihrigen. Denn so sagt der hl. Paulus: „Wenn das Blut der Böcke und Stiere und die Bestreuung mit der Asche einer Kuh die Verunreinigten heiligt, so daß sie leiblich rein werden, wie viel mehr wird das Blut Christi, der im Hl. Geist sich selbst als ein unbeflecktes Opfer Gott dargebracht, unser Gewissen reinigen von toten Werken, damit wir dem lebendigen Gott dienen?" (Hebr 9,13f.)

2. Hier möchte aber jemand sagen: Christus hat sein Blut bei seinem Leiden vergossen; wir waren aber damals noch nicht geboren, deswegen sind wir dieser großen Gnade beraubt worden. Betrübe dich nicht darüber, mein lieber Christ, denn das hl. Blut Christi ist damals ebenso für uns vergossen worden, wie für die damaligen Gläubigen. Außerdem aber hat Christus noch ein anderes Mittel erfunden, kraft dessen er noch täglich sein hl. Blut vergießt und unsere Seelen damit besprengt und reinigt. Willst du wissen, wann und wo dies geschieht, so sage ich dir: in jeder hl. Messe und das will ich dir ausführlich beweisen.

3. Als ersten Zeugen führe ich den hl. Augustinus an, der sagt: „Da (in der hl. Messe), wird das Blut Christi für alle Sünder vergossen." Diese Worte sind so klar, daß sie keiner Auslegung bedürfen, und dieser Zeuge ist so zuverlässig, daß ihm niemand widerspricht. Als zweiter Zeuge diene der hl. Chrysostomus mit folgenden Worten: „Das Lamm Gottes wird für dich geschlachtet, das Blut fließt geistiger Weise vom Altar. Das Blut, welches im Kelch sich befindet, wird zu deiner Reinigung aus der unbefleckten Seite geschöpft." Diese Worte sind sehr bedenkenswert, weil damit gesagt wird: wenn der Priester die Worte der Wandlung über den Kelch ausspricht, so schöpft er gleichsam das rosenfarbene Blut aus der Seite Christi, das aus dieser hl. Seite in den Kelch fließt und aus dem Kelche geistiger Weise auf die Seelen der Gegenwärtigen gesprengt wird.

4. Die Worte der Wandlung lauten also: „Dies ist der Kelch meines Blutes usw., das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden." Diese Worte hat Christus gesprochen und damit den Wein in sein Blut verwandelt. Diese Worte sprechen auch alle Priester auf Befehl Christi. Sie sprechen dieselben aber nicht narrativ, als wollten sie am Altar nur erzählen, was Christus getan hat (denn wenn ein Priester dieses täte, so würde er nicht konsekrieren), sondern sie sprechen diese Worte assertiv, bestimmend, d.h. das soll jetzt wahr werden, wie es ja auch wirklich wahr wird, daß der Wein in das wahrhaftige Blut Christi verwandelt wird.

5. Nun aber sagt der Priester nicht allein: „Dies ist der Kelch meines Blutes," sondern er sagt auch: „das für euch und für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden." Gleichwie nun die ersten Worte unfehlbar erfüllt werden, gerade so muß es auch mit den folgenden Worten der Fall sein. Daraus folgt also, daß das hl. Blut in der hl. Messe wahrhaft vergossen wird. „Für euch und für viele," d.h. für euch Anwesende und für viele Abwesende, d.h. für jene, welche die hl. Messe bestellt haben, ferner für diejenigen, welche gerne dabei wären, wenn sie es nur könnten, aber wegen Krankheit, Gefangenschaft, wichtiger Geschäfte oder weiter Entfernung gehindert sind, in die Kirche zu kommen, und darum die hl. Messe zu Hause Gott aufopfern oder sich wenigsten darin empfehlen. Auch für diese vielen wird das Blut Christi in der hl. Messe vergossen zur Vergebung der Sünden.

6. Ist das nicht ein hohes Geheimnis, eine unbegreifliche Liebe Christi gegen uns arme Sünder? Sollen wir es denn glauben dürfen, daß der göttliche Heiland, welcher sein teures Blut bis auf den letzten Tropfen vergossen hat, dasselbe aber- und abermals alle Tage und Stunden vergießen will? O wirklich eine große Gnade, ein großes Heil widerfährt denen, die der hl. Messe beiwohnen. Denn das Blut Christi wird für sie vergossen, und zwar zur Vergebung ihrer Sünden. „Denn sooft das Blut Christi vergossen wird, wird es zur Vergebung der Sünden vergossen," sagt der hl. Ambrosius. Wer wollte denn nicht gerne zur hl. Messe hineilen, da er versichert ist, daß er dort Verzeihung der Sünden erlangt?

7. Hier mögest du noch etwas tiefer bedenken, was für eine Gnade uns widerfährt, da wir das hochheiligste Blut Christi wahrhaft in der hl. Messe bei uns haben. Es gibt kein größeres oder kostbareres Heiligtum in der ganzen katholischen Kirche, da ein einziges Tröpflein vom Blut Christi infolge seiner Vereinigung mit der göttlichen Natur mehr aufwiegt und wert ist als alle Schätze der ganzen Welt, ja auch des ganzen reichen Himmels. Dies allerteuerste Blut haben wir in der hl. Messe nicht allein gegenwärtig, sondern haben es auch zu eigen, und es gehört uns so, wie einem ein geschenktes Gut nur immer gehören kann. Denn weil Christus in der hl. Messe unser eigen ist, wie im fünften Kapitel gesagt worden, so ist auch sein hl. Blut unser eigen, und wir können es wie unser Eigentum Gott aufopfern.

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1. Wie das hl. Blut in der hl. Messe ausgesprengt wird.

8. Im ersten Teil dieses Kapitels haben wir vernommen, daß das hl. Blut in allen hl. Messen vergossen wird, von der Besprengung aber haben wir bisher noch nichts weiter gesagt. Wisse also, daß, gleichwie das allerheiligste Blut in der hl. Messe wahrhaft vergossen wird, es geradeso über alle Anwesende geistiger Weise auch ausgesprengt und über ihre Seelen ausgegossen wird. Dafür haben wir ein klares Vorbild im Alten Testament, wovon Paulus (Hebr 9) berichtet, daß Moses das vergossene Blut der Opfertiere über alles Volk ausgegossen und dabei gesagt hat: „Dies ist das Blut des Bundes, den Gott mit euch geschlossen hat."
Fast ebendieselben Worte hat Christus beim letzten Abendmahl über den Kelch gesprochen: „Dieses ist der Kelch meines Blutes, des neuen und ewigen Testamentes" usw. Der hl. Paulus fügt noch hinzu: „So mußten die Vorbilder der himmlischen Dinge durch dergleichen gereinigt werden, das Himmlische selbst aber erfordert vorzüglichere Opfer" (Hebr 9,23). Als wollte er sagen: Die jüdische Synagoge, die ein Vorbild der katholischen Kirche war, wurde durch Besprengung mit dem Blut von Böcken und Kälbern gereinigt, die katholische Kirche aber wird mit dem Blut des Gotteslammes gereinigt. Nun kann aber nichts mit Blut oder Wasser gereinigt werden, es werde denn damit benetzt oder besprengt. Weil denn also unsere Seelen in der Messe durch das Blut Christi gereinigt werden, so müssen sie damit auch besprengt werden. Dafür führe ich folgende Beweise an.

9. Der hl. Chrysostomus sagt: „Wenn du bei der hl. Messe siehst, wie der Herr als Schlachtopfer daliegt, wie der Priester vor dem Opfer steht und betet, wie das dabeistehende Volk mit dem rosenfarbenen Blut besprengt wird, glaubst du dann noch unter Menschen zu weilen und dich auf Erden zu befinden?" Hier sagt also dieser vortreffliche Kirchenlehrer, daß das Volk bei der hl. Messe mit dem Blut Christi besprengt wird. Mit ebenso klaren Worten aber spricht es schon der Apostel Johannes aus, indem er schreibt: „Christus hat uns geliebt und uns von unseren Sünden mit seinem Blut gewaschen." (Offb 1,5). Siehe, hier sagt der hl. Johannes, daß Christus uns nicht allein mit seinem hl. Blut besprenge, sondern sogar uns darin wasche.

10. Ich will aber noch ein klares Zeugnis des hl. Paulus heranziehen, der sagt:
„Ihr seid herangetreten zu Jesus, dem Mittler des Neuen Bundes, und zur Besprengung mit seinem Blut, welches besser spricht als das des Abel" (Hebr 12,24). Hier frage ich nun: Wann treten wir zu Jesus, zu unserm Mittler und Fürsprecher, wenn nicht bei der hl. Messe, ganz besonders, wenn wir diese so vollständig mitfeiern, daß wir in derselben auch die hl. Kommunion empfangen? Denn in der hl. Messe übt er das Amt eines Priesters, ja des allerhöchsten Priesters, und dessen Amt ist es ja, für das Volk zu bitten. Wenn wir denn also in der hl. Messe zu ihm als zu unserm Mittler treten, so treten wir zugleich zu der „Besprengung des Blutes", welche in der hl. Messe geschieht, freilich nicht leiblicher, sondern geistiger Weise. Das heißt: Nicht unsere Körper werden mit dem Blut Christi besprengt, sondern unsere Seelen. Bei seinem Leiden vergoß Christus sein hl. Blut, und es floß auf die Hände und das Gewand der Schergen, ja gar auf die Steine und die Erde. In der hl. Messe vergießt er ebendasselbe Blut, dies fließt aber nicht auf die Erde noch auf die Körper, sondern auf die Seelen der Anwesenden. Ja, gleichwie Moses das jüdische Volk mit dem Blut der Opfer und der Priester das christliche Volk mit Weihwasser besprengt, auf dieselbe Weise besprengt Christus die Seelen mit seinem Blut.

11. Diese geistige Besprengung nützt uns viel mehr als die leibliche. Das ergibt sich schon daraus, daß die Schergen samt den umstehenden Juden mit diesem göttlichen Blut an ihren Händen und Gesichtern besprengt und trotzdem nicht dadurch gereinigt oder bekehrt, sondern vielmehr verhärtet und verbittert wurden. Wenn aber der leidende Jesus damit ihre Seelen besprengt hätte, so würden sie ohne Zweifel dadurch erweicht, bekehrt und gereinigt worden sein. Also würde es auch uns wenig nützen, wenn bei der hl. Messe unsere Leiber mit dem Blut Christi besprengt würden, gar viel aber nützt es uns, wenn das an unserer Seele geschieht, weil dieselbe dadurch gereinigt und geheiligt und über die Maßen schön geziert wird.

12. Höre, was die hl. Magdalena von Pazzi hierüber sagt: „Wenn die Seele dieses Blut empfängt, so erwirbt sie solche Würde, als wenn sie mit einem kostbaren Kleid angetan wäre, ja, sie glänzt und leuchtet so schön, daß, wenn du den Glanz deiner mit diesem Blut besprengten Seele schauen könntest, du ihr fast göttliche Ehre erweisen möchtest!" O, wohl denkwürdige Worte! Glückliche Seele, die mit solcher Schönheit geziert ist! Glückselig das Auge, das eine solche Schönheit schauen durfte! Ach lieber Leser, gehe doch oft in die hl. Messe, damit du in derselben mit dem Blut Christi besprengt und mit kostbaren Kleidern angetan wirst, in welchen du ewiglich vor allen Engeln und Heiligen glorwürdig erscheinst. Auf daß aber dein Glaube hieran noch mehr gestärkt werde, will ich ein denkwürdiges Beispiel erzählen.

13. Zur Zeit des Papstes Urban IV. war um das Jahr 1263 in Bolsena*nördlich von Rom ein Priester, der, als er in der hl. Messe die Worte der Wandlung über die hl. Hostie ausgesprochen hatte, durch Eingebung des Teufels zu zweifeln anfing, ob denn auch die hl. Hostie der wahre Leib Christi sei. Er dachte und sprach bei sich: „Ich sehe ja nichts daran, fühle und merke nichts daran. So ist es denn nicht wahr, daß es Christus sei, sondern es ist nur Brot." Gleichwohl fuhr er in der Messe fort und hob die konsekrierte Hostie in die Höhe. Nun siehe und höre Wunder, was nun geschah: Die erhobene hl. Hostie fing an, von Blut zu fließen, gleichwie ein zarter Regen von den Wolken herab träufelt. Der Priester aber war bei diesem Anblick so erschrocken, daß er nicht wußte, was er tun oder lassen sollte. Er blieb eine Weile mit der erhobenen Hostie gleichsam in Verzückung dastehen und sah, wie das rosenfarbene Blut so mild aus der hl. Hostie floß. Das anwesende Volk, welches dieses sah, wurde so bewegt, daß es anfing, laut aufzuschreien:
„O hl. Blut, was bedeutet dies? O göttliches Blut, wer ist die Ursache deiner Vergießung?"
Andere schrieen: „O rosenfarbenes Blut, fließe auf unsere Seelen und reinige uns von unsern Makeln! O kostbares Blut, tilge aus unsere Sünden und rufe zu Gott um Barmherzigkeit!" Der eine schlug auf seine Brust, der andere weinte heiße Tränen. Durch dieses verwirrte Geschrei des Volkes kam der Priester wieder zu sich und wollte die hl. Hostie auf das Korporale niederlegen. Er sah aber, wie dasselbe mit dem hl. Blut so befeuchtet war, daß er kaum ein trockenes Plätzchen finden konnte, um sie darauf niederzulegen.
Da gingen ihm die Augen auf, er erkannte seinen Fehler und bereute seinen Unglauben von ganzem Herzen. Nach der Kommunion faltete er das blutbefleckte Korporale zusammen, versteckte es, so gut er konnte, und wollte dieses große Wunderzeichen verheimlichen. Das Volk aber kam nach der Messe zu ihm, fragte ihn, was unter derselben geschehen sei, und wollte wissen, ob es wirklich wahr sei, was es gesehen hatte. Da ward der Priester genötigt, das hl. Korporale zu zeigen. Und als nun das andächtige Volk dasselbe voller Blut sah, da ward es innerlich so erschüttert, daß es auf seine Knie fiel, an seine Brust schlug, bitterlich weinte und die göttliche Barmherzigkeit herzlich anrief.
Die Geschichte von diesem Wunder verbreitete sich weit und breit, von allen Seiten strömten zahlreiche Gläubige nach Bolsena und wollten das große Wunder sehen.
[Mit der Darstellung des Wunders von Bolsena hat Raffael eine der Stanzen des Vatikans geschmückt. Das wunderbare Korporale wird in einem besonderen Reliquienschrein im Dom zu Orvieto aufbewahrt.]

14. Als Papst Urban IV. dieses erfahren hatte, befahl er dem Priester zu ihm kommen und das Korporale mitzubringen. Der Priester kam mit großer Angst, fiel vor dem Papst und den versammelten Kardinälen und Geistlichen nieder und bat unter Tränen wegen seiner begangenen Sünde um Barmherzigkeit. Der Papst fragte, was er denn Böses getan habe. Nun erzählte er alles und zeigte das blutige Korporale. Da fiel der Papst samt allen Kardinälen und Geistlichen auf die Knie, küßten zur Verehrung des hl. Blutes das Korporale und wurden im Anschauen desselben tief bewegt. Der Papst ließ dem hl. Blut zu Ehren eine herrliche Kirche zu Bolsena erbauen und befahl, daß das Korporale dort mit Ehren aufbewahrt und jährlich an dem Tag, da dieses Wunder geschehen, in einer feierlichen Prozession herumgetragen werden soll. Dieses Wunder war eine von den Hauptursachen, daß das Fest des hl. Fronleichnams für die ganze Kirche eingesetzt wurde.

15. Was zu Bolsena vor mehreren hundert Jahren sichtbar geschehen, geschieht noch täglich in allen Kirchen bei allen hl. Messen: wenn der Priester Gottes bei dem höchsten Gottesdienst die hochwürdigste Hostie und den Kelch emporhebt, so fließt das rosenfarbene göttliche Blut aus beiden gleichwie ein feiner Regen aus den Wolken herab, nicht auf die Erde, auch nicht auf die Häupter der Menschen, sondern auf die Herzen, auf die Seelen und auf die Gemüter der Anwesenden, nicht allein auf die Frommen, sondern auch auf die Unfrommen. Die Frommen reinigt, schmückt und ziert es, es macht sie fruchtbar an guten Werken, es labt sie in ihren Schwachheiten, es lindert ihre Anfechtungen und wirkt viel Gutes bei jedem nach dessen besonderen Fähigkeiten. Die unfrommen Seelen aber sucht es fromm zu machen, die verstockten Herzen sucht es zu erweichen, die sündigen Gemüter sucht es zu bekehren, und allen Feinden Gottes bietet es die Gnade und Freundschaft Gottes an. Wenn aber der Sünder so sehr verstockt ist, daß er die Gnade Gottes nicht annehmen will, so ruft das hl. Blut dennoch für ihn zu Gott und hält die gerechte Strafe Gottes auf.

16. Siehe, wie viel Gutes dies gnadenreiche Blut sowohl bei den Sündern wie bei den Frommen bewirkt, wie nützlich es sowohl für die Sünder wie für die Gerechten ist, daß sie fleißig in die hl. Messe gehen. Denn diese reinigt es von ihren Sünden, wie der hl. Johannes sagt: „Das Blut Jesu Christi, seines Sohnes, reinigt uns von unseren Sünden" (1 Jo 1,7). Die Sünder möchte es auch gern reinigen, weil sie aber nicht wollen, so bereitet es sie nach und nach darauf vor. So beherzige denn, o gottliebende Seele, was für eine große Gnade dir widerfährt, indem du in einer jeden hl. Messe wahrhaftig mit dem kostbaren Blut Jesu Christi besprengt, gereinigt und geziert wirst. O könntest du dich selbst sehen in solcher Zierde und Schönheit, wie herzlich würdest du dich freuen, wie innig würdest du Gott danken, wie eifrig würdest du zur hl. Messe eilen und wie andächtig ihr beiwohnen! Wenn du auf dem Kalvarienberg unter dem Kreuz gestanden hättest und mit einem Blutströpflein Christi wärest besprengt worden, solltest du das nicht für eine große Gnade schätzen? Nun aber ist es ganz gewiß: wenn du der hl. Messe beiwohnst, so stehst du geistiger Weise wahrhaftig unter oder beim Kreuz und wirst geistiger Weise, an deiner Seele mit dem Blut Christi besprengt. Wenn du nun bei der Messe ebenso große Andacht hättest, wie du unter dem hl. Kreuz erweckt haben würdest, so würde dir die Besprengung des hl. Blutes ebenso nützen, wie die auf dem Kalvarienberg dir genützt hätte.

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2. Wie das hl. Blut für uns ruft.

17. Unter allen Gnaden und Wohltaten, welche wir bei der hl. Messe empfangen, ist eine der hauptsächlichsten, daß das göttliche Blut Christi, wenn es auf dem Altar vergossen wird, für uns zum Himmel ruft und Barmherzigkeit von Gott erbittet. O wie nützlich und heilsam ist dieses Rufen für die Sünder ! Wie mächtig hält es die schweren Strafen Gottes von ihnen ab! Alle schweren Sünden, die wir begehen, schreien ja zu Gott um Rache und fordern seinen Zorn gegen uns heraus, wie wir aus der hl. Schrift klar erkennen. Denn in Gen 18,20 heißt es: „Das Geschrei von Sodoma und Gomorrha hat sich gemehrt und ihre Sünde ist sehr schwer geworden." Aus diesen Worten entnehmen wir, daß die schweren Sünden zu Gott um Rache rufen. Ähnlich schreibt der hl. Jakobus (5,4): „Siehe, der Lohn der Arbeiter, welcher von euch vorenthalten worden, schreit, und ihr Geschrei ist zu den Ohren des Herrn der Heerscharen gekommen." Beim Propheten Isaias nennt Gott alle Sünden ein Geschrei, denn es heißt dort: „Ich hoffte, daß sie Recht täten und siehe, da war Unrecht; daß sie Gerechtigkeit übten, und siehe, da war Geschrei" (Is 5,7). Hieraus merken wir, welch ungeheures Geschrei aller Sünden unaufhörlich zu Gott emporsteigt und seinen gerechten Zorn gegen die Welt herausfordert.

18. Wer ist es nun, der diesen unendlichen Zorn Gottes besänftigt und die furchtbare Rache abwendet? Nichts im Himmel und auf Erden ist dazu tauglicher als die Stimme des kostbaren Blutes Jesu Christi. Denn wenn auch das Geschrei der vielen Sünden so ungeheuer ist, daß es bis in den hohen Himmel empor schallt, so ist doch die Stimme des vergossenen Blutes Christi viel mächtiger, weil sie allmächtig und unendlich ist und nicht allein die Luft, sondern davon den ganzen Himmel weit und breit anfüllt und das Herz unseres Gottes durchdringt. Wiewohl das ungeheure und abscheuliche Geschrei der vielen grausigen Laster und Ungerechtigkeiten sein Herz gewaltig erzürnt, so ist doch die Lieblichkeit der Stimme des vergossenen Blutes Christi so unendlich groß und schön, daß es allen Verdruß und Widerwillen aus dem Herzen Gottes vertreibt und dasselbe mehr besänftigt, als es von dem Geschrei der Sünden erzürnt worden ist.

19. Du möchtest aber fragen: Wie kann denn dieses hl. Blut zum Himmel schreien?
Ich frage hinwieder: Wie konnte das vergossene Blut Abels zum Himmel schreien? Dennoch sagt Gott zu Kain: „Die Stimme des Blutes deines Bruders schreit zu mir von der Erde" (Gen 4,10). So war denn diese Stimme nicht leiblich, sondern geistig, aber so mächtig, daß sie von der Erde bis zum Himmel hinaufstieg, das Herz des Vaters durchdrang und ihn zur Rache für diesen Brudermord aufrief. Ebenso ist auch die Stimme des vergossenen Blutes Christi in der hl. Messe geistig, aber so mächtig, daß sie den erzürnten Gott zur Barmherzigkeit zwingt. Daß nun dieses kostbare Blut Christi bei der hl. Messe zu Gott ruft, will der hl. Paulus sagen in den Worten: „Ihr seid herangetreten zu Jesus, dem Mittler des Neuen Bundes, und zur Besprengung des Blutes, das besser ruft als das des Abel" (Hebr 12,24). Sein Blick rief nicht, als es noch seinem hl. Leib angehörte, aber als es bei seinem bitteren Leiden schmerzlich und unschuldig vergossen wurde, schrie es mit allmächtiger Stimme um Barmherzigkeit für die Sünder.

20. Auch wenn dies kostbare Blut in der hl. Messe vergossen wird, schreit es mit gewaltiger, durchdringender Stimme zu Gott dem Allmächtigen, auf folgende Weise: „Siehe doch und erwäge, o gerechter Gott, wie ich, das allerkostbarste Blut deines eingeborenen Sohnes, so schmählich, so schmerzlich, so reichlich bin vergossen worden. Siehe und beherzige, wie gewaltig und wie grausam ich verunehrt, verflucht und mit Füßen getreten bin. Dies alles habe ich mit höchster Geduld gelitten deswegen, damit die Sünder durch mich sollten gereinigt und selig gemacht werden. Du aber, o strenger Gott, willst sie wegen ihrer Sünden verdammen und in den Abgrund der Hölle stürzen. Wer vergilt mir denn die Schmach, die ich ertragen? Wer bezahlt mir dann meine Beleidigungen? Die Sünder in der Hölle werden es gewiß nicht tun, sondern werden mich mit teuflischem Haß verfluchen. Wenn sie aber durch mich selig würden, so würden sie mich ewig preisen und mir allen möglichen Dank erweisen. Höre deswegen, o barmherziger Gott, mein gerechtes Geschrei, und meinetwegen verleihe den Sündern die Gnade der Bekehrung und Besserung ihres Lebens. Den Gerechten verleihe um meinetwillen Vermehrung der Gnaden und Standhaftigkeit in allem Guten."

21. Wenn nun das heilige Blut Christi in dieser Weise zu Gott ruft, sollte es dann möglich sein, daß Gott ein solches Rufen ausschlagen würde? Denn wenn das unschuldig vergossene Blut Abels mit einer so mächtigen Stimme von der Erde zum Himmel rief, daß es Gott selbst zur Rache wider den Brudermord gezwungen hat, wie Gott ja selbst bekennt: „Die Stimme von deines Bruders Blut schreit zu mir von der Erde, deswegen sollst du verflucht sein auf der Erde, die ihren Mund aufgetan und deines Bruders Blut von deiner Hand empfangen hat" (Gen 4,10f.) Wenn also das Blut Abels so viel vermochte, was wird dann nicht das allerunschuldigst vergossene Blut Christi vermögen, wenn es täglich bei der hl. Messe wiederum vergossen und Gott aufgeopfert wird? Der hl. Paulus schreibt: „Ihr, seid hinzugetreten zu der Blutvergießung, welche besser schreit als das Blut Abels." Denn dieses schrie um Rache, das Blut Christi aber schreit um Barmherzigkeit. Nun aber ist Gott mehr zur Barmherzigkeit geneigt als zur Rache, wie die Kirche in einem Gebet sagt: „O Gott, dem es eigentümlich ist, sich allzeit zu erbarmen und zu verschonen." Und der hl. Petrus sagt: „Der Herr hat Geduld (mit den Sündern) und will nicht, daß jemand verloren gehe, sondern daß alle sich zur Buße wenden" (2 Petr 3,9). So wird ja das Blut Christi viel leichter Barmherzigkeit erlangen, als das Blut Abels Rache erzwungen hat.

22. Dies göttliche Blut hat bei der Beschneidung, am Ölberg, bei der Geißelung, Dornenkrönung und Kreuzigung zu Gott um Versöhnung der Welt geschrien und hat das erhalten: „Christus hat die Welt mit Gott versöhnt" (vgl. 2 Kor 5,18). Dieses hl. Blut schreit auch bei der hl. Messe, nicht nur mit einer Stimme, sondern mit so vielen Stimmen, wie Blutstropfen vergossen worden sind. Es ruft mit durchdringender, allmächtiger Stimme, es ruft aus aller seiner menschlichen und göttlichen Kraft; es ruft nicht allein in einer, sondern in viel tausend täglichen Messen. Und es ruft nicht allein, sondern mit ihm rufen auch die Wunden Christi mit so vielen Worten, als Wunden am Leibe Christi waren. Es ruft mit ihm auch das Herz Christi mit so vielen Bitten, als Bewegungen in diesem Herzen waren. Und endlich ruft auch der Mund Christi mit so vielen Bitten, als Seufzer ihm entflohen sind. Wie sollte es nun möglich sein, daß dieses fünffache, mächtige Geschrei - aus dem Blut Christi, aus dem Herzen Christi, aus dem Mund Christi, aus den Wunden Christi, aus der Seele Christi das Herz des himmlischen Vaters, und wenn es schon von Stahl und Diamant wäre, nicht durchdringen sollte! Das kostbare Blut Christi ist von einer solchen Kraft, daß ihm alles, was im Himmel und auf Erden ist, weichen muß, und daß ihm selbst die göttliche Gerechtigkeit keine billige Bitte versagen kann.

23. Hier muß ich die Geschichte vom wunderbaren Korporale zu Walldürn erzählen, obwohl es in unserem Vaterland genug bekannt ist
[war] und in der Fronleichnamsoktav fleißig von Pilgern besucht wird. Im Odenwald, früher Erzbistum Mainz, liegt das Städtlein Walldürn, wo im Jahr 1330 der Pfarrer Otto, bei der hl. Messe nach der Wandlung den Kelch aus Unachtsamkeit umgestoßen hat, so daß das hl. Blut auf das Korporale floß. Aber siehe, bald sah er in der Mitte des Korporales Christus am Kreuz hängend und zu beiden Seiten von diesem Kruzifix elfmal das dornungekrönte und mit Blut überronnene Haupt Christi, so natürlich und kunstvoll, daß kein Maler dergleichen mit Farben hätte darstellen können. Darüber erschrak der Pfarrer so sehr, daß er erzitterte und große Strafe von Gott und von seiner Obrigkeit befürchtete.
Als die Messe aus und alles Volk gegangen war, brach er einen Stein aus dem Altar, steckte das Korporale hinein und verschloß das Loch, so gut er konnte. Gleichwohl fand er keine Ruhe mehr in seinem Gewissen und nahm sich die Sache so zu Herzen, daß er darüber in eine tödliche Krankheit fiel. Da er nun den Tod herankommen fühlte, ließ er einen benachbarten Pfarrer rufen und erzählte ihm, wohin er das blutige Korporale versteckt habe. Nach dessen Tod suchte dieser Pfarrer dasselbe und zeigte es dem Volk, wobei er erzählte, was geschehen war. Zur Bestätigung des Wunders brachte er das Korporale der geistlichen Obrigkeit und auf deren Befehl nach Rom zum damaligen Papst Urban V., der das Wunder bestätigte und allen Wallfahrern einen Ablaß verlieh.

24. Hier entsteht nun die Frage, warum Gott gewollt, daß das verschüttete Blut in Gestalt eines Kruzifixes und elfmal das Haupt Christi erscheinen sollte. Unter anderem meine ich, um anzuzeigen, daß das vergossene Blut Christi um Barmherzigkeit zu Gott rufe, da dieses durch nichts klarer dargestellt werden konnte, als, indem so oft das Haupt mit dem Mund erschien. Vielleicht waren aus dem Kelch elf Tropfen auf das Korporale gefallen. Da riefen diese zu Gott nicht um Rache und Strafe, sondern um Gnade und Barmherzigkeit, sowohl für den Pfarrer wie für das Volk, das dieses hl. Blut besuchen und verehren würde, wir erfahren es ja noch zu jetziger Zeit, daß die größten Sünder, welche ihre Sünden viele Jahre nicht mehr gebeichtet haben, dort vor dem hl. Blut zu wahrer Reue und aufrichtiger Beichte gelangen. Man kann zwar jetzt die hl. Häupter nicht eben klar mehr sehen, aber wenn man nahe bei dem unversehrten Korporale steht, so sieht man noch deutliche Flecken.

25. Wenn der Priester den Kelch opfert, so spricht er „Wir opfern dir, o Herr, den Kelch des Heiles, indem wir deine Milde anflehen, daß er vor dem Angesicht deiner göttlichen Majestät mit dem Geruch der Lieblichkeit emporsteige." Mit diesen Worten opfert er den Kelch deswegen, weil der Wein, der darin ist, in das Blut Christi verwandelt werden soll, das als Opfer von überaus lieblichem Geruch zu Gott emporsteigen soll. Der hl. Paulus sagt: „Christus hat uns geliebt und sich für uns alle als Schlachtopfer hingegeben, Gott zum lieblichen Geruch" (Eph 5,2). Als dies kostbare Schlachtopfer am Kreuz dargebracht und sein Blut so schmerzlich vergossen wurde, da stieg ein so lieblicher Geruch zum Himmel hinauf, daß dadurch der schlimme Geruch, der von, den schändlichen Götzenopfern und von den Sünden der Menschen aufgestiegen war, ganz vertilgt und vertrieben wurde. Denn Gott hatte größeres Wohlgefallen am Gehorsam Christi, als er an den Sünden der Menschen Mißfallen hatte. Deswegen sollst auch du bei der hl. Messe das Blut Christi Gott aufopfern, damit es ihm zum angenehmen Duft emporsteige und alles wegnehme, was du durch deine Sünden schmutzig und häßlich gemacht hast.
[Heilige können z.T. die Sünde riechen...]

26. Als der erblindete Patriarch Isaak seinen Sohn Jakob, der mit den Kleidern des Esau angetan war, küssen wollte, da sagte die Hl. Schrift: „Da Isaak den Duft seiner Kleider roch, segnete er ihn alsobald" (Gen 27,27) und wünschte ihm alles Wohlergehen an allen zeitlichen Gütern. Ebenso bewirkt der angenehme Geruch des Blutes Christi so viel, daß der liebe Gott einem frommen Menschen, der ihm dasselbe bei der hl. Messe aufopfert, ganz gewogen wird und ihm seinen göttlichen Segen samt besonderer Vermehrung seiner Gnade und himmlischer Güter mitteilt. Auch alle Heiligen erfreuen sich daran, weil der Duft dieses hl. Opfers gleichsam den ganzen Himmel durchweht und alle seine Bewohner herzlich erquickt und erfreut. Unterlasse es also nie, bei der hl. Messe das kostbarste Blut andächtig anzubeten, herzlich anzurufen und nachdrücklich aufzuopfern.

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11. Kap. - Die hl. Messe ist das vorzüglichste Brandopfer.

1. Im Alten Bund hatte Gott durch seinen Diener Moses hauptsächlich
    vier Arten von Opfern angeordnet, nämlich

  1. Brandopfer zur Anerkennung und Anbetung der höchsten Majestät Gottes;
  2. Lob- und Dankopfer für die von Gott empfangenen Wohltaten;
  3. Bittopfer, um neue Wohltaten von Gott zu erlangen;
  4. Sühnopfer zum Nachlaß der Sünden und Sündenstrafen.
      Jede Art wurde auf besondere Weise dargebracht, und man konnte
      nicht zweierlei Opfer auf einerlei Weise verrichten.

2. Vom Anfang der Welt bis auf Christus sind dem allmächtigen Gott unzählbare Brandopfer dargebracht worden, die ihm nach Zeugnis der Hl. Schrift lieb und angenehm waren. Nach dem Gesetz des Moses mußten die Juden täglich zwei einjährige, fehlerlose Lämmer als Brandopfer darbringen, eines morgens, das andere am Abend, am Sabbat aber morgens und abends jedesmal zwei Lämmer. An jedem Neumondtag mußte der Monat geheiligt werden durch ein Brandopfer von sieben Lämmern, zwei Rindern und einem Widder, ebensoviel mußten sie zu Ostern und Pfingsten sieben Tage nacheinander opfern und zum Laubhüttenfest sogar sieben Tage hindurch mehr als das Doppelte. Außer diesen Hauptfesten gab es noch andere, und neben diesen teuren gebotenen Opfern brachte noch jeder nach seiner Andacht Rinder, Kälber, Schafe, Lämmer, Widder, Tauben, Wein, Brot, Weihrauch, Salz und Ölkuchen, alles zu dem obengenannten vierfachen Opferzweck.

3. Dies alles beschreibe ich, damit du weißt, was für teure, mühselige und unsaubere Opfer die Patriarchen und jüdischen Priester früher hatten. Gleichwohl haben sie mit diesen ihren teuren und mühseligen Opfern Gott nur geringe Ehre erwiesen und geringen Lohn verdient, wie der hl. Paulus im Brief an die Hebräer öfter hervorhebt. Wenn es trotzdem heißt, sie seien „Gott zum lieblichsten Geruch" gewesen, so waren sie das nur als Vorbilder des blutigen Opfers Christi. Daraus nimm ab, wie bedauerlich die Juden waren und wie glückselig wir Christen sind. Denn der gütigste Jesus hat uns ein Brandopfer hinterlassen, das nichts kostet, leicht zu opfern ist und dennoch der göttlichen Majestät das angenehmste, dem Himmel das erfreulichste, der Welt das nützlichste und dem Fegfeuer das tröstlichste ist.

4. Wenn einer alle Schlachtopfer, die vom Anfang der Welt bis auf Christus geopfert worden, alle zusammen mit eigener Hand und höchster Andacht geschlachtet, verbrannt und Gott aufgeopfert hätte, so hätte ein solcher ohne Zweifel Gott durch diese viel-tausendmal tausend Opfer einen großen Dienst und besondere Anbetung erwiesen. Aber dieser Dienst und Gefallen wäre in keiner Weise mit demjenigen zu vergleichen, welcher der göttlichen Majestät entspringt aus einer einzigen hl. Messe, von einem armen Priester gefeiert und aufgeopfert von einem einfältigen Laien. Auf daß du dies glaubst, will ich dir erklären, was für eine Bedeutung ein Brandopfer hat und wie diese Bedeutung noch bei weitem höher durch die hl. Messe erfüllt wird.

5. Das jüdische Brandopfer war bestimmt zur Anerkennung der höchsten Majestät Gottes. Sollen wir das christliche Opfer mit dem Brandopfer vergleichen, so muß es ebenfalls sein ein Sakrifizium, für Gott allein bestimmt, in dem eine sichtbare Gabe von einem rechtmäßigen Priester zur Anerkennung der höchsten Herrschaft Gottes über alle Geschöpfe dargebracht und geheiligt wird. Der hl. Thomas von Aquin sagt (STh II II. q. 86): Durch diese Anerkennung bezeugt der Mensch, daß Gott ist der erste Anfang alles Bestehens und das letzte Ziel und Ende aller Seligkeit sowie der höchste Herrscher aller Dinge. Zur Bezeugung alles dessen und unserer schuldigen Untertänigkeit geben wir ihm eine sichtbare Gabe, die seiner höchsten Majestät angemessen ist, ganz und gar hin.

6. Dieses hochbedeutungsvolle Opfer hat Gott sich ganz allein vorbehalten und nie einem anderen zugestehen wollen. Bei Isaias (42,8) spricht er: „Ich bin der Herr, das ist mein Name; meine Ehre gebe ich keinem anderen, meinen Ruhm nicht den Götzenbildern", ähnlich heißt es ja auch im ersten der zehn Gebote. Hieraus erkennt man die Hoheit und Würde des Opfers, weil man es keinem Geschöpf, nicht der Muttergottes und nicht allen Heiligen zusammen aufopfern kann, sondern es muß ganz allein Gott als dem Allerhöchsten dargebracht und aufgeopfert werden. Er hat uns erlaubt, daß wir seine lieben Heiligen loben, lieben, ehren, anrufen, vor ihnen niederknien, ihnen Weihrauch und Kerzen anzünden und allerhand äußere und innere Dienste erweisen mögen; er hat uns aber niemals erlaubt, daß wir ihnen eine Messe oder ein Brandopfer aufopfern. Daher sagt das Konzil zu Trient: „Wiewohl die Kirche zu Ehren und zum Gedächtnis der Heiligen zuzeiten einige Messen zu lesen pflegt, so lehrt sie dennoch, daß nicht jenen das Opfer dargebracht werden darf, sondern allein Gott, der sie gekrönt hat, weshalb der Priester nicht sagt: ich opfere dir, Petrus oder Paulus, das Sakrifizium auf, sondern, indem er Gott für ihre Siege Dank sagt, ruft er ihre Fürbitte an, damit diejenigen für uns einzutreten sich würdigen mögen im Himmel, deren Gedächtnis wir auf Erden feiern" (Sitzung 22, Kap. 3). Die Kirche lehrt also, daß man keinem Heiligen die Messe aufopfern darf, sondern nur Gott. Tun wir das um eines Heiligen willen, so tragen wir zu dessen größerer Ehre im höchsten Maße mit bei.

7. Nun wollen wir erklären, wie und in welcher Meinung die Brandopfer gefeiert wurden, um daraus ihren hohen Wert zu erkennen. Im Alten Testament hatten sie ihren Namen daher, daß bei ihnen alles Fleisch auf dem Altar verbrannt wurde, was bei den anderen Opfern nicht geschah; bei diesen wurde vielmehr nur ein Teil verbrannt und das übrige von den Priestern und den Opfernden gegessen. Beim Brandopfer wurde deshalb alles verbrannt, um zu bezeugen, daß Gott alles zustehe und seiner Ehre und seinem Dienst alles geopfert werden muß. Wenn er dieses nach strengster Gerechtigkeit fordern wollte, so könnte er mit gutem Recht das Leben der Menschen als Opfer fordern, ähnlich wie er Abraham befohlen, daß er seinen Sohn Isaak opfern sollte. Er war aber zufrieden, als er den bereitwilligen Gehorsam Abrahams sah. Im Gesetz hatte er auch befohlen, man solle ihm die erstgeborenen Kinder aufopfern, und als Begründung hinzugefügt: „Heilige mir die Erstgeburt, denn alles ist mein" (2 Mos 13,2); er begnügte sich aber damit, daß die Mütter ihm die Kinder zum Tempel brachten und sie auslösten.

8. So mußte ihm auch der Sohn Mariens als der Erstgeborene aufgeopfert werden, aber wenn ihn seine Mutter auch mit fünf Sekel auslöste, war er doch damit nicht zufrieden, sondern das Kindlein mußte in seinem Herzen sprechen: „Schlachtopfer und Gaben hast du nicht gewollt, einen Leib aber hast du mir bereitet; an Brandopfern und Sühnopfern hast du kein Wohlgefallen: Siehe, ich komme, o Gott, deinen Willen zu erfüllen" (Hebr 10,5f.). So bot er schon beim Eintritt in die Welt seinen Leib als Opfer an, und seine Mutter, wenn sie ihn auch losgekauft hatte, mußte ihn dennoch später hergeben, daß er gepeinigt, geschlachtet und getötet würde, auf daß durch diesen kostbaren Tod alle Menschen von der Schuldigkeit, ihr Leben Gott hinzuopfern, befreit würden. Davon spricht der hl. Paulus (2 Kor 5,14f.): „Ist einer für alle gestorben, so sind alle gestorben, und für alle ist Christus gestorben." Weil nämlich sein Leben viel edler war als das Leben aller Menschen zusammen- genommen, so ist sein Tod allein viel mehr wert als der Tod aller Menschen. Weil nun Christus in jeder Messe Gott wieder als Opfer dargebracht wird, so empfängt der himmlische Vater mehr Ehre aus einer Messe, als wenn alle Menschen ihm ihr Leben als Opfer bringen würden.

9. Das hl. Meßopfer ist unter allen Werken der Andacht und Gottseligkeit darum das allervorzüglichste, weil wir darin nicht so sehr mit Worten als vielmehr durch das Werk bezeugen, daß wir zu seiner Ehre unser Leben hinzugeben verpflichtet sind. Es ist dasselbe, als wenn vorzeiten ein jüdischer Priester beim Opfer etwa gesagt hätte: „Gleichwie ich hier das Lamm Gott zu Ehren schlachte, so könnte auch Gott als der höchste Herr, wenn er wollte, uns allesamt vernichten. Denn er ist durchaus würdig, daß unser Leben ihm zu Ehren hingegeben würde, was ich durch das Schlachten dieses Opferlammes bezeuge, an dessen Stelle eigentlich mein eigenes Leben aufgeopfert werden müßte."

10. Darum sagt Pater Sanchez: „In der hl. Messe leisten wir Gott solchen Dienst und Ehre, daß ihm auf der Welt nichts Größeres geleistet werden kann. Denn wir bezeugen, daß seine Majestät so groß und mächtig sei, daß ihm nicht das Leben von Kälbern und Böcken, sondern das allerkostbarste Leben und teuerste Blut des allerhochwürdigsten Sohnes Gottes aufgeopfert werden muß." Beachte doch, was dieser Gelehrte von der Kostbarkeit der hl. Messe sagt und was für eine gewaltige, ja unendliche Ehre wir dadurch dem allmächtigen Gott erweisen können. Willst du daher nicht gern die hl. Messe besuchen, daß du zugleich mit dem Priester diese große Ehre deinem wahren Gott und rechtmäßigen Herrn verschaffst? Wenn du aber die hl. Messe aus Leichtsinn versäumst, so stiehlst du gleichsam deinem Gott diese Ehre, die du ihm durch die. hl. Messe hättest erweisen können.

11. Nun höre noch, was Marchantius sagt: „Was ist die hl. Messe anderes als eine tägliche Gesandtschaft an die hochhl. Dreifaltigkeit mit einem allerkostbarsten Geschenk, welches wir ihm zur Anerkennung seiner höchsten Herrschaft über alle Geschöpfe und zum Zeugnis unserer Untertänigkeit aufopfern? Ihm, als dem Urheber des Lebens und des Todes, wird das Leben und der Tod Jesu Christi als ein täglicher Tribut von der streitenden Kirche, unter Mitwirkung und in Gegenwart der triumphierenden Kirche aufgeopfert, damit ihm als dem einigen und dreifaltigen Gott die höchste Ehre von allen seinen Geschöpfen geleistet werde und damit auch seine höchste Macht, Weisheit, Güte und alle unendlichen Vollkommenheiten, die in diesem Geheimnisse hervortreten, würdig geehrt werden. Was kann dem höchsten Gott angenehmer sein, als daß Himmel und Erde zusammen seiner erhabenen Gottheit die höchste Ehre erweisen?"

12. Bei diesen Worten können wir uns wohl des Gebetes erinnern, das der Priester nach der Wandlung tiefgebeugt spricht: „Wir bitten dich in Demut, allmächtiger Gott, laß dies durch die Hände deines hl. Engels hingetragen werden zu deinem erhabenen Altar, vor das Angesicht deiner göttlichen Majestät", und können uns dabei vorstellen, daß die Engel vom Himmel herabgekommen sind, wunderbar geschmückt, und mit großer Freude und Andacht um den Altar knien und den Leib und das Blut Christi anbeten. Dann dürfen wir uns weiter vorstellen, als ob einer von ihnen, würdiger noch und schöner als die übrigen, die hl. Hostie für einen Augenblick zum Himmel trüge und sie dort dem Angesicht Gottes vorstellte.
Ach, noch viel größere Ehre und Freude ist es, die Gott durch das hochheilige Opfer empfängt, da ihm dieselbe nicht bloß von Menschen und Engeln, sondern von Christus selbst erwiesen wird. Christus allein weiß und kennt ja die unendliche Größe und Herrlichkeit der Majestät Gottes; er allein weiß auch, welche Ehre und Anbetung ihr gebührt. Deswegen kann er allein und außer ihm keiner Gott volle Ehre erweisen, und das tut er in allen hl. Messen. Obgleich die Engel und Menschen vieles zur Ehre Gottes tun können, so ist doch das schier wie nichts zu schätzen gegen die Ehre, welche Christus ihm erweist.

13. Denke dir einmal der Fall, daß der Türke unser Land eroberte und von uns verlangen würde, wir sollten sein schändliches Gesetz annehmen und Christus verleugnen, sonst würde er uns allesamt mit vielen Leiden martern und schließlich verbrennen. Wenn wir ihm nun einhellig antworteten, daß wir tausendmal lieber dieses alles leiden als von Christus abfallen wollten, und wenn wir dann die Leiden alle auf uns nähmen und lebendig verbrannt würden: sollte diese heroische Tat dem allmächtigen Gott nicht zum höchsten gefallen und zur größten Ehre gereichen? Und doch würde diese große Ehre gegen die unendliche Ehre, die der göttlichen Majestät gebührt, doch wie nichts oder wie ein Stäublein zu schätzen sein.
Da sich aber der glorwürdigste Sohn Gottes, ein Herr von unendlicher Majestät, auf dem Altar aufs tiefste erniedrigt und in dieser äußersten Demut die höchste Ehrfurcht erweist, so ist dies für die allerheiligste Dreifaltigkeit eine so große Ehre, daß ihr eine größere nicht kann erwiesen werden.

14. Da sich nun derselbe Sohn Gottes in unsere Gewalt gibt, auf daß wir ihn als ein unschuldiges Lamm gleichsam schlachten und der hochheiligen Dreifaltigkeit als wahres Brandopfer aufopfern sollen, verleiht er uns Gewalt, daß wir ihr so sehr Ehre und Dienst erweisen können, wie es der Macht und Erhabenheit Gottes zukommt. Durch etwas anderes als die hl. Messe können wir dies nicht. Hat uns denn also der göttliche Heiland nicht die größte Wohltat erwiesen, indem er dieses übergroße Opfer aus lauter Gnaden eingesetzt hat? Sind wir denn nicht verpflichtet, ihm von Herzen dafür zu danken und dasselbe zur Abtragung unserer Schuld zu benützen?
Du hast zu Anfang dieses Kapitels vernommen, wie manch teures Brandopfer die armen Juden dem allmächtigen Gott geopfert und wie sie sich aufs äußerste befleißigt haben, ihm seine gebührende Ehre einigermaßen zu leisten. Du aber hast ein unvergleichlich größeres Opfer, das dich nicht einen einzigen Cent kostet, sondern dir von Christus freiwillig geschenkt wird, und zwar zu dem Zweck, daß du es der heiligsten Dreifaltigkeit aufopfern und ihr die gebührende Ehre leisten sollst. Du aber wünschst gar nicht, dieses teure Geschenk anzunehmen und es deinem Gott und Herrn anzubieten. Daß ist gewiß schwer zu verantworten. Unterbrich daher bisweilen deine Geschäften, damit du eine hl. Messe mitfeiern und Gott dadurch das Opfer höchster Anbetung bringen kannst.

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12. Kap. - Die hl. Messe ist das allerhöchste Lobopfer.

1. Was für ein überaus mächtiger Herr der allmächtige Gott ist, kann kein Mensch begreifen und kein Engel aussprechen. Seine Wesenheit ist unendlich, seine Heiligkeit unergründlich, seine Herrlichkeit ist unschätzbar und seine Reichtümer sind unvergleichlich. Er ist die allerstrengste Gerechtigkeit, die allermildeste Barmherzigkeit, die liebenswürdigste Freundlichkeit und die wunderbarste Schönheit. Wiewohl alle Engel und Heiligen ihn von Herzen lieben, so erzittern sie dennoch vor seiner furchtgebietenden Majestät und beten dieselbe auf ihrem Angesicht liegend mit tiefster Ehrerbietung an. Aus allen Kräften loben, preisen und benedeien sie seine unendliche Vollkommenheit und können sich niemals ganz im Lob Gottes sättigen. Dieses Lob will Gott von ihnen haben, wie es ihm als dem höchsten Herrn gebührt und wegen seiner unendlichen Herrlichkeit im vollsten Maße zukommt.
Von Ewigkeit her, ehe noch etwas erschaffen war, lobte der allmächtige Gott sich selbst, und die drei göttlichen Personen freuten sich ihrer Majestät und Herrlichkeit. Gott Vater lobte die unergründliche Weisheit des Sohnes, Gott der Sohn lobte die allermildeste Güte des Hl. Geistes, und dieser pries die unendliche Allmacht des Vaters. Dies können wir den Offenbarungen der hl. Mechthild entnehmen, zu der Christus sagte: „Wenn du mich loben willst, so ehre mich in Vereinigung mit der allerhöchsten Verherrlichung, mit der Gott Vater in seiner Allmacht und der Hl. Geist in seiner Liebe mich von Ewigkeit geehrt haben, ebenso in Vereinigung mit der allerhöchsten Ehre, die ich durch meine unerforschliche Weisheit dem Vater und dem Hl. Geist, und der Hl. Geist durch seine unwandelbare Liebe dem Vater und mir von Ewigkeit geschenkt haben."

2. Durch seine unendliche Güte angetrieben, erschuf der liebe Gott Himmel und Erde, Engel und Menschen, lebendige und leblose Kreaturen, um auch von diesen nach seiner Würde und ihren Kräften gelobt und geehrt zu werden. Daß dieses seine hauptsächlichste Absicht war, bezeugt die Hl. Schrift (Spr 16,4): „Der Herr hat alles um seiner selbst willen gemacht", d.h. um von seinen Geschöpfen erkannt, gelobt und geehrt zu werden. Dies haben die Engel gleich nach ihrer Erschaffung getan, tun es noch jetzt und werden es tun in alle Ewigkeit. Dieses haben auch Sonne und Mond und alle Sterne getan, wie Gott selbst bei Job (38,4 u. 7) bezeugt:
„Wo warst du, als ich die Erde geschaffen? Da mich die Morgensterne lobten allzumal und alle Kinder Gottes jauchzten?" Diese Kinder Gottes waren die Engel, die schon erschaffen waren, als Gott die Erde schuf. Alle vernunftlosen und leblosen Geschöpfe, nämlich alle zahmen und wilden Tiere, alle Bäume und Pflanzen, alle Steine und Metalle, loben auch Gott, jedes nach seiner Art, und gereichen ihrem Schöpfer zur Ehre, weil er ihnen ihr Dasein gegeben hat. Darüber belehrte Christus die hl. Mechthild: „Wenn der Priester in der hl. Messe (bei der Präfation) spricht: Durch den die Engel deine Majestät loben, so lobe mich in Vereinigung mit dem himmlischen Lob, mit dem die hochhl. Dreifaltigkeit sich selbst lobt und von ihr gelobt wird, und welches überfließt in die seligste Jungfrau Maria und in alle Engel und Heiligen. Danach sprich ein Vaterunser und opfere es mir in Vereinigung des Lobes, mit dem mich loben Himmel und Erde und alle Kreaturen."

3. Wenn also alle Geschöpfe Gott loben, wie viel mehr sind dann die Menschen schuldig, Gott zu loben und zu preisen, weil sie ja hauptsächlich deswegen von Gott erschaffen und mit der Vernunft begabt worden sind. Das hat vor allen Vätern des Alten Testamentes David wohl beherzigt und im Wunsch, den höchsten Gott nach all seinen Kräften zu loben, die Psalmen gedichtet und selbst gebetet, in denen ja lauter Lob Gottes begriffen ist. Er muntert sich selbst darin zum Lob Gottes auf, ruft Himmel und Erde an und lädt alle Geschöpfe ein, daß sie ihm helfen sollen, seinen und ihren Gott aus allen Kräften zu loben. Damit auch seine Nachkommen fortfahren, Gott zu loben, hat er die Psalmen aufgeschrieben und sie den Priestern und Leviten ausgehändigt und ihnen befohlen, den Gott Israels täglich während des Gottesdienstes auf solche Weise zu loben und zu ehren.
Ähnlich haben es die drei Jünglinge im Feuerofen gemacht: sie haben mitten im Feuer mit heller Stimme das Lob Gottes gesungen und alle Geschöpfe dazu eingeladen mit den Worten: „Preist alle Werke des Herrn den Herrn, lobt und erhebt ihn in alle Ewigkeit! Lobt ihr Engel des Herrn den Herrn, lobt und erhebt ihn in Ewigkeit." (Dan 3,57f.).

4. Da nun die Juden Gott so gelobt haben, wie viel mehr sind wir Christen dazu verpflichtet, weil wir ja deswegen zu Kindern Gottes angenommen sind, wie Paulus an die Epheser (1,5f.) schreibt: „Er hat uns vorherbestimmt zur Kindschaft, zum Lob der Herrlichkeit seiner Gnade." Das heißt: Gott hat uns zu seinen Kindern angenommen, damit wir seine Glorie und Gnade preisen. Dies ist unsere Pflicht und Schuldigkeit, ja die aller Menschen, und zwar so sehr, daß sich gegen Gott versündigt, wer ihn zu loben unterläßt. Das haben viele fromme Könige, Kaiser und Fürsten so tief beherzigt, daß sie viele herrliche Kirchen gebaut und Klöster gegründet haben, damit Tag und Nacht Gott der Herr gelobt und gepriesen würde. Zu diesem Zweck hat auch die katholische Kirche angeordnet, daß jeder Geistliche, sobald er die Weihe des Subdiakonats (heute ab Diakonat) empfangen hat, von diesem Tag an bis zur letzten Krankheit unter Strafe der Todsünde täglich die sieben Tagzeiten beten und Gott loben soll. Ebendieselbe Pflicht haben alle zum Chordienst verpflichteten Klosterfrauen und auch alle Ordensgeistlichen. Sie alle setzen ihre Freude darein, bei Tag und bei Nacht ihren Gott und Schöpfer fleißig und andächtig zu loben.

5. Zum eifrigen Lob Gottes ermahnt die Hl. Schrift mit nachdrücklichen Worten, z. B.: „Preist den Herrn, so hoch ihr könnt, er ist doch noch höher; lobt den Herrn, erhebt ihn, so viel ihr könnt, denn er ist größer als alles Lob." (Sir 43,32f.) „Lobt den Herrn in seinen Kräften, lobt ihn nach seiner vielfältigen Größe." (Ps 150,2.) Wenn aber seine Größe all unser Lob übersteigt, wie sollen wir da unsere Schuldigkeit erfüllen können?

6. Da Christus sah, daß die menschliche Schwachheit den großen Gott niemals würdig werde preisen können, deswegen setzte er beim letzten Abendmahl die hl. Messe ein, die mit vollstem Recht ein Lobopfer genannt und von der Kirche täglich und stündlich bei Tag und Nacht dem höchsten Gott als ein wahres Lobopfer dargebracht wird. Wie oft muß der Priester am Altar sprechen: „Wir opfern dir auf ein Opfer des Lobes!" Beim Gloria spricht der Priester und singt der Chor: „Ehre sei Gott in der Höhe, ...wir loben dich, wir preisen dich, wir beten dich an, wir verherrlichen dich" usw. Nach der Präfation heißt es: „Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott der Heerscharen, Himmel und Erde sind voll seiner Herrlichkeit, Hosanna in der Höhe. Hochgelobt sei, der da kommt im Namen des Herrn, Hosanna in der Höhe!" Ist das nicht ein hohes Lob Gottes? Singen nicht die Seraphim im Himmel das dreimal Heilig? Haben das Hosanna nicht die unmündigen Kinder aus Eingebung des Hl. Geistes am Palmsonntag gesungen? So wiederholt die Kirche dieses hohe Lob alle Tage vieltausendmal und preist den großen Gott im allen Messen durch den Mund der Priester.

7. Gewiß ist es, daß wir Menschen zu dem Zweck erschaffen sind, um Gott zu loben und zu preisen, und zwar nicht bloß mangelhaft, sondern auf die allerbeste, ja, auf unendliche Weise. Denn, weil Gottes Größe unendlich ist, so gebührt ihm auch unendliches Lob. Wer will aber einen Lobgesang erfinden, der alle göttlichen Vollkommenheiten in sich begriffe, und der ihn preist nach seiner Würde? Weil das niemand kann, so sind wir Christus unendlichen Dank schuldig, daß wir durch die hl. Messe allen Mangel ersetzen und unserm Gott ein würdiges Opfer darbringen können.

8. Hierüber sagt der hl. Laurentius Justiniani: „Gewiß ist es; daß Gott durch nichts anderes mehr gelobt werden kann als durch das unbefleckte Opfer des Altares, welches Christus hauptsächlich deswegen eingesetzt hat, damit seine Kirche Gottes Lob vollbringen könne." Wenn wir also Gott würdig loben wollen, so können wir das nicht besser als durch Anhörung und Aufopferung der hl. Messe. Denn da wird Gott ein unendliches Lob, nämlich das göttliche Lob seines Sohnes, gebracht. Da preist Christus den himmlischen Vater in der Tat mit so hohem Lob, wie es der Würde Gottes entspricht und wie es weder die Engel noch Heiligen, viel weniger aber die Menschen können. Durch eine einzige hl. Messe empfängt Gott viel größeres Lob, als von allen Engeln und Heiligen je geleistet werden kann.

9. Pater Segneri erzählt von einer frommen Jungfrau, die aus Liebe zu Gott von der Begierde, ihn zu loben, entflammt war und deswegen oft zu Gott seufzte: „O, hätte ich tausend Zungen, mit welchen ich dich, o mein Gott, loben möchte! Hätte ich in meiner Gewalt alle Menschen, daß ich sie alle zu deinem Lob antreiben könnte! O, könnte ich allen Geschöpfen Verstand und Herzen geben, mit denen sie dich loben sollten! O, könnte ich neue Himmel erschaffen und sie mit Seraphim anfüllen! Hätte ich solche Kräfte, daß ich allein dich mehr preisen könnte als alle Geschöpfe, wie glücklich wollte ich mich schätzen!" Da hörte sie eine himmlische Stimme, die sprach: „Wisse, daß eine einzige hl. Messe mir nicht allein so viel Lob, wie du mir zu geben verlangst, sondern unvergleichlich größeres verschafft, als du dir nur irgendwie ausdenken kannst. Höre deshalb fleißig die hl. Messe und opfere mir das Lob derselben auf, dann kannst du deinen Herzenswunsch aufs vollkommenste erfüllen."

10. Nun erfaßt es, andächtige Seelen, was für ein überaus hohes Opfer die hl. Messe sein muß, da Gott, der Allerhöchste, aus ihr größere Ehre und Herrlichkeit empfängt als aus allem Lob und Gesang aller himmlischen Geister! Wenn der ganze Himmel unter Aufbietung aller seiner Kräfte zum Lob und Ruhm der allerheiligsten Dreifaltigkeit die herrlichste Prozession anordnete, deren Hauptperson die Muttergottes wäre, begleitet von den neun Chören der hl. Engel und den unzählbaren Scharen aller Heiligen und Seligen, wenn sie die wunderbarsten Lieder sängen und auf den wohlklingendsten Instrumenten spielten - würde diese herrliche Prozession nicht Gott zu besonders hohem Lob und Gefallen gereichen? Wenn aber die streitende Kirche einen einzigen Priester dazu senden könnte, der zum Schluß dieser Prozession eine hl. Messe zu Ehren der hochhl. Dreifaltigkeit lesen würde, was meinst du, daß dieser damit bewirkte? Ich sage dir, daß dieser arme Priester mit seiner einzigen Messe der preiswürdigsten Dreifaltigkeit ein unvergleichlich höheres Lob verschaffen würde, als diese wunderbare himmlische Prozession, und zwar um so viel größer, als der Sohn Gottes größer und höher ist als alle Kreaturen.

11. Wie müssen wir nun Christus loben und lieben, daß er durch Einsetzung des hl. Meßopfers uns ein so leichtes Mittel gegeben hat, die Majestät Gottes würdig zu ehren und nach ihrer ganzen großen Herrlichkeit zu loben! Diese Betrachtung sollte eine eifrige Begierde in uns erwecken, die hl. Messe sooft wie nur möglich zu hören, auf daß wir unsere Pflicht und Schuldigkeit im Lob Gottes auch erfüllen mögen, wozu er uns erschaffen und durch den wahren Glauben noch mehr berufen hat, „in dem wir zur Erbschaft berufen sind, damit wir zum Lob seiner Herrlichkeit dienten." (Eph 1,11f.) Solche Opfer verlangt Gott, wie er im Psalm 49,14 und 23 hat sagen lassen: „Opfere Gott ein Opfer des Lobes" und „ein Lobopfer wird mich ehren."

12. Daß wir durch die hl. Messe diese unsere Pflicht zu erfüllen die beste Gelegenheit haben und Gott mehr loben können als die Engel und Heiligen, will ich dir noch aus folgendem beweisen. Wenn du jemand loben willst, so mußt du wissen, was an ihm lobwürdig ist. Wüßtest du von ihm nichts Gutes, so könntest du auch nichts Gutes von ihm sagen. Weißt du aber viel Gutes von ihm, so kannst du auch viel Lobwürdiges von ihm erzählen. Ebenso ist es auch mit Gott. Die Engel und Heiligen wissen sehr viel Gutes von Gott, denn sie schauen ihn von Angesicht zu Angesicht und schauen dabei so viel Gutes an ihm, daß sie es gar nicht aussprechen können. Aber ihr Lob bleibt immer ein endliches und ist nie so hoch, wie die unendliche Hoheit Gottes es verdient.

13. Christus allein erkennt wegen seiner persönlichen Vereinigung mit der Gottheit vollkommen Gottes unendliche Größe und Lobwürdigkeit. An allen Orten, wo Christus seiner menschlichen Natur nach ist, lobt er deswegen Gott den Herrn nach seiner ganzen Größe und preist ihn so viel, wie er gepriesen zu werden würdig ist. Das tut Christus vorzüglich auf dem Altar bei der hl. Messe, und dadurch wird sie zum höchsten Lobopfer. Nun merke, was folgt: Das Lob, das Christus auf dem Altar Gott darbringt, opfert er auf hauptsächlich für diejenigen, die bei der hl. Messe sind, und ersetzt dadurch, was diese im Lobe Gottes versäumt haben. Ja, er schenkt ihnen dieses göttliche Lob, daß sie es wie ihr eigenes aufopfern und dadurch ihre hohe Schuldigkeit bezahlen sollen. Wenn nun ein Mensch dies tut und in seinem Herzen spricht: „Mein Gott, ich opfere dir auf all das Lob, das du jetzt von deinem Sohn auf dem Altar empfängst", so opfert er Gott ein höheres Lob auf, als alle Engel und Heiligen es können, denn diese opfern ihm nur ein erschaffenes und darum ein endliches, Christus aber und in Vereinigung mit ihm der Mensch bei der hl. Messe opfert ihm kein menschliches, sondern ein göttliches und darum unendliches Lob.

14. Wie sehr Gott im Himmel nach diesem Lob, welches sein eingeborener Sohn in der hl. Messe ihm darbringt, verlangt, das kannst du aus der Stelle beim Propheten Malachias (1,11) erkennen, wo Gott sagt, er habe kein Gefallen mehr an den Opfern der Juden, „denn vom Aufgang der Sonne bis zum Untergang wird mein Name groß werden unter den Völkern, und
an allen Orten wird meinem Namen geopfert und ein reines Opfer dargebracht werden; denn groß wird mein Name werden unter den Völkern spricht der Herr der Heerscharen."

15. Darum öffnen sich aber bei der hl. Messe selbst die Himmel, und die Engel steigen herab, um auch ihr Lob mit dem Lob Christi auf dem Altar zu vereinigen und es dadurch der göttlichen Hoheit und Schönheit würdig zu machen. So lesen wir es in den Offenbarungen der hl. Brigitta: „Als ein Priester bei der hl. Messe zur Wandlung kam, sah ich, als wenn Sonne und Mond mit allen Sternen und Planeten, ja, der ganze Himmel mit all seinen Kräften mit den wundervollsten Stimmen sangen, und wie ihr Gesang und Musizieren weit und breit gehört ward. Zu diesen kam eine unzählbare Menge der himmlischen Geister, deren herrliche Musik zu begreifen oder gar zu beschreiben unmöglich ist. Die Chöre der Engel schauten den Priester an und neigten sich vor ihm mit aller Ehrerbietung. Die Teufel aber erzitterten voll Angst und flohen voller Schrecken davon. Sobald die Wandlungsworte über das Brot gesprochen waren, da ward die Hostie wie in ein lebendiges Lämmlein verwandelt, das aber ein menschliches Angesicht hatte, und alle Engel beteten es an und dienten ihm. Es waren ihrer so viele wie Stäublein in den Strahlen der Sonne, und es war auch eine so große Menge heiliger Seelen gegenwärtig, daß ich ihre Scharen nach ihrer Ausdehnung in Höhe, Breite und Tiefe nicht übersehen konnte. Sie alle priesen zugleich mit den Engeln Gott und erwiesen dem Lamm ihre Ehre."

16. Welch große Anzahl Engel und Heiligen ist also bei der hl. Messe gegenwärtig, was für einen herrlichen Lobgesang singen alle diese dem allmächtigen Gott, und Sonn und Mond samt den Sternen und Himmeln stimmen darin ein! Inmitten dieser Engel und Heiligen stehst du, o andächtige Seele, wenn du bei der hl. Messe bist, und hilfst ihnen, deinen Gott zu loben und zu preisen. So erwäge denn bei dir, was für ein großes und vortreffliches Lob dem allmächtigen Gott durch das hochwürdigste Meßopfer gegeben wird; zuerst das Lob des Sohnes Gottes, das jenes aller Geschöpfe bei weitem übertrifft; dann aber das Lob der Engel und Heiligen und schließlich auch dein Loh und das der frommen Seelen, die zur hl. Messe hingeeilt sind.

17. Daraus erklärt sich nun, daß die allerheiligste Dreifaltigkeit durch jede hl. Messe unendlich Liebe, Lob und Ehre empfängt, und wie ihr das Lob, das ihr von uns aus fehlt, so reichlich erstattet wird, ja, noch mehr, wie all die Schmach und Lästerung, welche täglich Gott angetan wird, durch die hl. Messe gesühnt wird. Wenn das nicht wäre, so wäre es gar nicht möglich, daß die Welt noch stünde, in welcher und von welcher der allmächtige Gott täglich so grausam und so vieltausendmal gelästert wird. Wie sehr ihm diese Lästerungen mißfallen, sagt er uns durch den Propheten Isaias (52,5): „Was soll ich denn hier tun, spricht der Herr - immer den ganzen Tag wird mein Name gelästert!" Als wollte er sagen: Was soll ich mich länger um die Welt kümmern, in der ich unaufhörlich geschändet, gelästert und verflucht werde. Ich will deshalb von der Welt weggehen und sie der Gewalt des Satans überlassen. ja, ich will sie zerstören und ihre Gotteslästerer in die Hölle hinabstürzen. Gewiß hätte Gott reichlich Grund und Ursache dazu, da es ja gewiß ist, daß eine einzige Todsünde oder Gotteslästerung Grund genug wäre, die ganze Welt zu vertilgen.
[Bedenken wir, die Engel wurden für eine einzige Sünde für ewig in die Hölle gestoßen!]

Warum tut denn der gerechte Gott dies nicht? Was hält ihn davon ab? Ich meine, daß das allerhochwürdigste Meßopfer vor allen Dingen am meisten dies Übel verhindert. Denn obgleich die göttliche Majestät von den Gottlosen unaufhörlich gelästert wird, so wird eben diese göttliche Majestät von den Priestern unaufhörlich durch Aufopferung so vieler tausend täglicher Messen gepriesen und von Christus selbst nach aller Würdigkeit gebenedeit. Dieses Lob Christi und der Priester übertrifft bei weitem alle Lästerungen der Bosheit und leistet Sühne für die Schmach, welche Gott von den Lästerern zugefügt Wird.
Haben wir denn also nicht allen Grund, ja, sind wir nicht verpflichtet, Christus von Herzen zu danken, daß er uns aus lauter Güte die hl. Messe eingesetzt hat, durch welche die Welt in ihrem Bestand erhalten wird, durch welche die Gotteslästerer vor der Verdammnis zur Hölle bewahrt werden, durch welche unsere Versäumnisse im Lob Gottes ersetzt werden und der unendliche Gott aufs allerwürdigste gelobt, gepriesen und geehrt wird?

Gebet. Ewig und unendlich sei dir, o gütigster Jesu, Lob und Dank gesagt von mir und allen katholischen Christen, ja, von allen Bewohnern der ganzen Erde, wegen der unvergleichlichen Wohltat, die du uns durch die Einsetzung des hl. Meßopfers erwiesen hast und täglich und stündlich von neuem erweist. Wie können wir dieselbe besser vergelten als durch fleißiges und andächtiges Anhören derselben und durch Aufopferung des Lobes, das du dabei dem himmlischen Vater gibst und darbringst. Wollte Gott, ich könnte alle Menschen zum fleißigen Besuch der hl. Messe antreiben und ihnen den Geist der Andacht eingießen. Was ich nicht kann, das ersetze du, o Heiland, und gieße mir und allen Gläubigen den Geist der Andacht ins Herz, auf daß wir immer mehr in der Sehnsucht, die hl. Messe mitzufeiern, zunehmen und täglich dieselbe zum Lob der allerheiligsten Dreifaltigkeit aufopfern mögen. Amen.

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13. Kap. - Die hl. Messe ist das beste Dankopfer.

1. Die Wohltaten die wir von der göttlichen Freigebigkeit umsonst empfangen haben und noch täglich empfangen, sind so groß und vielfältig, daß wir dieselben nicht zählen, viel weniger vergelten können. Denn Gott hat uns erschaffen, er hat uns unsere fünf Sinne gegeben, er hat uns gesunde Glieder geschenkt, er hat uns eine Seele nach seinem Ebenbild erschaffen: diese hat der Hl. Geist mit dem Wasser der Taufe gereinigt, mit vielen Tugenden geziert und zu seiner Braut erwählt. Er hat einen Schutzengel zu unserem Dienst bestellt; er nährt uns als seine Kinder; er verzeiht uns durch die Buße unsere Sünden; er speist uns mit seinem allerheiligsten Fleisch und Blut; er erträgt mit Geduld die Schmach, die wir ihm zufügen; er wartet die Zeit unserer Bekehrung ab; er gibt uns gute Einsprechungen; er kommt uns zuvor mit seiner Gnade; er unterrichtet uns durch die Predigt; er bewahrt uns vor vielem Übel; er hört unser demütiges Gebet; er tröstet uns in unserer Trübsal; er stärkt uns in unseren Anfechtungen; er behütet uns vor offener Schande; er nimmt unsere guten Werke in Gnaden auf; kurz, er erweist uns unzählbare Wohltaten.

2. Trotzdem der gütige Gott uns diese Guttaten erwiesen, hat er sich doch noch nicht mit dieser seiner Freigebigkeit begnügt, sondern, als wenn das alles viel zu gering wäre, so hat er noch diese Gnade hinzugefügt, daß er uns zu seinen Kindern hat annehmen wollen. Diese unschätzbare Wohltat hebt der hl. Johannes mit folgenden Worten hervor: „Seht, welche Liebe uns der Vater erwiesen hat, daß wir Gottes Kinder heißen und auch sind." (1 Jo 3,1.) Der hl. Paulus fügt hinzu: „Wenn aber Kinder, so sind wir auch Erben, nämlich Erben Gottes und Miterben Christi." (Röm 8,17) Ist das nicht eine überaus große Wohltat, daß der allerhöchste Herr uns arme Bettler zu seinen Kindern und rechtmäßigen Erben angenommen hat?

3. Zu all diesen Wohltaten hat er noch eine überaus große hinzugefügt, da wir wegen unsere Sünden in die Gewalt des Satans gefallen waren, hat er uns durch seinen eigenen Sohn aus dessen Banden erlöst. Diese große Wohltat wollte Christus uns tief ins Herz eindrücken, da er sprach: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab" (Jo 3,16), nicht allein, daß er unsere arme Natur annehmen, sondern auch den bitteren Tod für uns leiden sollte. Hierbei ist noch zu merken, daß der liebe Gott uns diese Wohltat nicht als seinen Freunden, sondern als seinen Feinden erwiesen hat, was der hl. Paulus wohl beherzigt und uns zu erwägen vorhält, da er spricht: „Gott erweist seine Liebe zu uns dadurch, daß Christus für uns zur Zeit gestorben ist, als wir noch Sünder waren." (Röm 5,8f.) Diese Liebe Gottes ist so gewaltig groß, daß wir sie nie vergelten können.

4. Wenn dieser großmütige Herr dir keine andere Gnade erwiesen hätte, als daß er dich nur ein einziges Mal mit einem freundlichen Blick angeschaut hätte, gewiß könntest du ihm für solche Wohltat niemals würdig danken, viel weniger dieselbe würdig vergelten, weil er, ein Herr von solcher Majestät, sich gewürdigt hätte, dich, einen ganz armseligen Erdenwurm, freundlich anzuschauen. Wie willst du es ihm denn vergelten, daß er, um dich zu seiner beseligenden Anschauung zu bringen, ein so armseliges Leben geführt und einen so bitteren Tod erlitten hat?

5. Osorius schreibt: „Wenn du von jemandem viel Gutes empfangen hast, so bist du verpflichtet, dafür zu sorgen, daß es ihm reich vergolten werde, damit du deinem Wohltäter nicht undankbar zu sein scheinst." Da du nun von Gott unzählbare Wohltaten empfangen hast, so bist du ja schuldig, daran zu denken, was du ihm zu würdiger Vergeltung wieder schenken willst. Darum sprich oft mit David:
„Was soll ich dein Herrn vergelten für alles, was er mir gegeben hat?" (Ps 115,3);
sprich oft mit dem Propheten Michäus: „Was soll ich dem Herrn opfern, das seiner würdig wäre?" (Mich 6,6); sprich oft mit dem jungen Tobias: „Welchen Lohn sollen wir ihm gehen, oder womit können seine Wohltaten nach Verdienst vergolten werden? Mit allem Guten sind wir von ihm überhäuft worden, was werden wir ihm Würdiges dafür geben können?" (Tob 12,2f.) Was diese hl. Männer gesprochen und getan haben, das bist auch du schuldig zu sprechen und zu tun. Du bist aufs höchste verpflichtet, deinem Gott für all die genannten großen Wohltaten dankbar zu sein, wofern du nicht in das große Laster der Undankbarkeit verfallen und dich nicht höchlichst wider deinen Gott versündigen willst.

6. Was willst du nun tun, o du armseliger Mensch? 'Wie willst du deine große Schuld bezahlen? Höre, was für einen Rat dir David in seinem Psalm (49,14) gibt:
Opfere Gott ein Opfer des Lobes und bezahle dein Höchsten deine Gelübde." Das allerhöchste Lobopfer, welches du Gott darbringen kannst, ist das hl. Meßopfer, wie im vorigen Kapitel erklärt worden. Deswegen kannst du deinem größten Wohltäter keinen besseren Dienst erweisen, als daß du fleißig die hl. Messe mitfeierst und sie deinem Gott zur Vergeltung seiner Wohltaten aufopferst. Denn so sagt der hl. Irenäus: „Dieses göttliche Sakrifizium ist deswegen eingesetzt worden, damit wir unserm Gott nicht undankbar seien." Als wollte er sagen: Wenn wir das hl. Meßopfer nicht hätten, so hätten wir auf der Welt nichts, wodurch wir unserm Gott seine Wohltaten nach Gebühr vergelten könnten. Nun aber hat uns unser Heiland deswegen die hl. Messe eingesetzt, damit wir ein kräftiges Dankopfer zur Vergeltung der göttlichen Wohltaten hätten.

7. Daß nun die hl. Messe wirklich ein Dankopfer ist, also zur Danksagung für empfangene Wohltaten aufgeopfert wird, ergibt sich schon aus den Worten des Meßbuchs. Merke dir doch, was für herzlichen Dank der Priester im Gloria dem lieben Gott ausspricht, wo er sagt: „Wir loben dich, wir preisen dich, wir verherrlichen dich, wir sagen dir Dank wegen deiner großen Herrlichkeit, dir, Herr und Gott, himmlischer König, allmächtiger Gott und Vater." Bei der Präfation fordert der Priester das Volk zur Danksagung auf mit den Worten: „Laßt uns Dank sagen dem Herrn, unserm Gott; denn es ist wahrhaft billig und gerecht, würdig und heilsam, daß wir allezeit und allerorten dir Dank sagen, o heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott, durch Christus unsern Herrn" usw. In der Präfation ist so schön das Lob Gottes ausgesprochen, daß die Kirche ein höheres kaum noch singen kann.

8. Wenn der Priester zur Wandlung kommt, so spricht er folgende Worte: „Er nahm das Brot in seine heiligen und ehrwürdigen Hände, erhob seine Augen zum Himmel zu dir, Gott, seinem allmächtigen Vater, und sagte Dank." O wohl eine wunderbare Erhebung der Augen meines geliebten Jesus, eine kräftige Danksagung, die allen Dank der Engel übersteigt und alle menschliche Danksagung in ihren Mängeln ersetzt! Denn weil wir unserm Gott nicht genugsam danken können, darum hat Christus damals beim letzten Abendmahl ein vollgültiges Dankopfer eingesetzt. Was er beim letzten Abendmahl getan hat, das tut er noch alle Tage an allen Altären: da hebt er seine milden Augen empor zu seinem himmlischen Vater und sagt ihm für alle uns erwiesenen Wohltaten herzlichen Dank. Da nun diese Danksagung von einer göttlichen Person ausgeht, so kann sie nicht anders als unendlich sein; da sie unendlich ist, so kann Gott keine größere mehr verlangen; da er keine größere verlangen kann, so muß sie ihm zum höchsten gefallen.

9. Wenn du also bei der hl. Messe bist, so vereinige dein Herz und deinen Willen mit dem Herzen und Willen Christi und danke deinem Gott aus allen Kräften. Auf daß aber deine Danksagung desto kräftiger sei, so opfere Gott dem Vater jenen Dank auf, den ihm sein unter den Gestalten von Brot und Wein verborgener Sohn leistet, um an deiner Statt für alle dir erwiesenen Wohltaten überfließenden Dank abzustatten.

10. Hieraus folgt: Wenn du auch von Anfang deines Lebens an bis auf diese Stunde
auf den Knien liegend deinem Gott für die empfangenen Gnaden und Wohltaten gedankt hättest, so hättest du dennoch mit all diesen herzlichen Danksagungen nicht so viel ausgerichtet, als wenn du eine einzige hl. Messe andächtig hörst und dabei Gott deinen Dank aussprichst. Wenn du zur Vermehrung deiner Dankbarkeit alle frommen Menschen eingeladen und gebeten hättest, sie möchten zugleich mit dir Gott danken, und wenn diese allesamt mit dir all dein Lebtag allen nur möglichen Dank geleistet hätten, so wäre das doch nicht viel so viel, wie Gott aus einer einzigen hl. Messe empfängt. Ja, wenn du auch das ganze Heer des Himmels angerufen und die Engel zugleich mit dir und allen frommen Leuten unaufhörlich mit Engelsandacht Gott gepriesen und gedankt hätten, so würden sie ihm dennoch nicht so große Dankbarkeit erwiesen haben, wie ihm von seinem Sohn in einer einzigen hl. Messe erwiesen wird.

11. Ohne Zweifel verwunderst du dich darüber und verlangst den Grund davon zu wissen; den will ich dir also mit wenigen Worten darlegen. Die Weltweisen sagen in einem Sprichwort: „Das Endliche steht zum Unendlichen in gar keinem Verhältnis", sondern das Unendliche übertrifft das Endliche in unendlichem Maß. Nun sind alle Danksagungen aller himmlischen und irdischen Geschöpfe doch nur endlich, haben endliche Kraft und endlichen Wert. Der Dank aber des Sohnes Gottes, den er bei der hl. Messe seinem Vater leistet, ist unendlich, hat unendliche Kraft und unendlichen Wert. Diese unendliche Danksagung leistet Christus auf dem Altar auch für dich ganz besonders, wenn du die hl. Messe mitfeierst, und schenkt sie dir zum Eigentum; die kannst du nun Gott als deine eigene Danksagung Gott aufopfern, wahrhaft unendlichen Dank.

12. O Gott, wenn wir recht erkennen könnten, welch großen Schatz wir in der hl. Messe haben, wie glücklich würden wir sein, wie selig würden wir uns schätzen, wie eifrig würden wir die hl. Messe hören! Ich muß hier mit dem hl. Paulus allen Menschen zurufen: „Ich danke meinem Gott allezeit euretwegen für die Gnade Gottes, die euch in Jesus Christus gegeben ist, daß ihr in allem durch ihn reich geworden seid, so daß es euch an keiner Gnade mangelt" (1 Kor 1,4f.). Durch die hl. Messe sind wir in vollster Wahrheit reich geworden in Christus, so sehr, daß es uns an gar keiner Gnade mangelt, denn wir können ja alle Gnaden in Überfluß schöpfen aus der hl. Messe, in der größere Schätze der himmlischen Reichtümer verborgen liegen, als die ganze Welt fassen kann. Das kannst du aus diesem einen Gedanken erkennen, daß alle Danksagungen, die du durch dein Gebet und deine guten Werke Gott leisten kannst, in Erwägung seiner unendlichen Majestät nicht höher zu schätzen sind, als wenn du einem zehntausend Pfund Gold schuldig wärst und ihm nicht mehr als zehn Heller zur Bezahlung brächtest. Wenn du aber nur eine andächtige Messe mitfeierst und den göttlichen Dank, den der Sohn Gottes dem Vater durch den Hl. Geist bringt, der heiligsten Dreifaltigkeit aufopferst, so lobst du deinen Gott mehr und sagst ihm größeren Dank, als ihm alle Bewohner des Himmels und der Erde sagen und leisten können. Denn diese, wie gesagt worden, geben an sich nur einen engelhaften und menschlichen Dank, du aber einen göttlichen und unschätzbaren. Wirklich: durch die hl. Messe „sind wir in allem reich geworden in Christus Jesus, so daß es uns an keiner Gnade mangelt."

13. Denn in der hl. Messe haben wir das höchste Brandopfer, das höchste Lobopfer, das höchste Dankopfer, das höchste Bittopfer, das höchste Versöhnungs- opfer, das höchste Genugtuungsopfer und das höchste Opfer des Heiles der ganzen Christenheit. Die hl. Messe ist auch der größte Nutzen der Gläubigen, die herzlichste Freude der Andächtigen, die heilsamste Buße der Sünder, der kräftigste Trost der Sterbenden und die sicherste Erlösung der Verstorbenen. Dieses und noch viel anderes haben wir an der Messe, und in all diesen Meinungen kann man sie aufopfern und mit jeder Messe all diese Früchte und Wirkungen erreichen. So kann ich ja in Wahrheit sagen, daß wir durch die Messe „in allem reich geworden sind in Christus Jesus, so sehr, daß uns nichts mangelt an irgendeiner Gnade."

14. Hier muß ich zum Schluß beifügen, was Pater Segneri sagt: „Bedenke bei dir, o frommer Christ, wie viel wir unserm Heiland wegen der Einsetzung der hl. Messe schuldig sind, denn ohne sie müßten wir unserem Gott für die erteilten Wohltaten undankbar bleiben." Das war doch eine übergroße Liebe zu uns, daß er uns nicht allein unzählbare Wohltaten erwiesen, sondern auch das beste Mittel an die Hand gegeben hat, solche große Wohltaten entsprechend zu vergelten.

15. Diese schönen Worte des geistreichen Mannes sollen wir wohl bedenken und uns zunutze machen. Denn sie zeigen klar, was für eine große Wohltat Christus uns erwiesen hat, indem er die hl. Messe auch als Dankopfer einsetzte.

Gebet. So sei dir denn, o göttlicher Heiland, von mir und allen Geschöpfen unendlich gedankt, weil du uns die hl. Messe aus lauter Liebe eingesetzt und dadurch unzählbare Gnaden und Wohltaten erwiesen hast. Zu würdigster Vergeltung derselben opfere ich dir und durch dich der hochhl. Dreifaltigkeit allen Dank, der dir in allen hl. Messen schon erwiesen worden und bis ans Ende der Welt wird erwiesen werden. Ich bitte auch alle Chöre der Engel und alle Scharen der Heiligen, daß sie zugleich mit uns dir danken und dich in alle Ewigkeit loben, preisen und benedeien mögen. Amen.

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14. Kap. - Die hl. Messe ist das kräftigste Bittopfer.

1. Im Gesetz des Moses hatte Gott den Juden nicht allein Brandopfer als Zeichen der höchsten Anbetung, sondern auch Friedopfer zur Erlangung zeitlicher Güter und zur Abwendung schädlicher übel angeordnet. Diese Fried- oder Bittopfer standen bei den Juden in hohem Wert; sie erwarben durch dieselben vieles Gute und wendeten vieles Schlimme von sich ab. Im 1. Buch der Könige lesen wir (Kap. 7), als die Philister die Kinder Israels überfallen wollten, da riefen diese zu Samuel, daß er für sie bei Gott bitten wolle. Er opferte für sie ein Lamm und rief Gott um Hilfe an. Da schickte Gott einen Schrecken über die Philister, und sie wurden von den Israeliten in die Flucht geschlagen. Ebenso lesen wir (2 Kg 24), als Gott das Volk mit der Pest schlug, da opferte David ein Friedopfer und wandte die Pest von dem Volk ab. Solche Beispiele findet man viele in der Hl. Schrift.

2. Hat nun Gott dem hartnäckigen Judenvolk ein so kräftiges Bittopfer gegeben, wie viel mehr wird er dann seiner lieben Christenheit ein kräftiges Bittopfer verordnet haben, durch das sie so viele leibliche und geistige Güter von Gott erbitten und alle schädlichen übel von sich abwenden könne. Wenn ein Lämmlein als Friedopfer den Opfernden so viele Gnaden erworben hat, was für Kraft wird denn das unschuldige Lamm Gottes haben, wenn es für uns auf dem Altar geschlachtet und von uns mit dem ganzen Schatz seiner Verdienste dem himmlischen Vater aufgeopfert wird!

3. Die Kirche ist viel glücklicher als die Synagoge, denn diese konnte ein Schlachtopfer nicht zu mehreren, sondern nur zu einem Zweck aufopfern. Ihr Brandopfer diente allein der Anerkennung der höchsten Herrschaft Gottes, ihr Sühnopfer nur zur Verzeihung der Sünden und ihr Bittopfer nur zum Erflehen von Wohltaten. Weil ferner ein jedes auf besondere Weise dargebracht werden mußte, so konnte keins in zweierlei Meinung geopfert werden. Die hl. Kirche kann, trotzdem sie nur das eine Opfer hat, dasselbe in den verschiedensten Meinungen aufopfern und durch eine einzige hl. Messe mehr erwirken als das Judentum mit all seinen Brand-, Sühn- und Bittopfern.

4. Daß man die hl. Messe in verschiedenen Meinungen aufopfern kann, lehrt uns die Kirche im Konzil von Trient (Sitzung 22, Kan. 3): „Wenn jemand sagt, die hl. Messe sei nur ein Opfer des Lobes und des Dankes oder nur eine bloße Erinnerung an das am Kreuz vollbrachte Opfer, nicht aber auch ein Sühnopfer, oder es nütze einzig dem Opfernden und dürfe nicht für Lebende und Verstorbene, für die Sünden und Strafen, zur Genugtuung und für andere Not aufgeopfert werden, der sei im Bann."
Diese Worte sind ein Artikel des Glaubens, dem wir bei Verlust der Seligkeit zustimmen müssen. So ist es denn gewiß, daß eine einzige Messe in vielfacher Meinung gelesen werden kann und durch eine einzige Messe viele Dinge von Gott erbetet und erlangt werden. Ich kann eine hl. Messe feiern, mitfeiern oder feiern lassen zur größeren Ehre Gottes, zu größerer Freude der Muttergottes, zu Ehren der Engel und Heiligen, zu meiner eigenen Wohlfahrt, zur Erlangung oder Erhaltung meiner Gesundheit, zur Bewahrung vor Unglück, zur Verzeihung meiner Sünden, zur Besserung meines Lebens, zur Erlangung eines seligen Todes. Um dies alles kann ich auch für meine Freunde und sogar für meine Feinde, ja für alle Gläubigen bitten, und ich kann auch ebendieselbe hl. Messe zur Erlösung aller armen Seelen mitfeiern oder feiern lassen. Ja, je mehr Meinungen du machst, um so mehr verdienst du, wie zu Ende dieses Buches noch erklärt werden soll.

5. Wie kräftig nun dieses Bittopfer sei, das lehren uns die Gottesgelehrten, von denen einer folgendes sagt: „Dieses Sakrifizium hat eine unendliche Kraft, etwas zu erbitten, wegen des unendlichen Wertes der Opfergabe und wegen der unendlichen Würdigkeit des eigentlichen Opferpriesters, so sehr, daß keine Gnade oder Gabe so groß ist, daß sie nicht durch Darbringung dieses Opfers erbeten werden könnte. Auch die Zahl der Personen kann nie so groß sein, daß dies Opfer nicht für alle ausreichte, wenn Sie es für sich aufopfern oder von anderen opfern lassen." Der Grund davon ist: „weil Christus, der eigentliche Opfernde, Gott unendlich angenehm ist; weil ferner seine Verdienste, die Gott dem Vater geopfert werden, unendlich sind, und weil seine Leiden, sein Blut und seine Wunden unendlich viel wert sind."

6. Diese klaren Worte zeigen uns, woher doch die große Kraft der hl. Messe kommt:
ganz und gar aus der Größe der Person Christi. Er opfert dem Vater bei jeder hl. Messe viel mehr, als er von ihm begehrt; wie könnte ihm da der Vater seine Bitte abschlagen? Damit stimmt auch der hl. Laurentius Justiniani überein, denn er sagt gar schön: „Kein Opfer ist größer, keins nützlicher, keins den Augen der göttlichen Majestät angenehmer als das Opfer der hl. Messe, in der unseres Mittlers empfangene Wunden, zugefügte Schmach, erlittene Geißeln usw. gleichsam ans Licht gebracht und dem Vater aufgeopfert werden. Ihm wird auch die angenommene Menschheit seines Sohnes aufgeopfert, damit er anerkenne, den er gezeugt und in die Welt gesandt, auf daß durch seine Fürbitte den Sündern Verzeihung, den Gefallenen Hilfe, den Gerechten das Leben gegeben werde." Wenn also der Priester und das Volk, das die Messe mitfeiert, dem himmlischen Vater das Leiden, das Sterben, die Wunden und die Verdienste Christi vor Augen stellen und aufopfern, so werden ja diese vortreffliche Gaben und Geschenke gar leicht die Erfüllung einer bescheidenen Bitte erwirken.

7. Im alten Gesetz befahl Gott den Richtern, daß sie keine Geschenke annehmen sollten: „Du sollst nicht auf die Person sehen und kein Geschenk annehmen, denn die Geschenke verblenden die Augen der Weisen und verändern die Worte der Gerechten" (Dt 16,9). Mit vollem Recht hat Gott den Richtern die Annahme von Gaben verboten, denn es gibt kein so hartes und festes Herz, das nicht durch Gaben erweicht und zur Gunst für den Gebenden geneigt gemacht wird. Wer will dann vermeinen, daß Gott uns nicht geneigt werde, wenn wir ihm in der hl. Messe einen so teuren Schatz verehren? Wie soll es denn möglich sein, daß er die edle Gabe, nämlich seinen geliebten Sohn, nicht mit Freuden annähme und seinetwegen die Strenge seines Urteils wesentlich mildert? Ich darf natürlich nicht sagen, daß durch diese Gabe die Augen des allerweisesten Gottes verblendet würden, wie die Hl. Schrift von den Augen der Menschen sagt. Wohl aber behaupte ich, daß Gott um der hl. Messe willen sein gerechtes Urteil mildert. Die göttliche Gerechtigkeit muß sich ja gleichsam durch diese Gabe für befriedigt erklären und der göttlichen Barmherzigkeit den Weg freilassen, ja förmlich unsere Bittschrift an die letztere mit unterschreiben.

8. Ein frommer Schriftsteller sagt deshalb: „In der hl. Messe bitten wir um die göttlichen Wohltaten nicht allein unter Anrufung der Barmherzigkeit Gottes, sondern opfern auch den Preis der Verdienste des Leidens Christi,"und auf solche Weise kaufen wir gleichsam die begehrten Gaben von Gott. Bedenke doch, was für kostbare Gaben wir in der hl. Messe opfern und wie teuer wir die erbetenen Wohltaten von Gott einkaufen! Wir opfern ihm die edle Menschheit Christi, die zu größerer Ehre Gottes gegeißelt, mit Dornen gekrönt und gekreuzigt wurde.
Wir opfern ihm dieselbe Menschheit, die mit der Gottheit zu einer Person vereinigt und durch diese Vereinigung aufs höchste geadelt worden ist. Wir opfern ihm auch die Wunden, die Tränen und das kostbare Blut, die diese edle heilige Menschheit erlitten und vergossen hat.

9. Wenn man es genau sagen will, so muß man bekennen, daß wir bei Aufopferung der hl. Messe sogar viel mehr geben, als wir durch unser Gebet begehren. Darum ist nicht einzusehen, warum unsere vernünftige Bitte von Gott abgeschlagen werden könnte. Soll denn der freigebige Gott, der versprochen hat, auch einen Trunk kalten Wassers reichlich zu vergelten, uns unbelohnt lassen, da wir ihm den Kelch des Blutes seines Sohnes, welches bei der hl. Messe von neuem vergossen wird, andächtig aufopfern?

10. Christus hat nach dem letzten Abendmahl gesagt: „Wahrlich, wahrlich, sage ich euch, wenn ihr den Vater um etwas in meinem Namen bitten werdet, so wird er es euch geben" (Jo 16,23).
Wann können wir aber den Vater im Namen des Sohnes besser bitten als bei der hl. Messe
, in der wir ihn persönlich dem Vater vorstellen und ihn zugleich mit allen Gebeten, die er auf Erden gesprochen, dem Vater aufopfern?
Der hl. Bonaventura sagt: „Wenn ein Herzog gefangen genommen wird, so wird er nicht eher entlassen, als bis er sich mit einer großen Summe loskauft; also sollen auch wir Christus, den wir in der hl. Messe als ‘Gefangenen’ haben, nicht eher freigeben, als bis er uns unsere Sünden verzeiht und den Himmel verspricht. Deswegen hebt der Priester Christus am Altar in die Höhe und ruft gleichsam allem Volk zu: Seht, jenen, den die Welt nicht fassen kann, ist unser Gefangener; so werden wir ihn denn nicht eher loslassen, bis wir erhalten, was wir begehren." Das ist gewiß ein guter Rat, dem jeder folgen sollte, mit dem Patriarchen Jakob sprechend: „Ich entlasse dich nicht, ehe du mich gesegnet hast" (Gen 32,36).

11. O wie vielen bedrängten Herzen mag durch die hl. Messe wohl schon geholfen sein! Wie viele sind vor Verzweiflung bewahrt, zu einem besseren Leben bekehrt und aus dem Schlund der Hölle errettet! Denn es muß ja wahr sein, was der geistliche Molina schreibt: „Durch die so angenehme und reiche Aufopferung der hl. Messe kann ein jeder Mensch alles, was er zu seinem Heil begehrt, von Gott, von Maria, von allen Heiligen erhalten. Denn durch nichts anderes wird er erwerben können, was ihm nach Aufopferung des Meßopfers versagt wird." Die Wahrheit dieses Spruches ist ja in diesem Kapitel zur Genüge bewiesen worden. Denn bei der Messe bittet der Mensch nicht allein, sondern der Priester, die Engel und Christus selbst beten mit ihm und für ihn. Und sie bitten nicht bloß, sondern bringen Gott eine Gabe, die so viel wert ist wie Gott selber. Wenn ihm denn bei solcher guten Gelegenheit seine Bitte abgeschlagen wird, wann und wo wird sie ihm dann bewilligt werden? Darum bleibt es wahr, daß der Mensch durch nichts anderes erwerben kann, was ihm nach Aufopferung des Meßopfers versagt bleibt.

12. Hier möchtest du vielleicht fragen: Wenn denn nun die hl. Messe ein so teures Opfer ist, wie kommt es denn, daß Gott trotzdem jene, die ihm diese aufopfern, nicht allzeit erhört?
Diese Frage beantwortet Pater Gobat: „Wenn wir auch durch die hl. Messe viel leichter als durch jedes andere Gebet den lieben Gott erbitten können, so hängt doch die Wirkung der hl. Messe auch noch von einigen Bedingungen ab, die keineswegs immer erfüllt werden." Kardinal Bona fügt hinzu, daß der Gebende seine Freiheit behalten muß, so daß er nach seinem Gefallen geben oder abschlagen kann. Wir können ihn durch unsere Bitten zwar zum Geben bewegen, aber nicht zwingen. Gleichwohl sei es gewiß, daß auch eine solche Messe ihrer Wirkung nicht beraubt werde. Denn wenn wir auch nicht genau dasjenige erhalten, was wir begehren, so erwerben wir unfehlbar etwas anderes, was uns förderlich ist. Wenn wir es auch nicht sofort bekommen, so doch zu gelegener Zeit, die von Gott bestimmt ist. Manche Gnaden sind auch so groß, daß wir sie nicht durch eine oder die andere, sondern durch mehrere und andächtigere Messen erhalten.

13. Dies kannst du aus der Antwort Christi entnehmen, die er einst der hl. Gertrud gab, da sie zu ihm gesprochen hatte: „Woher kommt es doch, daß mein Gebet so oft gar nichts erreicht?" Da sagte er: „Wenn ich, die unerforschliche Weisheit, bisweilen dein Gebet nicht deinem Wunsch entsprechend anhöre, so verordne ich jedesmal Nützlicheres dafür, wenn auch du, durch die menschliche Schwachheit behindert, das Bessere nicht unterscheiden kannst." Als wollte er sagen: Weil du nicht weißt, was dir oder einem anderen nützlicher ist, deswegen gebe ich dir nicht allezeit, was du begehrst, sondern das, was in meiner göttlichen Weisheit als dir oder denen, für die du bittest, nützlicher erkenne. Ein andermal fragte sie Christus:
„Was nützt es meinen Freunden, daß ich so viel für sie bete, da ich doch keine Besserung bei ihnen verspüre?" Da sagte er: „Wundere dich nicht, daß du keine handgreifliche Frucht deines Gebetes siehst; ich ordne dieselben nach meiner ewigen Weisheit zu bestem Erfolg. Doch sage ich dir: je öfter für einen gebetet wird, desto seliger wird er, denn kein treues Gebet wird ohne Frucht bleiben, wenn auch die Art der Erhörung den Leuten verborgen ist."

14. Mit dieser Antwort kann sich ein jeder begnügen und trösten: denn Christus
versichert uns, daß kein andächtiges Gebet ohne Frucht und Belohnung bleibt. Wie viel weniger wird dann eine hl. Messe ohne Frucht bleiben, da sie ja das beste Gebet der Welt ist. Merke aber wohl, daß Christus gesagt hat: „Kein treues Gebet wird ohne Erhörung bleiben." Das „treue" Gebet besteht hauptsächlich darin, daß man mit Vertrauen und ganzem Eifer betet. Wer aber ohne Vertrauen betet, wird wenig oder nichts erhalten, wie aus folgendem Beispiel zu ersehen ist.

15. Im Leben des hl. Abtes Severin berichten Surius, daß einst um das Schloß Corull eine ungeheure Menge Heuschrecken niederfiel, die sehr großen Schaden an Früchten und Bäumen anrichteten. Da nahm alles Volk seine Zuflucht zu dem Heiligen, er möge ihnen in so großer Not durch sein Gebet zu Hilfe kommen. Der mitleidige Abt rief alle zur Kirche, ermahnte sie in einer nachdrücklichen Predigt zur Buße und zum Gebet und sagte am Schluß der Predigt: "Weil ich kein besseres Gebet kenne als das Opfer der hl. Messe, so will ich dieselbe jetzt zur Abwendung des gegenwärtigen Übels lesen und ermahne euch, dieselbe zugleich mit mir in dieser Meinung aufzuopfern und ein festes Vertrauen darauf zu setzen. Das bedrängte Volk kam dieser Ermahnung willig nach, nur einer sprach: „Fürwahr, eure Hoffnung ist eitel und nichtig; denn wenn ihr schon alle Messen hören und den ganzen Tag im Gebet verharren würdet, so würdet ihr gleichwohl nicht eine einzige Heuschrecke wegtreiben." Nach diesen Worten begab er sich nach Hause an seine Arbeit.
Alle anderen aber blieben in der Kirche, hörten die Messe mit Andacht und riefen Gott eifrig um Vertreibung der Heuschrecken an. Sodann gingen sie hinaus auf ihre Äcker, um zu sehen, was sie mit ihrem Meßhören erwirkt hatten. Da sahen sie zu ihrer großen Verwunderung, wie die Heuschrecken auf einmal davonflogen. Sie freuten sich herzlich darüber und dankten dem gütigen Gott. Auch der kleingläubige Bauer, der der Messe nicht beigewohnt, war zugegen und traute seinen Augen kaum, als er die Heuschrecken in die Luft fliegen sah. Damit er aber die Sünde seines Mißtrauens erkenne und die gebührende Strafe erhielte, so wandte sich das ganze Heer der Heuschrecken, das schon weit weg war, auf einmal um und ließ sich auf seinem Acker nieder. Da rief er Gott weinend an, aber er blieb ohne Hilfe und Trost. Die Heuschrecken zogen nicht eher ab, bis sie alle Früchte seines Ackers verzehrt hatten.

16. Aus dieser Geschichte läßt sich deutlich die Kraft des Meßopfers und die Strafe des Verächters desselben erkennen. Wir sollten aber nicht diesem kleingläubigen Bürger, sondern dem andächtigen Volk folgen und großes Vertrauen auf die Kraft der hl. Messe setzen. Höre, wie der hl. Paulus so treulich mahnt: „Darum laßt uns mit Vertrauen zum Gnadenthron hingehen, damit wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden, wenn wir Hilfe nötig haben" (Hebr 4,16). Wo ist aber der Gnadenthron, zu dem Paulus uns einlädt? Es ist nicht der Himmel, denn dahin können wir nicht emporsteigen. Es ist auch nicht der Gnadenthron auf der Bundeslade des Alten Bundes, denn dieser war nur ein Vorbild unseres Gnadenthrones. Es ist vielmehr der heilige Altar, darauf das Lamm Gottes geschlachtet wird und sein Leben für uns hingibt, auf daß es uns Gnade und Barmherzigkeit verschaffe. Zu diesem Gnadenthron sollen wir täglich hinzutreten und da in unseren Nöten Hilfe suchen. Wir sollen aber mit Andacht, mit Ehrerbietung und mit Vertrauen hinzutreten, denn er ist der Thron der Gnade, nicht der Rache; er ist der Thron der Barmherzigkeit, nicht der Gerechtigkeit; er ist der Thron, wo wir Hilfe, nicht Verstoßung finden.
Zu diesem Gnadenthron, so erzählt der hl. Augustinus, ist auch die hl. Monika alle Tage geeilt und hat dadurch die Bekehrung ihres Sohnes erreicht - für ihre Beharrlichkeit hat sich der barmherzige Gott ihr gleichsam zum Schuldner gemacht und seine Versprechungen an ihr in herrlichstem Maß erfüllt (Bekenntnisse V. 9). Sie ahme nach, und hast du etwas zu begehren, so sprich mit ganzem Ernst:
Gebet. Siehe, o Vater der Barmherzigkeit, ich trete in dieser hl. Messe mit Vertrauen hin zu deinem Gnadenthron, damit ich für meine Sünden Barmherzigkeit und in meiner Armseligkeit Hilfe finde. Ich setze mein größtes Vertrauen auf das hochheilige Opfer und hoffe fest, durch Aufopferung der hl. Messe alles zu erhalten. Denn hier opfert der unendlich große, höchste Priester; unendlich ist in ihrem Wert die dargebrachte Opfergabe, die ganze Kraft der hl. Messe ist unendlich. O Herr, laß dich durch diese dreifache Unendlichkeit doch gleichsam zwingen, die begehrte Wohltat mir zu erweisen, wenn sie nicht etwa gegen deine Ehre und gegen mein Seelenheil ist. Deswegen bitte ich mit größtem Vertrauen, durch das unendliche Wohlgefallen, das du an dem heiligsten Meßopfer hast, du wollest mir zu deiner größeren Ehre die begehrte Gnade erteilen und mein Vertrauen zu der gnadenreichen hl. Messe vermehren. Amen.

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15. Kap. - Die hl. Messe ist
                 das heiligste Versöhnungsopfer

1. Daß die armselige, menschliche Natur, die so oft in Sünden fällt, ein Versöhnungsopfer nötig hat, sagt uns schon die bloße Vernunft, und die Väter haben dieses schon vor dem Gesetz des Moses erkannt. Denn vom frommen Job, der noch unter dem Naturgesetz lebte, lesen wir, wie seine Söhne und Töchter in voller Einmütigkeit ihre Festtage zusammen feierten. „Und wenn die Tage des Gastmahls vorüber waren, sandte Job zu ihnen und heiligte sie und machte sich des Morgens früh auf und opferte Brandopfer für einen jeden, denn er sprach: Es möchten vielleicht meine Söhne gesündigt und Gott verlassen haben in ihren Herzen" ( Job 1,5). Daraus erhellt, daß die alten Patriarchen aus Eingebung der Vernunft dem allmächtigen Gott Sühnopfer dargebracht und ihn um Verzeihung gebeten haben. In dem Gesetz des Moses hatte Gott selbst ein Versöhnungsopfer eingesetzt, denn es beißt, wenn eine Seele sündigt, so soll der Priester ein Lamm oder ein Böcklein opfern, und der Priester soll für den Sünder beten, und so wird ihm verziehen werden (Lev 5).

2. Wenn nun das Alte Gesetz, welches doch nur ein Schatten des Neuen Bundes war, zum größten Trost und Heil der Juden ein Sühnopfer hatte, so geziemte es sich, daß auch die Kirche oder das christliche Volk ein solches habe, und zwar ein um so vortrefflicheres, je mehr der Neue Bund über den alten erhaben ist. Das eigentliche Sühnopfer des Neuen Bundes ist das Kreuzesopfer, in dessen Kraft alle Sünden getilgt werden können. Weil aber die Sünden täglich geschehen, so geziemt es sich, daß noch ein Opfer da wäre, das zur Sühne für unsere täglichen Sünden täglich geopfert würde. Davon sagt die Kirche auf dem Konzil von Trient: Christus habe den Aposteln und ihren Nachfolgern im Priestertum das, was er beim letzten Abendmahl getan, zu seinem Andenken zu tun befohlen und dadurch die hl. Messe eingesetzt, „damit er seiner Kirche ein sichtbares Opfer hinterließe, durch das sein blutiges Kreuzesopfer wieder dargestellt und dessen heilsame Kraft uns zugeeignet würde zur Vergebung der Sünden, die wir täglich begehen" (Sitzung 22, Kap. 1). Diese Worte sind ein Glaubensartikel, dem niemand widersprechen darf; sie zeigen uns ganz klar, daß die hl. Messe ein Versöhnungsopfer ist, weil sie ja von Christus zu dem Zweck eingesetzt wurde, „daß seine Kirche ein Opfer habe, zum Nachlaß der täglichen Sünden." O, glückselig die katholische Kirche, die ein solches Sühnopfer hat:

3. Daß nun die hl. Messe ein wahres Versöhnungsopfer ist und zur Vergebung der Sünden gelesen wird, zeigt klar der Priester, da er zu Anfang derselben tief gebeugt das Confiteor - das allgemeine Sündenbekenntnis betet und dabei dreimal an seine Brust schlägt. Nachdem auch der Meßdiener im Namen aller Anwesenden dies getan, spricht der Priester über das Volk: „Es erbarme sich euer der allmächtige Gott, er lasse euch eure Sünden nach und führe euch zum ewigen Leben." Danach bezeichnet er sich mit dem hl. Kreuz und spricht: „Die Nachlaß, Vergebung und Verzeihung unserer Sünden verleihe uns der allmächtige und barmherzige Gott. Amen." Bald darauf ruft er im Kyrie laut die Barmherzigkeit Gottes an, indem er je dreimal sagt: „Herr, erbarme dich unser!" „Christus, erbarme dich unser!" „Herr, erbarme dich unser!" Ist dies nicht ein demütiges und andächtiges Rufen, das zum Himmel empor und in das Herz Gottes eindringen muß?

4. Der Priester spricht auch viele Orationen (Tagesgebete) und andere Gebete, in denen er immer wieder um Verzeihung der Sünden bittet. Endlich spricht er auch dreimal laut das Agnus Dei: „O du Lamm Gottes, das du hinweg nimmst die Sünden der Welt, erbarme dich unser!" Das alles ist ja doch ein klarer Beweis, daß die hl. Messe ein Versöhnungsopfer ist und zur Verzeihung der Sünden gelesen wird.

5. Hiervon schreibt Marchantius: „Gleichwie Christus in seinem Leiden die Sünden der ganzen Welt auf sich genommen hat, um diese mit seinem Blut abzubüßen, ebenso legen auch wir auf ihn wie auf ein Schlachtopfer unsere Sünden."
Um dieses anzudeuten, beugt sich der Priester zu Anfang der Messe an den Stufen des Altares gar tief und stellt sich im Geist der Demut dem himmlischen Vater vor, gleichsam beladen mit den Sünden des ganzen Volkes, auf daß er das Herz Gottes zur Barmherzigkeit bewegen möge, ähnlich wie Christus wegen der schweren Last der Sünden, die ihm auferlegt waren, auf seinem Angesichte lag und unter blutigem Schweiß seinen Vater von Herzen anrief. Also bittet der Priester für seine und aller Anwesenden Sünden, für die der Genugtuungswert des Kreuzesopfers wieder erneuert und den Einzelnen zugewendet wird.

6. Dieses sind gar schöne und tröstliche Worte, durch welche jeder arme Sünder einen großen Trost und besonderen Eifer für die hl. Messe schöpfen kann. Denn er vernimmt daraus, daß Christus seine Sünden auf sich nimmt und dieselben mit seinem heiligen Blut abbüßt, wie er auch an des Sünders Stelle seinen Vater bittet und den reichen Wert der Erlösung für ihn aufopfert, um dem Sünder Verzeihung zu erlangen. Nun wollen wir vernehmen, was die hl. Väter von diesem Versöhnungsopfer sagen und wie sie es erklären.

7. In der Liturgie des hl. Jakobus heißt es: „Wir opfern dir, o Herr, dieses unblutige Sakrifizium auf für unsere Sünden und für des Volkes Unwissenheiten." Hier wisse, daß wir Menschen viele Sünden begehen, die wir nie erkennen und beichten, über die wir aber doch Rechenschaft geben müssen. Das lernen wir aus den Worten des Psalmisten (24,7): „Der Sünden meiner Jugend und meiner Unachtsamkeiten gedenke nicht." Und wiederum (18,13f.): „Aber die Sünden, wer merkt sie? Von meinen verborgenen Sünden reinige mich und wegen der fremden schone deines Knechtes." Damit uns also auch diese verborgenen Sünden vergeben werden, ist es gut, daß wir fleißig die hl. Messe hören, von welcher der hl. Jakobus bezeugt, daß sie für die Unwissenheiten des Volkes aufgeopfert wird.

8. Dieses schreibt auch Marchantius: „Das hl. Meßopfer dient vorzüglich für die unbewußten Sünden und für diejenigen, deren wir uns nach fleißiger Erforschung nicht erinnern. Die hl. Messe löscht die Sünden nicht aus, sondern erwirbt uns Reue, für die bewußten im besonderen und für die unbewußten und vergessenen im allgemeinen." Der hl. Gregor schreibt: „Die Gerechten fürchten sich nicht wegen ihrer bewußten Sünden, weil sie diese gebeichtet und abgebüßt haben. Sie fürchten aber sehr wegen ihrer unbewußten Sünden." Deswegen sagt der hl. Paulus: „Ich bin mir zwar nichts bewußt, aber darum noch nicht gerechtfertigt, denn der mich richtet, ist der Herr" (1 Kor 4,4), der schärfere Augen hat als ich. Da also wir armseligen Menschen wegen dieser unbewußten Sünden genug in Angst sein müssen, so ist es sehr nützlich, daß wir alle hl. Messen zur Nachlaß unserer Unwissenheiten dem Vater aufopfern. Das will auch die Kirche andeuten, wenn sie den Priester in der Stillgebet des 5. Sonntags nach Epiphanie beten läßt: „Wir opfern dir, o Herr, ein Schlachtopfer der Versöhnung, damit du uns von unseren Sünden erbarmend lossprichst." Denn diese unbewußten Sünden können wir nicht beichten; wir wollen sie also Gott bekennen und bitten, daß er uns um der hl. Messe willen davon losspreche.

9. Vom Versöhnungsopfer schreibt der hl. Papst Alexander: „Durch Darbringung dieses Opfers wird der Herr versöhnt und verzeiht auch große Sünden." Ich müßte einen ganzen Bogen vollschreiben, wenn ich alle Aussprüche der hl. Väter beibringen wollte, die dieser wahrhaft tröstlichen Gedanken enthalten. Ich will mich aber begnügen mit dem, was die Kirche auf dem Konzil von Trient über diesen Punkt sagt: „Weil in diesem göttlichen Opfer, welches bei der hl. Messe vollbracht wird, derselbe Christus enthalten ist und unblutigerweise geopfert wird, der am Altar des Kreuzes einmal sich selbst blutigerweise dargebracht hat, lehrt die hl. Kirchenversammlung, dieses Opfer ist wahrhaft ein Sühnopfer und es werde durch dasselbe bewirkt, daß, wenn wir mit aufrichtigem Herzen und rechtem Glauben, mit Furcht und Ehrerbietung, mit wahrer Reue zu Gott hintreten, wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden in segensreicher Hilfe. Denn durch die Darbringung dieses Opfers versöhnt, gewährt Gott das Gnadengeschenk der Reue und läßt Vergehen und Sünden nach, auch große" (Sitzung 22, Kap. 2). Wie tröstlich und angenehm sind diese Worte! Wie viel Lob und Dank sind wir Christus schuldig, daß er uns ein so kräftiges Opfer zur Versöhnung des göttlichen Zornes gegeben hat!

10. Du möchtest aber fragen: „Was bedürfen wir eines Sühnopfers, da wir ja doch nur durch wahre Reue und Buße den Zorn Gottes versöhnen können?" Ich antworte dir: Das ist wahr, daß wir durch wahre Reue Gottes Zorn versöhnen können. Ich möchte aber gern wissen, woher ein boshafter Sünder solche Reue bekommen mag! Aus sich selbst - das ist so wenig möglich, wie daß ein Toter sich selbst auferwecken könnte. Durch Anhörung einer Predigt oder Lesung hl. Bücher kann es wohl geschehen, daß einer wahre Reue erweckt, aber nicht ohne besondere Gnade Gottes.
Diese Gnade ist der erzürnte Gott nicht verpflichtet zu geben; er wird sie auch nicht so leicht geben, es sei denn, er würde dazu in besonderer Weise bewegt. Nun gibt es aber nichts im Himmel und auf Erden, was ihn mehr dazu bewegen könnte als das hl. Meßopfer. Davon spricht ein frommer Pater also: „Die hl. Messe ist für die Anwesenden ein Versöhnungsopfer in der Weise, daß Gott ihnen Gnade verleiht, mit deren Hilfe sie das verrichten können, was für sie zur Verzeihung ihrer Todsünden notwendig ist. D.h. Gott gibt ihnen Gnade, um ihre Sünden zu erkennen, zu bereuen und zu beichten."

11. Wie leicht man durch die Aufopferung der hl. Messe Verzeihung erlangen kann, geht aus dem hervor, was Christus einst zur hl. Gertrud gesagt hat. Als in der Karwoche die Antiphon gesungen ward: „Er ist geopfert worden, weil er selbst wollte", da sprach Christus zu ihr: „Wenn du glaubst, daß ich am Kreuz dem Vater aufgeopfert wurde, weil ich es so gewollt habe, so glaube auch unbezweifelt, daß ich noch täglich mit derselben Liebe verlange, für einen jeden Sünder Gott dem Vater aufgeopfert zu werden, mit der ich mich am Kreuz für das Heil der Welt aufgeopfert habe. Deswegen kann ein jeder, von welch schwerer Last der Sünden er sich auch bedrückt weiß, Verzeihung seiner Sünden erhoffen, wenn er meinem Vater mein unschuldiges Leiden und meinen Tod aufopfert."

12. O wahrhaftig ein süßes und tröstliches Wort! Sollte man es denn glauben, daß die Liebe Christi so heiß wäre, daß er noch täglich dem Vater aufgeopfert zu werden verlangt für jeden Sünder wie einst am Kreuz für die ganze Welt, so muß er ja wirklich mit der größten Liebe verlangen, täglich in der hl. Messe von jedem aufgeopfert zu werden. So erfülle denn diesen heißen Wunsch Christi, du armseliger Sünder, und opfere täglich nicht nur einmal, sondern oftmals dem himmlischen Vater das unschuldige Leiden und den bitteren Tod seines lieben Sohnes auf
, und vertraue auf das Versprechen Christi, daß du die heilsamste Frucht der Nachlaß erlangen wirst. Diese Aufopferung kann nicht allein in, sondern auch außer der Messe, nicht allein mit dem Mund, sondern auch mit dem Gemüt geschehen. Wenn die bloß geistige Aufopferung nun so wichtig und kräftig ist, o wie wichtig und kräftig wird dann die wirkliche oder leibhaftige Aufopferung sein, welche bei der hl. Messe geschieht. Denn bei der hl. Messe opferst du Christus nicht allein mit Worten oder geistiger Weise, sondern du opferst ihn durch die Hände des Priesters wirklich und leiblicher Weise. Du opferst ja mit dem Priester, wie dieser gleich nach der hl. Wandlung betet: “Daher opfern wir, Herr, wir deine Diener, und dein heiliges Volk deiner erhabenen Majestät ein reines Schlachtopfer, ein heiliges Schlachtopfer, ein makelloses Schlachtopfer..."

13. Nun muß ich noch hinzufügen, was Christus zur hl. Mechthild gesagt hat:
„Ich komme mit solcher Sanftmut zur hl. Messe, daß kein noch so schwerer Sünder gegenwärtig ist, den ich nicht geduldig ertrage und dem ich nicht, falls er es nur begehrt, alle seine Sünden mit Freuden verzeihe." Diese wundersamen Worte zeigen uns, welche ein mächtiges Versöhnungsopfer die hl. Messe ist, da sie auch Christus selbst so sehr versöhnt, daß, wenn auch sein Feind zur Messe kommt, er ihn nicht allein nicht hinaus stößt oder auch nur mit unfreundlichen Augen anblickt, sondern ihm gleichsam mit ausgebreiteten Armen entgegengeht und ihn als lieben Freund zu umfangen bereit ist, und wenn er nur einen einzigen Seufzer über seine Sünden ausstößt, so will er ihm alsbald mit Freuden verzeihen.

14. Wie groß ist also die Kraft und wie mächtig die Wirkung der hl. Messe zur Bekehrung der Sünder! O wie viele verstockte Sünder sind durch sie bekehrt und vor dem ewigen Verderben bewahrt worden! Sind wir denn nicht unserm göttlichen Heiland aufs höchste verpflichtet, daß er uns ein so heilsames und kostbares Sühnopfer gegeben hat: Wie unglücklich waren, mit uns verglichen, die alten Juden, welche so teure Sühnopfer hatten und dennoch mit solchen teuren Opfern nicht eine einzige Sünde auslöschen konnten, wie Paulus sagt: „Es ist unmöglich, daß durch das Blut von Böcken und Stieren Sünden hinweggenommen werden" (Hebr 10,4).
Wenn wir für eine jede Sünde ein Lamm oder ein Böcklein aufopfern müßten, wo wollten wir genug Opfertiere hernehmen? Gewiß würden wir unsere Sünden ungebüßt lassen und ohne Zweifel mit denselben in die Hölle gestürzt werden. Denn da wir jetzt, wo wir ein so sehr kräftiges Opfer ohne große Kosten haben, es dennoch so leichtsinnig versäumen und so nachlässig anhören, was würden wir denn getan haben, wenn wir vor Christi Geburt gelebt hätten? Bedenke denn bei dir, o armer Sünder, wie schlecht du gegen dich selbst handelst, daß du so manche Messe versäumst und die Abbüßung deiner Sünden für jene Welt verschiebst. Bessere diesen Fehler durch neuen Eifer und opfere deinem Gott die hl. Messe recht oft als Sühnopfer auf.

Inhaltsverzeichnis

1. Wie die hl. Messe die Verzeihung der Sünden erwirkt und verstockte Sünder bekehrt.

15. Daß die hl. Messe wirklich ein Sühnopfer ist, kannst du aus den Worten des hl. Thomas von Aquin entnehmen, in denen er ausführt, daß uns durch dieselbe die Früchte des Leidens Christi zugewendet werden, deren wir täglich bedürfen wegen unserer täglichen Sünden (STh III, 83,2). Die Früchte des Leidens Christi bestehen aber ganz besonders im Nachlaß der Sünden. An einer anderen Stelle (III. 49,4) sagt derselbe Heilige, es sei die eigentliche Wirkung des Opfers, „daß durch dasselbe Gott versöhnt wird, gleichwie der Mensch eine ihm zugefügte Beleidigung nachläßt wegen eines angenehmen Dienstes, der ihm geleistet wird." Wo aber wird Gott ein größerer Dienst erwiesen, als durch die hl. Messe? Soll der erzürnte Gott dadurch nicht wieder versöhnt werden? Dieser Lehre des Doctor angelicus stimmen alle anderen Lehrer bei, und auch aus der Hl. Schrift läßt sie sich beweisen. Denn als Esau mit seinem Bruder Jakob sehr zornig war, da dieser ihm den väterlichen Segen und das Recht der Erstgeburt genommen hatte, fürchtete Jakob sehr, der erzürnte Esau würde sich an ihm rächen. Da sprach er: „Ich will ihn mit Geschenken versöhnen, vielleicht, daß er mich in Gnaden aufnimmt" (Gen 32,20). Er schickte ihm deswegen ganze Herden von seinem Besitz entgegen und versöhnte dadurch den erzürnten Bruder. Wenn du also bei der hl. Messe dem erzürnten himmlischen Vater die Tugenden und Verdienste, das Leiden und Sterben, die Wunden und Schmerzen seines Sohnes aufopferst, so wirst du ihn viel schneller versöhnen als Jakob den Esau, da diese genannten Gaben von unendlichem Wert sind und Gott über alle Maßen gefallen. Deine begangenen Sünden schreien zwar um Rache, das in der Messe vergossene Blut Christi aber schreit um Barmherzigkeit; weil aber dieses Rufen allmächtig ist, so dringt es weiter als das Geschrei deiner Sünden. Daher spricht auch der hl. Albertus Magnus: „Allen Zorn und Unwillen Gottes löschen wir durch diese kostbare Gabe aus."

16. Daß die Kraft der hl. Messe die reuigen Sünder mit Gott versöhnt, daran zweifelt niemand, aber nun ist die Frage, ob sie auch Sünder ohne Reue versöhne. D.h. wenn einer im Stand der Ungnade oder in der Todsünde die hl. Messe hört oder für sich lesen läßt, oder wenn du für einen solchen das tust, ob dieser durch die Kraft der hl. Messe zum Stande der Gnade kommt und mit Gott versöhnt wird. Auf diese Frage antworte ich mit Nein, denn das eigentliche Mittel zur Sündenvergebung ist die Beichte [bzw. Taufe], und kein Sünder kann aus der Ungnade zur Gnade Gottes kommen als nur durch wahre Reue und Buße.

17. Hier magst du nun wiederum fragen: „Was nützt es denn also dem Sünder, wenn er ohne Reue die hl. Messe hört?" Antwort: „Sie nützt ihm sehr viel, sowohl an zeitlichen wie geistlichen Dingen. An zeitlichen Dingen nützt sie ihm, weil Gott ihn dafür vor Unglück bewahrt oder ihm irgendwelches Glück beschert. Die Ursache davon ist, weil nach unserer katholischen Lehre Gott wegen seiner unendlichen Güte nicht das geringste Gute unbelohnt läßt: wie viel mehr wird er dann eine hl. Messe belohnen! Er würde gern einen ewigen Lohn dafür geben, wie es die hl. Messe verdient; aber weil ein solcher Sünder der ewigen Belohnung nicht fähig ist, so wird sie ihm von Gott aus lauter Güte zeitlicherweise belohnt, nämlich durch Gewährung eines Glücks oder Bewahrung vor einem Unglück. Auf diese Weise nützt ihm also die hl. Messe viel an zeitlichen Dingen.

18. An geistlichen Dingen nützt sie ihm viel mehr. Denn nach der Lehre der Gottesgelehrten bewirkt die hl. Messe unmittelbar die zuvorkommende Gnade, durch deren Kraft der Sünder zur Erkenntnis und Verabscheuung seiner Todsünden kommen kann. Wenn er dieser Gnade folgt, so verschafft ihm die hl. Messe auch noch weiter die Gnade einer wahren Reue und guten Beicht. Aber freilich: die hl. Messe und die durch sie erlangte Gnade zwingt den Menschen nicht, sondern läßt ihm seinen freien Willen. Wenn also der Sünder in der Sünde verharren und weitermachen will, so bietet ihm zwar Gott wegen der gehörten Messe seine Gnade und Hilfe an, was er ohne die Messe nicht so getan hätte; der Sünder jedoch will die Gnade nicht, sondern stößt und wirft sie von sich. Das hebt aber den Wert der hl. Messe als Versöhnungsopfer nicht auf.

19. Es ist jedoch nicht nötig, daß die Wirkung des Meßopfer gleich erscheine, oder daß sich der Sünder sofort bekehre, sondern das kann auch zu gelegener Zeit geschehen. Denn wir wissen ja, daß, obwohl Christus am Kreuz für die Sünder gebetet und sein bitteres Leiden und Sterben für sie aufgeopfert hat, dennoch von so vielen Tausend gar wenige bekehrt worden sind, die reumütig an die Brust schlugen und voll Glauben sprachen: „Wahrhaftig, dieser war der Sohn Gottes." Die anderen blieben verstockt und haben die angebotene Hilfe und Gnade Gottes ausgeschlagen. Am hl. Pfingsttag aber, als ihre harten Herzen durch die Predigt des hl. Petrus erweicht und zur Annahme der Gnade Gottes befähigt waren, da erst brachte das Gebet und das Kreuzesopfer Christi seine Wirkung hervor, indem sich dreitausend Menschen auf einmal bekehrten.

20. Ebenso bekehrt auch die hl. Messe die Sünder nicht immer sofort, sondern auch später zu gelegener Zeit, wenn nämlich die Verstocktheit vorüber und das Herz des Sünders zur Aufnahme der Gnade fähiger geworden ist. Davon spricht Marchantius in folgenden Worten: „Die hl. Messe löscht die Sünden nicht aus, sondern erwirbt uns Reue oder Beweggründe zu wahrer Reue. Diese Reue wird manchmal zur Zeit der Messe eingegossen, die für einen gelesen wird, bisweilen auch zu gelegener Zeit, immer aber um des hl. Meßopfers willen. Also geschieht es, daß viele nach langer Zeit durch besondere Hilfe Gottes bekehrt werden, ohne zu wissen, daß sie dies der Kraft der hl. Messe zu verdanken haben. Manchmal werden die Sünder gar nicht bekehrt, weil sie die Hilfe, die Gott ihnen anbietet, nicht annehmen oder nicht mitwirken."

21. Wenn also ein zur Reue gestimmter Sünder seinem Gott die eine oder andere hl. Messe aufopfert, um ihn gnädig zu stimmen, so wird Gott ihm gewiß die Gnade der Bekehrung und Besserung mitteilen. Dies bezeugt die hl. katholische Kirche auf dem Konzil von Trient (Sitzung 22, Kap. 2): „Wenn wir voll Reue zu Gott herantreten, so werden wir Barmherzigkeit erlangen und Gnade finden. Denn durch die Darbringung dieses Opfer versöhnt, gewährt der Herr Gnade und die Gabe der Reue und läßt die Vergehen und auch große Sünden nach." O, was für einen Trost bringen diese Worte den Sündern! Welche Hoffnung erwecken sie bei den Kleinmütigen und halb Verzagten! Durch die Erwägung dieser Worte können sie sich für versichert halten, daß sie den heftig erzürnten Gott durch Aufopferung der hl. Messe versöhnen können, so daß er seinen Zorn ablegt, die begangenen Missetaten verzeiht und seine Gnade und Freundschaft anbietet. Hier möge erfüllt werden, was Sirach gesagt hat: „Sich vom Bösen entfernen, ist Gott wohlgefällig, und die Ungerechtigkeit meiden, ist ein Gebet für die Sünde, doch erscheine nicht leer vor dem Angesicht des Herrn" (Sir 35,5f.), d.h. opfere ihm vielmehr seinen eingeborenen Sohn als Sühnopfer auf, wie es an anderer Stelle heißt: „Eine verborgene Gabe löscht den Zorn aus und ein Geschenk im Schoß eine sehr große Ungnade." (Spr 21,14.) Was ist dies für eine verborgene Gabe als eben der Leib Christi unter der Gestalt des Brotes, und was ist dies für ein Geschenk im Schoß als eben das Christkind ruhend im Schoß der Mutter? Diese verborgene Gabe, dieses kostbare Geschenk sollen wir in der hl. Messe aufopfern, so werden wir den Grimm des erzürnten Gottes und seinen heftigen, wider uns geschöpften Unwillen auslöschen und versöhnen.

22. Das tut der Priester im Namen aller Anwesenden, sagt der hl. Bonaventura, wenn er bei Aufhebung der hl. Hostie in seinen Gedanken etwa spricht: „O, himmlischer Vater, wir armen Sünder haben gesündigt und dich heftig erzürnt. Nun aber schaue in das Angesicht deines Gesalbten, den wir dir andächtig vorstellen, und laß deinen Zorn in Barmherzigkeit verwandelt werden. Wende dein Angesicht nicht ab von ihm, von dem du selbst gesagt hast: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe. Um seinetwillen bekehre uns zu dir und wende deinen Zorn von uns ab."
Durch solche Bitte und Aufopferung haben viele Sünder die Gnade der Bekehrung, erlangt, die sie sonst vielleicht nie erhalten hätten. Denn dieses Sühnopfer hat die Kraft, daß es harte Herzen erweichen und verstockte Sünder bekehren kann, was uns die Kirche andeuten will, indem sie in einem Stillgebet sagt: „O, Herr, nimm doch dieses Opfer gnädig auf, laß dich dadurch versöhnen und ziehe doch unseren rebellischen, widerspenstigen Willen gnädig zu dir." So würde die Kirche nicht beten, wenn sie nicht wüßte, daß auch verstockte Sünder durch Aufopferung dieses allmächtigen Versöhnungsopfers bekehrt werden können und auch schon oft bekehrt worden sind. Darum soll ein jeder Sünder, mag er auch so tief im Schmutz der Sünden stecken, daß es ihm vorkommt, als sei es ihm gar nicht mehr möglich, sich zu bekehren, recht oft die hl. Messe hören und mit obigen Worten: „O Herr, nimm doch mein Opfer an, ach, laß dich doch dadurch versöhnen und zwinge meinen widerspenstigen Willen gnädig zu dir" - den barmherzigen Gott bitten, daß er ihn durch die große Kraft der hl. Messe bekehren wolle.

23. Hier möchte aber einer einwenden: Was wird denn ein solches Gebet nützen, da doch die Hl. Schrift sagt: „Wer sein Ohr abwendet, daß er das Gesetz nicht hört, dessen Gebet ist ein Greuel vor Gott." (Spr 28,9). Diese Frage beantwortet der engelgleiche Lehrer, der hl. Thomas: „Sobald das Gebet des Sünders aus einem natürlich guten Verlangen hervorgeht, hört Gott auf dasselbe, nicht freilich aus Gerechtigkeit, weil der Sünder dies nicht verdient, sondern aus purer Barmherzigkeit." (STh. 2 II 83,16.) Gesetzt aber, Gott wolle in seinem Zorn auf das Gebet des Sünders gar nicht achten, so ist es doch gewiß, daß er die hl. Messe, die dieser ihm aufopfert, nicht ausschlägt, sondern zu größtem Gefallen aufnimmt. Ich sage nicht, daß das Gebet, das der Sünder bei der Messe spricht, Gott gefällt, sondern sage, daß die hl. Messe, auch die von einem verstockten Sünder aufgeopferte, ihm über die Maßen angenehm ist. Wenn dir dein Feind durch seinen Diener tausend Taler schickte; würdest du sie wohl annehmen? Ich meine, wenn du in Not wärst, sogar gern, und du würdest dir sagen: „Obwohl mein Feind mir zuwider ist, so sind mir doch die geschenkten tausend Taler lieb und nützlich." So wird auch der gerechte Gott von einem Sünder die allerkostbarste Gabe des Leibes und Blutes seines Sohnes gutwillig annehmen und sich sagen: Obwohl dieser mein Feind ist und mir ganz zuwider, so ist mir doch die Gabe, welche er mir verehrt, über die Maßen lieb und angenehm. Und weil er mir dieselbe opfert und mir dadurch eine besondere Ehre erweist, so will ich ihm dafür meine Gnade anbieten, und wenn er sie annimmt, so will ich aller zugefügten Schmach vergessen und ihn wieder in meine Freundschaft aufnehmen.

24. Dieser Gedanke stammt nicht von mir, er ist vielmehr vom Konzil von Trient, welches lehrt, „daß Gott durch die Aufopferung der hl. Messe versöhnt werde und auch große Fehler und Sünden verzeihe." O, wohl ein treues und für alle Sünder sehr tröstliches Wort! Schöpfe neue Hoffnung, verzagter Sünder, fasse neues Vertrauen auf Bekehrung und Rettung, und aus den Fesseln der Verzweiflung fliehe zu dem allermächtigsten Versöhnungsopfer! Denn obwohl die hl. Schrift sagt, daß der Gottlose Gott verhaßt sei (Wsh 14,9), so gehe recht eifrig zur hl. Messe und opfere diese mit allem Ernst auf. Und wenn du auch mit der Todsünde im Herzen die hl. Messe hörst, so tust du dadurch ja keine neue Todsünde, wie etwa der Priester, der im Stand der Sünde die hl. Messe läse, oder der Laie, der unwürdig kommuniziert, sondern du erlangst Hilfe, um aus dem Stand der Ungnade herauszukommen.

25. Das geschieht auch, wenn ein frommer Mensch für einen Sünder die hl. Messe mitfeiert und sie Gott für die Bekehrung desselben aufopfert. Davon haben wir eine vortreffliche Erzählung in den Offenbarungen der hl. Gertrud. Als diese Braut Christi einmal während der hl. Messe den Heiland bat, er wolle denjenigen Sündern, die sich noch bekehren und selig werden sollten, mit seiner Gnade zuvorkommen und sie wegen der hohen Würde der hl. Messe vor der bestimmten Zeit bekehren, da hätte sie auch gern um die Bekehrung jener Sünder gebeten, die verdammt würden, weil sie mit diesen armseligsten Sündern gar großes Mitleid trug. Sie wagte es aber gar nicht, für sie zu bitten, weil sie fürchtete, nicht erhört zu werden.
Der Herr aber wollte diesen Kleinmut bessern und sprach zu ihr: „Sollte denn die Würde der Gegenwart meines unbefleckten Leibes und kostbaren Blutes nicht so viel verdienen, daß auch diejenigen, die im Stand der Verdammnis sind, zum Stand eines besseren Lebens berufen werden?" Über diese mildreichen Worte wunderte sich die hl. Gertrud sehr, erwog sie inbrünstig in ihrem Herzen und sprach dann mit großem Vertrauen zu Gott: „Ich bitte dich, o allergütigster Heiland, durch die hochwürdige Gegenwart deines unbefleckten Leibes und kostbarsten Blutes, du wollest doch einige Sünder, die im Stand der Verdammnis stehen, zu deiner göttlichen Gnade fuhren. Zur Gewährung dieser meiner Bitte opfere ich dir und durch dich der hochhl. Dreifaltigkeit auf dieses hl. Meßopfer samt allem, was du zum Heil der armen Sünder auf diesem Altar wirkst." Diese inbrünstige Bitte nahm der Herr mit großer Milde an und versicherte der hl. Gertrud, er habe ihre Bitte erhört und etliche Sünder der Verdammnis entzogen und in den Stand der Gnade versetzt.

26. Schöpfe denn, o armer Sünder, hieraus neue Hoffnung auf deine Rettung, höre manche Messe mit möglichster Andacht und opfere sie auf zu deiner Bekehrung und zur Bekehrung so vieler anderer verstockten Sünder!

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2. Wie die hl. Messe die läßlichen Sünden tilgt.

27. Das Versöhnungsopfer betrifft auch die läßlichen Sünden, die den lieben Gott ebenfalls erzürnen, und zwar mehr, als wir armselige Sünder uns einbilden. Ich will dies durch ein Gleichnis beweisen, durch das du die Bosheit der läßlichen Sünde einigermaßen erkennen wirst. Ein Vater hatte einen Sohn, der ihn täglich öfters vorsätzlicherweise erzürnte. In der Arbeit war er nachlässig und verrichtete sie oberflächlich. Er war dem Müßiggang und Spiel ergeben, und verschwendete das Geld des Vaters. Die Ermahnungen des Vaters beachtete er nicht, und seine Drohungen verspottete er. Der Vater beklagte sich oft über diesen seinen unnützen Sohn; dieser aber entschuldigte sich und sprach: „Ich schlage ihn ja doch nicht und bringe ihm keine tödliche Wunde bei!"

28. Dieses Gleichnis beziehe auf dich und deinen himmlischen Vater und lerne daraus, wie oft und schwer du dich alle Tage wider ihn versündigst. Du fügst ihm zwar keine tödliche Wunde bei, d.h. du begehst zwar keine Todsünde, gleichwohl machst du ihm durch deine läßlichen Sünden so viel Verdruß, daß er gerechte Ursache hat, über dich zu zürnen und zu klagen. Diesen Unwillen verursachst du täglich und vermehrst dadurch seinen Zorn und deine Strafe. Wenn du nun kein Versöhnungsopfer hättest, um den Zorn deines himmlischen Vaters zu besänftigen, wo würde dein Elend endlich hinauskommen? Wenn auch deine täglichen Sünden keine Todsünden, sondern läßliche sind, so hast du doch ein Sühnopfer überaus nötig, damit der Zorn Gottes nicht endlich überhandnehme und er dich als einen unnützen Sohn aus seinem Hause vertreibe.

29. Um diesem Übel zuvorzukommen, hat der gütigste Jesus dir und mir und allen Menschen zum Heil ein kräftiges Versöhnungsmittel verordnet und das göttliche Opfer der hl. Messe eingesetzt, welches nicht allein gegen die Todsünden, sondern auch gegen die läßlichen Sünden von besonderer Kraft ist. Dies bezeugt die hl. katholische Kirche mit den ausdrücklichen Worten, daß Christus beim letzten Abendmahl die hl. Messe eingesetzt habe, „damit die heilsame Kraft des Kreuzesopfers uns zugeeignet wurde zur Verzeihung derjenigen Sünden, welche von uns täglich begangen werden." (Trient Sitzung 22, Kap. 1.) Dies sind die Worte der Kirche, welche keiner Erklärung weiter bedürfen, da sie uns klar anzeigen, daß die hl. Messe besonders zur Verzeihung der täglichen oder läßlichen Sünden von Christus verordnet ist.

30. Der hl. Paschasius sagt dasselbe mit den Worten: „Dies Opfer wird täglich wiederholt, weil wir täglich sündigen und solche Sünden begehen, ohne welche die menschliche Schwachheit nicht leben kann. Weil also der Christ täglich fällt, so wird Christus täglich geistiger Weise geschlachtet." Christus hat uns zwar noch andere Mittel gegeben, die täglichen Sünden abzubüßen, nämlich die Reue, an die Brust klopfen, das Vaterunser beten, sich mit Weihwasser besprengen und dergleichen mehr; keines aber ist so kräftig wie das Hören und Aufopfern der hl. Messe.

31. Hiervon sagt der gelehrte Suarez: „Es ist anzunehmen, daß diejenigen, welche die hl. Messe zur Verzeihung ihrer läßlichen Sünden aufopfern, dies ganz gewiß wenigstens bittweise erlangen, weil sie dann den Willen haben, der den läßlichen Sünden widerstrebt." Als wollte er sagen: Weil keine Sünde, auch nicht eine läßliche, verziehen wird, es sei denn, daß sie den Menschen reue und leid tue, so soll er recht die Kraft der hl. Messe zum Nachlaß der läßlichen Sünden begehren, denn das ist ein Zeichen, daß sie ihm leid tun und daß er gern von ihnen frei wäre.
Ein anderer Schriftsteller sagt dafür, wir bekämen gewiß Verzeihung jener Sünden, an denen wir keine Lust haben. Pater Jakob Stratius schreibt: „Die Frucht der hl. Messe ist gewaltig groß, weil sie uns die unergründlichen Reichtümer der Verdienste und Genugtuungen Christi zueignet. Die läßlichen Sünden schmelzen vor der Messe wie das Wachs vor dem Feuer, und viele durch die Sünden verschuldete Strafen werden durch die Kraft der hl. Messe ferngehalten." Darin hat der gelehrte Pater vollständig recht, denn die läßlichen Sünden werden durch das Feuer der göttlichen Liebe, das während der hl. Messe auf dem Altar brennt, vollständig verzehrt. Darum sprich zu Anfang beim Sündenbekenntnis:
„O gerechter Gott, alle Sünden meines Lebens lege ich mit reuigem Herzen und festem Vertrauen auf diesen hl. Altar, auf daß sie durch das Feuer deiner göttlichen Liebe ganz verzehrt und durch das kostbare Blut meines Jesu ganz ausgelöscht und durch dessen unendliche Verdienste völlig bezahlt werden mögen. Amen."

32. Für diese große Wohltat können wir unserem Heiland niemals genug danken. Denn wenn wir dieses göttliche Opfer nicht hätten oder dieses nicht zur Tilgung unserer läßlichen Sünden nutzten, was für eine Last solcher Sünden würden wir vor Gottes Gericht bringen, wie lange und schwere Leiden müßten wir in jener Welt dafür leiden! Denn dies sind jene Sünden, von denen David sagt: „Meine Sünden sind zahlreicher als die Haare meines Hauptes" (Ps 39,13), und die Kirche: „Ich habe gesündigt über die Zahl der Sandkörner des Meeres." Von diesen Sünden heißt es: „Die Sünden, wer merkt sie?" (Ps18,13.) Wir merken viele nicht, darum beichten und bessern wir sie nicht. Wir löschen sie aber aus und büßen sie ab durch dieses allerkräftigste Versöhnungsopfer, das unser größter Wohltäter uns freigebig geschenkt hat.

33. Willst du nun wissen, wie du es machen sollst, um bei der hl. Messe Verzeihung deiner läßlichen Sünden zu erlangen, so folge dem Beispiel der hl. Gertrud, in deren Offenbarungen steht: „Als einmal in der hl. Messe (welche die wahrhaftigste und allerkräftigste Versöhnung aller menschlichen Schuld ist) das hochheiligste Schlachtopfer von dem Priester geopfert wurde, da opferte die hl. Gertrud dasselbe dem Herrn zur Sühne und Reinigung aller ihrer Sünden. Gott nahm dies mit Wohlgefallen an und nahm sie auf in seinen mildesten Schoß."
Aus diesen Worten magst du entnehmen, was für eine gewaltige Kraft in der Aufopferung der hl. Messe verborgen ist. Denn als die hl. Gertrud, die ihr Lebtag niemals eine schwere Sünde begangen hat, bei der Wandlung mit ganzem Ernst sprach: „Ich opfere dir diese hochheiligste Hostie zur Sühne und zur Reinigung aller meiner Sünden", da bekam sie von Gott die Versicherung, daß ihre Seele nicht allein von ihren Makeln gereinigt, sondern in den Schoß des himmlischen Vaters aufzunehmen gewürdigt wurde.

Darum sprich auch du bei der hl. Wandlung: „Himmlischer Vater! Mit innigster Andacht opfere ich dir durch die Hände des Priesters diese hochwürdigen Opfergaben des Leibes und Blutes deines Sohnes auf mit der Bitte, mir alle meine begangenen Tod- und läßlichen Sünden zu vergeben. O gütigster Vater, weil dieses hochheilige Opfer genügt zur vollen Versöhnung der ganzen menschlichen Schuld, so wollest du dich dadurch versöhnen lassen, mir meine unzählbaren Sünden verzeihen und die verschuldeten Strafen nachlassen." Je öfter und fleißiger du dies tust, desto mehr läßliche Sünden löschst du aus. Ja, ich meine, daß um einer einzigen andächtigen Messe willen mehr läßliche Sünden vergeben werden, als einer den ganzen Tag begangen hat. Denn wenn du die übernatürliche Kraft des hl. Meßopfers wohl erwägst, so wirst du auch erkennen, daß dasselbe kräftig genug ist, um alle deine Sünden und Übertretungen zu tilgen.

34. Hier sollst du auch wissen, daß die hl. Messe nicht nur die läßlichen Sünden auslöscht, sondern die Seele auch von allen Makeln und Flecken reinigt. Das bezeugt der hl. Johannes von Damaskus mit den Worten: „Das unbefleckte und unblutige Meßopfer ist eine Verbesserung aller Schäden und eine Reinigung von allen Unreinheiten." Das hat Gott schon früher durch den Propheten Ezechiel weissagen lassen: „Ich will ein reines Wasser über euch ausgießen, daß ihr gereinigt werdet von allen euren Missetaten." (Ez 36,25.) Diese Reinigung geschieht durch das heiligste 'Wasser, das aus der geöffneten Seite Christi geflossen ist, wovon Johannes sagt:
Einer von den Soldaten öffnete seine Seite mit einer Lanze, und sofort floß Blut und Wasser heraus." (Jo 19,34.) Dies ist nicht zufällig, sondern aus besonderer Fügung Gottes geschehen. Denn Jesus wollte diese Wunde an seiner Seite empfangen und nach seinem Tod offenhalten, damit sie würde „ein Quell lebendigen Wassers, das fortströmt ins ewige Leben." (Jo 4,14.)

35. Diese Quelle hat der Prophet Zacharias vorhergesagt: „An demselben Tag wird sich eine Quelle öffnen für das Haus Davids und die Bewohner Jerusalems zur Reinigung der Sünder." (Zach 13,1.) Dieser heilsame Brunnen fließt unaufhörlich; jeder kann frei hinzutreten, um seinen Durst zu löschen und seine Flecken abzuwaschen. Er fließt aber nur über jene, die auch wirklich zu ihm kommen. In allen Messen fließt er über alle Gegenwärtigen, weil die Seitenwunde Christi alsdann von neuem geöffnet wird. O, wie sind wir so glücklich und überglücklich, daß dieser göttliche Brunnen allzeit zu unserer Reinigung fließt und jedem Hinzutretenden seine Wasser umsonst und im Überfluß mitteilt! Wie viele Sünder sind hingegangen und haben mit Freuden daraus geschöpft nach den Worten des Isaias: „Ihr werdet Wasser schöpfen mit Freuden aus den Quellen des Heilandes." (Is12,3.) Jene Sünder aber, die aus Nachlässigkeit nicht hingehen, sondern lieber in ihrem Wust verschmachten wollen, lädt er noch freundlich ein mit den Worten: „Alle, die ihr dürstet, kommt zum Wasser, und die ihr kein Geld habt, kommt und kauft ohne Geld und ganz umsonst Wein und Milch!" (Is 55,1.) Und am Schluß der ganzen Hl. Schrift heißt es noch einmal: „Der Geist und die Braut sprechen: Komm! und wer es hört, der spreche: Komm! Und wen dürstet, der komme, und wer will, der nehme Wasser des Lebens umsonst." (Offb 22,17.) Beachte doch, wie treulich uns Isaias und Johannes zu diesem Brunnen einladen, da sie beide wohl wissen, wie heilsam uns das Wasser des göttlichen Heilandes ist. Es ist ein Bad, in dem unsere Seele gebadet, gereinigt und geheiligt wird, ohne daß uns dieses kostbare Perlenwasser auch nur das geringste kostet.

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16. Kap. - Die hl. Messe ist
                das würdigste Genugtuungsopfer.

1. Zu Anfang dieses Kapitels sollst du wissen, daß eine jede Sünde vor allem zwei Übel hervorbringt, nämlich Schuld und Strafe. Die schwere Schuld oder Ungnade Gottes wird uns durch die Reue und Beichte nachgelassen, wozu uns die hl. Messe Gnade und Hilfe erwirbt; die Schuld der läßlichen Sünden kann auch durch die hl. Messe selbst nachgelassen werden, wie wir im vorigen Kapitel gesehen haben. Mit der schweren Schuld wird auch immer die ewige Strafe aufgehoben; aber die zeitlichen Strafen, die du hier auf der Erde oder im Fegfeuer abzubüßen hast, werden nicht alle bei Vergebung der Sünden nachgelassen, sondern gewöhnlich nur zum Teil, je nachdem, wie tief die Reue, wie innig die Beichte und wie groß die Buße ist. Weil aber allgemein unsere Reue schwach, die Beichte schlecht und die Buße gering ist, so wird uns auch allgemein von der Strafe nur wenig geschenkt. Was dann übrig bleibt, müssen wir mit Beten, Wachen, Fasten, Almosen, Wallfahrten, Abtötung, Beichten und Kommunizieren, durch die hl. Messe und Ablässe bezahlen oder im Fegfeuer abbüßen. Alle diese Bußen sind unserer Sinnlichkeit sehr zuwider und werden von vielen nicht verrichtet. Was soll dann aber aus uns werden, welcher Rat bleibt uns da?

2. Wir sollen dem Knecht im Evangelium folgen, von dem Christus erzählt: „Das Himmelreich ist einem König gleich, der mit seinen Knechten Abrechnung halten wollte. Da brachte man ihm einen, der war ihm zehntausend Talente schuldig. Da er aber nicht bezahlen konnte, fiel er dem Herrn zu Füßen und sprach: Habe Geduld mit mir, ich will dir alles bezahlen." (Vgl. Mt 18.) Wer verwundert sich nicht über diesen vermessenen Knecht, der nicht um Nachlaß oder Verringerung dieser ungeheuren Schuld bat, sondern nur um Aufschub und Geduld. Wie wäre es denn diesem armen Knecht möglich gewesen, die ungeheure Schuld zu bezahlen, und wenn er auch 200 Jahre zu leben gehabt hätte? Ein Talent hatte den Wert von 6.000 Drachmen - ein Segelschiff (eine Drachme / Denar war der Tageslohn). Nun rechne du aus, wie groß die Schuld von zehntausend Talenten sein mag!

3. Du sollst wissen, daß dies keine wirkliche Geschichte, sondern ein Gleichnis ist, und daß dieser Knecht einen großen Sünder bedeutet, der viele schwere Sünden begangen und Gott gegenüber viele Schulden gemacht hat. Du, Sünder, bist derjenige, zu dem Christus sagt: „Du weißt nicht, wie so elend und erbärmlich, wie so blind und nackt du bist" (Offb 3,17). Ja, du weißt nicht und glaubst auch nicht, in was für schweren Schulden du mit deinen zehntausend Talenten steckst. Wie willst du mit all deinen guten Werken zehntausend Talente bezahlen, der du in deinem ganzen Leben nicht ein einziges Talent verdienen kannst? Ja, eine einzige Todsünde zieht eine so große Strafe nach sich, daß, wenn du diese aus dem reichsten Erbteil oder aus deinen Kräften zahlen solltest, du in Ewigkeit daran zu zahlen hättest
. Ich will dir also ein gutes Mittel an die Hand geben, wie du aus dieser ungeheueren Schuld herauskommen kannst. Falle mit dem Knecht deinem Gott und Herrn zu Füßen und sprich: „Habe Geduld mit mir, verleihe mir nur noch einige Zeit zur Buße, so will ich dir alles bezahlen!" Ich will fleißig und andächtig die hl. Messe mitfeiern und sie dir zur Bezahlung der schweren Schuld aufopfern.

4. Diesen Rat gibt dir der gelehrte Pater Sanchez mit den Worten: „Wenn du die hl. Messe mitfeierst, so denke daran, daß sie dein eigen ist und daß sie dir sowohl von Gott dem Vater wie Gott dem Sohn geschenkt ist. Daß sie aber dein eigen ist, sagt ja der Priester beim Orate frates: „Betet, Brüder, daß mein und euer Opfer angenehm werde bei Gott dein allmächtigen Vater." Er sagt zu allen Anwesenden, daß dieses Sakrifizium nicht allein sein Opfer, sondern auch das ihre und folglich auch das deine ist. Wenn du nun dies wohl erwogen hast, so sprich zu Gott: Wie viel bin ich dir schuldig, o Herr? Bin ich dir vielleicht hundert oder tausend oder zehntausend Talente schuldig? Herr, ich erkenne meine große Schuld und bin bereit, diese zu bezahlen. Aus meinen Verdiensten kann ich es nicht, wohl aber aus den reichen Verdiensten deines Sohnes, welche auf diesem Altar gegenwärtig und mir zu eigen geschenkt worden sind. Diesen Schatz stelle ich dir vor, nimm du so viel daraus, wie ich schuldig bin. Wenn diese Betrachtung mit lebendigem Glauben geschieht, so bringt sie sehr großen Trost, weil wir in der hl. Messe eine ganz gewisse und vollgenügende Zahlung für unsere Sünden haben. Soweit Sanchez.

5. Nun wollen wir sehen, wie groß die Kraft der hl. Messe ist, damit wir desto größeres Vertrauen zu derselben fassen. Die Gottesgelehrten schreiben und lehren, daß die hl. Messe die Nachlaß der zeitlichen Strafen ex opere operato verschaffe, nämlich aus dem großen Werk, das Christus hier auf der Erde durch sein Leiden und seinen Tod zu unserer Erlösung vollbracht und wodurch er unendliche Verdienste gesammelt hat. Ferner bedeutet dieser Ausdruck, daß die hl. Messe diese Kraft nicht wegen der Frömmigkeit des Priesters, sondern aus sich selbst hat. Dasselbe ist z. B. auch bei der hl. Taufe, wo das Kind von einem guten Priester nicht besser und von einem weniger guten nicht schlechter getauft wird, wenn es nur richtig geschieht.

6. Aus dieser einhelligen Meinung und Lehre der Gottesgelehrten erwächst allen armen Sündern ein herzlicher Trost, indem sie versichert werden, daß ihnen jedesmal, wenn sie bei der hl. Messe sind, unfehlbar ein Teil der noch übrigen Strafen nachgelassen wird. Nicht allein, wenn sie die hl. Messe ganz andächtig mitbeten, sondern, wenn sie nur ehrfürchtig gegenwärtig sind und dem Priester zuschauen. Denn dieser Nachlaß entspringt nicht ihrem Mitwirken, sondern hat ihre Quelle in den Verdiensten Christi, wovon Marchantius sagt, Christus habe gewollt und verordnet, daß einem jeden, welcher andächtig bei der hl. Messe zugegen ist, eine besondere Genugtuung und Nachlaß der Strafen zugeeignet werde. Nun mache die Schlußfolgerung, wie viel Strafen derjenige abbüßt, der diese mit möglichster Andacht hört und sie zugleich mit dem Priester dem allerhöchsten Gott herzlich aufopfert.

7. Wenn du nun fragst, woher doch solche reiche Verdienste zur Bezahlung aller Schulden kommen, so gebe ich dir zur Antwort: aus der Zueignung der Verdienste Christi. Marchantius bezeugt das mit den Worten: „Die hl. Messe ist eine kräftige Zueignung der Verdienste Christi, ist eine Eröffnung seines reichen Schatzes, damit wir die himmlischen Güter daraus entnehmen und alle unsere Schulden übergenug damit bezahlen mögen." In der Tat teilt Christus seine Verdienste in der hl. Messe reichlich aus und gibt jedem, der ohne Todsünde bei derselben zugegen ist, einen guten Teil davon.

8. Um dies recht zu verstehen, sollst du wissen, daß Christus in seinem hl. Leben und Leiden, vorzüglich am hl. Kreuz, einen so reichen Schatz von Verdiensten erworben hat, daß, wenn er ihn auch unter alle gewesenen, jetzigen und zukünftigen Sünder und Sünderinnen austeilen und jedem so viel geben wollte, als zur richtigen Zahlung seiner Schulden und Strafen nötig wäre, er eines jeden Schulden überreichlich bezahlen könnte und doch noch für unzählbare Welten genug übrig behielte. Von diesem reichen Schatz teilt Christus oft aus: als wir getauft wurden, wenn wir wahre Reue erwecken, wenn wir beichten, wenn wir kommunizieren und wenn wir gute Werke verrichten. Zu besonders reichlicher Austeilung dieses Schatzes läßt sich Christus bestimmen durch Besuch und Aufopferung der hl. Messe.

9. Du kannst dir das so vorstellen, als wenn Christus bei der hl. Messe an jeden einzelnen heranträte und ihm ein Stück himmlischen Goldes in seine Hände gäbe, als freigebiges Geschenk zur Vergeltung des Messehörens. Von dieser Beschenkung ist keiner ausgeschlossen, außer wer sich im Stand der Todsünde befindet, und wer bei der Messe nur schwätzt, lacht, vorwitzig umherschaut, andere im Gebet stört und freiwillig schläft. Alle anderen bekommen etwas von diesem Schatz, wenn auch nicht gleich viel, sondern je mehr oder weniger andächtig einer ist, desto mehr oder weniger bekommt er auch von diesem himmlischen Gold. Dies kann und soll er gut anlegen, Gott dem Vater aufopfern, seine Schulden damit bezahlen, Tugenden einkaufen, die heiligmachende Gnade vermehren und seine künftige Seligkeit vergrößern. Dies sollen alle armen Sünder und Sünderinnen wohl beachten; wenn sie in eine Sünde gefallen sind, so sollen sie zur Kirche eilen, die hl. Messe mit Andacht mitfeiern und diesselbe Gott zur Verzeihung ihrer Sünden, zur Zahlung ihrer Strafen und zur Besserung ihres Lebens aufopfern, weil sie ja das beste Mittel ist, um Verzeihung zu erlangen, die verschuldeten Strafen abzubüßen und vor dem Rückfall in die Sünden bewahrt zu werden.

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Wie viele Strafen man durch eine Messe abbüßen kann.

10. Wenn du den vorigen Teil dieses Kapitels aufmerksam gelesen hast, so wird dir ohne Zweifel der Wunsch gekommen sein, zu wissen, wie viele Strafen für deine Sünden du durch eine hl. Messe abbüßen könnest. Auf der einen Seite kommt dabei in Betracht, wie viel wert eine hl. Messe ist, auf der anderen Seite, wie viel von diesem Wert du für dich bekommst. Daß der Wert der hl. Messe unendlich groß sei, folgt aus der unendlichen Würde der göttlichen Person Christi, der bei der hl. Messe der eigentliche Opfernde ist; ebenso aus dem Wert der Opfergabe. Jede hl. Messe hat denselben Wert wie die Einsetzungsmesse Christi beim letzten Abendmahl. Es waren sogar alle Werke Christi, die er auf Erden verrichtet hat, von unendlichem Wert wegen der unendlichen Würdigkeit seiner göttlichen Person, woraus folgt, daß das Meßopfer auch unendlichen Wertes sei. Aber keinem wird dieser Wert in unendlicher Weise zugeeignet, sonst könnte man mit einer einzigen hl. Messe alle seine ungeheuren Schulden auf einmal abzahlen und brauchte hinfür keine Buße mehr zu tun, was gegen die katholische Lehre ist.
Das aber ist gewiß, daß die hl. Messe wegen ihres unendlichen Wertes sehr viele Strafen abbüßen kann; ja, wenn der Mensch mit ungemeiner Andacht eine Messe hörte, so könnte ihm diesselbe alle noch übrigen Schulden und Strafen auf einmal auslöschen. O wie sehr sind wir Christen Gott verpflichtet, daß er uns ein so kostbares Opfer geschenkt und ein so leichtes Mittel zur Bezahlung unserer schweren Schulden an die Hand gegeben hat, durch welches wir weit mehr abbüßen können als durch viele schwere Bußwerke.

11. Das bezeugt der hl. Laurentius Justiniani mit folgenden, sehr denkwürdigen Worten: „Legt auf eine Goldwaage alle guten Werke, also alles Beten, Wachen, Fasten, Bußkleider, Geißeln, Abtötungen, Wallfahrten und was es sonst noch gibt, alles dieses legt auf die eine Schale der Waage. Auf die andere aber legt nur ein einziges Meßopfer, so werdet ihr finden, daß jene vielen niemals dieses eine aufwiegen werden. Denn in der hl. Messe wird derjenige geopfert, in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt (Kol 2,9), welcher ferner einen unvergleichlichen Schatz der Verdienste umschließt und dessen Fürsprache allmächtig ist."

12. Hast du gehört, was dieser hl. Patriarch von Venedig von dem Wert einer einzigen hl. Messe sagt? Hast du seine Meinung auch gut verstanden? Wenn du sie vielleicht vor Verwunderung nicht glauben kannst, so will ich sie dir näher erklären. Wenn du alle genannten Bußwerke verrichtet hättest und sie deinem Gott mit größter Liebe und Andacht aufopfertest, so würdest du ihm gewiß eine sehr große und angenehme Gabe verehren und eine außerordentliche Freude verursachen. Wenn nun aber ein anderer nur eine einzige Messe andächtig mitgefeiert und sie von ganzem Herzen Gott aufgeopfert hat, so würde dieser ihm eine unschätzbar köstlichere Gabe verehren und einen unvergleichlich größeren Wohlgefallen erweisen, als du mit deinen Bußwerken getan. Denn du hättest nur lauter menschliche Werke geopfert, der andere aber verehrt Gott lauter göttliche Gaben, nämlich die Verdienste Christi, die Wunden Christi, den Leib Christi, das Blut Christi, das Leiden Christi und die Tugenden Christi, ja den eingeborenen Sohn Gottes selbst, nicht in der Majestät, in der er im Himmel thront, sondern in der Demut, in der er auf dem Altar unter der Gestalt einer kleinen Hostie liegt, als das unschuldige Lamm, welches wiederum geschlachtet wird, wodurch er dem Vater unendliche Ehre, Lob, Dienst und Wohlgefallen erweist.
Nun lege auf die eine Waagschale deine Bußwerke, auf die andere die mitgefeierte Messe, so wirst du sehen, wie viel die hl. Messe deine vielen Bußwerke überwiegt. Nun mache auch die Schlußfolgerung, wie viele Sündenstrafen eine hl. Messe bezahlen kann. Alle diese Bußwerke, im Stand der heiligmachenden Gnade verrichtet, können doch sicher die zeitlichen Strafen einer Todsünde bezahlen, so wird deine andächtige Messe die von mehreren Todsünden abbüßen können.

13. Viel habe ich gesagt, aber ich muß noch Größeres sagen. Pater Ludwig von Argentana schreibt: „Ich schätze zwar alle Bußwerke, welche wir zur Verzeihung unserer Sünden verrichten, sehr hoch; dennoch ist gewiß, wenn einer all sein Lebtag bei Wasser und Brot fastete, wenn er alle Schätze der Welt den Armen als Almosen austeilte, wenn er bis zum Ende der Welt in andächtigem Gebet verharrte, so wären all diese Werke sehr groß und von allen Menschen sehr hoch zu schätzen. Gleichwohl: wenn sie auf die Goldwaage der göttlichen Gerechtigkeit gelegt würden, so würden sie durchaus nicht so schwer wiegen wie eine einzige hl. Messe, in der das hochwürdigste Blut Christi geopfert wird. Denn dieses Blut ist von unendlichem Wert, und keine menschlichen Werke sind mit ihm zu vergleichen. Dennoch sind die Bußwerke nicht überflüssig, sondern zur Besserung des Lebens und zur Ausrottung der bösen Gewohnheiten sehr notwendig."

14. Wenn aber einer mit diesen Zeugnissen sich nicht begnügen und weiter fragen will, wie viele Leiden des Fegfeuers durch eine hl. Messe abgekürzt und ausgelöscht werden, so gebe ich zur Antwort, daß Gott dies seiner Kirche nicht ausdrücklich geoffenbart hat, gleichwie er auch nicht geoffenbart hat, wie viele, wie schwere und wie lange Leiden er für eine läßliche Sünde den Seelen auflegt. Lehrreich sind dafür aber folgende Worte aus einer Offenbarung der hl. Magdalena von Pazzi:
„Die Kirche hat in früheren Zeiten für die schweren Sünden Bußen von fünf oder sieben Jahren auferlegt." Jetzt aber ist die Bosheit der Sünder so hoch gestiegen, daß sie die schweren Bußen nicht mehr annehmen wollen. Deshalb können die alten Bußregeln nicht mehr befolgt werden. „Aber dadurch", so sprach Christus,
„ist mir mein Recht nicht genommen worden"; was also nicht hier auf der Erde abgebüßt ist, muß noch im Fegfeuer abgebüßt werden. Hieraus wird klar, daß die armen Seelen wegen ihrer ungebüßten Sünden viele Jahre im Fegfeuer leiden müssen und viele hl. Messen zu ihrer Befreiung nötig sein können. Aber die Messen, die wir selbst mitfeiern, sind mehr wert für uns als jene, die später für uns gelesen werden. Wohl ein tröstlicher und angenehmer Gedanke, der jeden zum fleißigen Meßbesuch antreiben sollte, wo nicht aus Liebe zu Gott, dann wenigstens aus Liebe seiner selbst. Wenn du wegen eines Verbrechens verurteilt worden wärst, daß du eine halbe Stunde auf einem glühenden Rost solltest liegen müssen und dir die Wahl gestellt würde, ob du lieber eine hl. Messe hören oder die halbe Stunde die Qualen aushalten wolltest, würdest du nicht lieber zwanzig, ja hundert Messen mitfeiern, damit du die furchtbare Marter von dir abwenden möchtest? Nun ist es gewiß, daß du nach deinem Tod nicht gleich in den Himmel fahren, sondern noch reichlich lange Zeit die Qualen des Fegfeuers wirst aushalten müssen. Desgleichen ist es auch gewiß, daß du kein sicheres Mittel hast, um dieser Qual zu entgehen, als eben das andächtige Anhören der hl. Messe. Wie magst du denn so nachlässig sein und manche liebe Messe so leichtsinnig versäumen, da du durch eine jede hl. Messe so viel von deiner Fegefeuerspein abkürzen kannst!

15. Hier möchte nun einer fragen: „Wenn das Mitfeiern der hl. Messe so viele Strafen abbüßt, wie viele büßt dann eine Messe ab, welche man lesen läßt?" Ich antworte: Wer zu seinen Lebzeiten eine hl. Messe für sich lesen läßt, büßt noch viel mehr Strafen ab, als wenn er sie nur mitfeiert. Denn die besonderen Früchte der hl. Messe kommen dann ihm zu und werden ihm von Gott und dem Priester zugeeignet. Wie viel Früchte das sind, hat Gott seiner Kirche nicht geoffenbart. Aber beachte auch hier wieder die Worte des gelehrten Marchantius: „Wer eine hl. Messe für sich lesen läßt, bekommt viel mehr Nutzen davon, wenn er der Messe mitfeiert, als wenn er sie nicht besucht. Denn wenn er auch den Nutzen bekommt, den der Priester ihm zueignet, so doch nicht dasjenige Verdienst, das ihm daraus entspringt, daß er selbst mitopfert."

16. Hier muß ich noch auf etwas aufmerksam machen, was weniger bekannt ist. Wenn nämlich jemand eine hl. Messe bestellt in der Meinung, einen Heiligen zu ehren, eine Bitte zu erlangen oder ein Übel von sich abzuwenden, so heißt es meistens nur einfach: Ich hätte gern eine Messe zu Ehren der Mutter Gottes, oder ich hätte gern eine für ein krankes Kind usw.; man erwähnt aber gar nicht und denkt auch nicht an den Genugtuungswert der hl. Messe, wem man die Verdienste derselben zuwenden will. Wenn nun der Priester auch nicht daran denkt und das Genugtuungsverdienst der hl. Messe niemandem zuwendet, so kommt dasselbe, wie zu vermuten, in den Schatz der Kirche, es sei denn, daß Gott der Herr, die Einfalt der Leute sehend, ihnen die Genugtuung zueignet.

Wenn du also eine hl. Messe zu Ehren eines Heiligen oder für irgendeine Not lesen läßt, so denke allezeit daran, daß du den Genugtuungswert der hl. Messe dir vorbehalten willst. So hast du zweifachen Gewinn von einer solchen Messe: Du ehrst den Heiligen, zu dessen Ehre du sie lesen läßt, und bezahlst auch viel von den Strafen, die du für deine Sünden zu leiden schuldig bist. Ebenso erlangst du deine Bitte, wenn es gut für dich ist, und bezahlst auch noch einen großen Teil deiner Schulden. Das möge ein jeder wohl beachten, weil viel daran gelegen ist.

17. Aus allem, was in diesem Abschnitt gesagt worden, sollten wir neuen Eifer für die hl. Messe schöpfen und uns befleißigen, täglich die hl. Messe mitzufeiern, an Sonn- und Feiertagen aber, wenn möglich, zwei oder drei, damit wir den Rest unserer Strafen auf dieser Welt abzahlen mögen. Besonders sollten das die großen Sünder tun, welche viele schwere Sünden begangen, aber noch wenig Buße getan haben. Gewiß ist es, daß die göttliche Gerechtigkeit keine Sünde ungestraft läßt. Wahr ist das Sprichwort: Aut poenitendum aut ardentum: entweder büßen oder brennen. Es ist für dich armen Sünder doch weit besser, daß du deine Sünden auf dieser Welt selber abbüßt, als daß du sie dem strengen Richter zur Bestrafung in jener Welt überläßt. Kannst du aber keine schwere Buße verrichten, so ergreife die so leichte Buße des Messebesuchs, durch welche du, wie du in diesem Kapitel vernommen, deine alten und neuen Schulden reichlich bezahlen kannst.

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17. Kap. - Die hl. Messe ist das
                 vortrefflichste Werk des Hl. Geistes
.

1. Wohl in allen Kapiteln dieses Buches werden Gott Vater und Gott Sohn erwähnt, weniger oft aber Gott der Hl. Geist. Damit wir nun erkennen, wie sehr derselbe zum hl. Meßopfer mitwirkt, so will ich ihm zu Lieb und Ehren in einem ganzen Kapitel davon sprechen, das wir passend in den Pfingsttagen lesen können.

2. Wie viel Gutes der Hl. Geist der lieben Christenheit erweist, das kann in seiner Größe nicht erkannt, viel weniger ausgesprochen werden. Er ist die göttliche Liebe und Barmherzigkeit und gibt sich alle Mühe, die göttliche Gerechtigkeit zu versöhnen und die armen Sünder vor der Verdammnis zu bewahren. Er ist derjenige, der zur menschlichen Erlösung gar viel beigetragen, dieselbe begonnen und vollendet hat. Im jungfräulichen Schoß Mariens hat er damit begonnen, da sie „empfing vom Hl. Geist" und das Wort Fleisch geworden ist. Am hl. Pfingsttag hat er dieses Werk der menschlichen Erlösung glücklich vollendet, indem er auf die Apostel und die mit ihnen Versammelten in Gestalt feuriger Zungen herabkam, sie mit seiner Liebe entzündete und die verstockten Sünder, welche durch die Wunder und das Leiden Christi nicht hatten erweicht werden können, durch seine Gnade bekehrte. Er bleibt auch immerdar bei den Gläubigen, und obwohl er von vielen verunehrt wird, so verläßt er sie doch nicht ganz, sondern klopft oft an ihre Herzen und verlangt, wieder bei ihnen Wohnung zu nehmen.

3. Alle diese Dinge sind erhabene, ja göttliche Werke. Unter diesen göttlichen Werken nimmt die hl. Messe einen ganz besonders hohen Platz ein. Wie will ich dieses aber beweisen können? Gar leicht, nämlich auf folgende Weise. Alle Theologen sagen, daß das Geheimnis der Menschwerdung Gottes das allergrößte Wunder sei, welches die allmächtige Hand Gottes gewirkt habe, da hierbei in der Person Christi die unendlich große Gottheit mit der kleinen Menschheit verbunden wurde. Dies allergrößte Wunder hat der Hl. Geist bewirkt, wie wir im Glaubensbekenntnis bekennen mit den Worten: „der empfangen ist vom Hl. Geist." Fast möchte man annehmen, daß das in der hl. Messe gewirkte Wunder noch größer sei, weil da die gewaltige Gottheit und dazu die vollkommene Menschheit Christi so erniedrigt werden, daß sie in dem allerkleinsten Partikel oder Teilchen der hl. Hostie ganz gegenwärtig sind.

4. Daß nun dieses durch den Hl Geist geschieht, davon haben wir ein ausdrückliches Zeugnis in der Liturgie des hl. Jakobus, in der vor der Wandlung die Worte stehen:
„Wir bitten dich, o Herr, daß dein Hl. Geist herabkommen und durch seine heilige und lobwürdige Gegenwart unsere Gaben heiligen und dieses Brot machen wolle zum Leib deines Sohnes, diesen Kelch aber zum kostbaren Blut Christi."

5. Dies will auch der Priester andeuten, indem er, ehe er das erste Kreuzzeichen über die aufgeopferte Hostie und den Kelch macht, seine Augen gen Himmel erhebt, beide Hände und Arme ausstreckt, dieselben wieder zusammenlegt und mit herzlicher Andacht den Hl. Geist anruft und bittet, er möge vom Himmel herabkommen und die geopferten Gaben des Brotes und Weines durch seine göttliche Kraft segnen:
„Komm, o Heiligmacher, allmächtiger, ewiger Gott, und segne dieses Opfer, welches deinem hl. Namen bereitet ist." Dasselbe bittet auch der hl. Ambrosius in seiner Liturgie mit den Worten: „Laß doch, o Herr, die unsichtbare Majestät deines Hl. Geistes herabsteigen, gleichwie er vorzeiten über die Schlachtopfer der Väter herabstiegen ist."

6. Sehr schön sprechen darüber auch die hl. Väter. Der hl. Johannes von Damaskus sagt: „Wie soll mir das geschehen, spricht die hl. Jungfrau, da ich keinen Mann erkenne? Der Erzengel Gabriel antwortet: Der Hl. Geist wird über dich kommen und die Kraft des Allerhöchsten dich überschatten. Und nun fragst du, wie das Brot der Leib Christi werde und der mit Wasser gemischte Wein das Blut Christi? Auch ich sage dir: Der Hl. Geist kommt darüber und bewirkt, was über Sprache und Begriff hinausgeht." Ferner der hl. Cyrill von Jerusalem: „Wir rufen den gütigen Gott an, daß er den Hl. Geist auf die daliegenden Gaben herabsende, damit derselbe das Brot zum Leib Christi und den Wein zum Blut Christi mache." Und der hl. Gaudentius ermahnt: „Glaube, daß durch das Feuer des Hl. Geistes vollbracht ist, was angekündigt wurde".

7. Wie der Hl. Geist zur Wandlung herabkommt, davon schreibt die hl. Äbtissin Hildegard: „Als ein Priester mit den hl. Gewändern angetan an den Altar ging, sah ich, wie wenn ein helles Licht vom Himmel kam, den ganzen Altar umleuchtete und so lange da verblieb, bis der Priester nach vollendeter hl. Messe wieder vom Altar fortging. Als er aber während der Messe zum Sanktus kam und den Kanon mit seinen unbegreiflichen Geheimnissen begann, da kam ein flammendes Feuer von unfaßbarer Klarheit aus dem geöffneten Himmel über das Brot und den Wein herab und durchdrang beides mit seiner Klarheit, wie das Licht der Sonne mit seinen Strahlen das Glas erleuchtet und durchdringt. Unterdessen erhob dasselbe Licht das Brot und den Wein unsichtbarerweise zum Himmel hinauf, brachte sie alsbald wieder auf den Altar, und nun waren sie wahres Fleisch und Blut, wiewohl sie vor den Augen der Menschen Brot und Wein zu sein schienen. Als ich nun dies Fleisch und Blut anschaute, da erschienen alsbald die Zeichen der Menschwerdung, der Geburt und des Leidens unsers Heilandes wie in einem Spiegel, und zwar auf ebensolche Weise, wie sie am Sohn Gottes vollbracht worden sind, als er noch auf der Welt war."

8. Davon haben wir zwei schöne Vorbilder im Alten Testament, zuerst beim ersten Opfer Aarons, von dem im 3. Buch Moses (9,23 f.) zu lesen ist: „Da erschien die Herrlichkeit des Herrn vor allem Volk, und siehe, es ging Feuer aus vom Herrn und verzehrte das Brandopfer und die Fettstücke, die auf dem Altar waren. Und da das Volk dieses sah, priesen sie den Herrn und fielen nieder auf ihr Antlitz." Ähnliches geschah bei der Einweihung des Tempels Salomons(2 Chr 7,1f.):
„Da Salomon sein Gebet vollendet hatte, fiel Feuer vom Himmel und verzehrte die Brandopfer und die anderen Opfer, und die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus. Und die Priester konnten nicht in den Tempel des Herrn gehen, denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte den Tempel des Herrn. Auch sahen alle Söhne Israels das Feuer und die Herrlichkeit des Herrn über das Haus herniederkommen, und sie fielen auf ihr Angesicht und beteten an und lobten den Herrn."

9. Das waren klare Vorbilder unseres heiligsten Meßopfers, in dem allezeit das Feuer des Hl. Geistes vom Himmel fällt, das Brot und den Wein verzehrt und in den Leib und das Blut Christi verwandelt.
Darum sind die heiligen Worte der Wandlung gleichsam feurige Worte. O mit was für einer Andacht und Ehrerbietung sollten darum alle Priester die ehrwürdigsten, aus dem göttlichen Mund Christi selbst hervorgegangenen, mit übernatürlicher Kraft begabten Wandlungsworte aussprechen, durch deren wundersame Kraft ihr eigener Schöpfer in ihren priesterlichen Händen wiederum Mensch wird!

10. Pater Mansi schreibt: „Das unblutige Meßopfer ist so ehrwürdig und ehrfurchtgebietend, daß der Hl. Geist in eigener Person herabsteigt, um es zu heiligen, wobei die Engel in Scharen dastehen und ihm mit höchster Freude zuschauen", entsprechend dem Worte des hl. Petrus, der vom Hl. Geist sagt, daß „ihn zu schauen selbst Engel gelüsten" (1 Petr 1,12). O, was für eine große Heiligkeit muß dann in dem allerheiligsten Meßopfer sein, weil dasselbe vom Ursprung der Heiligkeit, der göttlichen Person des Hl. Geistes selbst, gesegnet und mit aller Heiligkeit erfüllt wird! Das ist das Feuer, welches uns diese himmlische Speise zubereitet, wie wir für unsere irdischen Speisen des irdischen Feuers bedürfen.
Das Brot z. B. wäre ohne Feuer nur ein roher, ungenießbarer Teig, der dem Körper eher schädlich als nützlich sein würde. Durch die Hitze des Feuers aber bekommt es ein ganz anderes Wesen und wird eine wohlschmeckende, nahrhafte Speise. So ist das Himmelsbrot durch das göttliche Feuer des Hl. Geistes in den allerheiligsten Leib und das Blut Christi verwandelt und hat dadurch übernatürliche Kraft bekommen und eine so liebliche himmlische Süßigkeit, daß manche Seelen bei Verkostung derselben schier zerschmolzen sind.

11. Aber das Feuer des Hl. Geistes bereitet uns die hl. Hostie nicht allein zur Speise, sondern an erster Stelle zu unserem Opfer, auf daß wir dasselbe Gott dem Herrn zu seiner höchsten Ehre und zu unserem Heil darbringen können. O wie viel wirkt der Hl. Geist bei diesem Opfer! Wie tut er alles, damit es allen Menschen zum zeitlichen und ewigen Heile gereiche! Von ihm schreibt der hl. Paulus: „Der Hl. Geist hilft unserer Schwachhheit, denn um was wir beten sollen, wie sich es sich gebührt, wissen wir nicht, sondern der Geist selbst begehrt für uns mit unaussprechlichen Seufzern. Derjenige aber, der die Herzen durchforscht, weiß, was der Geist begehrt, denn nach Gottes Wohlgefallen bittet er für die Heiligen", d.h. für die gläubigen Menschen (Röm 8,26f.).

12. Zum Verständnis dieser Worte des hl. Paulus sollst du wissen, daß eine göttliche Person die andere nicht eigentlich bittet, weil sie alle drei eins sind in der Gottheit und gleichmäßig zu befehlen und zu geben haben. Weil aber zum Unterschied der Personen Gott dem Vater die Gerechtigkeit, Gott dem Sohn die Weisheit, Gott dem Hl. Geist die Güte und Barmherzigkeit zugeeignet wird, so seufzt die göttliche Barmherzigkeit zur göttlichen Gerechtigkeit, daß sie die Sünder nicht nach ihrem Verschulden verdammen, sondern aus Gnaden selig machen wolle. Das ist es, was der hl. Paulus mit den obigen Worten andeuten will, indem er sagt, daß der Hl. Geist für uns bittet. Nun kann aber noch gefragt werden, wann er hauptsächlich für uns bittet. Ich antworte: Wiewohl zu vermuten ist, daß er es allezeit tut, so ist es doch wohl zu glauben, daß es vorzüglich bei und während der hl. Messe geschieht.

13. Das meine ich deswegen, weil dann auch die hl. Engel für uns bitten, von denen der hl. Chrysostomus sagt: „Dann (d.h. bei der hl. Messe) rufen nicht allein die Menschen, sondern es beugen auch die Engel ihre Knie und es bitten für uns die Erzengel." Den Grund dafür fügt er hinzu in den Worten: „Sie haben eine günstige Zeit dazu, denn es steht ihnen das hl. Opfer zur Seite; sie zeigen den Leib Christi vor und bitten für das menschliche Geschlecht." Gleichwie denn die Engel die Zeit der hl. Messe in beachten, weil dieselbe die Zeit der Barmherzigkeit ist, und weil der Zorn Gottes durch das machtvolle Sühnopfer besänftigt wird, ebenso darf man wohl glauben, daß der Hl. Geist in seiner Güte zu derselben Zeit, in der die Menschheit Christi Gott den Vater anfleht und in der die Wunden und das Blut Christi um Barmherzigkeit rufen, zugleich mit diesen in unaussprechlichen Seufzern für uns bittet und durch seine göttliche Barmherzigkeit die göttliche Gerechtigkeit zu besänftigen sucht.
„Gott aber, der die Herzen prüft, weiß", daß der Hl. Geist nichts anderes erfleht, als was „nach Gottes Wohlgefallen" ist, nämlich was zur Ehre Gottes und zum Heil der Menschen gereicht.

14. Hieraus merke nun, wie groß die Güte des Hl. Geistes ist, indem er sich unseres Heiles so eifrig annimmt, als wenn es sein eigenes Heil beträfe, und daß er nicht einfach für uns nur bittet, sondern mit unaussprechlichen Seufzern für uns um Barmherzigkeit anhält. Wer sollte das glauben, wenn es nicht ausdrücklich in der Hl. Schrift stände! Wer wollte dann nicht glauben, daß der Hl. Geist unser allergetreuester Freund ist! So setze denn großes Vertrauen auf diesen deinen treuen Freund und trage besonders herzliche Liebe zu ihm. Höre auch bisweilen zur Bezeugung der Dankbarkeit, besonders für das, was er bei der hl. Messe für dich tut, eine hl. Messe ihm zulieb, und opfere ihm dieselbe zu seiner besonderen Ehre auf.

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18. Kap. - Die hl. Messe ist
                 die süßeste Freude aller Heiligen

1. Die hl. Messe ist die Freude der Mutter Gottes.

1. Die Königin Esther hat all ihr Tage keine größere Ehre und Freude gehabt, als da der König Assuerus sie aus allen Jungfrauen seines ganzen Reiches auserwählt, ihr mit eigenen Händen die Krone aufs Haupt gesetzt und sie zur Königin seines großen Reiches gemacht hat. Des gleichen darf ich sagen, daß Maria, die Mutter Gottes, niemals größere Freude und Glorie empfangen hat als eben an jenem Tag, da sie von ihrem göttlichen Sohn zu den himmlischen Freuden aufgenommen, über alle Chöre der Engel erhoben und zur Königin des Himmels und der Erde gekrönt wurde. Diese Freude und Herrlichkeit war so groß, daß sie nicht größer gedacht werden kann. Dennoch habe ich in der Überschrift dieses Kapitels gesagt, daß die hl. Messe die süßeste Freude Mariens, der Mutter Gottes, sei. Wie wollen wir das beweisen Aus mir selbst wage ich es nicht, wohl aber aus den Worten, welche ein treuer Diener Mariens, Alanus, gesprochen hat:

2. „Gleichwie die göttliche Weisheit eine einzige Jungfrau erwählt hat, daß aus ihr der Erlöser der Weit geboren würde, so hat derselbe Erlöser das einzige Priestertum bereitet, um durch dieses die Schätze seiner Erlösung mittels des Meßopfers und der Sakramente der Welt zu allen Zeiten auszuteilen. Dies ist der größte Teil der Freude der Mutter Gottes, dies ist die Lust der Seligen, dies ist eine sichere Hilfe der Lebendigen und der größte Trost der Verstorbenen."

3. In diesen Worten ist die Größe und Bedeutung der hl. Messe sehr betont und hervorgehoben, daß die hl. Messe der größte Teil der Freuden der Mutter Gottes sei. Um dies recht zu verstehen, mußt du wissen, daß Maria wie auch alle anderen Heiligen des Himmels zweierlei Freuden haben, nämlich die wesentliche und die zusätzlichen. Die wesentliche Freude besteht in der Anschauung, der Erkenntnis und dem Besitz Gottes auf jener Stufe der Glorie, die dem Heiligen bei seinem Eintritt in den Himmel zuteil geworden ist. In dieser Höhe der Glorie bleibt der Heilige ewig, und diese kann weder erhöht noch vermindert werden. Außerdem aber gibt es für sie noch die zusätzlichen Freuden, d.h. jene, die ihnen noch in besonderer Weise zuteil werden, wenn ihnen von Gott oder von den anderen Heiligen oder auch von den Menschen ein wohlgefälliger Dienst erwiesen wird. Wenn z. B. der Festtag eines Heiligen auf Erden begangen wird, so läßt sich wohl glauben, daß dieser Festtag auch im Himmel gehalten und diesem Heiligen von Gott und von den übrigen Bewohnern des Himmels eine besondere Ehre erwiesen wird. Dann wird ihm auch jenes, was ein jeder Mensch ihm zu Ehren gebetet und getan hat, durch dessen Schutzengel zu seiner größeren Freude als ein vortreffliches Geschenk überreicht, gleichwie eine duftende Blume oder eine kostbare Gabe, wovon vieles in den Offenbarungen der hl. Gertrud zu lesen ist.
Das sind also die zusätzlichen Freuden, deren die Menschheit Christi sowie alle Engel und Heiligen fähig sind, wie zu ersehen ist aus den Worten Christi: „Ich sage euch, es wird Freude sein im Himmel über einen Sünder, der Buße tut" (Lk 15,10). Diese Freude der lieben Engel und Heiligen im Himmel gehört nicht zur wesentlichen Seligkeit, sondern ist eine zusätzliche Freude, welche ihnen so oft erneuert wird, wie ein Sünder sich bekehrt, und ihnen wieder genommen wird, wenn ein bekehrter Sünder rückfällig wird.

4. Aus dieser Erklärung wirst du nun leicht entnehmen, wie die obigen Worte des sel. Alanus zu verstehen sind, wenn er sagt: Die hl. Messe ist der größte Teil der Freuden der Mutter Gottes, nämlich nicht die größte der wesentlichen, sondern der zusätzlichen Freuden. Denn obwohl man Maria auf vielfältige Weise ehren und ihr besondere Freude bereiten kann, so geht doch die durch die hl. Messe entstehende all ihren anderen zusätzlichen Freuden weit vor. Das will ich dir folgendermaßen erklären. Wenn du ihr zu Ehren mit Andacht viele Rosenkränze, Offizien, Litaneien, Psalmen und andere Gebete betest und ihr dieselben zu ihrer größeren Ehre und Freude aufopferst, ein anderer aber hört ihr zu Ehren mit Andacht eine hl. Messe und vereinigt sich mit ihrem lieben Sohn, welcher auf dem Altar gegenwärtig ist - welcher von euch beiden bringt ihr eine angenehmere Gabe und macht ihr größere Freude? Ohne Zweifel nicht du, sondern der andere, welcher ihr zu Ehren den allerhöchsten Gottesdienst verrichtet, ihr ihren liebsten Sohn vor Augen stellt und auf ihren mütterlichen Schoß legt. Denn dieser ihr liebster Jesus mit seiner Freundlichkeit bereitet ihr in seiner erneuerten Gegenwart vieltausendmal größere Freude und Lust, als du mit all deinen Psalmen, Litaneien und Gebeten jemals kannst.

5. Dazu bereitest du ihr durch den Meßbesuch auch noch eine andere, sehr angenehme Freude. Weil sie die Ehre Gottes und das Heil der Seelen über alles liebt und sucht, deswegen hat sie eine unaussprechliche Freude, wenn sie sieht, daß du durch das andächtige Meßbesuchen der heiligsten Dreifaltigkeit die höchste Ehre erweist, sie auf die vortrefflichste Weise lobst, ehrst, anrufst und ihr die allerkostbarste Gabe darbringst. Ebenso, daß du ihren lieben Sohn im wahren Glauben anbetest, dich vor ihm mit gebeugtem Haupt demütigst, mit reuigem Herzen an deine Brust schlägst, mit großem Ernst um Verzeihung deiner Sünden bittest, sein bitteres Leiden dem himmlischen Vater vor Augen stellst, ihm sein rosenfarbenes Blut zu deiner Reinigung aufopferst und mit möglichster Andacht dieses göttliche Opfer mitfeierst. Was kann ihr Lieberes, Innigeres, Angenehmeres widerfahren?

6. Welch große Freude Maria durch die hl. Messe empfängt und wie reichlich sie dieselbe vergilt, das weiß der sel. Alanus trefflich zu schildern. Er stellt es in einem Beispiel so dar, als ob bei der Erhebung der hl. Hostie das Jesuskind in den Schoß der Mutter gelegt wird und sie sein rechtes Händlein in ihre Hand nimmt und mit demselben das Kreuz über das Volk macht. Bei der Aufhebung des Kelches aber schildert er, als ob ein Kreuz im Kelch stünde und Christus daran hinge in solcher Gestalt, wie er einst am Kreuz gehangen, und als ob aus seinen hl. Wunden das Blut überreich in den Kelch fließt, Maria aber schöpft aus dem Kelch und gießt davon über die ganze Christenheit aus. O, was für eine anmutige Schilderung ist das! Ich glaube, daß die Mutter Gottes besonders an ihren Festtagen so tun darf und diejenigen frommen Seelen, welche ihr zu Ehren die hl. Messe mit Andacht mitfeiern, mit den Händen ihres Jesuleins segnet und sie mit seinem rosenfarbenen Blut besprengt. Lerne daraus, daß du die hl. Messe recht oft Maria zu Ehren mitfeierst. Wenn du in einer besonderen Not bist, dann kannst du ihre Hilfe und Fürbitte nicht sicherer erlangen, als indem du ihr zu Ehren eine hl. Messe lesen läßt oder, wenn du das nicht kannst, andächtig eine hl. Messe ihr zu Ehren mitfeierst. Denn weil ihr durch die hl. Messe der größte Dienst geleistet wird, so wird sie aus Dankbarkeit angetrieben, dem Menschen Hilfe zu leisten.

7. Der berühmte Geschichtsschreiber Baronius erzählt, daß im Jahr 998 Robert, König von Frankreich, ins Feld gezogen sei und das Schloß St. Germain mit großer Macht belagert habe. Die Belagerten wehrten sich kräftig und fügten dem König einen nicht geringen Schaden zu, worüber dieser so heftig ergrimmte, daß er beschloß, am sechsten Tag die Festung zu umzingeln und auf einmal mit aller Macht zu stürmen. Vor diesem Angriff fürchteten sich die Belagerten sehr und suchten Hilfe bei dem gottseligen Priester Gislebert aus dem Benediktinerorden. Dieser ermahnte sie, ihr Vertrauen auf Maria zu setzen und ihr zu Ehren die hl. Messe zu besuchen. Er las die hl. Messe am Marienaltar, und alles Volk wohnte dem hl. Opfer mit möglichster Andacht bei. Diese einzige Messe bewirkte so viel, daß während derselben ein dichter Nebel die ganze Festung so bedeckte und verdunkelte, daß die Belagerer dieselbe kaum sehen und nicht beschießen konnten, die Belagerten aber konnten ihre Feinde wohl sehen und ihnen mit ihren Geschossen gewaltigen Schaden zufügen. Wie nun der König sah, daß seine Macht sehr geschwächt und in Gefahr des gänzlichen Untergangs war, ließ er sie abziehen und marschierte in Zorn davon.

8. Siehe, was eine einzige Messe zu Ehren Mariens für eine Kraft gehabt hat!
Wenn auch solche wunderbare Erhörungen nicht allzeit eintreffen, so ist die Anrufung Mariens doch nie vergeblich, sondern wird anderweit reichlich vergolten. Sie ist auch der Hilfe und Fürbitte der übrigen Heiligen weit überlegen.

Darüber schreibt der sel. Alanus folgendes:

  1. Was Maria von Gott begehrt, das erhält sie gewiß.
  2. Gott verleiht Barmherzigkeit nach der Fürbitte Mariens.
  3. Die Welt wäre längst untergegangen, wenn Maria nicht ihre Fürbitte dafür eingelegt hätte.
  4. Maria liebt die Sünder mehr, als ein Mensch den anderen lieben kann.
  5. Die Rettung der Sünder verlangt sie so sehr, daß sie bereit wäre, wenn Gott es zuließe, täglich alle Leiden der ganzen Welt für die Genugtuung eines jeden zu leiden.
  6. Der geringste Maria erwiesene Dienst, wenn es auch nur ein einziger englischer Gruß wäre, ist viel mehr als ein tausendfältig größerer Dienst, den man einem anderen Heiligen erweist, sofern man den Heiligen mit ihr vergleicht.
  7. Ein einziges gesprochenes Ave Maria ist kostbarer als sonst etwas unter dem Himmel, sei es eine zeitliche Gabe des Leibes, der Seele oder des Lebens.
  8. Wie der Himmel größer ist als ein Stern, so vielmal ist die Barmherzigkeit Mariens größer als die aller Heiligen.
  9. Wie die Sonne der Erde mehr nützt als alle Sterne, so viel mehr hilft Maria ihren Dienern als die Heiligen.
  10. Der Dienst, der Maria erwiesen wird, bringt allen Heiligen Freude.
  11. Der den Heiligen erwiesene Dienst ist dem Silber zu vergleichen, der Maria erwiesene dem Gold, der Christus erwiesene dem Edelgestein und der der allerheiligsten Dreifaltigkeit erwiesene den Sternen.
  12. Maria errettet täglich mehrere Seelen aus dem Fegfeuer."


9. Diese zwölf Privilegien oder Gnaden sind zu vergleichen mit jener Krone von zwölf Sternen, welche der hl. Johannes auf dem Haupt Mariens gesehen hat. Wer dieselben nun aufmerksam liest und erwägt, der muß ja gleichsam mit Gewalt zum Dienst und zur Verehrung Mariens gezogen werden. So diene ihr denn mit allem Fleiß, vorzüglich durch das Besuchen der hl. Messe und die öftere Aufopferung ihres liebsten Jesus. Denn sooft eine hl. Messe gelesen wird, so oft wird ja Christus geistiger Weise von neuem geboren und so oft wird ihre mütterliche Würde erneuert.

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2. Wie die hl. Messe die Freude der Heiligen ist.

10. Sehr nützlich und tröstlich ist es, zu wissen, wie viel und auf welche Weise die Messe den lieben Heiligen nützt, und wie man dieselbe an ihren Festtagen zur Vermehrung ihrer Herrlichkeit aufopfern soll. Auf welche Weise die zufälligen Freuden der Heiligen vermehrt werden können, kannst du in diesem Kapitel (Nr. 3) nachlesen. Ich füge noch hinzu, daß die Heiligen von uns verehrt zu werden verlangen, weil dies der Wille Gottes ist, der seine getreuen Diener geehrt wissen will, und weil die lieben Heiligen wegen ihrer Tugend würdig sind, geehrt zu werden, wie Christus selbst gesagt hat: „Sie werden mit mir wandeln in weißen Kleidern, denn sie sind es wert" (Offb 3,4). Schon im Alten Bund hatte der Herr gesagt: „Wer mich ehrt, den werde ich ehren" (1 Kg 2,30). Unter anderen kommt auch noch dieser Grund dazu: Weil die lieben Heiligen auf Erden die Ehre geflohen und sich ganz demütig und bescheiden gehalten haben, ja auch von gottlosen Leuten unschuldigerweise verachtet, verspottet und verfolgt worden sind, deswegen will Gott, daß ihre Unschuld an den Tag kommen und von der ganzen Christenheit gepriesen und geehrt werden soll.

11. Ein Beispiel haben wir an Marchodäus, der ein frommer Diener Gottes war und dennoch vom hochmütigen Aman verfolgt und hingerichtet werden sollte. Der gerechte Gott aber drehte die Sache um und bewirkte, daß sein treuer Diener von allem Volk geehrt werden mußte. Denn als der König zu Aman sprach: „Was soll demjenigen geschehen, den der König zu ehren gedenkt?" da antwortete Aman:
„Dem Mann, den der König gerne ehren will, soll man königliche Kleider antun und ihn auf das Pferd setzen, auf dem der König reitet, und ihm die königliche Krone auf sein Haupt geben. Und der erste von den königlichen Fürsten und Gewaltigen soll das Pferd halten und in den Straßen der Stadt einhergehen und rufen und sagen: So soll geehrt werden, den der König ehren will." Und der König sprach zu ihm:
„Eile und nimm das Kleid und das Pferd, und wie du gesagt hast, so tue dem Juden Mardochäus." (Est 6,6f.).

12. Wenn nun dieser heidnische König Assuerus dem Marchodäus wegen eines treuen Dienstes solche Ehre hat zukommen ließ, o was für große Ehre wird dann der dankbarste Gott seinen treuen Dienern wegen so vieler geleisteten Dienste erweisen und von dem ganzen Himmel erweisen lassen, vorzüglich an jenen Tagen, an denen sie glorwürdig in den Himmel geführt wurden und an denen ihre Festtage von der Kirche in aller Welt gehalten werden. Durch seinen Hl. Geist hat er seiner Kirche eingegeben, daß sie an diesen Tagen seine treuen Diener und Auserwählten mit den kirchlichen Tageszeiten, mit Gebeten und Andachten, mit Predigten und Lobgesängen, mit Prozessionen und Wallfahrten, vorzüglich aber mit dein hl. Meßopfer verehren und verherrlichen solle. Denn „so sollen geehrt werden, welche der himmlische König will geehrt haben."

13. Die größte Ehre können wir den lieben Heiligen durch das hl. Meßopfer leisten, wenn man nämlich die hl. Messe zu ihrer größeren Ehre liest oder mitfeiert und sie dem allmächtigen Gott zur Vermehrung ihrer zufälligen Freuden aufopfert. Obwohl dabei das Leben und Leiden Christi vorgestellt und nur Gott dem Herrn aufgeopfert wird, so haben dennoch die Heiligen eine besondere Ehre und Freude davon, weil die hl. Messe ihnen zu Ehren ist gehalten worden und der ganze Himmel dadurch erfreut wird.

14. Wenn aber ihr Name in der hl. Messe genannt wird, so ist ihre Ehre und Freude noch viel größer, und die hl. Messe ist ihnen noch viel angenehmer nach dem Zeugnis des hl. Chrysostomus, der sagt: „Wenn ein königlicher Sieg gefeiert wird, so werden auch jene genannt, welche im Krieg seine Gefährten waren und mannhaft gegen den Feind gekämpft haben. So ist es auch für die Heiligen eine besondere Ehre, wenn sie bei der hl. Messe in Gegenwart ihres Herrn, dessen Leiden und Tod da voller Triumph gefeiert und dargestellt wird, mit Namen genannt" und ihre herrlichen Taten, die sie im Krieg gegen den höllischen Feind vollbracht haben, gerühmt werden. Dann wird auch dem allmächtigen Gott Dank gesagt für die Stärke, die er ihnen im Streit verliehen, und für die Gnade, mit der er ihnen zum Sieg verholfen hat. Darüber sagt Molina: „Den Heiligen kann kein angenehmerer Dienst erwiesen werden, als daß man unter ihrem Namen dem allmächtigen Gott die hl. Messe aufopfert, ihm für die ihnen erwiesenen Gnaden Dank sagt, das Gedächtnis ihrer Verdienste begeht und dieselben zugleich mit der Messe der heiligsten Dreifaltigkeit aufopfert."

15. Sehr schön liest man darüber in den honigfließenden Offenbarungen der hl. Gertrud. Am St. Michaelstag opferte sie bei der hl. Messe das allerheiligste Sakrament des Leibes und Blutes Christi dem Herrn auf mit den Worten: „Zu Ehren deiner so großen Himmelsfürsten opfere ich dir, o allergütigster Herr, dieses große Sakrament auf zum ewigen Lob und zur Vermehrung der Freude, Herrlichkeit und Seligkeit aller Engel." Alsdann sah sie, wie Gott Vater dieses ihm geopferte Sakrament in wunderbarer Weise in seine Gottheit einzog und aus demselben den himmlischen Geistern so unaussprechliche Wonnen eingoß, daß, wenn sie vorher keine Seligkeit gehabt hätten, sie aus dieser Wonne genug Freude schöpften, um Überfluß zu haben an aller Seligkeit. Deswegen kamen alle Engel nach ihren Ordnungen zur hl. Gertrud, und mit großer Ehrerbietung sagten sie ihr Dank.

16. Das sind die Worte dieser Offenbarung, die von vielen hochgelehrten Doktoren und Ordensgeistlichen approbiert und gutgeheißen worden sind. Es ist ja über alle Maßen zu verwundern, daß durch die Kraft einer einzigen hl. Messe den Engeln eine solche Menge himmlischer Freude eingeflößt werde, daß, wenn sie vorher gar keine Seligkeit gehabt hätten, sie durch die Aufopferung einer einzigen hl. Messe deren in Überfluß haben; daran aber kannst du die große Kraft der hl. Messe erkennen. Beachte aber, daß die Gertrud die hl. Messe nicht den Engeln, sondern dem himmlischen Vater aufgeopfert hat, und daß dieser das hl. Opfer in seine Gottheit eingezogen und große Wonne dadurch empfunden habe. Hiernach hat er aus dem unendlichen Überfluß dieser Süßigkeiten allen Engeln neue himmlische Süßigkeiten eingegossen. Ebenso geschieht es auch, wenn du dem himmlischen Vater eine hl. Messe zur größeren Ehre eines Heiligen aufopferst.
An einer anderen Stelle dieser Offenbarungen wird erzählt, wie eine Jungfrau aus Gertruds Klosters Helfta gestorben war. Da hörte eine andere Klosterfrau des Klosters eine hl. Messe für die Verstorbene und sprach zur Aufhebung der hl. Hostie:
„Himmlischer Vater, ich opfere dir diese hochwürdigste Opfergabe des Leibes und Blutes Jesu Christi für unsere verstorbene Schwester, und zugleich damit opfere ich dir alle Treue des süßesten Herzens Jesu, das dieses dir allezeit erwiesen hat." Da öffnete Gott dieser Klosterfrau ihre innerlichen Augen, und sie sah, wie diese ihre Schwester bereits im Himmel aufgenommen war, aber durch die hl. Messe eine solche Vergrößerung ihrer Freuden bekam, als wenn eine Braut an ihrem Hochzeitstage mit kostbarem Schmuck angetan wird.

17. Daraus entnimm, was für eine wunderbare Ehre du einem Heiligen erweist und was für eine Freude du ihm durch Aufopferung einer einzigen hl. Messe machen kannst. Wenn du auch ihm zu Ehren den ganzen Psalter Davids mit Andacht betest, würdest du ihm doch nicht solche Vermehrung seiner Freuden bereiten. Wenn du also hinfür deine himmlischen Schutzpatron recht ehren willst, so besuche ihnen zu Ehren eine hl. Messe, und bei der hl. Wandlung opfere Gott seinen Sohn zu größerer Ehre und Freude deiner lieben Heiligen. Auf solche Weise wirst du ihnen größeren Dienst erweisen und sie werden dir das reichlicher vergelten, wie es schon viele vor dir erfahren haben. Selbst wunderbare Erhörungen sind erfolgt, wie vom hl. Antonius und anderen Heiligen zu lesen ist.

18. Im Leben der gottseligen Jungfrau Passidea wird erzählt, wie dieselbe einst mit dem Kaplan ins Spital ging, um die Kranken zu besuchen. Unter anderen kamen sie zu einem Mägdlein, das allein in einem Zimmer in den letzten Zügen lag. Da öffnete es plötzlich die Augen, sah zum Himmel und fing freundlich an zu lächeln. Da sprach Passidea: Dieses Lächeln bedeutet etwas Besonderes, da es doch gegen allen Brauch bei den Sterbenden ist. Darum wollen wir Gott bitten, um zu erfahren, was dieses Lächeln bedeute. Da sie nun beteten, kam das Mägdlein noch einmal zu sich und konnte noch sagen: „Ich habe mein Leben hindurch den Brauch gehabt, an den Festtagen der Heiligen ihnen zu Ehren einen Rosenkranz zu beten. Deswegen sind jetzt all diejenigen Heiligen, die ich mit einem Rosenkranz verehrt habe, zu mir gekommen, um mir beizustehen und mich in den Himmel zu geleiten. Darüber habe ich so große Freude gehabt und gelächelt." Danach schloß sie die Augen und verschied selig im Herrn. Wenn nun der Rosenkranz so viel vermag, wieviel mehr wird dann eine hl. Messe die Heiligen zur Dankbarkeit gegen ihre Verehrer anregen! Siehe deswegen täglich in den Kalender, und bei der Messe sprich zu dem Heiligen, der am selben Tag im Kalender steht: „O lieber heiliger N., diese Messe will ich dir zu Ehren mitfeiern," und bei der Wandlung sprich: „O himmlischer Vater, ich opfere dir diese hl. Messe auf zu größerer Ehre und Freude des hl. N." Was du dadurch erlangst, wirst du beim Sterben erfahren.

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19. Kap. - Die hl. Messe ist
                der größte Nutzen der Gläubigen.

1. Da ich in diesem Kapitel vom Nutzen der hl. Messe schreiben will, komme ich an so viele und wichtige Dinge, daß ich schier nicht weiß, wo ich anfangen und wo ich aufhören soll. Denn die heiligen Väter und geistlichen Lehrer schreiben hiervon überaus viel. Als ersten will ich den hl. Laurentius Justiniani anführen, der sagt:
„Gewiß kann keines Menschen Zunge es aussprechen, was für reiche Früchte aus der Aufopferung der hl. Messe entspringen und was für große Gnaden und Gaben daraus fließen." Nach diesen Worten beginnt er einige aufzuzählen:
Denn durch die Aufopferung der hl. Messe wird der Sünder mit Gott versöhnt, der Gerechte wird noch gerechter, die Missetaten werden nachgelassen, die Laster werden vermindert, die Tugenden vermehrt, die Verdienste vergrößert und die teuflischen Gelüste überwunden." Dies sind sehr denkwürdige Worte und sehr rühmliche Ehrentitel des allerheiligsten Meßopfers. Trotzdem aber dieser Heilige schon so viel Schönes von der Kraft und Nützlichkeit der hl. Messe sagt, gleichwohl sind all diese Worte nach seinem eigenen Ausdruck nichts gegen ihren wirklichen Wert.

2. Der ehrwürdige Pater Antonius Molina, ein geistreicher Karthäuser aus Spanien, hat in seinem Buch „Von der Würde des Priestertums" so viele herrliche und kräftige Dinge vom hochhl. Meßopfer geschrieben, daß sie ein jedes menschliche Herz zu der Liebe desselben ziehen müssen. Davon will ich nur dieses eine hier einfügen:
„Nichts ist für den Menschen so nützlich, nichts für die armen Seelen so kräftig und nichts ist zur Erlangung geistiger Reichtümer so dienlich wie das hochwürdige Meßopfer. Und zwar sind seine Vorzüge so groß, daß auch solche gute Werke, die wir unter Übung der vortrefflichsten Tugenden bei Tag und Nacht verrichten würden, noch weniger als ein Staubkörnlein sind gegen eine rechtmäßig aufgeopferte Messe." Was wir auch sonst mit wahrer Andacht mit ganzer Aufmerksamkeit, mit tiefer Demut, mit inbrünstiger Liebe, mit reiner Meinung, ja, mit allen Tugenden verrichten, ist doch nicht mit der hl. Messe zu vergleichen. Diesen Ausspruch wirst du leicht zustimmen, wenn du die bisherigen Kapitel dieses Buches aufmerksam gelesen und wohl erwogen hast. Auf daß du es aber noch sicherer glaubst, will ich dir noch mehr Zeugnisse beibringen.

3. Fornerus, Weihbischof von Bamberg, schreibt: „Wer der hl. Messe ohne Todsünde und mit Andacht beiwohnt, erwirbt mehr Verdienst, als wenn ein anderer das allermühsamste Werk Gott zu Liebe verrichtete oder eine gar weite Wallfahrt nach heiligen Orten ausführte. Und zwar nicht ohne Grund, denn die Tugendwerke bekommen ihren Wert und ihre Würde von ihrem Gegenstand, mit dem sie sich beschäftigen. Was ist denn nun edler, was ist kostbarer, was ist göttlicher als eben das hl. Meßopfer?" O, wohl ein tröstlicher Spruch! Hier sollen ihre Ohren auftun alle, welche geistlichen Gewinn suchen und ihrem geliebten Gott wohlgefällige Dienste zu leisten verlangen. Bischof Fornerus, der vieles Lobwürdige von der hl. Messe geschrieben, lehrt standhaft, daß, wer im Stand der Gnade mit Andacht eine hl. Messe hört, mehr von Gott verdient, als wenn er das allermühsamste Werk Gott zuliebe verrichtet. Wer wollte dann nicht gerne Messe besuchen? Meines Erachtens tun jene nicht weise, die freiwillig weite Wallfahrten machen und auf der Reise manche Messe versäumen. Denn auch mit ihrer mühseligen Reise können sie den Schaden, der durch Versäumnis einer einzigen hl. Messe entsteht, nicht ersetzen.

4. Marchantius schildert den Nutzen der hl. Messe folgendermaßen: „Die katholische Kirche kann nichts Heiligeres, nichts Besseres, Gott dem Herrn nichts Wertvolleres, Jesus und Maria nichts Angenehmeres, den Engeln und Heiligen nichts Süßeres, den Gerechten und Sündern nichts Nützlicheres und den armen Seelen nichts Kräftigeres verrichten, als das hochheilige Meßopfer darbringen." Da siehst du, wie die Lehrer zusammenstimmen und das hl. Meßopfer allen anderen guten Werken weit vorziehen. Deswegen sollst auch du ihnen zustimmen und das andächtige Messehören allen deinen anderen guten Werken vorziehen. Höre aber noch weiter:

5. Im Meßbuch, das 1634 herausgegeben wurde, steht ein Vorwort, die alle Priester ermahnt, „daß sie einen hohen Sinn von der Erhabenheit der hl. Messe haben und sicher dafür halten sollen, daß durch Aufopferung einer einzigen hl. Messe dem allmächtigen Gott ein viel angenehmerer Dienst geleistet werde, als wenn einer alle Übungen der Tugenden erweckte und alle erdenklichen Leiden Gott zuliebe ertrüge." Willst du wissen, woher das kommt? Es kommt daher, weil Christus in der hl. Messe alle Tugenden übt und zugleich mit diesen seine erlittenen Leiden dem himmlischen Vater aufopfert. Alle diese Übungen des Lobes, der Liebe und Ehre, der Anbetung und Danksagung, welche Christus in jeder hl. Messe der allerheiligsten Dreifaltigkeit darbringt, übertreffen alles Lob der Engel und alle Dienste der Heiligen in unendlicher Weise. Und wenn einer alle Bußwerke, Gebete, Dienste und Tugendwerke der Apostel, Märtyrer, Bekenner, der Jungfrauen und aller heiligen dem dreifaltigen Gott aufopferte, so würden ihm diese nicht so gefallen wie eine einzige Messe, die von dem armseligsten Priester gelesen wird.

6. Endlich bringe ich zum kräftigsten Beweis das Zeugnis der hl. katholischen Kirche bei, die auf dem Konzil von Trient so spricht: „Notwendig bekennen wir, daß kein anderes so heiliges und göttliches Werk von den Christgläubigen vollbracht werden kann als eben dieses furchtbare Geheimnis
, bei dem jene lebenspendende Opfergabe durch die wir mit Gott dem Vater versöhnt worden sind, auf dem Altar durch die Priester täglich geopfert wird" (Sitzung 22). Wenn wir kein anderes Zeugnis über den Nutzen der hl. Messe hätten als dieses allein, so sollte dieses eine doch schon genügen, um alle frommen Seelen zu täglichem, andächtigem Besuch der hl. Messe anzuregen.

7. Gedenke frommer Christ, was die hl. katholische Kirche, die in Glaubenssachen nicht irren oder in Irrtum führen kann, in ebengenannten Worten sagt und uns zu glauben vorlegt, daß nämlich die Christgläubigen kein anderes Werk vollbringen können, das so heilig und göttlich wäre wie das furchtbare Geheimnis der hl. Messe. Denke ja nicht, die Kirche spräche diese Worte allein von den Priestern, als wenn nur diese kein heiligeres Werk tun könnten als die Messe lesen. Nein, das sagt die Kirche nicht, sondern sie sagt ausdrücklich, daß die Christgläubigen nichts Besseres tun können. Sie bezeugt also, daß die Priester nichts Heiligeres und Göttlicheres tun können als die Messe feiern, und die Laien nichts Heiligeres und Göttlicheres als die Messen besuchen, die Messe dienen, die Messe aufopfern, Messen lesen lassen, die Meßgebete sprechen und selbst geistiger Weise am Lesen der hl. Messe teilnehmen. Weil dies denn nun das allerheiligste und göttlichste Werk ist, so muß daraus folgen, daß es auch das allernützlichste und allerverdienstlichste ist.

8. Öffne doch, gottliebende Seele, deine Augen und siehe, öffne die Ohren und höre, öffne dein herz und empfinde, was deine liebe Mutter, die katholische Kirche, zu deinem Trost sagt und dich zu deinem größten Heil lehrt. Du kannst viele vortreffliche gute Werke zu größerer Ehre Gottes und zu größerer Freude der Heiligen tun, keines aber, das so göttlich und heilig und ihnen so angenehm wäre, wie mitwirken zur hl. Messe. Du kannst viele Tugendwerke zu deinem größeren Heil und zu deinem eigenen Nutzen und Verdienst üben, aber keins, das dir so heilsam, nützlich und verdienstlich wäre wie der andächtige Besuch der hl. Messe, denn nach dem Ausspruch der Kirche geht dies allen anderen guten Werken vor. Gleichwie die Sonne an Glanz und Kraft alle Planeten überstrahlt, und wie sie allein der Welt mehr nützt als alle Sterne zugleich, ebenso überstrahlt das andächtige Messebesuchen alle guten Werke des ganzen Tages an Würde und Nutzen. Und wie ein Stücklein Gold ganze Haufen von Blei an Wert bei weitem übertrifft, so übertrifft der Besuch der hl. Messe deine anderen Gebete und Bußwerke bei weitem. Wie kannst du es nun über dein Herz bringen, daß du so manche hl. Messe so unandächtig hörst, so leichtsinnig versäumst und wegen eines unbedeutenden Geschäfts verscherzt:

9. Der hl. Franz von Sales schätzt den Besuch der hl. Messe so hoch, daß er ihn auch der Betrachtung vorzieht, obwohl diese sonst die beste Art des Betens ist Denn als er einmal eine Schwester des von ihm gestifteten Ordens mit der Gründung eines neuen Klosters beauftragt hatte, schrieb er ihr bald danach folgenden Brief:
„Liebste Tochter, ich bitte, daß ihr vor allem eine Kapelle einrichtet, damit ihr täglich die hl. Messe besuchen könnt. Könnt ihr dies aber in eurem Haus nicht tun, so geht täglich mit Sittsamkeit in die nächste Kirche zur hl. Messe, denn es ist eine mächtige Stärkung der Seelen für die übrige Zeit des Tages, wenn einer morgens seinem Heiland, der in diesem göttlichen Opfer gegenwärtig ist, so nahe gestanden hat." Danach schrieb die hl. Johanna Franziska - denn sie war jene Ordensfrau - an ihren geistlichen Vater zurück und fragte: „Dürfen wir die Betrachtung unterbrechen, damit wir die hl. Messe hören können, oder sollen wir an Werktagen der Messe fernbleiben, um der Betrachtung zu obliegen?" Hierauf antwortete der Heilige folgendermaßen: „Es ist für dich viel nützlicher, daß du täglich die hl. Messe besuchst, als daß du unter dem Vorwand, die Betrachtung in eurem Haus fortzuführen, die Messe versäumst. Denn die leibliche Gegenwart der Menschheit Christi, deren wir uns in der hl. Messe erfreuen, kann durch die im Gemüt vorgestellte Gegenwart nicht ersetzt werden, besonders da die katholische Kirche sehr danach verlangt, daß ein jeder täglich die heilige Messe höre."

10. Aus dieser Antwort des hl. Franz von Sales lernst du, daß das Messebesuchen noch besser ist als das Betrachten, was auch Fornerus betont in den Worten: „Das Gebet dessen, der die hl. Messe andächtig hört und Gott aufopfert, übertrifft unendlich alle anderen noch so langwierigen und eifrigen Gebete sowie himmlische Beschauungen." Als Ursache fügt er hinzu: „Dies geschieht durch die Kraft der Verdienste des Leidens Christi, das in der hl. Messe durch eine wunderbare Menge der Gnaden und durch Überfluß der himmlischen Güter eine machtvolle Wirkung hervorbringt."
Solltest du aber anderer Meinung sein und z.B. das hl. Leben und Leiden Christi betrachten wollen, so kannst du dies nirgends besser als bei der hl. Messe, wo du alle Geheimnisse seines Lebens und Leidens, welche da wahrhaft erneuert werden, vor Augen hast. Willst du dir Christus vorstellen oder mit ihm reden, so hast du ihn ja persönlich mit Gottheit und Menschheit gegenwärtig. Meine ja nicht, daß du durch Aufmerksamkeit auf die hl. Messe in deiner Betrachtung gestört werdest, denn das ist keine Zerstreuung, sondern rechte Andacht, wenn du das Tun des Priesters am Altar beobachtest und die Bedeutung der Zeremonien erwägst.

11. Zum Schluß dieses Kapitels will ich ein denkwürdiges Beispiel erzählen. Ein armer Tagelöhner trug eine besondere Andacht zur hl. Messe und versäumte keine, wenn er dazu kommen konnte. Eines Tages war er früh aufgestanden und auf den Markt gegangen, wo er nach dem Brauch jener Stadt mit vielen anderen auf Arbeit wartete. Unterdessen läutete man zur Messe, der Tagelöhner ließ die anderen stehen und ging zur Kirche. Er hörte die Messe mit solcher Andacht, daß er nach derselben noch eine Weile in der Kirche blieb und Gott innig um die tägliche Nahrung bat. Als er dann wieder auf den Markt kam, hatten alle anderen Arbeit gefunden, aber niemand kam mehr, um auch ihm noch Arbeit zu geben. Nach langem Warten ging er traurig nach Hause, und es wollte ihn schon reuen, daß er durch sein Meßbesuch seinen Tagelohn versäumt hatte.

Da begegnete ihm ein reicher Herr, der ihn fragte, warum er so traurig aussehe. Diesem klagte er, was geschehen war. Der Herr sprach: „Darüber betrübe dich nicht, sondern gehe hin und besuche eine Messe für mich, so will ich dir deinen Tageslohn geben." Der gute Tagelöhner ging fröhlich hin und hörte alle Messen, welche in jener Kirche gelesen wurden. Als er nun zu dem reichen Mann kam, gab dieser ihm eine gute Mahlzeit sowie ein Brot und einen halben Gulden. Für diese Freigebigkeit bedankte er sich sehr und ging freudig nach Haus. Es begegnete ihm aber ein anderer sehr vornehmer Herr, der ihn fragte, warum er so fröhlich sei. Der Arme erzählte ihm den Verlauf der Sache und lobte die Freigebigkeit des Reichen. Dieser Herr aber sprach: „Der Reiche hat dir viel zu wenig gegeben für so viele gehörte Messen; gehe deswegen zurück und sage ihm, daß er dir mehr geben solle, sonst werde es ihm übel ergehen."

Der Tagelöhner ging also wieder zum Reichen, erzählte ihm, was er von dem Herrn gehört hatte, und beschrieb ihm dessen schöne Gestalt. Der Reiche, der glaubte, das müsse wohl ein heiliger Mann sein, gab dem armen fünf Reichstaler und bat ihn, er möge für ihn beten. Der gute Tagelöhner wollte fröhlich nach Hause gehen und seiner Frau und seinen Kindern sein großes Glück erzählen. Aber derselbe Herr begegnete ihm wieder und fragte ihn, wieviel er empfangen habe. Der Tagelöhner lobte den Reichen sehr und sagte, er habe ihm fünf Taler gegeben. Da sprach der Herr: „Gehe abermals hin und sage ihm, wenn er dir nicht hundert Taler gebe, so werde er morgen nicht mehr leben." Der Arme weigerte sich zwar, diese Summe von dem Reichen zu fordern, dennoch, weil der Herr drängte, ging er hin und sagte dem Reichen die Worte. Dieser erschrak hierüber gar sehr; denn er war ein großer Sünder und hatte seine Sünden nie gebeichtet. Deshalb wollte er lieber dem Tagelöhner hundert Taler geben, als eines jähen Todes sterben.

In der folgenden Nacht erschien ihm Christus im Traum und sprach: „Ich bin jener, der den armen Tagelöhner zu dir zurückschickte, und zwar deshalb, weil das Urteil schon gesprochen und bestimmt war, daß du diese Nacht sterben und wegen deiner schweren, nie gebeichteten Sünden der Hölle übergeben werden solltest. Zu deinem Glück ist aber der Tagelöhner dazwischen gekommen, der so andächtig die hl. Messe gehört und so eifrig für dich gebetet hat, daß ich mein Urteil widerrufen und dir Zeit zur Buße verliehen habe. Beichte deswegen deine Sünden, bessere dein Leben und gib viel Almosen." Das alles hat der Reiche erfüllt und künftig fleißig die Messe besucht. So hat sie ihm mehr genützt als all sein Geld, weil er durch sie vor zeitlichem und ewigem Tod bewahrt und ein frommer Mann wurde.

12. Im Anschluß an dieses Beispiel müssen wir fragen, ob man eine Messe verkaufen könne. Antwort: Das kann man durchaus nicht tun, denn das wäre ein rechter Judashandel, der den Herrn um dreißig Silberlinge verkauft hat. Du sagst aber vielleicht: Die Priester nehmen doch Geld für zu lesende Messen an? Antwort: Sie tun dies darum, weil der hl. Paulus im ersten Korintherbrief (9,13f.) sagt: „Wißt ihr nicht, daß die, welche im Heiligtum beschäftigt sind, vom Heiligtum auch essen, und daß jene, die dem Altar dienen, vom Altar auch ihren Teil empfangen? So hat der Herr verordnet, daß jene, die das Evangelium predigen, vom Evangelium leben sollen." So nehmen die Priester das Geld als Mittel zum Leben für sich an, durchaus aber nicht zur Bezahlung des Verdienstes oder geistlichen Nutzens, den sie demjenigen schenken, der die Messe bestellt hat. Denn das wäre Simonie und große Sünde, wenn sie geistliche Dinge für Geld verkaufen wollten.
Desgleichen, wenn eine arme Frau zu einer frommen Frau sagte: „Ich habe heute eine hl. Messe gehört; wenn ihr mit etwas Essen dafür geben wollt, so will ich euch den Nutzen und das Verdienst dieser Messe schenken," so wäre das gar übel getan, weil sie den geistlichen Nutzen mit einem zeitlichen Dinge vertauschen wollte. Der Handel wäre ungültig, weil das Verdienst einer gehörten Messe nicht so lange vorbehalten, sondern sofort von Gott gegeben wird. Sobald sie also die hl. Messe gehört hat, da hat Gott ihr auch deren Verdienst zugeeignet. Hat sie aber das Verdienst niemandem geschenkt, so hat sie dasselbe entweder selbst bekommen oder es ist in den Schatz der Kirche übergegangen, wozu die Frau den Schlüssel nicht hat. Das gilt nun auch von dir und von jedem andern, daß du nach der Messe keinem anderen das Verdienst oder die Genugtuung derselben mehr zuwenden kannst, sondern du mußt vor derselben oder wenigstens vor der Wandlung die Meinung machen, wofür du sie hören oder wem du ihren Wert und ihre Genugtuung zuwenden willst.

13. Wenn aber eine arme Frau zu einer reichen sagte: „Wenn ihr mir etwas zu essen geben wollt, so will ich eine hl. Messe für euch besuchen," so wäre das ganz richtig getan und gesagt, denn es wäre so viel als wenn sie sagte: „Den Lohn, den ich durch diese hl. Messe von Gott verdienen kann, will ich nehmen und euch schenken." So gäbe dir diese arme Frau zehnmal mehr als du ihr, wenn du sie noch so reich beschenktest. Denn jeder, der die hl. Messe besucht, bekommt aus den Verdiensten Christi einen großen Teil, durch den er einen großen Teil seiner Schulden bezahlen und himmlische Reichtümer einkaufen kann.
Wenn nun ein armer Mensch diesen reichen Schatz, wenn auch für eine Gegengabe, freiwillig schenkt, so hast du einen so reichen Tausch getan, daß du keinen anderen derart tun kannst. So lasse dir denn dies gesagt sein, daß du gern durch einen armen Menschen eine hl. Messe für dich besuchen läßt und auf so leichte Weise deine Schulden abbüßt und deine himmlische Seligkeit vermehrst.

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20. Kap. - Die hl. Messe ist
                 eine Vermehrung der Gnade und Glorie.

1. Von der Gnade.

1. Der göttliche Heiland hat einmal gesagt: „Das Himmelreich gleicht einem Kaufmann, der gute Perlen sucht. Hat er eine kostbare Perle gefunden, so geht er hin, verkauft alles, was er hat, und kauft sie" (Mt 13,45f.). Die allerkostbarsten Perlen werden dir vom himmlischen Vater durch seine heilige Kirche täglich zum Kauf angeboten. Was sind denn das für Perlen? Es sind die Gnade und die Glorie, die göttliche Gnade als Ausstattung deiner Seele hier auf Erden und die Glorie im Himmel. Das sind kostbare und teure Perlen; woher will man Geld genug bekommen, um dieselben zu kaufen? Wegen des Geldes brauchst du dich nicht zu beunruhigen, denn so kostbar diese Gaben auch sind, so sind sie dennoch für dich sehr wohlfeil, weil Christus den übergroßen Preis seines kostbaren Blutes dafür schon bezahlt hat. Du bekommst sie umsonst, wie schon Isaias geweissagt hat: „Die ihr kein Geld habt, eilt, kauft und eßt, kommt und kauft ohne Geld und ganz umsonst" (Js 55,1). Auch der Psalmist sagt: „Gnade und Glorie wird der Herr geben" (Ps 83,12). Zwar gibt Gott beides gern, aber selten reichlicher als durch die hl. Messe. Das will ich in diesem Kapitel beweisen, zuvor aber erklären, was die Gnade ist.

2. Unter der göttlichen Gnade verstehen wir die innere, übernatürliche Hilfe, welche uns Gott zur Erlangung der ewigen Seligkeit verleiht. Wenn diese Hilfe nur bei einem einzelnen Werke mithelfen soll und demgemäß vorübergeht, so nennen wir sie Beistandsgnade. Wird die Hilfe aber zu einer Ausstattung unserer Seele, die ihr ein ganz neues Leben gibt, so nennen wir sie die heiligmachende Gnade, und von dieser wird im folgenden hauptsächlich gesprochen. Sie ist eine übernatürliche Gabe, die den Menschen gerecht, Gott wohlgefällig und des ewigen Lebens würdig macht. Diese Gnade ist der Seele eingegossen und bleibt immer in ihr, wofern sie nicht durch eine Todsünde daraus vertrieben wird. Die heiligmachende Gnade wird der Seele durch die Sakramente der Taufe und der Buße eingegossen; dadurch kommt der Mensch aus dem Stand der Todsünde in den Gnadenstand und wird aus einem Sünder ein Gerechter. Diese Gnade kann nun immer weiter vermehrt werden, indem der Gerechtfertigte sich durch gute Werke immer höhere Stufen der Gnade von Gott verdient,

3. Wie kostbar die Gnade ist, lehrt der hl. Thomas von Aquin mit den Worten:
Das Gut einer einzigen Gnade ist größer als das natürlich Gute der ganzen Welt" (STh II II, 9 ad 2). Wenn ein Engel abschätzen sollte, was die Gnade Gottes in Wahrheit wert sei, so müßte er bekennen, daß das geringste Tröpflein der Gnade mehr wiegt als alles Gold, Geld und Edelgestein und sonstiger Reichtum der ganzen Welt. Das kann man zwar nicht begreifen, ist aber doch die volle Wahrheit. Denn wenn ein Mensch nur ein Tröpflein der heilmachenden Gnade hat, so ist er ein Freund Gottes; wenn er in dieser Gnade stirbt, so gibt ihm Gott wegen derselben viele Reichtümer des Himmels, ja, er gibt sich selbst ihm zum Lohn, wie er zu Abraham gesagt hat: „Ich bin dein Schutz und dein übergroßer Lohn" (Gen 15,1). Weil nun Gott das allerhöchste Gut ist, unendlichmal mehr wert als alles im Himmel und auf Erden, so muß ja folgen, daß der Mensch, wenn er für das geringste Maß der Gnade Gott selbst zum Lohn bekommt, vielhunderttausendmal mehr verdient hat als die ganze Welt mit all ihren Schätzen.

4. Durch jedes gute Werk das der Mensch im Stand der Gnade verrichtet, wird dieselbe vermehrt, und so verdient der Gerechte je länger, je mehr Gnade, nicht allein durch die großen guten Werke, sondern durch jedes, auch das kleinste, also durch jeden guten Gedanken, durch eine demütige Kniebeugung, durch jedes heilige Wort, durch jedes Stoßgebet - jeder Gedanke, jedes Wort und Werk dieser Art vermehren die Gnade Gottes im Menschen, für jedes bekommt er Gnade zur bisherigen hinzu und größeren Lohn im Himmel nach dem Zeugnis Christi: „Wer einem von diesen Geringsten nur einen Becher kalten Wassers zu trinken reicht, weil er ein Jünger ist, wahrlich ich sage euch, er wird seinen Lohn nicht verlieren" (Mt 10,42). Er bekommt nämlich größere Ehre und Freude im Himmel, Gott teilt sich ihm überflüssiger mit, gibt sich ihm besser zu erkennen, herzlicher zu lieben und vollkommener zu genießen. Weil denn die Gnade Gottes so leicht zu verdienen ist und weil man einen so großen Lohn für jedes Tröpflein derselben bekommt, wer wollte denn nicht gern Gutes tun und nicht von ganzem Herzen Gott dienen.

5. Nun merke, welche Wunderdinge die Gnade in der Seele wirkt. Erstens bringt sie ihr eine so unaussprechliche Schönheit, daß die Schönheit der Sonne, der Sterne, der Blumen und der Menschen mit ihr nicht zu vergleichen ist. Wenn du eine mit der Gnade gezierte Seele sehen könntest, so würdest du bekennen, daß alle natürliche Schönheit dagegen als Häßlichkeit erscheint. Ja, sie ist so groß, daß Gott selbst sich daran erfreut und lieber Himmel und Erde zugrunde gehen lassen möchte, als daß ihm diese Schönheit nur einen Augenblick durch eine Todsünde entzogen und vernichtet wird. Das alles bewirkt schon die kleinste Menge an Gnade; wer aber mehr Gnade hat, der hat auch mehr und größere Schönheit.

6. Zweitens bringt die Gnade der Seele die Freundschaft Gottes und bewirkt, daß Gott und die Seele ganz vertraut miteinander werden; der Hl. Geist, dem wir die Mitteilung der Gnade besonders zuschreiben, will „der süße Gast" unserer Seele sein. Ja, selbst wenn Gott bei der Seele keine vollkommene Gegenliebe findet, so weicht er dennoch nicht sofort aus ihr, sondern erst dann, wenn sie ihn durch eine Todsünde gleichsam mit Gewalt von sich stößt. Alsdann scheidet er von ihr mit größtem Widerwillen und empfindet diese Untreue viel tiefer, als ein Mensch begreifen kann. Dennoch verläßt er sie nicht ganz, sondern bleibt vor der Türe stehen und klopft immerdar an, gleichsam bittend, daß sie ihn wieder einlassen wolle, wie er selbst sagt: „Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So jemand meine Stimme hört und die Türe mir auftut, zu dem will ich eingehen" (Offb 3,20).

7. Infolge dieser Freundschaft erzeigt sich Gott überaus freigebig gegen die Seele und teilt ihr reichlich seine Güter mit. Er gibt ihr Tugenden, Andacht, Tröstungen, Verlangen zum Guten und innere Freuden. Er beschützt und stärkt sie, regiert und leitet sie, ja er schenkt sich ihr selbst und vereinigt sich ganz mit ihr, wie der hl. Petrus sagt: „Er hat uns die größten und köstlichsten Verheißungen geschenkt, so daß wir dadurch in die Gemeinschaft mit der göttlichen Natur kommen" (2 Petr 1,4). Sind das nicht kostbare Geschenke und reiche Gaben? Wenn wir die Gunst und Gnade großer Herren hoch achten und eifrig suchen, wieviel mehr sollen wir dann die Gunst und Gnade Gottes, welche so sehr viel wert ist, eifrig suchen und begehren!

8. Schließlich wird die Seele durch Gottes Gnade so hoch geadelt, daß sie nicht allein zum Freunde, sondern sogar zum Kind Gottes wird. Wenn der Kaiser ein Bettelkind zu seinem Kind annähme, was für eine Ehre wäre das für dasselbe! Wie vieltausendmal größere Ehre wird dann aber der Seele zuteil, wenn sie von dem glorwürdigsten Gott zu seinem Kind angenommen wird! Hierüber ganz verwundert, ruft der hl. Johannes aus: „Seht, was für eine Liebe uns der Vater erwiesen hat, daß wir Gottes Kinder genannt werden und es sind" (1 Jo 3,1). Und der hl. Paulus fügt hinzu: „Wenn aber Kinder, so sind wir auch Erben" (Röm 8,17). O, wohl ein reiches Erbteil, Erben Gottes zu sein! Sowie es unmöglich ist, zu begreifen, was für ein großer Herr der unendliche Gott ist, so ist es auch unmöglich, zu begreifen, was für eine gewaltige Ehre und Gnade es ist, ein Kind und Erbe Gottes zu sein.

9. Aus dieser kurzen Beschreibung ersiehst du einigermaßen, was für ein edle ‘Sache’ die göttliche Gnade ist
und wie sie es wohl verdient, daß du mit allen Kräften nach ihr streben sollest. Die erste Gnade hat dir Gott durch die Taufe mitgeteilt. Solltest du sie durch eine Todsünde verloren haben, so kannst und mußt du sie dir durch Reue und Buße wieder erringen, also durch eine gute Beicht. Die Vermehrung der Gnade aber erhältst du durch jedes gute Werk. Je vortrefflicher nun das Werk ist und je vollkommener es verrichtet wird, desto mehr und größere Gnaden erwirbst du. Jetzt mache die Schlußfolgerung, wie viel Gnaden du durch andächtiges Mitfeiern der hl. Messe verdienen kannst, weil sie eines von den allerbesten Werken ist, wie du schon oben gelesen hast.

10. Wie viel die Priester beim Lesen der hl. Messe an Gnade verdienen können, kann man daraus entnehmen, daß jeder Priester über fünfhundert Zeremonien verrichten muß, die von den Rubriken vorgeschrieben sind. Weil er dies aus Gehorsam tut, so hat er um so größeres Verdienst davon. Wenn er nun neben diesen Zeremonien alle Worte deutlich ausspricht und die hl. Messe aufmerksam, andächtig und ohne Eile liest so wächst sein Verdienst gar sehr. Wenn er dagegen auf die Zeremonien nicht recht achtete und nur geschwind fertig zu werden dächte, dann würde er nicht allein große Verdienste verscherzen, sondern auch viele läßliche Sünden begehen.

11. Ferner verdienen auch Vermehrung der Gnade und Glorie jene, die eine hl. Messe lesen lassen, sei es für andere oder für sich selbst. Denn da sie die Ursache sind, daß die hl. Messe gelesen wird, so werden sie auch der Kraft derselben teilhaftig, und wenn sie im Stand der Gnade sind, so erwerben sie auch Vermehrung dieser Gnade.

12. Drittens verdienen sich diejenigen, die der hl. Messe mitfeiern, eine große Vermehrung der Gnade und Glorie wegen ihrer Andacht und der vielfältigen Tugenden, die sie dabei üben. Denn erstens erwecken sie so oft Reue und Leid, sooft sie demütig an die Brust klopfen. Das muß aber nicht bloß so oberflächlich, sondern mit Ernst geschehen. Weiterhin üben sie vortrefflich die Tugend des Glaubens, indem sie fest für wahr halten, daß Christus wahrhaftig in der hl. Hostie gegenwärtig ist und sich auf dem Altar seinem Vater für die armen Sünder aufopfert. Je unbegreiflicher dieses Geheimnis ist, um so verdienstlicher ist die Übung des Glaubens an dasselbe. Sooft du also die hl. Hostie ansiehst oder dir vorstellst, daß dein lieber Jesus auf dem Altar ist, so oft übst du eine große Tugend und verdienst dir eine reiche Vermehrung der heiligmachenden Gnade, und nach deinem Tode kommst du dafür mehrere Stufen höher in den Himmel.

13. Neben dem Glauben übst du auch die Tugend der Anbetung, nicht nur einmal, sondern sooft du dich niederbeugst und deinem Gott innerlich oder äußerlich deine Ehrfurcht bezeigst. Wenn das auch deine Schuldigkeit ist, so gefällt es doch Christus überaus sehr, und er belohnt es dir jedesmal mit einer neuen Gnade. Wenn du bei der Wandlung die hl. Gestalten andächtig anschaust, so übst du die Tugend einer besonders verdienstlichen Andacht. Und wenn du den Leib und das Blut Christi, die darunter verborgen sind, Gott aufopferst, so erweist du ihm die höchste Ehre und den größten Dienst. Ja, diese Gabe ist so groß, daß Gott dadurch den Menschen verpflichtet wird. Und sooft du bei der hl. Messe sprichst: „O mein Gott, ich opfere dir deinen lieben Sohn auf; ich opfere dir sein bitteres Leiden oder seinen schmerzlichen Tod", so oft übst du die Tugend der Freigebigkeit gegen Gott und verdienst dir durch jede Aufopferung eine neue Gnade und neuen Lohn. Wenn du sprichst: „O Herr, ich opfere dir diese hl. Messe auf für alle Lebendigen und Verstorbenen, besonders für diejenigen, für die ich zu beten verpflichtet bin", so übst du die Tugend der Nächstenliebe.
Wenn du geistiger Weise kommunizierst, so wirst du auch geistiger Weise gespeist und gestärkt. Noch viel größeres Verdienst aber hast du, wenn du bei der hl. Messe auch wirklich kommunizierst. - Weil schließlich die hl. Messe von den Nichtkatholiken verachtet und verlacht wird, deswegen gefällt es Gott, dem Herrn, über alle Maßen, daß wir sie um so andächtiger und fleißiger mitfeiern und dadurch die ihr zugefügte Schmach wieder gutmachen. Da kannst du auf dich anwenden das Wort des göttlichen Heilandes: Wer mich vor den Menschen bekennen wird, den will auch ich vor meinem Vater bekennen, der im Himmel ist" (Mt 10,32).

14. Wegen all dieser Tugenden belohnt Gott den andächtigen Besuch der hl. Messe mit reichlichen Gnaden, wie die hl. Väter ausdrücklich bekennen. Denn der hl. Cyrillus sagt: „Die geistlichen Gaben werden denen, die der Messe andächtig beiwohnen, in reichem Maß ausgeteilt." Der hl. Cyprian: „Dies übernatürliche Brot und der geweihte Kelch gereichen dem ganzen Menschen zu Leben und Heil." Papst Innocenz III.: „Durch die Kraft des Meßopfers werden alle Tugenden in uns vermehrt und die Früchte aller Gnaden reichlich mitgeteilt." „Deswegen sollten'', wie der hl. Maximus sagt, „die Christen die hl. Messe nie versäumen, wegen der Gnaden des Hl. Geistes, welche den Anwesenden dargeboten werden."

15. Diesen Zeugnissen muß ich noch beifügen, was Osorius schreibt. Wenn ein Vater seinem Sohn zehntausend Talente Goldes gäbe, daß er damit handeln solle, würde der nicht bei nur einigem Fleiß in kurzer Zeit ein sehr reicher Mann sein? Nun beachte, was für große Reichtümer dein himmlischer Vater dir bei der hl. Messe gibt, damit du gleich seiest „dem Kaufmann, der gute Perlen sucht."
Gott Vater gibt dir bei der Messe seinen eingeborenen Sohn, „in dem die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig wohnt" und „in dem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis verborgen sind" (Kol 2,9 und 3). „Wenn er denn seines Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns alle hingegeben hat, wie sollte er uns nicht alles mit ihm geschenkt haben?" (Röm 8, 32.) Der himmlische Vater gibt dir also bei der hl. Messe seinen Sohn zugleich mit allen seinen Verdiensten und Genugtuungen. Er gibt dir dessen Fleisch und Blut, dessen Leib und Seele, all seine Schätze und Reichtümer. Siehe, wie viele und wie große Gnaden du täglich bei der hl. Messe empfängst, und wie leicht du bei Anwendung von auch nur ganz wenigem Fleiß reich werden kannst. Denn sooft du bei der hl. Messe den Leib und das Blut, die Verdienste und Reichtümer Christi dem himmlischen Vater aufopferst, so oft gibst du ihm den ‘Betrag’, für den du dir himmlische Güter einkaufst.

16. Wenn du nun zu all diesem noch die siebenundsiebzig Gnaden hinzuzählst, die im dritten Kapitel beschrieben sind, mußt du dann nicht bekennen, daß es nichts weiter in der Welt gibt, wodurch man so viele Gnaden und Verdienste erwerben kann wie eben die hl. Messe?

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2. Die himmlische Herrlichkeit.

17. O was für eine edle Sache ist die himmlische Herrlichkeit und Seligkeit, zu deren Genuß wir erschaffen wurden, nach der wir so herzlich seufzen und so inbrünstig verlangen, deren kleinstes Maß so groß ist, daß, wie der hl. Paulus sagt, „kein Auge es gesehen und kein Ohr es gehört und keines Menschen Herz es empfunden hat." Nun sagt das Konzil von Trient, daß der Mensch im Stand der Gnade durch das Verdienst Jesu Christi, dessen lebendiges Glied er ist, sich durch seine guten Werke das ewige Leben und auch die Vermehrung der ewigen Herrlichkeit und Glorie verdiene (Sitzung 6, Kan. 32), aber es sagt nicht, wie viel Gnade und Glorie er sich verdient. Dafür sagt uns jedoch Christus selbst: „Ein gutes, eingedrücktes, gerütteltes und aufgehäuftes Maß wird man in euren Schoß gehen" (Lk 6,38). Das sind überzeugende Worte, in denen er uns zeigen will, daß der Lohn nicht gering, sondern überfließend groß sein wird.

18. Gewiß ist es, daß jeder Mensch durch jede hl. Messe, die er mit auch nur einiger Andacht hört, jedesmal eine neue Stufe der himmlischen Glorie verdient, und je mehr Andacht er hat, desto mehr Stufen ersteigt er. Je höher nun einer in den Himmel kommt, desto, näher kommt er zu Gott, desto klarer erkennt er Gott, desto herzlicher liebt er Gott und desto vollkommener genießt er Gott. Er wird auch bei jeder Stufe schöner, glänzender, glorwürdiger und bei allen Heiligen angesehener. Sooft du eine hl. Messe besuchst, so wird dir das im Himmel aufgezeichnet und eine höhere Stufe der Glorie bestimmt. Diese verlierst du nie, außer wenn du eine Todsünde begehst; wenn du aber wieder Reue und Leid erweckst und beichtest, so bekommst du die verlorene Glorie auf derselben Stufe wieder. Wenn du nun dein Leben hindurch täglich eine hl. Messe gehört hast, o wie viele und hohe Stufen der Glorie sind dir dann im Himmel bestimmt! Was für ein großer Fürst wirst du im Himmel sein! Wie viele Reichtümer und Freuden wirst du haben! Wenn du aber an einem Tag bisweilen zwei oder drei Messen besucht hast, wird dir deine Glorie verdoppelt und vervielfacht.

19. Höre, wie wunderbar der hl. Paulus schreibt: „Unsere gegenwärtige Trübsal, die augenblicklich und leicht ist, bewirkt eine überschwengliche, alles überwiegende Herrlichkeit in uns" (2 Kor 4,17). Beherzige doch diese Worte und erwäge ihren Sinn, denn sie enthalten ein schönes und unaussprechliches Geheimnis: für eine leichte und nur einen Augenblick dauernde Trübsal sollen wir eine über alle Maßen große Herrlichkeit im Himmel bekommen! Wenn denn der hl. Paulus so gewaltige Vergeltung einer leichten und kurzen Trübsal versprechen durfte, so darf ich dies mit Fug und Recht auch dem Besuch der hl. Messe zueignen. Denn ihr Besuch ist ja oft auch mit einer leichten Trübsal oder Abtötung verbunden: wenn du einen weiten Weg zur Kirche hast; wenn der Weg schmutzig und rutschig ist; wenn du im Winter in der Kirche frieren mußt; wenn du wegen der hl. Messe etwas früher aufstehen mußt; wenn dir die hl. Messe etwas zu lang wird; wenn du eine notwendige Arbeit ihretwegen zurückstellst; wenn du durch sie einen kleinen Gewinn oder Verdienst verscherzt, oder auch wenn du bei der hl. Messe keine rechte Andacht hast. Diese Beschwerlichkeiten sind eine leichte und kurze Trübsal, welche du nicht wegen eines zeitlichen Dinges, sondern wegen des Gottesdienstes, wegen des allerhöchsten guten Werkes leidest. Daraus folgt denn mit vollem Recht, daß diese leichte und kurze Trübsal und Beschwerlichkeit eine überaus große Herrlichkeit im Himmel erwirkt und eine jede dich eine Stufe der Glorie höher erhebt.

20. Etwas von dieser großen Glorie will ich in einem kurzen Beispiel zeigen, welches ein frommer Franziskanerpater in einer seiner Predigten erwähnte. Ein Bauer hatte sein Lebtag die hl. Messe geliebt, und zwar so sehr, daß er, auch wenn er auf dem Feld oder im Wald war und zur Messe läuten hörte, Pflug und Ochsen stehen ließ und der Kirche zueilte. Diesen heiligen Brauch hatte er in seiner Jugend angefangen und bis in sein graues Alter eifrig fortgesetzt. Da er nun einmal vom Acker zur Kirche ging und ihm der Weg wegen des schlechten Wetters sehr schwer fiel, da sprach er bei sich selbst: „Ich bin nun ein alter Mann und kann nicht mehr so laufen wie in meiner Jugend; ich glaube kaum, daß es Gott mißfallen würde, wenn ich nicht mehr so weit vom Feld zur Kirche ginge. Wenn es zur Messe läutet und ich bin zu Hause, dann will ich hingehen; wenn ich aber auf dem Feld bin, will ich in Gottes Namen mit meiner Arbeit fortfahren." Als er diesen Gedanken gefaßt hatte, hörte er jemand ihm nachkommen, und wie er sich umschaute, sah er einen Engel mit einem Schoß voll blühender Rosen. Dieser Engel war so schön, daß der Bauer vor ihm auf die Knie fallen wollte, aber jener sagte: „Knie nicht vor mir nieder, ich bin dein Schutzengel." Der Mann fragte: „O lieber Engel, was bedeutet es denn, daß du mich würdigst, dich anzuschauen?" worauf der Engel antwortete: „Gott hat mich gesandt, dir nachzugehen, und das habe ich jedesmal getan, wenn du vom Feld zur Kirche gegangen bist." „Warum denn das?" fragte der Bauer.
Der Engel sagte: „So viele Schritte du zur Kirche getan hast, so viele Rosen sind unter deinen Fußstapfen hervorgesprossen. Diese habe ich allezeit aufgehoben und zum Himmel empor getragen." Alsdann öffnete er seinen Schoß, zeigte ihm die Rosen und sprach: „Siehe, das sind die Rosen, die ich heute unter deinen Füßen aufgehoben habe. Darum rate ich dir: tue das nicht, was du bei dir beschlossen hast, sondern fahre fort in deinem Kirchengehen, wie du es von Jugend auf getan hast. Wenn du in diesem löblichen Werk bis an dein Ende verharrst, so will ich bei deinem Tod dein Haupt mit Rosen krönen und deinen himmlischen Thron mit Rosen zieren zu deiner ewigen Ehre und Glorie."
Danach verschwand der Engel, der Bauer küßte seine Fußstapfen und dankte Gott für diese freudige Erscheinung. Er konnte sie nie mehr aus seinem Sinn bringen und war durch die Schönheit des Engels und den süßen Duft der Rosen so entzückt über die himmlischen Dinge, daß ihm alles auf Erden zuwider war. Er starb nicht lange danach, mehr aus Begierde nach den Freuden des Himmels als infolge von Schmerzen und Krankheit.

21. Siehe, diesem frommen Bauern sind alle seine Schritte, die er zur hl. Messe getan, genau aufgezeichnet und mit diesen himmlischen und unverwelklichen Rosen belohnt worden, die auf ewig für ihn eine wunderbare Zierde bleiben werden. Wenn nun schon der Weg zur Messe ihm so reichlich belohnt worden ist, wie dann wohl erst die hl. Messe selbst! Das wissen wir nicht und können es auch nicht begreifen; wir werden es aber einmal im Himmel sehen und auch selbst reichen Lohn für fleißigen Besuch der hl. Messe erlangen.

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3. Von der hl. Kommunion.

22. Am meisten wird die Gnade bei der hl. Messe vermehrt, wenn wir uns aufs innigste mit dem göttlichen Heiland vereinigen durch die hl. Kommunion. Nun spricht man von zwei Arten dieser Vereinigung, der wirklichen sakramentalen und der nur geistigen Kommunion. Es ist ganz selbstverständlich, daß die wirkliche Kommunion hoch über der geistigen steht, denn es ist etwas ganz anderes, wenn der Sohn Gottes in der Weise, wie er es selbst angeordnet hat, bei uns einkehrt und nunmehr „er in uns und wir in ihm" sind, als wenn wir wohl seine Gnaden und Gaben wünschen, aber ihn selbst nicht bei uns einlassen, trotzdem wir es könnten. Darum haben in den ersten christlichen Zeiten möglichst alle Anwesenden an der hl. Kommunion wirklich teilgenommen, und seit dem hl. Papst Pius X. sind wir eingeladen, diese heilige Sitte wieder aufleben zu lassen. Bereits das Konzil von Trient (Sitzung 22, Kap. 6) hat den gleichen Wunsch ausgedrückt: „damit die Frucht dieses heiligsten Opfers ihnen desto reichlicher zukommen möge." [Bis Anfang des 20. Jh. gab es nur selten Kommunionspendung. Heute gehen viele zu hl. Kommunion ohne zu beichten, wissen oft gar nicht, daß man in der schweren Sünde gar nicht zur Kommunion gehen darf. Auch die Kommunionbänke haben ihren Sinn, denn es ist der HERR!] Dieser Gedanke tritt auch bei der hl. Messe hervor in vielen Gebeten, die aus den Zeiten stammen, wo die meisten bei der hl. Messe auch ur hl. Kommunion gingen. Eines von diesen Gebeten spricht der Priester gleich nach der Wandlung:
„Demütig bitten wir dich, allmächtiger Gott, laß diese Opfergaben durch die Hände deines hl. Engels empor getragen werden auf deinen erhabenen Altar vor das Angesicht deiner göttlichen Majestät, damit alle, die wir in Teilnahme an diesem Altar den hochheiligen Leib und das hochheilige Blut deines Sohnes genießen, die Fülle alles himmlischen Segens und aller Gnade empfangen mögen."

23. Es ist aber auch sehr häufig der Fall, daß jemand nicht zur Kommunion gehen kann (früher war die Nüchternheit ab Mitternacht vorgeschrieben!); dann soll er wenigstens geistiger Weise kommunizieren, was man auch dann nicht unterläßt, wenn man an einem Tag mehrere hl. Messen mitfeiert und schon kommuniziert hat. Die geistige Kommunion ist nichts anderes als das innige Verlangen, Christus zu empfangen und sich aufs innigste mit ihm zu vereinigen. Wie Christus in seinem irdischen Leben nicht bloß durch seine wirkliche Gegenwart, z.B. durch Auflegung seiner Hände, Kranke gesund gemacht, sondern auch viele Abwesende geheilt hat, z. B. die Tochter der kananäischen Frau, den Sohn des Beamten und den Knecht des Hauptmanns, so teilt er nicht bloß bei dem sakramentalen Empfang seines Leibes seine Gnaden aus, sondern auch an jene, die großes Verlangen nach ihm haben. Auch von der geistigen Kommunion dürfen wir die Worte Christi verstehen:
„Kommt alle zu mir, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken" (Mt 11,28). Denn was heißt hier „zu ihm kommen" anderes, als aufs lebendigste an ihn glauben, ihn lieben und alles Gute von ihm hoffen: Christus hat seine Gnaden ja nicht so an die Sakramente gebunden, daß er außerhalb derselben keine austeilen könnte. [Jesus sagte zur hl. Angela von Foligno: Die Gnaden die du bei der Kommunion empfängst, sammle ich in einem goldenen Gefäß und die Gnaden der geistlichen Kommunion in einem silbernen Gefäß.]

24. Wie kann man denn geistiger Weise kommunizieren? Auf diese Frage antwortet der geistreiche Weihbischof Fornerus: „Die Kraft der hl. Messe ist so groß, daß alle diejenigen, die ihre Meinung mit des Priesters Meinung vereinigen und der Wirkung des Meßopfers teilhaftig zu werden verlangen, zugleich mit dem Priester von diesem Opfer essen und die Frucht dieser geistigen Speise empfangen." Diese Lehre ist sehr tröstlich, denn danach ist es genug, wenn man denkt: „Ich vereinige meine Meinung mit der des Priesters und wünsche, daß ich mit dem Priester kommunizieren könnte und vollen Teil an diesem Opfer haben möge." Die Kraft solcher geistigen Kommunion erklärt er dann mit folgenden Gleichnissen:
„Wie bei einer herrlichen Mahlzeit keiner von den Hausgenossen Hunger leidet, so geschieht es auch bei der hl. Messe, diesem großen Abendmahl, daß kein einziger gegenwärtig ist, der nicht etwas empfängt, wofern er nicht den Mund seines Herzens vor der Hand Christi, die ihm die geistige Speise reicht, verschließt." „Wie in einem Keller mit neuem Wein die Luft mit dem Geruch desselben so erfüllt ist, daß sie einen schon trunken machen kann, so ist an dem Ort der hl. Messe eine solche Fülle der Gnaden, daß sie nicht allein alles Übel von den Anwesenden vertreibt, sondern auch himmlische Süßigkeit über sie ausgießt." Das sind recht gute Vergleiche, um uns die Wirksamkeit der geistigen Kommunion klarzumachen.

25. Im Leben der Heiligen wird uns öfters erzählt, wie sie dann, wenn sie am wirklichen
Genuß des hochheiligen Sakramentes gehindert waren, für ihr herzliches Verlangen in wunderbarer Weise mit dieser Seelenspeise gestärkt worden sind. Aber auch die Kirche selbst lobt als recht und weise die Lehre von der geistigen Kommunion, bei der „jenen, die der Verlangen nach jenes uns vorgesetzte himmlische Brot essen, mit lebendigem Glauben, der durch die Liebe tätig ist, die Frucht und den Nutzen des Sakramentes merken" (Trient Sitzung 13. Kap. 8). Übe also recht oft die geistige Kommunion; laß diese Übung jedesmal deine Andacht bei der hl. Messe sein, wenn du das heiligste Sakrament nicht wirklich empfangen kannst.

Der römische Katechismus, der auf Befehl der Päpste Pius V. und Clemens XIII. herausgegeben ist, sagt: „Es ist ganz klar, daß jene sich der größten und himmlischen Güter berauben, welche, trotzdem sie zum wirklichen Empfang des Leibes des Herrn bereit sein könnten, es für genug halten, nur im Geist die Kommunion zu empfangen." (II 4,55.)

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21. Kap. - Die hl. Messe ist
                die sicherste Hoffnung der Sterbenden
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1. Wie bitter der Tod ist, das kann keiner wissen, außer er hat es selbst erfahren. Gleichwohl sehen wir es an den Sterbenden, wie hart sie das Scheiden ankommt. Wir können wohl mit Aristoteles sagen: „Unter allen schrecklichen Dingen ist nichts schrecklicher als der Tod." Nicht allein, weil er eine Trennung von Leib und Seele ist, sondern vielmehr, weil er den Eingang zur Ewigkeit und der Ruf vor das allerstrengste Gericht Gottes ist. Die lebhafte Vorstellung dieser beiden und noch anderer furchtbarer Dinge jagen dem Sterbenden solch grausame Angst ein, daß ihm das Herz zittert und der kalte Schweiß ausbricht.

2. Was soll uns nun helfen in dieser bittersten Not, womit soll sich der Sterbende trösten, daß er nicht verzage? Woran soll er sich klammern, daß er vom Teufel nicht in Verzweiflung gestürzt werde? Der gewöhnliche Rat ist, daß er sich an die unendliche Barmherzigkeit Gottes klammere und fest darauf vertrauen und sich verlassen soll. Nun sagt aber der hl. Gregor: „Wer getan hat, was an ihm ist, der verlasse sich fest auf die Barmherzigkeit Gottes, denn sie wird ihn nicht verlassen. Wer aber nicht getan, was an ihm ist, der verlasse sich nicht darauf, denn er betrügt sich selbst."
Wer ist aber der Mensch, der sagen kann, er habe immer getan, was an ihm lag?
Fürwahr, für gewöhnlich findet man unter uns von Tausenden kaum einen. Denn wir alle könnten viel mehr Gutes tun, als wir wirklich tun, wenn wir nur wollten.

3. Wenn mich denn einer fragt, worauf ein Sterbender sich am sichersten verlassen könne, so gebe ich ihm zur Antwort: Das sicherste Vertrauen könne er auf die hl. Messe haben, wenn er sie in seinem Leben herzlich geliebt, andächtig gehört, kräftig aufgeopfert und selten versäumt hat. Das beweise ich erstens aus der Hl. Schrift. David sagt nämlich im 4. Psalm: „Opfert ein Opfer der Gerechtigkeit und hofft auf den Herrn." Das Opfer der Gerechtigkeit ist kein anderes als das hl. Meßopfer, das die Strafen der Sünden nach der Gerechtigkeit bezahlt und die Gott zugefügte Schmach nach der Gerechtigkeit abträgt. Das konnten die Opfer des Alten Testamentes nicht, weswegen sie auch keineswegs Opfer der Gerechtigkeit genannt werden konnten.

4. Da nun David diese Worte sagt, so spricht er im Geist uns Christen an und ermahnt uns, die hl. Messe, das wahre Opfer der Gerechtigkeit, fleißig aufzuopfern und dann ruhig auf den Herrn zu hoffen, da durch das Meßopfer sein Zorn versöhnt und die Sündenstrafen nach der Gerechtigkeit abgebüßt sind. Das kann man auch aus einem der folgenden Verse entnehmen, wo es heißt: „Von der Frucht des Getreides, des Weines und ihres Öles sind sie bereichert worden." Die Priester werden bei ihrer Weihe mit hl. Öl gesalbt und opfern bei der hl. Messe die Frucht des Getreides und des Weines, welche beide durch die Wandlung dem allmächtigen Gott zum angenehmsten Opfer dargebracht werden zur Bereicherung an Verdiensten und Tugenden. Danach fährt David fort: „Darüber schlafe und ruhe ich in Frieden, denn du, o Herr, hast mich gefestigt in der Hoffnung."

5. Diese Worte spricht er im Namen eines jeden sterbenden Christen und zeigt, worauf wir uns bei unserem Tod am meisten verlassen sollen. Daß wir die Worte wirklich vom Sterbenden auffassen können, zeigt die Kirche, indem sie diese von den Verstorbenen spricht: „Requiescant in pace - sie mögen ruhen in Frieden." So kann denn ein jeder, der während seines Lebens den Rat des David fleißig befolgt und oft, ja womöglich täglich, „das Opfer der Gerechtigkeit geopfert" und es zugleich mit dem Priester Gott dargebracht hat, fest auf den barmherzigen Gott hoffen und, wenn es zum Sterben kommt, sagen: „Auf dieses Opfer hoffend, will ich ruhig einschlafen und im Frieden bis zum Jüngsten Tag in meinem Grab ruhen. Mir ist nicht bange vor dem Tod, denn du, o Herr, hast mich gefestigt in der Hoffnung. Ich kann mir nicht denken, daß ich ewig verloren gehen sollte, nachdem ich dir, o Gott, so vielmals das allerangenehmste Opfer der Gerechtigkeit aufgeopfert und dir dadurch so oft einen unendlich wohlgefälligen Dienst erwiesen, unendliche Ehre erzeigt, unendliche Freude gemacht und die unendliche Schmach, die ich dir mit meinen Sünden zugefügt, nach vollgültiger Gerechtigkeit abgetragen habe. Deswegen hast du mich in ganz besonderer Weise festgestellt in der Hoffnung. Mit dieser festen Hoffnung will ich im Frieden ruhen, und mit dieser besonderen Hoffnung will ich vor dein strenges Gericht treten."

6. Auf solche Weise kann sich jeder Sterbende in seiner größten Kleinmütigkeit trösten und gegen die Verzweiflung stärken. So wird er erfahren, daß er fest gebaut und wohl vertraut habe, nach dem Beispiel jenes frommen Mannes, der ein besonderer Liebhaber der hl. Messe gewesen und diese fast täglich mit besonderer Andacht gehört hatte. Als er endlich zum Sterben kam, setzte er sein ganzes Vertrauen auf die hl. Messe und fuhr in Frieden hin. Sein Pfarrer, der ihn wegen seiner Frömmigkeit besonders geschätzt hatte, empfand seinen Tod recht schmerzlich und betete eifrig für seine Seele. Eines Tages erschien ihm diese in großer Herrlichkeit und sprach zu ihm: „Ich bin mit Gottes Gnade ein Kind der ewigen Seligkeit. Wiewohl ich euer Gebet nicht vonnöten gehabt habe, so danke ich euch dennoch sehr dafür." Der Pfarrer fragte: „Was hast du denn in deinem Leben Gutes getan, wodurch du hauptsächlich die Huld und Gnade Gottes verdient hast?" Die Seele antwortete:
Mein bestes Werk war der tägliche Besuch der hl. Messe; die hat mir ein seliges Ende und ein gnädiges Urteil gebracht." „Wie hast du denn die hl. Messe gehört?" fragte jener. Die Seele antwortete: „Wenn ich aus meinem Haus ging, bezeichnete ich mich mit dem hl. Kreuzzeichen und betete auf dem Weg ein Vaterunser, Gott bittend, er wolle mir die Gnade verleihen, die Messe andächtig zu hören. Wenn ich zur Kirche kam, kniete ich vor dem Kreuz nieder und betete fünf Vaterunser und Ave Maria zu Ehren der fünf Wunden Christi. Im übrigen habe ich mich die ganze Messe hindurch nicht anders verhalten, als wenn ich auf dem Berge Kalvaria gestanden und meinen am Kreuz hängenden Erlöser angeschaut hätte. Zur Aufhebung der hl. Hostie habe ich sie angebetet und aufgeopfert und auch mich selbst mit Leib und Seele meinem Gott aufgeopfert. Das war meine tägliche Übung, wegen der ich durch die Verdienste des Blutes und der Wunden Christi mit unaussprechlichem Lohn im Himmel belohnt wurde." Nach diesen Worten verschwand die Seele und ließ den Pfarrer wohlerbaut und mit Freuden zurück.

7. Das ist wohl ein schönes Beispiel, welches alle Kleinmütigen trösten und ihnen die Hoffnung auf die ewige Seligkeit vermehren kann. Diesem frommen Mann können alle Menschen nachfolgen, besonders jene, welche in der Stadt wohnen, und können dadurch mit geringer Mühe ein seliges Ende und ein gnädiges Urteil sowie unaussprechlichen Lohn im Himmel erwerben. Jene, die keine Messe besuchen können, sollten sich, wenn sie ihre eigenen Herren sind, ihre Arbeit unterbrechen und Gott ein Viertelstündchen schenken, um die Meßgebete zu verrichten. Denn soviel ich weiß, gibt es kein sichereres Mittel zu einem guten Tod, was ich dir noch näher beweisen will.

8. Nach der Überzeugung aller Gläubigen kann man auf nichts fester seine Hoffnung bauen als auf die Verdienste des bitteren Leidens und Sterbens Christi. Aber dieses ist es ja gerade, was in der hl. Messe erneuert und von den andächtig an ihr Teilnehmenden angerufen und aufgeopfert wird. Ja, was noch mehr ist, die Verdienste des Todes Christi werden hier wirklich und wahrhaftig allen geschenkt und jenen, die ohne Todsünde sind, in überfließendem Maß mitgeteilt. Wer also auf die hl. Messe vertraut, der vertraut auf das Leiden und das Blut Christi.

9. Selbst für die Beicht und Kommunion, die so überaus wichtig zur Erlangung einer guten Sterbestunde sind, kann man durch fleißigen Besuch der hl. Messe das nötige Vertrauen erwerben. Denn zum Besuch der hl. Messe wird nicht der Stand der Gnade erfordert wie für die hl. Kommunion, vielmehr soll ja, wie wir schon früher sagten, auch selbst der Todsünder fleißig die hl. Messe besuchen, damit er durch sie umso sicherer und eher von der göttlichen Barmherzigkeit die Gnade der Bekehrung erlangt.

10. Vielleicht sagst du aber doch wieder: Jeder Sterbende soll nur fest auf das Leiden Christi trauen, denn darum habe Christus so viel gelitten, daß er unsere Sünden auslöschte und uns vor dem ewigen Tod bewahrte, und deswegen müßten wir viel mehr auf das Leiden und Sterben Christi als auf die hl. Messe unsere Hoffnung setzen. Ich antworte: Freilich müssen wir auf das Leiden und Sterben Christi hoffen, aber dasselbe kann uns doch nur helfen, wenn uns seine Früchte und Verdienste wirklich zugewendet werden; wenn dies aber nicht geschieht, so ist all unser Hoffen vergebens.
Was nützt es denn den großen Sündern, daß Christus für sie gestorben ist, da sie trotzdem doch verdammt werden? Warum werden sie verdammt? Weil die Verdienste des Leidens Christi ihnen nicht zugeeignet werden. Und warum werden sie ihnen nicht zugeeignet? Weil sie sich der Zueignung nicht würdig gemacht haben. Wodurch machen wir uns dieser würdig? Durch wahre Reue, durch würdigen Empfang der hl. Sakramente, durch Verrichtung guter Werke, ganz besonders aber durch die hl. Messe. Denn so lehrt die Kirche: „Der Früchte des blutigen Kreuzesopfer wird man durch dieses unblutige Opfer aufs reichste teilhaftig" (Trient Sitzung 22, Kap. 2), und: Die hl. Messe ist deswegen eingesetzt worden, damit durch sie „die Heilkraft des blutigen Opfers zum Nachlaß jener Sünden, die von uns täglich begangen werden, zugeeignet würde." (Kap. 1.) Wenn also in der hl. Messe die Verdienste Christi so reichlich ausgeteilt werden, so können wir mit vollstem Recht auf sie vertrauen.

11. So kann denn jeder, der oft, gern und mit Eifer die hl. Messe gehört hat, bei seinem Sterben sich trösten und sprechen: Sollte es denn möglich sein, daß Gott gegen mich zürnt, da ich ihm doch durch die Aufopferung so vieler hl. Messen vielen Gefallen und große Dienste erwiesen und so köstliche Gaben geopfert habe, die ihm angenehmer waren als alle Schätze des Himmels und der Erde? Sollte es denn möglich sein, daß er meiner Sünden noch gedenkt und schwere Strafen für mich vorbehält, nachdem ich ihn täglich so demütig um Verzeihung gebeten und zur Bezahlung meiner Schulden die reichen Verdienste seines Sohnes aufgeopfert habe? Sollte es wohl möglich sein, daß er mein Gebet nicht erhört hätte, da doch sein geliebter Sohn in allen Messen mit mir und für mich gebetet und seine Wunden und sein Blut für mich aufgeopfert hat?

12. Wer auf solche Weise die Hoffnung erweckt, der vertraut in vollster Wahrheit nicht auf sich, sondern auf Christus, dessen Verdienste ihm in der hl. Messe geschenkt worden sind. Wer in dieser Weise vertraut der vertraut auf das Leiden Christi, das in der hl. Messe erneuert und fortgeführt wird. Er vertraut auf das Blut Christ; das in der hl. Messe geopfert und über ihn ausgesprengt ist. Er vertraut auf die Verdienste Christi, die ihm in der hl. Messe zugeteilt und von ihm erworben sind. Er vertraut auf die allerkostbarste Gabe; die durch die Hände der Priester geopfert und vom gütigen Gott mit Dank angenommen worden ist. Er vertraut auf das Gebet, das von Christus und seinen Dienern, den Priestern, für ihn gesprochen und Gott dem Vater für sein Heil aufgeopfert worden ist. Auf diese kräftigen Dinge sollen wir hoffen, auf diese können wir hoffen, und auf diese wollen wir hoffen.

13. Das haben die hl. Väter wohl erkannt, die sich besonders durch andächtiges Feiern der hl. Messe auf den bevorstehenden Tod vorbereitet haben. Vom hl. Theodorus Studita, einem großen Vorkämpfer des katholischen Glaubens, schreibt Baronius zum Jahr 826, er sei vor seinem Tod in eine so schwere Krankheit verfallen, daß er schon mehr einem Toten als einem Lebendigen ähnlich sah. Als er nun zum Sterben kam, bat er Gott noch um die eine Gnade, ihm sein Leben noch so lang zu fristen, daß er nur noch eine hl. Messe feiern und sich dadurch auf den harten Todeskampf vorbereiten könne. Seiner Bitte gemäß ließ die Krankheit ein wenig nach, und er kam etwas zu Kräften, so daß er zur Verwunderung aller aufstand und ohne Hilfe in die Kirche ging. Hier las er mit größter Andacht die hl. Messe. Das war seine letzte und beste Vorbereitung auf den Tod, denn als er nach der hl. Messe sich wieder zu Bett gelegt hatte, starb er sanft und selig im Herrn.

14. Desgleichen schreibt Baronius zum Jahr 806 vom hl. Tarasius, Patriarch von Konstantinopel, obwohl seine letzte Krankheit ihm sehr hart zusetzte und alle Kräfte fast wegnahm, so habe sie ihn dennoch vom täglichen Messelesen nicht abhalten können. Er las sie alle Tage mit brennender Liebe zu Gott und achtete die heftigen Schmerzen gleichsam für nichts. Als er vor großer Mattigkeit nicht mehr aufrecht stehen konnte, lehnte er sich mit der Brust auf den Altar. Diese große Andacht führte er fort bis zum Ende seines Lebens und verdiente dadurch ein seliges Sterben und das ewige Leben.
15. Solche Andacht üben auch heute noch viele frommen Priester, da sie keine bessere Vorbereitung auf den Tod kennen als die andächtige, tägliche hl. Messe, Das mögen auch die Laien sich zum Vorbild nehmen. Wie schön wäre es, wenn ganz besonders die alten Leute, die doch am lebhaftesten an den bevorstehenden Tod denken sollen, täglich zur hl. Messe sich einfänden! Selig zu preisen sind jene, welche bis an ihre Sterbestunde im Eifer zur hl. Messe verharren, denn sie werden durch die übernatürliche Kraft derselben wider die Anfechtungen des bösen Feindes mächtig gestärkt und vor dem ewigen Verderben bewahrt bleiben.
Diesen Trost gibt ihnen der hl. Papst Gregor: „Das Opfer der hl. Messe bewahrt die Seele vor dem Untergang." Denn wenn der Erzengel Raphael hat zu Tobias sagen dürfen: „Das Almosen errettet vom Tod, und reinigt von Sünden und bewirkt, daß man Barmherzigkeit und das ewige Leben findet" (Tob 12,9), wie viel mehr kann man das von dem gnadenvollsten Meßopfer sagen, daß es die sterbenden Seelen vom bösen Tod errette, sie von Sünden reinige und ihnen Barmherzigkeit und das ewige Leben erwirbt!

16. Nun höre, welch herrliche Versprechungen Christus in den Offenbarungen der hl. Mechthild den Liebhabern der hl. Messe gegeben hat! „Ich sage dir, daß ich demjenigen, der fleißig und andächtig der hl. Messe beiwohnt, in seinem Sterben zum Trost und Schutz, wie auch zu ehrlicher Begleitung seiner heimfahrenden Seele so viele edle Personen von meinen Heiligen schicken werde, wie er Messen auf Erden mit Andacht gehört hat
." O, wer wollte denn nicht gern zur Messe gehen, wenn er solch schöne Verheißungen hört! O göttlicher Heiland, wenn du diese Versprechung an mir erfüllen wirst, dann will ich sterbend mit David ausrufen: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, wen soll ich fürchten? Der Herr ist der Beschirmer meines Lebens, vor wem soll ich zittern? (Ps 26,1.) Denn wenn du mir beim Hinscheiden zum Schutz und Trost so viele Heiligen senden wirst, dann brauche ich mich vor einem ganzen Heer von Teufeln nicht zu fürchten, da ein einziger Heiliger mächtig genug ist, alle Geister der Hölle in die Flucht zu schlagen. Erfülle daher, o gütigster Jesu, diese deine Versprechung an mir und lasse mich in meiner Hoffnung nicht zuschanden werden. Auf daß ich aber deiner Zusage teilhaftig werden möge, will ich täglich mit aller nur möglichen Andacht die hl. Messe besuchen und sie durch die Hände der Priester zu deinem größeren Ruhm aufopfern.

17. Auf solche Weise scheidet die Seele voller Hoffnung von dieser Welt und wird, voller Trost auf die Kraft der hl. Messe vertrauend, zum Richterstuhl Christi geführt. Wie meinst du aber, daß es da gehen werde? Ich kann dir das nicht besser erklären als mit jener Geschichte, die nach dem Bericht des Baronius der hl. Bonifatius seiner Schwester geschrieben hat. Danach wurde ein Bruder in einem Kloster nach seinem Tod wieder auferweckt und hat erzählt, wie es ihm ergangen sei.
„Als ich zum Gericht Gottes geführt wurde", so sagte er, „da kamen mir alle meine begangenen Sünden gleichwie Personen in abscheulicher Gestalt entgegen, und eine nach der anderen sprach zu mir: ich bin die eitle Ehre, mit der du dich vor den Menschen gerühmt und erhoben hast. ich bin die Lügen, die du ausgesprochen hast. Ich bin die unnützen Worte, die du so oft gesprochen hast. Ich bin die unnützen Gedanken, die du in und außerhalb der Kirche gehabt hast, und also fort; so kamen mir die Sünden, die ich zu beichten aus Nachlässigkeit, Vergessenheit und Unwissenheit unterlassen hatte, vor mein Angesicht, klagten mich aufs ärgste an und schrieen wider mich mit furchtbarer Stimme. Auch die Teufel kamen und stimmten mit ein und bewiesen mir, zu welcher Zeit und an welchen Orten ich diese Sünden begangen hatte. Danach kamen mir auch die wenigen guten Werke, die ich in meinem Leben vollbracht hatte, entgegen, und eins nach dem anderen sprach: Ich bin der Gehorsam, welchen du den Vorgesetzten geleistet hast. Ich bin das Fasten, womit du deinen Leib abgetötet hast. Ich bin das Gebet, das du zu Gott empor gesandt hast. Und so weiter kam ein gutes Werk nach dem andern, das mich tröstete, und hierzu kamen die guten Engel, gaben Zeugnis darüber und lobten diese guten Werke gar sehr."

18. Was diesem frommen Bruder widerfahren ist, das wird ohne Zweifel auch dir und mir widerfahren. Deine begangenen Sünden werden dir in schreckhafter Gestalt vor Augen stehen; deine guten Werke aber werden dich wieder trösten und stärken. Wenn du aber andächtig viele Messen gehört hast, so werden dir diese alle in Gestalt der schönsten himmlischen Jungfrauen entgegenkommen, dir allen Schrecken benehmen und freundlich zusprechen, etwa mit den Worten:
„Wir sind die hl. Messen, welche du andächtig gehört hast, wir wollen mit dir vor den strengen Richter treten, dich vor ihm entschuldigen und ihm ausführlich nachweisen, wie große Andacht du dabei gehabt hast, wie viele Sünden du dadurch ausgelöscht und wie viele Strafen du bezahlt hast. Darum schöpfe guten Mut, denn wir wollen den Zorn des Richters besänftigen und dir seine Gnade erbitten." O, was für ein großer Trost wird das für deine bedrängte Seele sein, wenn du so viele treue Freunde und Fürbitter bei dem strengen Richter finden wirst!

19. Dann wird dir hoffentlich widerfahren, was Raynaldus 1241 vom seligen Nanker, Bischof von Breslau schreibt. Dieser hatte eine ganz besondere Andacht zur hl. Messe gehabt und täglich womöglich alle Messen, welche in seiner Kirche gelesen wurden, andächtig gehört. Bei seinem Tod hörte eine fromme Frau einen so süßen und lieblichen Engelsgesang, daß sie im Paradies zu sein meinte. Als sie nun sehr verlangte, zu wissen, was doch dieser Jubel der Engel bedeute, da hörte sie eine Stimme, die sprach: „Die Seele des Bischofs Nanker ist soeben von ihrem Leib geschieden und wird jetzt von den hl. Engeln in den Himmel getragen." Die Frau fragte: „Wodurch hat denn der Bischof diese große Ehre und Gnade verdient?" Die Stimme antwortete: „Durch das hl. Meßopfer, zu dem er eine so große Andacht getragen hat." Dies ist fürwahr ein tröstliches. Beispiel, das uns zu recht eifriger Teilnahme am hl. Meßopfer ermuntern sollte. Siehe, der fromme Bischof Nanker ist ohne Fegfeuer in den Himmel gekommen, ja, mit großer Herrlichkeit, mit süßestem Freudengesang von den Engeln hinaufgetragen worden. Die Hauptursache war seine Liebe zur hl. Messe, durch die er alle seine Schulden abgebüßt und ein so seliges Ende sowie eine so glorwürdige Himmelfahrt verdient hat. Willst du nicht auch solche Gnaden erlangen? Wenn du nicht gern lange im Fegfeuer brennen willst, wenn du hoch in den Himmel kommen willst, so folge seinem Beispiel und besuche fleißig die hl. Messe. Kannst du nicht so viele Messen hören wie er, so kannst du doch den Wunsch erwecken, ebenso viele, ja, noch mehr zu hören. Kannst du nicht so andächtig dabei sein wie er, so kannst du doch das Verlangen haben, ebenso, ja, noch andächtiger beten zu können. Alsdann wird der liebe Gott auch mit deinem guten Willen zufrieden sein und dir sicherlich auch ein glückseliges Ende schenken. [Wie viele Messen gehen heute verloren, da in den Klöstern meist nur noch konzelebriert wird? Wenn 10 oder 20 Priester einzeln zelebrieren, sind das 10 bzw. 20 Messen! - Wenn 10 Ingenieure eine Brücke bauen, ist das nur eine Brücke, baut jeder eine, sind es zehn! Sagte mal ein dt. Bischof.]

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22. Kap. - Die hl. Messe ist
                die gewisseste Erlösung der Verstorbenen.

1. Was für furchtbare Leiden die armen Seelen im Fegfeuer leiden müssen, das können wir nicht begreifen und uns auch nicht genügend vorstellen, wir werden es einmal mit größtem Herzeleid erfahren. Aus mir will ich es nicht schildern, sondern es mit den Worten der hl. Väter sagen. Der bedeutendste von ihnen, der große Kirchenlehrer Augustinus, schreibt: „Mit demselben Feuer wird gereinigt der Auserwählte und gepeinigt der Verdammte. Dieses Feuer ist schärfer als alles, was man auf dieser Welt sehen, empfinden und ausdenken kann." Schon dieses eine Zeugnis könnte uns genügen, um die Furchtbarkeit der Leiden des Fegefeuers zu erkennen und davor zu erschrecken. Der hl. Augustinus will aber den Gedanken an diese Leiden noch viel tiefer in unser Herz eindrücken, deswegen wendet er die Worte des 37. Psalms auf die Armen Seelen an und sagt, wenn auch dieses Feuer nicht ewig sei, so sei es doch von solcher Kraft, daß seine Wirkung alle Leiden übertrifft, die jemals einer auf dieser Welt erlitten hat. „Die Leiden aller Märtyrer und aller übrigen Menschen sind nichts im Vergleich zu den Leiden des Fegfeuers." Diese beiden Aussprüche des hl. Augustinus erwäge bei dir und lies in der Geschichte nach, was für grausame Leiden die Märtyrer erdulden mußten. Dann wirst du leicht erkennen können, wie furchtbar die Leiden des Fegfeuers sind.

2. Wenn du vielleicht vom hl. Augustinus dich noch nicht genügend hast überzeugen lassen, so wisse, daß der hl. Bonaventura und der hl. Thomas von Aquin seine Worte erwähnen und bestätigen. Der hl. Bonaventura schreibt: „Weil es heißt:
»sie werden selig werden«, so wird jenes Feuer verachtet. Ja freilich, sie werden selig werden durch das Feuer, aber jenes Feuer ist schlimmer als alles, was der Mensch in diesem Leben ertragen kann." Und der hl. Thomas nimmt an, daß das Feuer des Reinigungsortes dasselbe sei wie das der Hölle. Deswegen schreibt er auch: „Ein einziges Fünklein des Fegfeuers übersteigt die allerschwersten Leiden dieses Lebens."
Der hl. lsidor sagt: „Über das Fegfeuer ist das festzustellen, daß es länger und heftiger ist als jedes, das sich der Mensch im gegenwärtigen Leben ausdenken kann." O, wie werden dann wir armen Sünder bestehen mögen, wenn wir nach unserem Tod in diese Flammen gestürzt werden! Ach, was werden wir dann leiden müssen! Wir sind ja dessen fast gewiß, daß wir ohne diese Leiden nicht in den Himmel kommen werden, weil wir nicht heilig und vollkommen sind, sondern unserer bösen Begierlichkeit nur allzu leicht immer wieder nachgeben.

3. Viele andere denkwürdige Aussprüche der hl. Väter ließen sich noch anführen, ich will aber nur noch den hl. Bernardin erwähnen: „Zwischen unserem natürlichen Feuer und dem des Fegfeuers ist ein so großer Unterschied wie zwischen einem gemalten und wirklichen Feuer." Die hl. Magdalena von Pazzi hat gemeint, „daß ein großes irdisches Feuer gegen das Fegfeuer wie ein Lustgarten anzusehen sei." Einen solchen Vergleich habe ich sonst nirgends gefunden oder gelesen, aber er kann recht gut die Schärfe des Fegfeuers erklären. Diese Worte mögen uns ein starker Antrieb sein, unsere Sünden auf dieser Welt abzubüßen, damit wir von denselben nicht erst in dem unerträglichen Feuer gereinigt zu werden brauchen. Zugleich sollen sie auch herzliches Mitleid gegen die Armen Seelen in uns erwecken, welche in jenem feurigen Kerker so vielfältige Qualen zu leiden haben, daß sie nicht genug zu bedauern sind.

4. Es gibt nun vielerlei Mittel, den leidenden Seelen zu helfen, aber kein einziges hilft so kräftig wie das hl. Meßopfer. Dies bezeugt die katholische Kirche auf dem Konzil von Trient, indem sie sagt: „Den im Fegfeuer gefangenen Seelen würde durch die Fürbitte der Gläubigen, vorzüglich aber durch das angenehme Opfer des Altars geholfen" (Sitzung 25). Das ist die Lehre der hl. Kirche und ein Glaubensartikel, dem niemand widersprechen darf. Dasselbe hat auch der engelgleiche Lehrer, der hl. Thomas von Aquin, bereits dreihundert Jahre zuvor gelehrt: „Es gibt nichts, wodurch die Seelen schneller aus dem Fegfeuer erlöst werden, als das hl. Meßopfer
." Daher war es schon von den Zeiten der Apostel her Sitte, beim hl. Opfer auch der Verstorbenen zu gedenken.

5. Der Grund für diese Wirksamkeit der hl. Messe liegt nicht so sehr darin, weil der Priester und die übrigen Gott den Herrn um die Erlösung der Seelen eifrig anflehen, sondern ganz besonders darin, daß ihm eine vollgültige Zahlung für ihre restlichen Schulden angeboten wird. Denn es ist klar, daß jemand von einem Richter, der einen armen Menschen wegen seiner Schulden ins Gefängnis hat werfen lassen, wohl schwerlich die Freilassung desselben durch auch noch so inständiges Bitten erreichen wird; wenn er aber so viel Geld bezahlt, wie der Gefangene schuldig ist, dann wird er ihn gar bald aus dem Gefängnis erretten. Die Seelen des Fegfeuers befinden sich nicht im Zustand des Zornes Gottes, sondern im Zustand der Gnade, da sie den Zorn durch Reue und Beicht versöhnt haben. Der Grund, warum sie in ihrem schrecklichen Kerker liegen, sind eben die noch zu bezahlenden Schulden oder Strafen sowie die noch nicht genügend gereinigten Flecken der Seele.
Wenn du nun für sie aus Mitleid eifrig bittest und ihnen den Wert der Verdienste deines Gebetes schenkst, so bezahlst du zwar etwas von ihren Schulden, du wirst sie aber kaum aus ihrer bitteren Qual erretten. Denn der Richter selbst hat das Urteil gesprochen und mit strengem Ernst gesagt:„Siehe zu, daß du nicht in den Kerker geworfen wirst; wahrlich ich sage dir, du wirst von da nicht herauskommen bis du den letzten Heller bezahlt hast" (Mt 5,25f.). Aus diesen Worten Christi lerne, wie furchtbar streng er sein kann; während er dem, der zehntausend Talente schuldig war und nicht bezahlen konnte, die ganze große Schuld schenkte, will er auch den letzten Heller bezahlt haben. Wenn du nun für eine Arme Seele eine hl. Messe besuchst und sie Gott aufopferst, so bezahlst du jedesmal einen großen Teil der Schulden dieser armen gefangenen Seelen.

6. Wie viele Strafen durch eine hl. Messe getilgt werden, wissen wir nicht, weil Gott darüber nichts geoffenbart hat. Aber dieses ist gewiß, daß eine hl. Messe, die man selbst zu seinen Lebzeiten liest oder hört, viel mehr nützt und mehr Strafen abzahlt, als die nach dem Tod für uns gelesenen. Denn zu unseren Lebzeiten erhalten wir durch dieselbe Vermehrung der heiligmachenden Gnade und der himmlischen Herrlichkeit, was nach dem Tod nicht geschieht, und wenn auch über hundert Messen für uns gelesen würden.

7. Ferner gibt Gott für die hl. Messe im Leben dem Sünder aus Barmherzigkeit die Gnade der Bekehrung, was nach dem Tod nicht mehr eintreten kann. Drittens warten die von dir selbst gehörten Messen deiner nach deinem Tod, gehen mit dir zum Gericht, rufen für dich um Gnade und bewahren dich entweder vor dem Fegfeuer oder mildern dir dieses von vornherein. Läßt du sie aber nach deinem Tod lesen, so mußt du auf sie in den grimmigen Leiden des Fegfeuers mit größtem Jammer warten.

8. Viertens: wenn du in deinem Leben für eine hl. Messe ein Almosen gibst, so beraubst du dich deines Geldes und Gutes, sparst es dir gleichsam an deinem Mund ab und gibst es freiwillig dem lieben Gott. Nach deinem Tod aber ist es nicht mehr deine Gabe, denn es gehört nicht mehr dir, sondern deinen Erben. Darum ist zu fürchten, daß dir die Gabe nicht mehr so hoch angerechnet wird. Fünftens ist in dieser Welt die Zeit der Gnaden und Barmherzigkeit, in jener die der Vergeltung und Gerechtigkeit, darum kannst du den strengen Richter jetzt viel leichter versöhnen als nachher. Denn so spricht Bonaventura: „Gott schätzt eine geringe freiwillige Buße in diesem Leben höher als eine viel schwerere nicht freiwillige in jenem Leben, gleichwie ein wenig Gold mehr gilt als ein großes Stück Blei."

9. Wie viel Strafen nun eine nach dem Tod gelesene Messe abbüßen mag, das ist ganz ungewiß, woraus wir lernen müssen, recht fleißig für unsere verstorbenen Freunde zu beten und uns nicht leicht einzubilden. daß sie schon im Himmel seien, denn die Armen Seelen gehen nicht so leicht in den Himmel ein, wie wir uns gern denken. Kannst du keine Messe für sie lesen lassen, so besuche viele Messen für sie oder bitte deine Freunde, daß sie die eine oder die andere Messe für sie besuchen wollen. Leite auch deine Kinder an, wenn sie morgens mit der Schule zur Kirche gehen, die hl. Messe für die Lebendigen und die Verstorbenen aufzuopfern. Diesen Rat gab Tamberinus einer armen Witwe, die ihm klagte, daß sie keine Messen für ihren verstorbenen Mann könne lesen lassen: „So hört denn," sagte er, „viele Messen und opfert sie Gott für die Seele eures Mannes auf, denn es kann geschehen, daß dieselbe durch viele gehörte Messen eher erlöst wird, als wenn die eine oder andere für sie gelesen würde." Diesen Rat heiße auch ich gut und rate allen armen Leuten dazu. Denn wiewohl es mehr ist, eine hl. Messe lesen zu lassen als eine für die arme Seele mitzufeiern, so gereicht es der Seele doch zum besonderen Trost, wenn du die hl. Messe für sie opferst und das Blut Christi über sie ausgießest.

10. Vom sel. Johannes von Alvernia heißt es beim hl. Antonius, als er einmal am Allerseelentag für die Armen Seelen andächtig die hl. Messe las und nach der Wandlung Gott inständig bat, daß er wegen der Liebe seines eingeborenen Sohnes die Armen Seelen aus dem Fegfeuer erretten wolle, da habe er unzählbare Seelen gleichwie feurige Funken aus dem Fegfeuer in den Himmel schweben gesehen.

11. Es gereicht den lieben Seelen, wie ich kurz zuvor sagte, zu besonderem Trost, wenn man das hochwürdige Blut Christi in der hl. Messe für sie aufopfert und über sie ausgießt. Davon haben wir ein Vorbild im Alten Testament, wo Gott sprach:
„Ich habe euch das Blut gegeben, um auf dem Altar damit Versöhnung zu wirken für eure Seelen, auf daß für die Seele das Blut zur Versöhnung sei" (Lev 17,11). Dazu sagt der hl. Thomas von Aquin: „In diesen Worten ist vorbedeutet, daß das Opfer des Leibes und Blutes Christi für die Seelen des Fegfeuers Geltung hat." Denn da Gott den Juden das Blut der Opfertiere gegeben hat, daß sie es auf dem Altar zur Buße für ihre Sünden ausgießen sollten, und da dieses Blut zur Reinigung ihrer Seelen diente, wie viel mehr wird dann das Blut Jesu Christi, das auf dem Altar konsekriert und aufgeopfert wird, sowohl unsere Seelen wie die des Fegfeuers von ihren Makeln reinigen und sie aus der Qual erretten.

12. Als dieses rosenfarbene Blut am Kreuz vergossen wurde, hat es alle Seelen aus dem Kerker des Fegfeuers errettet, wie der Prophet Zacharias bezeugt, indem von Christus spricht: „Du wirst im Blut deines Bundes deine Gefangenen aus der wasserleeren Grube entlassen." (Zach 9,11). In diesen Worten kann man angedeutet finden, daß die Erlösung der Seelen dem vergossenen Blut Christi zuzuschreiben sei. In jeder hl. Messe wird dasselbe hl. „Blut des neuen und ewigen Testamentes" konsekriert und „zum Nachlaß der Sünden vergossen."
Ohne Zweifel hat es große Kraft, die Armen Seelen zu erquicken, zu reinigen und zu erlösen. Nie wird einem, der in hitzigem Fieber liegt, ein kühler Trunk so labend und erquickend sein, wie das kostbare Blut Christi, das in der hl. Messe geistiger Weise über sie ausgegossen, die Armen Seelen labt und erquickt, reinigt und erlöst.

13. Ein ansprechendes Beispiel lesen wir im Leben des sel. Heinrich Suso aus dem Dominikanerorden. Als dieser zu Köln studierte, hatte er mit einem befreundeten Pater die Verabredung getroffen, daß der, welcher den anderen überleben würde, einige Messen für den Verstorbenen lesen sollte. Nach Vollendung der Studien blieb Suso in Köln, der andere aber wurde nach Schwaben geschickt. Nach einigen Jahren starb dieser, und sein Tod wurde Pater Suso mitgeteilt. Dieser wußte wohl, was er versprochen hatte, er war aber damals mit so vielen Messen beauftragt, daß er sein Versprechen nicht halten konnte. Aber umso mehr betete er, fastete streng und geißelte sich zur Erlösung dieser Seele. Nach einigen Tagen erschien ihm dieselbe voller Betrübnis und sprach ihn ernst mit den Worten an: „Du ungetreuer Freund, wo ist das Versprechen, das du mir gegeben hast?" Der gute Pater erschrak und wies hin auf die übrigen guten Werke, die er für den Verstorbenen aufgeopfert, weil er die hl. Messe nicht hatte lesen können. Aber die Antwort war: „Dein gottgefälliges Gebet ist nicht mächtig genug, mich aus der Qual zu erretten, nur das hl. Blut Christi, in der hl. Messe für uns aufgeopfert, ist dazu imstande."
Nachdem der Pater sich von seinem Schrecken erholt hatte, ging er zum Prior, erzählte ihm die Erscheinung und bat ihn, einige der Messen ihm abzunehmen, auf daß er sein Versprechen einlösen könne. Nachdem dies geschehen, erschien ihm der Freund abermals und zeigte ihm, daß er nunmehr erlöst sei und nun für seinen Freund im Himmel beten wolle.

14. Auch wenn die Gräber der Verstorbenen mit Weihrauch inzensiert oder mit Weihwasser besprengt werden, so bringt das den Seelen im Fegfeuer angenehme Erquickung. Das Weihwasser berührt ja freilich nur das Grab, aber die Kraft seiner Weihe, die es durch die Gebete der Kirche hat, dringt bis ins Fegfeuer hinab. Deswegen besprenge die Gräber deiner Lieben gern, du wirst ihnen dadurch Linderung bringen.

15. Vor den Toren Roms steht eine Kirche, die den Namen Maria Himmelsleiter trägt. In dieser Kirche brachte der hl. Bernhard einst das hl. Opfer für die Verstorbenen dar, wobei ihm in einer Vision gezeigt ward, wie die dadurch erlösten Seelen, von Engeln begleitet, wie auf einer Himmelsleiter zur ewigen Seligkeit emporstiegen. Diese Erscheinung, durch welche die Kirche ihren Namen erhielt, zeigt uns, wie überreich wir durch das Meßopfer sind, um der Not und Armut der Armen Seelen abzuhelfen. Auf dem Altar strömen die Quellen des Heilandes; schöpfen wir daraus und gießen wir das sühnende Blut hinab in den Reinigungsort, um dessen Flammen zu löschen. Welche Gedanken, welche Liebe soll uns beseelen, wenn wir gleich Chören irdischer Engel auf das stille, unermeßliche Reich der Seelen hinabschauen und dann gleichsam in goldenen Schalen den Balsam des erlösenden Blutes Christi am Altar auffangen und über sie ausgießen, damit sie Kühlung erlangen und aus dem Feuermeer befreit zu den Wohnungen des ewigen Friedens hinaufeilen können.

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23. Kap. - Was und wie der Priester und die Engel für die Mitfeiernden beten.

1. Man kann von frommen Leuten die Klage hören, sie können nicht recht andächtig beten und würden sehr von ausschweifenden Gedanken geplagt. Diesen weiß ich keinen besseren Rat zu geben, als daß sie fleißig die hl. Messe besuchen und ihr armseliges Gebet mit dem Gebet Christi und des Priesters vereinigen. Dadurch wird ihr Gebet bedeutend verbessert, gleichwie ein kupferner Pfennig, in flüssiges Gold geworfen, vergoldet wird. Dies bezeugt Fornerus mit den Worten: „Das Gebet, das von den andächtigen Besuchern der hl. Messe mit dem Meßopfer vereinigt wird, geht allen anderen Gebeten, mögen sie auch in vollster Andacht stundenlang währen, gleichsam unendliche Meilen weit vor." Den Grund dafür will ich dir in diesem Kapitel zu deinem Trost ausführlich erklären.

2. Erstens müssen alle Priester für alle Anwesenden beten und die hl. Messe für deren Heil aufopfern. Jeder Priester muß das mehrere Male ausdrücklich tun, weil das im Meßbuch so vorgeschrieben ist. Auch alle Tagesgebete, Stillgebete und Postkommuniongebete am Schluß der Messe sowie alle in der Mehrzahl, also im Namen vieler gesprochenen Gebete werden für alle Gegenwärtigen mitverrichtet. Wenn du also bei der hl. Messe bist, so werden sie auch für dich gebetet und nützen dir ebensoviel, als wenn du ganz allein mit dem Priester in der Kirche wärst. Damit du aber weißt, welche und wie viele Gebete das sind, so will ich sie zu deinem Trost hier erwähnen.

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1. Wie der Priester bei der hl. Messe für uns bittet.

3. Gleich im Anfang, beim Stufengebet spricht der Meßdiener im Namen aller Anwesenden das Konfiteor oder das allgemeine Sündenbekenntnis, worauf der Priester über ihn und alle Anwesenden folgende Absolution spricht: „Es erbarme sich eurer der allmächtige Gott, er lasse euch eure Sünden nach und führe euch zum ewigen Leben. Amen. Nachlaß, Verzeihung und Vergebung unserer Sünden verleihe uns der allmächtige und barmherzige Gott. Amen." Wenn der Priester zum Altar hinaufsteigt, sagt er: „Nimm von uns weg, wir bitten dich, o Herr, unsere Ungerechtig- keiten, damit wir würdig zu werden mit reinem Herzen zum Allerheiligsten einzugehen. Durch Christus, unsern Herrn, Amen."

4. Das Kyrie eleison, auf deutsch: Herr, erbarme dich unser, und das Gloria in excelsis, diesen herrlichen Lobgesang, sowie die dann folgenden Kirchengebete spricht der Priester für sich, für dich und für alle Anwesenden. Er grüßt sie auch oft mit den hl. Worten: „Dominus vobiscurn - Der Herr sei mit euch." Das ist ein Gruß aus der Hl. Schrift, den die Engel und fromme Menschen zu brauchen pflegten. So begrüßte der Engel den Gideon, Booz die Schnitter, der Erzengel Gabriel die allerseligste Jungfrau. Diesen Gruß wiederholt der Priester achtmal und wünscht dadurch dem Volk Heil und Wohlergehen.
Denn wenn Gott mit uns ist, so ist auch seine Gnade, sein Segen, seine Hilfe und Barmherzigkeit mit uns. Durch das Credo legt der Priester in seinem und im Namen aller Anwesenden das Glaubensbekenntnis ab, in dem wir begehren zu leben und zu sterben und selig zu werden. [Früher hat es der Priester allein gebetet.]

5. Zur Opferung das Brotes betet er: „Nimm an, o heiliger Vater, allmächtiger, ewiger Gott, diese unbefleckte Opfergabe, die ich, dein unwürdiger Diener, dir, meinem lebendigen und wahren Gott, darbringe für meine unzählbaren Sünden, Beleidigungen und Nachlässigkeiten, auch für alle Umstehenden, aber auch für alle Christgläubigen, Lebende wie Verstorbene, auf daß es mir und ihnen zum ewigen Leben nützen möge. Amen."

6. Beim Eingießen von ein wenig Wasser in den Wein spricht er: „O Gott, der du die Würde der menschlichen Natur wunderbar begründet und noch wunderbarer wiederhergestellt hast, gib, daß wir durch das Geheimnis dieses Wassers und Weines der Gottheit dessen teilhaftig werden, der sich gewürdigt hat, unsere Menschheit anzunehmen, Jesus Christus, dein Sohn, unser Herr."

7. Bei der Opferung des Kelches sagt er folgendes Gebet: „Wir bringen dir dar, o Herr, den Kelch des Heiles, indem wir deine Milde flehentlich bitten, daß er vor dem Angesicht deiner göttlichen Majestät zu unserem Heil und dem Heil der ganzen Welt mit lieblichem Wohlgeruch emporsteige."

8. Wenn dann der Priester die Hände gewaschen. betet er tiefgebeugt in der Mitte des Altares: „Nimm an, o heilige Dreifaltigkeit, dieses Opfer, das wir dir darbringen zum Andenken des Leidens, der Auferstehung und Himmelfahrt unseres Herrn Jesu Christi: zum Gedächtnis der seligen, allzeit reinen Jungfrau Maria und des hl. Johannes des Täufers sowie der hl. Apostel Petrus und Paulus und dieser und aller Heiligen, auf daß es ihnen zur Ehre, uns aber zum Heil gereiche und sie für uns Fürsprache einlegen mögen im Himmel, deren Gedächtnis wir auf Erden feiern. Durch denselben Christus unsern Herrn. Amen."
[Diese altehrwürdigen Gebete sind nicht zu vergleichen mit den heutigen. Manche Priester beten daher wieder still diese alten Gebete.]

9. Hierauf folgen die für das Heil des Volkes verrichteten Stillgebete, die der Priester leise betet, während er in der Präfation seine Stimme zu hellem Lob Gottes erhebt, um alle Anwesende dazu mit fortzureißen.
Eingeleitet wird die Präfation durch den Wechselgesang:
„Der Herr sei mit euch - Und mit deinem Geist. Erhebet die Herzen! - Wir haben sie beim Herrn. Lassett uns danken dem Herrn unserm Gott - Das ist würdig und gerecht."

10. Danach fährt der Priester in feierlicher Stellung, mit erhobenen Händen fort:
„Wahrhaft würdig und gerecht ist es, billig und heilsam, daß wir dir jederzeit und allerorten danken, heiliger Herr, allmächtiger Vater, ewiger Gott, durch Christus, unseren Herrn, durch welchen die Engel deine Majestät loben, die Herrschaften anbeten, die Mächte erzitternd verherrlichen, die Himmel und die Kräfte der Himmel und die seligen Seraphim mit einstimmigem Frohlocken preisen. Mit ihnen, so bitten wir, wollest du auch unsere Stimme zu dir gelangen lassen, indem wir in demütigem Lobpreis sprechen: Sanctus, sanctus, sanctus - Heilig, heilig, heilig ist der Herr, Gott der Heerscharen, Himmel und Erde sind voll seiner Herrlichkeit, Hosanna in der Höhe! Gebenedeit, der da kommt im Namen des Herrn, Hosanna in der Höhe."

11. Nunmehr beginnt der Kanon oder die Stillmesse, worin viel für das Heil der Gläubigen gebetet wird. Zum Gedächtnis der Lebendigen sagt der Priester zunächst:
„Gedenke, o Herr, deiner Diener und Dienerinnen...", dann gedenkt er still jener, für die er die hl. Messe feiert und welche er besonders mit einschließen will. Dann fährt er fort: „Gedenke auch aller Anwesenden, deren Glaube und Andacht dir bekannt ist, für welche wir dir oder welche dir darbringen dieses Lobopfer, für sich und all die Ihrigen, für die Erlösung ihrer Seelen, für die Hoffnung ihres Heiles und Wohlergehens, und welche dir, dem ewigen, lebendigen und wahren Gott, ihre Gaben bringen."
Über diese Worte spricht ein frommer Geisteslehrer also: Hieraus lerne, daß du nicht traurig zu sein brauchst, wenn du wegen deiner Armut keine Messen lesen lassen kannst, weder für dich noch für deine lebenden und verstorbenen Freunde. Denn die Messe, die du hörst, opfert der Priester auch nach deiner Meinung auf und bittet Gott, daß er dir für dich und die Deinigen nach deiner Andacht und deinem Verlangen das Verdienst dieses Opfers zukommen lassen wolle.

12. Nach dem Memento fährt der Priester fort: „Wir vereinigen uns und feiern das Gedächtnis vor allem der glorreichen, allzeit reinen Jungfrau Maria, der Gebärerin unseres Gottes und Herrn Jesus Christus, aber auch deiner hl. Apostel und Märtyrer Petrus und Paulus, Andreas usw., und aller deiner Heiligen, durch deren Verdienste und Fürbitten du verleihen mögest, daß wir in allem durch deinen hilfreichen Schutz bewahrt werden. Durch denselben Christus, unsern Herrn. Amen."

13. Danach streckt der Priester seine Hände flach über den Kelch aus und betet:
„Dieses Opfer unseres Dienstes, aber auch deiner ganzen Familie, nimm, wir bitten dich o Herr, gnädig an; und ordne unsere Tage in deinem Frieden und bewahre, uns vor der ewigen Verdammnis und reihe uns ein in die Schar deiner Auserwählten. Durch Christus unsern Herrn. Amen."

14. Nachdem dann die Konsekration stattgefunden und Brot und Wein in den Leib und das Blut Christiverwandelt worden sind, wobei der Priester zuletzt die Worte Christi gesagt hat: „Sooft ihr dieses tut, so tut es zu meinem Andenken," fährt er fort: „Deswegen, o Herr, sind wir, deine Diener, aber auch dein heiliges Volk eingedenk des so heilsamen Leidens desselben Christus, deines Sohnes, unseres Herrn, und ebenso seiner Auferstehung von den Toten, aber auch seiner glorreichen Himmelfahrt und bringen deiner hochherrlichen Majestät von deinen Geschenken und Gaben ein reines Opfer, ein heiliges Opfer, ein unbeflecktes Opfer dar, das hl. Brot des ewigen Lebens und den Kelch des immerwährenden Heiles."

15. Bei den letzten Worten hat der Priester fünfmal das Kreuzzeichen über die Opfergaben gemacht. Tiefgebeugt betet er alsbald weiter: „Demütig bitten wir dich, allmächtiger Gott: laß diese Opfergaben durch die Hände deines heiligen Engels empor tragen auf deinen erhabenen Altar vor das Angesicht deiner göttlichen Majestät, damit wir alle, die an diesem Altar teilnehmend den hochheiligen Leib und das hochheilige Blut deines Sohnes empfangen, mit allem himmlischen Segen und aller Gnade erfüllt werden. Durch denselben Christus, unsern Herrn. Amen."

16. Nach diesem Gebet folgt das Memento für die Verstorbenen, wobei der Priester derjenigen Verstorbenen gedenkt, für die zu beten er sich besonders vorgenommen hat. Nach dem Memento spricht er: „Auch uns Sündern, deinen Dienern, welche auf die Fülle deiner Erbarmungen hoffen, wollest du einigen Anteil und die Gemeinschaft schenken mit deinen hl. Aposteln und Märtyrern, mit Johannes, Stephanus usw. und allen deinen Heiligen, in deren Gemeinschaft du uns, wir bitten dich, aufnehmen mögest, indem du nicht das Verdienst abwägst, sondern reichlich Verzeihung gewährst. Durch Christus unsern Herrn."

17. Bald danach betet der Priester das Vaterunser [früher hat es der Priester allein gebetet], für sich und alle Christen und fügt hinzu: „Erlöse uns, o Herr, wir bitten dich, von allen Übeln, den vergangenen, gegenwärtigen und zukünftigen, und auf die Fürbitte der seligen und glorreichen, allzeit jungfräulichen Gottesmutter Maria wie auch deiner seligen Apostel Petrus und Paulus und Andreas und aller Heiligen gib gnädig Frieden in unseren Tagen, damit wir durch die mächtige Hilfe deiner Barmherzigkeit von der Sünde allezeit frei und vor aller Verwirrung sicher sein mögen."

18. Das Agnus Dei spricht der Priester dreimal: „O du Lamm Gottes, das du hinweg nimmst die Sünden der Welt - erbarme dich unser /, gib uns den Frieden." Die folgenden Gebete spricht er für sich allein; nach der hl. Kommunion, wenn der Kelch wieder gereinigt ist, bittet er in den letzten Gebeten oder Postkommunionen für sich und alle und schließt mit folgendem Gebet: „Möge dir, o hl. Dreifaltigkeit, die Huldigung meines Dienstes gefallen und verleihe, daß das Opfer, das ich Unwürdiger den Augen deiner Majestät dargebracht habe, dir angenehm sei, mir aber und allen, für die ich es dargebracht habe, durch dein Erbarmen Sühne erwirke. Durch Christus unsern Herrn. Amen." Hiernach gibt er den Segen und liest das Evangelium des hl. Johannes.

19. Das sind die Gebete, die der Priester für dich spricht, wenn du die Messe besuchst. Sie kommen dir vielleicht recht schlicht vor, haben aber große Kraft, da sie unter Eingebung des Hl. Geistes teils von den Aposteln, teils vom hl. Gregor und anderen hl. Päpsten verfaßt wurden. Der Priester spricht diese auch nicht in seinem Namen, sondern im Namen Christi und seiner hl. Kirche, deren Gesandter er ist. Denn die ganze katholische Kirche, d.h. alle katholischen Christen, schicken den Priester als ihren auserwählten Gesandten an den Altar und übertragen ihm ihre Bitten, auf daß er sie unter dein göttlichen Amt den Augen Gottes in den wichtigen Angelegenheiten ihrer zeitlichen und ewigen Wohlfahrt, zum Heil der ganzen Christenheit und zur Erlösung der Armen Seelen unterbreiten soll. Die Worte dafür sind dem Priester von der Kirche genau vorgeschrieben und im Meßbuch aufgezeichnet.

20. Wenn nun der Priester an den Altar kommt und sich vor Gottes Angesicht stellt, so sieht Gott der Herr in ihm nicht den armen Sünder, sondern den bevollmächtigten Gesandten seiner lieben Kirche, deshalb hört er dessen Bitten gnädig an und ist zum Erhören bereit. Ja, er achtet ihn sogar als einen Gesandten seines eingeborenen Sohnes, dessen Person der Priester am Altar vertritt, dessen Passionskleider er bei der Messe trägt und in dessen Namen er die Worte der Wandlung spricht:
„Dies ist mein Leib; Dies ist der Kelch meines Blutes."

Weil also der Priester die Person Christi am Altar vertritt, deswegen gilt sein Gebet viel bei Gott, ja, Christus selbst legt dasselbe seinem himmlischen Vater vor. Ferner ist zu beachten, daß der Priester am Altar nicht bloß betet, sondern auch eine Gabe darbringt, gleichsam einen Edelstein von unendlichem Wert, nämlich den Leib und das Blut Christi. Diese Gabe kann Gott nicht ausschlagen und deswegen auch dem Priester seine Wünsche nicht versagen. Wenn du nun dein schlechtes Gebet mit dem Gebet des Priesters vereinigst, so wird es verbessert, hochgeadelt und zugleich mit jenem zum Himmel empor getragen. So hilft dir der Priester beten, und was du wegen deiner Zerstreuung nicht vermagst. das wird durch das Gebet des Priesters ersetzt.

21. Hier könnte noch jemand fragen, ob alle Messen gleichermaßen gut sind.
Das, was dem himmlischen Vater bei der hl. Messe geopfert wird, ist immer dasselbe, nämlich sein eingeborener Sohn, und insofern ist die eine Messe von demselben Wert wie die andere. Aber trotzdem ist es selbstverständlich, daß es dem himmlischen Vater nicht gleichgültig ist, ob die hl. Messe andächtig gelesen wird oder nicht. Deswegen betet der Priester ja oft bei der hl. Messe, daß der gütige Gott sein Opfer in Gnaden annehmen und dem Volk zum Heil gereichen lassen wolle.
Beim Betet Brüder wendet er sich um und sagt allen Gläubigen, sie sollen beten, damit sein und ihr Opfer dem allmächtigen Gott angenehm werde. Als wollte er sagen: O ihr lieben Brüder und Schwestern, wir haben ein so hochwichtiges Werk vor, daß meine Kräfte nicht ausreichen, um es würdig zu vollbringen. Darum ersuche ich euch allesamt, ihr möget mir beten und opfern helfen, denn es ist ebensowohl euer wie mein Opfer, und es ist ebensowohl euer wie mein Heil daran gelegen. Wenn ich recht andächtig dabei bleibe, so entspringt euch großes Heil daraus; verrichte ich es aber nachlässig, so habt auch ihr geringeren Nutzen davon. Je frommer also der Priester ist und je andächtiger er die Messe liest, desto reichere Gnaden strömen dafür vom Himmel herab.
Dies bezeugt auch Papst Alexander mit den Worten: „Je würdiger die Priester sind, desto leichter werden sie auch erhört für jene, für die sie bitten." Der hl.. Bonaventura sagt: Alle Messen sind gleichermaßen gut, soviel Christus betrifft; was aber die Priester belangt, so ist eine besser als die andere." Und Kardinal Bona sagt: „Wie heiliger und Gott angenehmer der Priester ist, desto angenehmer ist auch sein Gebet und sein Opfer, und wie größer seine Andacht ist, desto nützlicher ist auch seine Messe. Denn gleichwie die anderen guten Werke eines frommen Menschen desto verdienstlicher sind, je eifriger und andächtiger sie verrichtet werden, also auch die hl. Messe.'' Deshalb bittet der Priester so oft bei der hl. Messe, daß Gott sein Opfer in Gnaden annehmen möge.

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2. Wie die Engel bei der hl. Messe für uns bitten.

22. Daß die lieben Engel bei der hl. Messe zugegen sind, ist gewiß und unleugbar. Die katholische Kirche lehrt es, und der Psalmist bezeugt es mit den Worten: „Seinen Engeln hat er deinetwegen befohlen, dich zu behüten auf allen deinen Wegen" (Ps 90,11). Daraus folgt, daß sie stets und überall bei uns sind und als „dienstbare Geister", wie der hl. Paulus sagt (Hebr 1,11), für uns sorgen. O, wie gern gehen sie mit uns, wenn wir zur hl. Messe gehen! Wie freuen sie sich, wenn wir dieselbe andächtig hören! Wie treiben sie die bösen Geister hinweg, damit diese uns nicht stören in unserer Andacht! So sind denn wenigstens so viele Engel bei der hl. Messe, wie Leute da sind, da eines jeden Schutzengel bei ihm ist, der ihm hilft, Christus auf dem Altar anzubeten. Bitte denn deinen hl. Schutzengel, daß er mit dir und für dich die hl. Messe mithören wolle, damit, was dir mangelt, durch ihn erstattet und das hochwürdige Meßopfer dem allmächtigen Gott desto angenehmer werde.

23. Außer den Schutzengeln sind auch noch Tausende von den höheren Chören der Engel zugegen, welche bei diesem hochwürdigsten Geheimnis mit Andacht zugegen sind und ihren Herrn und Gott in aller Ehrfurcht dienen. Denn weil der König der Engel persönlich gegenwärtig und auf dem Altar das größte Werk seiner göttlichen Großmut vollbringt, so geziemt es sich auch, daß seine königlichen Diener zugegen sind und ihrem Herrn die schuldigen Dienste leisten.

24. Das läßt sich erweisen aus dem Text des hl. Paulus (Hebr 12,22f.): „Ihr seid hinzugetreten zur Stadt des lebendigen Gottes, zum himmlischen Jerusalem, zu der Menge vieler tausend Engel, zur Gemeinde der Erstlinge, und zu Jesus, dem Mittler des Neuen Bundes, und zu dem Blut der Reinigung, welches besser redet als das des Abel." Wie schön passen diese Worte auf die hl. Messe, das Opfer des Neuen Bundes, in dem unser treuer Mittler stets von neuem sein Blut zur Reinigung seiner Gläubigen von ihren Sünden vergießt! Da ist er also inmitten vieler tausend Engel. Da kannst du ja bei der hl. Messe in vollster Wahrheit mit David sprechen: „Vor dem Angesicht der Engel will ich dir lobsingen, will anbeten zu deinem hl. Tempel hin und preisen deinen Namen um deiner Barmherzigkeit und deiner Wahrheit willen" (Ps 137,1f.). Da kniest du mitten unter den Engeln und bist von viel tausend Engeln umgeben, welche zugleich mit dir die Messe mitfeiern und fleißig für dich beten. Hierbei erinnere dich der Mahnung des hl. Johannes Chrysostomus: „Du stehst unter den Cherubim und Seraphim und den anderen himmlischen Kräften! Deswegen verhalte dich so, daß du sie nicht betrübst durch Unandächtigkeit, sondern sie durch deinen Eifer erfreust."

25. An anderer Stelle sagt er: „Wenn der Priester das furchtbare und ehrfurcht- gebietende Opfer der hl. Messe vollbringt, da stehen die Engel bei ihm, und es ruft der ganze Chor der himmlischen Geister, und der Platz nahe beim Altar ist ganz erfüllt mit den Chören der Engel, zu Ehren dessen, der da geschlachtet wird." „Zur selben Zeit rufen nicht allein die Menschen zu Gott, auch die Engel beugen vor ihm die Knie, und die Erzengel bitten für uns Menschen. Dann haben sie eine gelegene Zeit, dann kommt ihnen das Opfer zu Hilfe. Da beten dann die Engel etwa mit den Worten: Wir bitten, o Herr, für diejenigen, welche dein Sohn so sehr liebte, daß er für sie den Tod erlitt; für jene halten wir an, für die dein Sohn sein Blut vergossen hat; für jene flehen wir um Gnade, für die dein Sohn diesen seinen hl. Leib am Kreuzaufgeopfert hat." O merke dir das, wie eifrig die lieben Engel für alle Anwesenden bitten. Dieses Gebet der Engel ist viel kräftiger als das der armseligen Menschen, denn sie sind voll der Liebe Gottes
, schauen Gott von Angesicht zu Angesicht und beten aus dem ganzen Grunde ihres Herzens. Deswegen erhalten sie viel eher etwas bei Gott als wir armselige Sünder mit unserem kalten, zerstreuten und leichtsinnigen Gebete. Wenn du also bei der hl. Messe dein Gebet mit dem der Engel vereinigst, so dringt es mit dem ihrigen durch die Wolken und wird viel eher erhört, als wenn du allein zu Hause betest.

26. Die hl. Engel sind aber bei der hl. Messe nicht bloß gegenwärtig, sondern opfern dieselbe samt unseren Gebeten Gott dem Herrn auf. Das können wir schließen aus folgenden Worten der geheimen Offenbarung (8,3f.): „Und es kam ein anderer Engel und trat vor den Rauchaltar, und er hatte ein goldenes Rauchfaß; und es wurde ihm viel Weihrauch gegeben, damit er es mit den Gebeten aller Heiligen auf den Altar legen sollte, der vor dem Thron Gottes ist. Und es stieg auf der Rauch des Rauchwerks von den Gebeten der Heiligen aus der Hand des Engels vor Gott." Sehen wir da nicht gleichsam die Engel, wie sie die Gebete der Frommen sammeln und sie einem der ersten Engel übergeben, damit er sie in den Himmel trage und als wohlriechendes Räucherwerk auf dem goldenen Altar vor dem Thron Gottes zum süßesten Duft anzünden und aufopfern möge? An diese Stelle erinnert der Priester, wenn er beim feierlichen Amt die Opfergaben und den ganzen Altar mit Weihrauch inzensiert und dabei betet; „Durch die Fürsprache des hl. Erzengels Michael, der zur Rechten des Rauchopferaltares steht, und aller seiner Auserwählten möge der Herr sich würdigen, diesen Weihrauch zu segnen und zum lieblichen Geruch anzunehmen." Ferner betet er tiefgebeugt nach der Wandlung: „Demütig bitten wir dich, allmächtiger Gott, laß diese Opfergaben durch die Hände deines hl. Engels auf deinen erhabenen Altar vor dem Angesicht deiner göttlichen Majestät empor getragen werden."

27. Aus alledem ist zu entnehmen, daß die Engel die hl. Messe samt dem Gebet, das dabei verrichtet wird, mit Freuden gen Himmel tragen und der hochhl. Dreifaltigkeit zum lieblichen Geruch aufopfern. Auch hieraus folgt, daß das bei der hl. Messe gesprochene Gebet viel kräftiger ist als das mit gleicher Andacht außerhalb der hl. Messe verrichtete. Deswegen sollst du dich befleißigen, möglichst täglich zur hl. Messe zu gehen und zugleich mit den lieben Engeln, ja mitten unter Tausenden von Engeln dein Gebet zu verrichten und es durch ihre heiligen Hände in den Himmel empor zusenden, sie bittend, daß sie es Gott dem Herrn anbefehlen und deine Zerstreuung durch ihre Andacht ersetzen wollen.

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24. Kap. - Die hl. Messe hindert die Arbeit nicht,
                 sondern befördert sie.

1. Unter allen Dingen, welche die Leute vom fleißigen Besuch der hl. Messe zurückhalten, ist nichts wichtiger als die Arbeit. Um Geld zu verdienen oder einen Gewinn zu erzielen, wird Tag und Nacht gearbeitet, und jede Stunde ohne Arbeit wird für verloren angesehen, ganz besonders aber gelten die Stunden, die man bei der hl. Messe oder dem übrigen Gottesdienst zubringt, als fruchtlos und verloren. Wie groß der Irrtum aber ist und wie man dabei vom Teufel betrogen wird, darauf will ich gleich zu Beginn dieses Kapitels hinweisen. Wenn einem, der zu einer Feldarbeit geht, ein guter Freund begegnet und ihm die neuesten Nachrichten erzählt, so wird er ihm gern eine halbe Stunde zuhören und kaum daran denken, daß er an seine Arbeit muß. Wenn er aber unterdessen eine hl. Messe hätte hören wollen, so würden ihn seine Gedanken fortwährend geplagt und an die Arbeit erinnert haben. Oder wenn jemand einen zu einem Trunk einlädt, da wird er gern eine halbe Stunde mit ihm zubringen und den Verlust dieser Zeit für gar keinen Schaden ansehen. Wenn er aber vor seiner Arbeit die Frühmesse hätte hören wollen, so wäre ihm diese halbe Stunde wie ein ganz verlorene Zeit vorgekommen.

2. Daß das Anhören der hl. Messe allen, die zu arbeiten haben, nicht allein keinen Schaden, sondern sogar großen Nutzen bringt, das sagt uns der göttliche Heiland selbst, wo er vor der allzu großen und allzu ängstlichen Sorge um das tägliche Brot warnt und schließlich hinzufügt: „Sucht also zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, so wird euch alles andere dazugegeben werden" (Mt 6,33). Diese Worte beziehen viele Ausleger der Hl. Schrift auf die hl. Messe, als ob Christus gesagt hätte: Sucht vor eurer Arbeit die hl. Messe zu besuchen, verrichtet Gott diesen großen Dienst, dann wird er euch zur Vergeltung dafür die leibliche Nahrung schon zuteil werden lassen. Wenn jemand einem vornehmen und freundlichen Herrn einen großen Dienst erwiese, meinst du wohl, daß dieser ihm denselben unvergolten lassen würde? Ich meine es durchaus nicht, sondern glaube ganz fest, er werde ihn sehr reichlich vergelten. Wenn du nun eine hl. Messe mit Andacht mitfeierst, dann erweist du Gott einen unendlichen Dienst und unendliche Ehre; du opferst ihm eine Gabe, welche den Wert des ganzen Himmels übertriffst.

Meinst du nun wohl, daß der allerdankbarste Herr dir diesen lieben Dienst und dieses reiche Geschenk unvergolten lassen oder gar einen Schaden dafür zustoßen lassen werde? Ich kann es mir jedenfalls durchaus nicht vorstellen. Denn dann würdest du es ihm ja am Jüngsten Tage vorhalten und sagen dürfen, du hast ihn durch die hl. Messe geehrt und er habe dir dafür Schaden zugefügt, während er doch gesagt hat, daß er selbst einen Trunk Wassers nicht unbelohnt lassen wolle. Da am Jüngsten Tag wird er vor aller Welt es zeigen, wie er schon hier auf der Erde jede hl. Messe reichlich belohnt hat und wie er sie den Seligen des Himmels in Ewigkeit belohnen wird. Oft genug läßt er das schon hier auf der Erde klar genug hervortreten, wovon du selbst die Beweise im Leben genug finden kannst, wenn du nur genügend darauf achtest. Unterdes will ich dir ein paar Beispiele dafür erzählen.

3. Zuerst fällt mir jene ganz bekannte Geschichte ein, die der hl. Johannes, der Almosengeber, zu erzählen pflegte.
Zu Alexandria waren damals zwei Schuhmacher, beide verheiratet; der eine hatte viele Kinder und brachte es zu einigem Wohlstand; der andere hatte keine Kinder, arbeitete Tag und Nacht und brachte es dennoch zu nichts. Da ging der letztere einmal zum anderen und fragte ihn voll Verwunderung: „Lieber Nachbar, ich weiß nicht, woher es kommt, daß du mit deinen vielen Kindern, und obwohl du nicht so arbeitest wie ich, dennoch täglich reicher wirst, während ich, der ich keine Kinder habe und Tag und Nacht arbeite, täglich ärmer werde."
Der andere antwortete: „Ich habe einen heimlichen Schatz gefunden und hole mir täglich etwas davon. Komme morgen früh zu mir, so will ich dir den Ort zeigen, wo der Schatz liegt. Er ist so groß, daß unsere ganze Stadt davon reich werden könnte." Am folgenden Morgen kam der arme Schuster in aller Frühe, sein Nachbar aber sagte: „Wir wollen zunächst zur hl. Messe gehen, danach will ich dir den Schatz zeigen." Am folgenden Morgen und am dritten Tage ging es ebenso, bis der erste voller Unwillen sagte, den Weg zur Kirche kenne er selber, und seinen Spott brauche keiner mit ihm zu treiben. Da bekam er zur Antwort: „Zürne mir nicht, mein lieber Nachbar, denn ich habe dich nicht verspottet, sondern dir den Ort des Schatzes gezeigt. Der Ort ist die Kirche, und der Schatz ist die hl. Messe; aus dieser schöpfe ich täglich so viel Gutes, daß ich keinen Mangel zu Hause spüre.
Wenn du es mir nachmachst, so wirst du ohne Zweifel dieselbe Wohltat von Gott empfangen. Zum Zeugen dafür nenne ich dir Christus, der in seinem Evangelium gesagt hat: Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, das Zeitliche wird euch dann dazugegeben werden. Ich habe vom Anfang meiner Ehe an täglich die hl. Messe besucht, dadurch das Reich Gottes gesucht und habe erfahren, daß mir das Zeitliche von Gott dazugegeben wurde. Du aber hast diesen Rat Christi verachtet und dafür Armut eingeerntet." Durch diesen Tadel wurde der unandächtige Handwerker klüger, hörte von nun an täglich die hl. Messe und wurde auch von Gott gesegnet.

4. Mit vollem Recht hat der fromme Schuster die hl. Messe einen Schatz genannt;
es passen auf sie die Worte: „Sie ist ein unerschöpflicher Schatz für den Menschen; wer ihn benützt, wird der Freundschaft Gottes teilhaftig" (Wsh 8,4). Ja, sie ist ein Goldbergwerk, aus dem man mit Leichtigkeit irdisches und himmlisches Gold gewinnen kann. Jeder, der sich im Stand der heiligmachenden Gnade befindet, der wird der Verdienste Christi teilhaftig; die heiligmachende Gnade wird vermehrt, das übernatürliche Leben gestärkt und gekräftigt, und so geht er allzeit reicher aus der Kirche heraus als hinein. Er empfängt auch den Segen von seinem himmlischen Vater, und zwar einen bessern als Isaak seinem Sohn Jakob gab, da er sprach:
„Gott gebe dir vom Tau des Himmels und vom Fett der Erde, die Fülle von Korn und Wein" (Gen 27,28). Dieser Segen war nur irdisch; jener aber, den du in der Messe empfängst, ist zugleich himmlisch, wie der Priester nach der Wandlung betet: ,,Damit wir alle, die von diesem Altar den heiligsten Leib und das Blut deines Sohnes empfangen, mit allem himmlischen Segen und Gnade erfüllt werden." Um dieses Gebetes und der hl. Messe willen wirst du von Gott gesegnet an Leib und Seele, in deinen Arbeiten und Geschäften, in zeitlichen und ewigen Dingen. Und erfüllt sich an dir der Segen Gottes: „Gesegnet wirst du sein, wenn du ausgehst und wenn du eingehst, gesegnet in der Stadt und auf dem Felde: Segen wird der Herr senden über alle Werke deiner Hände" (Dt 28).

5. Es ist ein bekanntes und wahres Sprichwort: „An Gottes Segen ist alles gelegen." Die Wahrheit davon erfahren alle Handwerker, Bauern und alle Menschen ohne Ausnahme. Wenn sie auch allen Fleiß und alle Vorsicht anwenden, so wird es dennoch nichts nützen, wenn Gott nicht seinen Segen dazu gibt. Nun aber gibt es ja kaum ein sichereres Mittel auf Erden; um Gottes gnadenreichen Segen zu erhalten, als wenn man der hl. Messe besucht, denn da erteilt nicht etwa bloß der Priester seinen priesterlichen Segen, sondern Christus seinen göttlichen Segen. Wenn du also die hl. Messe versäumst, so verscherzt du den Segen Gottes, und deine Arbeit kann dir nicht so gedeihen, als wenn du sie mit Gottes Segen angefangen und vollendet hättest.

6. Hüte dich, daß du nicht etwa mit den Spöttern sagst: „Was soll mir das Messehören nützen? Ich werde doch nicht reicher davon, und niemand gibt mir etwas dafür." Solche losen Worte reden jene, die von der hl. Messe nichts verstehen. Du aber hast in diesem Buch so viel von der übernatürlichen Kraft und Würde der hl. Messe gelesen, daß sich ohne Zweifel dein Herz darüber gefreut hat. Deswegen wirst du dich lieber an Fornerus halten, der sagt: „Die Speise, die du an dem Tag ißt, da du die Messe gehört hast, wird dir besser gedeihen; die Arbeit wird dir besser vorwärts gehen, und die Not, die du leidest, wird dir durch fleißiges Messehören gelindert werden."

7. Ähnlich spricht ein anderer: „Wer die hl. Messe besucht hat, der hat an dem Tag mehr Glück bei der Arbeit, in seinem Handwerk, bei seinem Kaufen und bei seinen Reisen. Der Herr wird ihn stärken an Leib und Seele, die Engel werden lieber bei ihm sein und ihn mit mehr Sorgfalt beschützen. Solltest du an einem solchen Tag unversehens sterben, so wird Christus in deinen letzten Zügen bei dir sein, wie du während der Messe bei ihm gewesen bist." Wie oft haben wir selbst diesen Nutzen schon an uns und an anderen erfahren!

8. Vom hl. Isidor, einem Bauer aus Spanien, lesen wir, daß er die Äcker eines reichen Herrn aus Madrid für einen jährlichen Lohn zu bebauen übernommen hatte. Das tat er nun mit allem Fleiß, aber dabei unterließ er seine Andacht nicht, sondern ging am Morgen von einer Kirche zur andern, um möglichst viele Messen zu hören. Diese Andacht gefiel dem lieben Gott so wohl, daß er ihm seine Engel zur Hilfe schickte, damit beim Ackerbau nichts versäumt würde. Seine fromme Frau sah das oftmals mit eigenen Augen, wenn sie ihm sein Essen aufs Feld hinaus brachte; er selbst aber sah es nicht, und seine Frau sagte es ihm auch nicht, damit er nicht eitel würde. Einige neidische Bauern aber verklagten ihn beim Besitzer, daß er so spät zur Arbeit komme. Darüber wurde dieser so zornig, daß er Isidor aufsuchte und ihn als untreuen Arbeiter schalt. Der Heilige aber sprach ruhig: „Ich weiß ja, mein Herr, daß ich Euer Lehnmann bin; aber ich weiß auch, daß ich dem König aller Könige zu dienen schuldig bin und seinen Dienst nicht unterlassen kann. Wenn Ihr aber fürchtet, daß ich Euch Schaden zufüge, so könnt Ihr zur Erntezeit Euch an meinen Früchten schadlos halten." Durch diese freundlichen Worte wurde der Junker versöhnt und ließ den frommen Mann weiter täglich die hl. Messe hören. Damit er aber gründlich erführe, wann denn jener eigentlich zur Arbeit komme, ging er eines Morgens hinaus, verbarg sich hinter einem Felsen und wurde sehr zornig, als Isidor recht spät eintraf. Als er nun hinging, um ihn tüchtig auszuschelten, sah er, wie neben Isidor noch zwei andere mit weißen Ochsen pflügten und Isidor in der Mitte hatten. Erstaunt stand er still und schaute sich die weißen Ochsen samt den fleißigen Pflügern, als er aber näher heranging, waren sie vor seinen Augen verschwunden. Er grüßte den Isidor freundlich und fragte, was das für Männer seien, die ihm geholfen hätten. Der Heilige lächelte und wußte nicht, was er antworten sollte. Da sprach der Herr: „Ich sage dir gewiß, daß ich noch zwei andere gesehen habe, welche neben dir pflügten; als ich aber näher kam, da verschwanden sie vor meinen Augen." der hl. Isidor sprach: „Vor Gottes Angesicht bekenne ich, daß ich hier keinen Helfer gesehen habe; nur Gott habe ich um seine Hilfe angerufen." Aus diesen Worten erkannte der Herr, daß die zwei Pflüger Engel gewesen sein mußten, und er freute sich, einen so heiligen Arbeiter zu haben.

9. An dieser Geschichte kannst du es ja mit Händen greifen, daß das Messebesuchen nichts versäumt, sondern die Arbeit fördert, weil Gott es so angeordnet hat, daß unsere Arbeit dadurch mehr glückt und besser von den Händen geht. Die Zeit, die wir an der Arbeit versäumt und zum höchsten Gottesdienst angewendet haben; die Zeit, die wir Gott geschenkt haben; die Zeit, in der wir unsern Gewinn verscherzt und die Ehre Gottes befördert haben, diese Zeit ist nicht verloren, sondern sehr wohl angelegt und wird uns von Gott zeitlich und ewiglich vergolten werden.
Das gilt auch von dir, lieber Leser! Sei versichert, daß Gott dich nicht Schaden leiden läßt, wenn du eine halbe Stunde unterbrichst; nein, er wird dir diesen treuen Dienst doppelt vergelten und vielfach belohnen. Denn er hat es ja selbst versprochen und zugesagt: „Sucht zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit, dann wird auch das übrige dazu gegeben werden." Also besuche am Morgen vor allem die hl. Messe, dann wirst du auch in zeitlichen Dingen reich gesegnet werden.

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25. Kap. - Von der Aufopferung der hl. Messe.

1. Dieses Kapitel wollest du, andächtige Seele, aufmerksam lesen und tief in dein Gedächtnis einprägen, weil daran viel für dich gelegen ist und dir aus der Befolgung der Lehre, die ich darin gebe, großer Nutzen entspringen wird. Du weißt, daß die hl. Messe ein wahrhaftiges und das allerhöchste Opfer der Christenheit ist. Nun sollst du nie vergessen, auch deinerseits es recht herzlich dem himmlischen Vater aufzuopfern. Wenn auch der höchste Priester bei der hl. Messe Christus selbst ist, und wenn auch kein anderer als nur der geweihte Priester die hl. Messe feiern kann, so soll dennoch gerade bei der hl. Messe das Wort des hl. Petrus wahr sein, das er zu uns allen gesprochen hat: „Ihr aber seid ein auserwähltes Geschlecht, ein königliches Priestertum, ein heiliges Volk, ein gottgehöriges Volk, damit ihr die herrlichen Taten dessen verkündet, der euch aus der Finsternis zu seinem wunderbaren Licht berufen hat", „baut euch auf zu einem heiligen Priestertum, um geistige Opfer darzubringen, welche Gott wohlgefällig sind durch Jesus Christus." (1 Petr 2,9 und 5.)

2. Mit diesen Worten spricht der hl. Petrus von den großen Gnaden, die Gott uns im Neuen Bund gegeben hat, wovon die wichtigste diese ist, daß er nicht allein den Priestern, sondern auch den Laien, Männern und Frauen und Kindern, vergönnt hat, das allerhochwürdigste und allergöttlichste Opfer der hl. Messe seiner Majestät aufzuopfern. Im Alten Bund durfte der, welcher nicht Priester war, nicht allein kein Schlachtopfer darbringen, sondern nicht einmal Weihrauch im Tempel anzünden. Sie mußten zwar zu jedem Brand-und Friedopfer Weihrauch hinzulegen, aber es war ihnen nicht erlaubt, diesen Weihrauch beim Opfer anzuzünden. Wenn einer dieses vermessentlich dennoch tun wollte, so beging er eine große Sünde.

3. Daher lesen wir (2 Chr 26), wie der König Ozias in den Tempel ging und Weihrauch auf dem Rauchaltar anzünden wollte, da widersetzten sich ihm die Priester und sprachen: „Es ist nicht deines Amtes, Ozias, daß du dem Herrn Räucherwerk anzündest, sondern der Priester, d.h. der Söhne Aarons, die zu diesem Dienst geweiht sind; geh hinaus aus dem Heiligtum und verachte es nicht, denn dies wird dir nicht zur Ehre gerechnet von Gott dem Herrn." Hierüber wurde Ozias zornig und drohte den Priestern mit dem Rauchfaß. Alsbald aber wurde er an der Stirn mit dem Aussatz geschlagen, und er blieb aussätzig bis zu seinem Tod.

4. Wie ganz anders sind wir im Neuen Bund gestellt! Die Messe lesen kann zwar nur der Priester, aber alle Gläubigen können sich mit ihm vereinigen und geistiger Weise die hl. Messe mit aufopfern. Ja, nicht bloß geistiger, sondern auch leiblicher Weise, weil sie ebendasselbe opfern, was der Priester in seinen Händen hat. O, wohl eine große Gnade für die Laien, daß auch sie sich den kostbaren Schatz des Leibes und Blutes Christi verschaffen und ihn ohne Mühe, mit ein paar Worten, zu ihrem größten Nutzen Gott aufopfern können! Diese deine herrliche Freiheit gebrauche fleißig o frommer Christ, und laß die Aufopferung bei deiner Meßandacht immer ein wichtiges Stück sein. Denn jene, die weder mit Worten noch mit Gedanken die Messe aufopfern, schöpfen nicht so großen Nutzen daraus, wie sie könnten, wenn sie auch dem Gebot der Kirche durch Verrichten anderer Gebete genügend entsprechen.
[Auch der Priester darf neben der Meßintention, noch seine eigenen Anliegen mit in die hl. Messe legen und kann bei der zweiten Erhebung vor dem Vater unser, den hl. Leib und ds kostbare Blut Christi nochmals aufopfern.]

5. Um dies klar zu verstehen, denke doch noch einmal nach, was ich schon früher über den Wert der hl. Messe und ihrer Opfergaben gesagt habe. Wenn du nun bei der hl. Messe bist und doch nur deine Gebete dem himmlischen Vater anbietest, und wenn es auch noch so viele Rosenkränze wären, so bleiben es doch nur eben deine menschlichen Gaben. Sobald du dich aber mit dem Priester und deinem Heiland vereinigst und die hl. Messe eigens aufopferst, so opferst du den Leib Christi, das Blut Christi, die Wunden Christi, die Tränen Christi, den Tod Christi und alle Verdienste Christi. Sind das nicht die heiligsten und vollkommensten und Gott die angenehmsten Gaben?

6. Du möchtest aber einwenden: „Wer seine Gebete und Rosenkränze aufopfert, der opfert seine eigenen, durch seine Mühe hervorgebrachten Gaben; wer aber die Messe oder die Verdienste Christi opfert, der opfert nicht seine, sondern gleichsam fremde, Christus zugehörige Gaben." Ich aber sage dir, daß der himmlische Vater deine Gaben allein, ohne die Verdienste Christi, gar nicht ansieht, da sie erst durch diese Verdienste Christi einigen Wert bekommen. Und darum hat es Jesus so eingesetzt, daß bei der hl. Messe jedem die Verdienste Christi geschenkt und zugeeignet werden, so daß du keine fremden, sondern dem himmlischen Vater deine eigenen Gaben darbringst, wenn du ihm die hl. Messe aufopferst.

7. Nun erwäge bei dir was für eine große Gnade Christus dir erweist, indem er dich bei der hl. Messe zu einem geistigen Priester macht und dir Gewalt gibt, diese höchste Gabe nicht bloß für dich, sondern auch für andere aufzuopfern. Darum läßt die Kirche den Priester nach dem Sanktus sprechen: „Gedenke, o Herr, deiner Diener und Dienerinnen N. N. und aller Umstehenden, für sie bringen wir dieses Lobopfer und sie selbst opfern es dir für sich und alle Ihrigen" usw. Wenn der Priester das ‘Betet Brüder’ sagt, so dreht er sich um und bittet alle Gegenwärtigen, (laß sie ihm helfen sollen zu opfern, indem er bittet: „Betet, Brüder, daß mein und euer Opfer Gott dem allmächtigen Vater wohlgefalle." Nach der Wandlung betet er: „O Herr, wir deine Diener und dein heiliges Volk opfern deiner erhabenen Majestät auf ein reines Opfer" usw. Da sagt der Priester mit ausdrücklichen Worten zu Gott, daß nicht er allein, sondern zugleich das heilige Volk Gottes mit ihm dies reine Schlachtopfer darbringe. Wenn die Anwesenden das nun weder mit Worten noch in Gedanken tun, so täuschen sie gleichsam den Priester, vielmehr sie betrügen sich selbst
[und Gott], weil sie sich eines großen Verdienstes berauben.
Also benutze die Zeit der hl. Messe nicht dazu, um einige Gebete, vielleicht deine täglichen Gebet zu verrichten, sondern vereinige dich wirklich mit dem Priester und sage mit ausdrücklichen Worten: „Ich opfere dir auf, o Herr, deinen lieben Sohn; ich opfere dir sein Leiden und Sterben; ich opfere dir seine Tugenden und Verdienste; ich opfere dir alles, was er uns bei seiner Herabkunft vom Himmel hier auf dem Altar schenkt, damit wir es wiederum dir als eine angenehme und wohlgefällige Gabe anbieten können." Je herzlicher und öfter dies einer tut, um so mehr erfreut er Gott, um so mehr bezahlt er von den Strafen seiner Sünden, und um so größeren Lohn erwirbt er im Himmel.

8. Man kann solche Worte zwar auch außer der hl. Messe sprechen, aber ihre volle Kraft bekommen sie erst während derselben, da hier das Opfer in der Tat und Wirklichkeit vor sich geht. Da ist Christus persönlich gegenwärtig, und seine Tugenden und Verdienste sind ebenfalls gegenwärtig. In der Messe wird er noch einmal geistiger Weise geschlachtet, und sein Leiden und Sterben wird wahrhaft erneuert. In der hl. Messe teilt er seine Verdienste reichlich aus, ja, er schenkt uns sich selbst, auf daß wir ihn Gott dem Vater aufopfern sollen. Wenn die Aufopferung, die bloß mit Worten außer der Messe geschieht, so kräftig ist, daß Christus zur hl. Gertrud sprach: „Es sei einer ein so großer Sünder, wie er will, so kann er doch Hoffnung auf Verzeihung erlangen, wenn er nur meinem Vater mein unschuldiges Leiden aufopfert" - was wird dann die wirkliche Aufopferung des Leidens Christi bei der Messe bewirken, wo es nicht allein gegenwärtig, sondern auch allen Anwesenden zum Geschenk angeboten wird:

Christus sprach einmal bei der hl. Messe zur hl. Mechthild: „Siehe, ich gebe dir meine göttliche Liehe, meine Andacht und die Bitterkeit meines Leidens, auf daß du sie mir als die deinigen wiedergeben kannst. Wenn nun eine Seele dies tun wird, so gebe ich ihr dasselbe doppelt zurück, und so jedesmal, sooft sie es mir wieder aufopfert. Das ist das Hundertfältige, das der Mensch in der Zeit bekommt, und dann im künftigen Leben die ewige Seligkeit."

9. Diese Aufopferung nimm ganz besonders gleich nach der Wandlung vor, nachdem du bei der Aufhebung der hl. Hostie und des Kelches deinen nunmehr gegenwärtigen Heiland angebetet hast. Da verrichtet auch der Priester jenes Gebet, das ich vorher erwähnt habe und von dem der gelehrte P. Sanchez sagt: „Unter allen Teilen und wichtigen Dingen der Messe ist nichts, worin größerer Trost und mehr geistige Freude begriffen wäre als in dem Gebet, das der Priester gleich nach der Aufhebung des Kelches spricht: O Herr, wir deine Diener sowie auch dein heiliges Volk opfern deiner erhabenen Majestät ein reines Opfer auf, ein heiliges Opfer, ein unbeflecktes Opfer." Er nennt das Volk heilig, weil es durch die hl. Messe geheiligt wird, wie ja Christus sagte: „Ich heilige mich selbst für sie, damit auch sie in Wahrheit geheiligt seien." (Jo 17,19.)
Er heiligt die Umstehenden durch die Besprengung mit seinem hl. Blut, das er bei der Aufhebung des Kelches über sie ausgegossen hat nach dem Ausspruch des hl. Paulus: „Damit er durch sein Blut das Volk heiligte." (Hebr 13,12).

10. O, welch ein köstliches Schlachtopfer ist das, das der Priester und jeder aus dem Volk der göttlichen Majestät aufopfern darf! Wie herzlich erfreut dadurch jeder den allmächtigen Gott samt dem ganzen himmlischen Heer! Diese reine, heilige, unbefleckte Opfergabe ist nichts anderes als das allerreinste Fleisch, die allerheiligste Seele und das unbefleckte Blut Jesu Christi, der auf dem Altar unblutiger Weise unser Schlachtopfer wird. Die Menschheit Christi ist die Opfergabe, welche vom Priester und jedem der Gegenwärtigen geopfert wird, wenn er mit dem Mund oder mit dem Herzen spricht: „O Herr, ich opfere dir durch die Hände des Priesters auf deinen lieben Sohn, wie er hier auf dem Altar gegenwärtig ist."

11. Denke nunmehr daran, eine wie wertvolle Gabe diejenigen opfern, welche bei der hl. Messe diese Worte sprechen. Die Gabe ist mehr wert, als die ganze Welt mit all ihrem Gold und Geld wert ist. Wenn einer die ganze Welt zu eigen hätte und diese dem allmächtigen Gott in freigebigster Weise schenkte, so gäbe dieser dennoch seinem Gott nicht so viel, wie derjenige gibt, der ihm seinen lieben Sohn in der hl. Messe andächtig aufopfert. Ich habe viel gesagt, aber noch nicht genug: Er gibt ihm ja einen Schatz, der mehr wert ist als der ungeheure Himmel mit all seinen Schätzen und Reichtümern zusammen. Dies ist sehr viel gesagt, aber bei weitem noch nicht genug, darum muß ich noch mehr sagen.

12. Was gibt denn also derjenige seinem Gott, der ihm Christus in der hl. Messe aufopfert? Er gibt ihm eine Gabe, die so viel wert ist, wie der allmächtige, unendliche Gott selbst in seiner unendlichen Majestät und Vollkommenheit wert und würdig ist. Höher kann ich nicht kommen, weil über der Gottheit ja nichts mehr zu finden oder zu erdenken ist. Nun erwäge doch, welch einen über alles kostbaren Edelstein du der hochhl. Dreifaltigkeit durch die hl. Messe aufopferst: Gedenke auch, was für eine Ehre du dadurch bei Gott einlegst und was für einen Dank du bei ihm verdienst, wenn du ihm ein so kostbares Kleinod anbietest.

13. Ich will dir das an einem einfachen Vergleich klarmachen. Wenn ein großes Reich aus dem besten Gold einen kunstvollen Pokal machen ließe, wie kostbarer noch keiner auf der Erde gesehen worden wäre, und wenn das Reich diesen über alles kostbaren Pokal durch eine herrliche Gesandtschaft dem Kaiser dieses Landes als Zeugnis der Liebe und Treue anbieten ließe: meinst du nicht, daß der Kaiser dieses alleredelste Geschenk mit größter Freude annehmen und sich den treuen Untertanen sehr dankbar erweisen würde? Wenn nun das Reich in den kostbaren Pokal noch einen Edelstein hineinlegte, der mehr wert wäre als ein Königreich, was für Ehre und Dank und reiche Vergeltung würden dann die Untertanen zu erwarten haben!

14. Nun wollen wir diesen Vergleich auf die hl. Messe anwenden, dann wird sich klar zeigen, wie gut er dazu paßt. In der hl. Messe opfern wir Gott dem Herrn die Menschheit Christi, die etwas so Edles und Vollkommenes ist, daß die allmächtige Hand Gottes nichts Köstlicheres gemacht hat oder hat machen können. Aber wir legen dazu noch einen Edelstein, so viel wert wie Gott selber, denn es ist die Gottheit Christi, die mit seiner Menschheit zu einer Person verbunden ist, wie der hl. Paulus sagt: „In Christus wohnt die ganze Fülle der Gottheit leibhaftig" (Kol 2,9). Was für ein unendliches Wohlgefallen bereitest du dadurch dem himmlischen Vater, denn du opferst ihm denjenigen, von dem er bezeugt hat: „Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe!"
O welch reichen Lohn wirst du dafür bekommen, weil ja der, dem du die Gabe darbringst, der Allerfreigiebigste und Allerdankbarste ist im Himmel und auf Erden! O wie viele Schulden wirst du damit richtig bezahlen, da ja deine Gabe unendlich mehr wert ist, als du schuldig bist!

15. Beachte auch, daß du die hl. Messe aufopferst „durch die Hände des Priesters."
Das ist so viel gesagt, als wenn du sprichst: O Herr, ich bin nicht würdig, daß ich zum Altar hinzutrete und deinen Sohn in meine ungeweihte Hand nehme; darum trete ich im Geist hinzu, lege meine Hände unter die Arme des Priesters und hebe gleichsam mit ihm die hl. Hostie und den Kelch empor. Reinaldus schreibt von König Heinrich I. von England, daß er täglich drei Messen zu hören und dabei auf den Stufen des Altares zu knien pflegte. Wenn dann der Priester die hl. Hostie und den Kelch mit dem hl. Blut emporhob, legte er seine Hände unter den Arm des Priesters und hob das allerheiligste Sakrament zu seinem größten Herzenstrost zugleich mit jenem empor. Wenn dieser heilige Brauch jetzt noch wäre, so würde ein jeder eilen, um der erste in der Kirche zu sein und zugleich mit dem Priester das hochw. Sakrament emporzuheben. Weil das aber nicht mehr Brauch ist, so nimmt Gott mit deinem guten Willen vorlieb, wenn du nur betest: „O Herr, ich opfere dir deinen lieben Sohn durch die Hände des Priesters.'

16. Neben der hl. Hostie mußt du auch den Kelch oder das hl. Blut Christi aufopfern, was ein so verdienstliches Werk ist, daß es gar nicht genügend erklärt werden kann. Im Leben der hl. Magdalena von Pazzi steht geschrieben: „Diese Heilige wurde von Gott belehrt, daß die Aufopferung des Blutes Christi sehr viel Kraft habe, um den wegen der Sünden der Welt erzürnten Gott zu versöhnen. Deswegen beklagte sich der Herr bei ihr, daß so wenig Leute in der Welt sind, die sich bemühten, seinen Zorn zu besänftigen, und sie wurde ermahnt, daß sie dies tun sollte. Deswegen opferte sie täglich vielmal mit großem Eifer das hl. Blut Christi für Lebende und Verstorbene auf."

17. Sie sagte auch, daß die Unbußfertigkeit der Sünder unserer Trägheit zuzumessen sei. Wenn wir eifriger unsere Gebete und das Blut Christi für sie aufopferten, so würde er sie ohne Zweifel vor den ewigen Leiden bewahren. „So laßt uns denn das Blut und Leiden Christi unaufhörlich für die Sünder aufopfern." Diese Worte sind wohl zu beachten, weil sie uns ein leichtes Mittel an die Hand geben, Gott zu versöhnen, die Sünder zu bekehren, die Verstorbenen zu erlösen und unsere Sünden abzubüßen. Diese Opferung kann ja überall und immer geschehen, am besten aber bei der hl. Messe, weil da die Aufopferung nicht bloß mit Worten, sondern auch im Werk geschieht. Denn der Priester hat das hl. Blut wirklich im Kelch und opfert es auf nicht bloß in seinem Namen, sondern im Namen der ganzen Kirche, besonders der Anwesenden.

18. Wieviel aber eine solche Aufopferung wert ist, lesen wir im Leben dieser Heiligen:
„Wenn ein Mensch dieses hl. Blut dem himmlischen Vater aufopfert, so hat er ihm eine solche Gabe gegeben, daß Gott Vater gleichsam nichts Entsprechendes mehr hat, uni dieselbe zu vergelten. Diese Gabe ist so groß, daß der himmlische Vater sich seinem Geschöpf gegenüber als verpflichtet erkennt." Wie wunderbar sind diese Worte! Und doch ist es nicht anders. Denn was gibt es außer Gott im Himmel und auf Erden, was dem kostbarsten Blut Christi an Wert gleichkäme? Ein einziges Tröpflein gilt mehr als ein ganzes Meer schäumend vom Blut der Märtyrer. Ja, „ein einziges Tröpflein ist mächtig genug, die ganze Welt von allen Sünden zu reinigen," so sagt der hl. Thomas von Aquin.
Wenn also Gott dir für die Aufopferung dieses hl. Blutes deine Sünden verzeiht,
so ist das keine gleichwertige Vergeltung, weil ein einziges Tröpflein die Sünden aller Sünder auslöschen kann. Wenn er dir wegen dieses hl. Blutes den Himmel gibt, so ist es doch nicht entsprechend belohnt, weil dies hl. Blut alle Sünder selig machen kann. Daraus folgt also, daß Gott dir verpflichtet bleibt und du an ihm einen Schuldner hast.

19. Wenn du auf dem Kalvarienberg gewesen wärst und hättest den Glauben und die Liebe zu Christus gehabt wie jetzt, und hättest das herabfließende Blut Christi aufgefangen und in die Höhe gehoben und mit reumütigem Herzen Gott dem Herrn aufgeopfert, würdest du nicht das feste Vertrauen geschöpft haben, daß Gott dir deine Sünden verzeihen und deine Schulden gänzlich nachlassen würde? Siehe, dieser dein Erlöser ist auf dem Altar wahrhaft gegenwärtig; er zeigt seinem Vater, wie er am Kreuz gehangen, und sein hl. Blut fließt aus seinen Wunden in den Kelch hinab. Wenn du nun dasselbe hl. Blut mit solcher Andacht, wie du auf dem Kalvarienberg getan hättest, Gott aufopferst, so wirst du ganz bestimmt jetzt nicht geringeren Nutzen davon haben. Denn welche Sünden sind so grausam, daß sie um des Blutes Christi nicht würden nachgelassen werden können? Welche Schulden sind so gewaltig, daß sie durch den Wert des Blutes Christi nicht könnten bezahlt werden? Dies göttliche Blut kann mehr reinigen, verzeihen und bezahlen. als alle Welt verunreinigen, versündigen und verschulden kann. So setze denn dein ganzes Vertrauen auf dieses hl. Blut und opfere es eifrig während der hl. Messe dem Vater im Himmel auf. Bitte auch die hl. Engel, daß sie dieses hl. Blut vor dem Thron Gottes für dich aufopfern und die Verzeihung deiner Sünden erflehen mögen.
[Wie gleichgültig gehen heute viele zur Messe!]

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26. Kap. - Nützliche Lehre mehrere
                 Messen zugleich zu hören.

1. Viele Leute sind der Meinung, wenn einer zwei oder mehr Messen gehört habe, so habe er nicht mehr getan oder verdient, als wenn er nur eine gehört hätte. Wie sehr das ein Irrtum ist, das will ich in diesem Kapitel erklären. Ich sage aber nicht, daß man zwei oder mehr schuldige Messen, zu denen man sich z.B. durch ein Gelübde verpflichtet hat oder die man als Buße aufgelegt bekommen, zugleich hören könne; sondern ich sage, daß einer viele freiwillige Messen mit großem Nutzen zugleich hören und fast soviel davon haben könne, als wenn er eine nach der anderen hören würde. [Früher haben die Priester alle einzeln zelebriert, daher die vielen Seitenaltäre in alten Kirchen. So waren in Klöstern und Domkirchen oft mehrere Messen zugleich.]

2. Erinnere dich zunächst an das, was im 22. Kapitel gezeigt wurde, daß nämlich jeder Priester bei jeder hl. Messe viel für alle Gegenwärtigen beten und dieselbe für sie aufopfern muß. Wenn nun ein Priester allein die hl. Messe liest, so betet und opfert dieser allein für dich; sind aber mehrere an den verschiedenen Altären, so lesen alle diese auch für dich ihre Messe, und auf diese Weise wird viel mehr für dich gebetet, als wenn du nur eines einzigen Priesters Messe hörst. Ebenso beten auch alle Engel für dich, welche bei den einzelnen Messen gegenwärtig sind, und Christus opfert sich in jeder einzelnen Messen für dich auf.

3. Nun fragst du vielleicht, wie du dich verhalten sollst, um vieler Messen teilhaftig zu werden. Ich antworte: Achte zunächst andächtig auf deine Messe, der du mitfeiern willst. Zugleich empfiehl dich kurz in die übrigen und wirke zu allen insofern etwas mit, als du Christus in Gedanken kurz auf allen Altären anbetest, ihn Gott aufopferst und von Herzen verlangst, allen Messen leiblicher Weise mitzufeiern. Wenn du in der Kirche bist und einen Priester zum Altar gehen siehst, so erwecke kurz die Meinung: „Diese Messe will ich auch mitfeiern und sie Gott aufopfern." Diese Meinung wiederhole so oft, wie du einen Priester an einen Altar gehen siehst. Falls du aber beim Eintritt in die Kirche schon einen oder mehrere Priester zelebrieren siehst, so mache die Meinung, daß du auch diese Messen hören willst.
[Früher beteten die Gläubigen bei der meist stillen Messe Meßandachten oder den Rosenkranz, zumal es auch kaum Beleuchtung gab.]

4. Vom Anfang deiner Messe an bete deine täglichen Gebete, dein Offizium oder deinen Rosenkranz oder deine Bruderschaftsgebete, und damit fahre fort bis zur Wandlung. Dann laß von deinen Gebeten ab, erwecke einen lebhaften Glauben an die Gegenwart Christi, bete Ihn mit dem niederknienden Priester demütig an, rufe ihn herzlich bei der ERhebung an, und während der Priester auch über den Kelch die Wandlungsworte spricht, opfere Christus andächtig dem himmlischen Vater auf. Dasselbe tue bei der Aufhebung des Kelches, und dann fahre in deinen Gebeten so lange fort, bis ein anderer Priester zur Wandlung kommt. Bei jeder einzelnen Wandlung bete Christus auf dem Altar an und opfere ihn stets von neuem auf. Du möchtest aber sagen: Wenn ich auf diese Weise für viele Messen die Wandlungsgebete wiederholen würde, so würde ich ja die Meßgebete nicht fertigbeten und meine täglichen Gebete nicht vollenden können. Ich antworte: Wenn dies bei einer Gelegenheit, wo viele Messen zugleich gelesen werden, auch wirklich so kommen sollte, so wäre das für dich trotzdem kein Schaden, sondern ein sehr großer Nutzen, wie du aus folgendem Gleichnis entnehmen magst.
Ein Weingärtner wollte seinen Weinberg umhacken, fand aber zufällig einen Schatz vergraben, den trug er heim, versteckte ihn und machte sich weiter daran, den Weinberg umzuhacken. Nach einer Weile fand er abermals einen Schatz vergraben und ähnlich das drittemal. Wie er dieses Mal nach Hause kam, rief er seine Frau herbei und erzählte ihr sein großes Glück. Sie aber meinte, sie müsse darin vielmehr ein großes Unglück sehen, denn wenn es so weiter geht, so werde der Weinberg nicht umgegraben und in diesem Jahr keine Trauben bringen. Der Mann sagte:
„Wollte Gott, ich fände lauter Schätze, dann wollte ich den Weinberg gern liegen lassen." Diese Parabel wende auf dich an und sei versichert, daß dir aus den oft wiederholten Wandlungs- und Aufopferungsgebeten ein unvergleichlich größerer Gewinn entspringen wird, als aus all deinen sonstigen Andachten und Gebeten. Wenn du also aus Mangel an Zeit etwas weglassen mußt, so unterlaß die anderen Gebete, aber nicht die Aufopferung auch nur einer einzigen Messe.

5. Merke weiter: ...Wenn zwei Priester zu gleicher Zeit zur hl. Wandlung kommen, so bete die Gebete, mit der Meinung, Christus auf beiden Altären zugleich anzubeten und aufzuopfern. Wenn du vielleicht auch den Priester nicht siehst, so kannst du dennoch seine Messe hören, wenn du nur zur Wandlung läuten hörst und dann Christus anbetest und aufopferst. Ja, wenn du auch die Glocke nicht hören würdest, so könntest du doch an dieser Messe teilhaben, wenn du vorher deine Meinung gemacht hast, daß du zugleich mit deiner Messe alle zur selben Zeit gelesenen hören willst. Wenn du die Kirche verlassen willst und merkst, daß ein Priester kurz vor der Wandlung ist, so warte bis nach derselben, bete den Leib und das Blut Christi an und opfere beides Gott auf. Dann hast du schon einen großen, geistlichen Gewinn erhalten, den du, wenn du ohne Todsünde stirbst, mit dir in jene Welt tragen und ewig genießen wirst.

6. Du kennst jenes schöne Beispiel des Edelknabens, das in der Geschichte der Königin hl. Elisabeth von Portugal zu lesen ist. Als ein Beamter des Königs zum Sterben kam, sprach er zu seinem Sohn: „Mein Kind, ich scheide aus dieser Welt voll Hoffnung auf die göttliche Barmherzigkeit und hinterlasse dich als Erben aller meiner Güter. Vor allem aber hinterlasse ich dir die Lehre, daß du jeden Tag eine hl. Messe besuchst und dem König, wenn du in meine Stellung kommst, treu dienst." Nach dem Tod des Vaters kam der Sohn an den Hof und wurde der Königin als Edelknabe überwiesen. Wegen seiner Frömmigkeit hatte Elisabeth ihm besonders gern, gab ihm manche gute Lehren und schickte durch ihn den Armen in Lissabon Almosen. Sie hatte noch einen anderen Edelknaben, der das Gegenteil war und deswegen die Gunst der Königin nicht teilte. Darüber ergrimmt, verstand dieser es, den König gegen den frommen Jüngling in Zorn zu bringen. Als der König an einem Hochofen vorbeikam, sprach er zu den Arbeitern: „Wenn euch morgen einer fragt, ob ihr den Befehl des Königs ausgeführt habt, so nehmt ihn und werft ihn in den Ofen. Erfüllt ihr meinen Befehl nicht, so werde ich euch selbst hineinwerfen lassen." Am anderen Morgen ließ der König den frommen Edelknaben in aller Frühe rufen und schickte ihn zum Hochofen. Der Jüngling kam dem Befehl sofort nach, war aber recht betrübt, daß er keine hl. Messe hatte hören können, und fürchtete schon, er würde auch kaum noch dazu kommen. Da kam er an einer Kirche vorbei, in der gerade das Zeichen zur Wandlung gegeben wurde. Er ging hinein, betete den Heiland an und opferte ihn dem himmlischen Vater auf. Er freute sich sehr, wenigstens etwas von der Messe gehabt zu haben. Nach kurzer Zeit kam er zu einer anderen Kirche, worin ebenfalls die Wandlungsglocke geläutet wurde; er ging hinein, verrichtete seine Andacht und eilte weiter. Als er nun noch an einer dritten Kirche vorbeikam, wo ebenfalls zur Wandlung geläutet wurde, ging er auch in diese hinein und freute sich so sehr, an drei Messen teilgenommen zu haben, daß er vor lauter Wonne gar nicht aus der Kirche kam, bis die Messe zu Ende war.
Unterdes wurde der König neugierig, was wohl aus dem Knaben geworden sein möchte, und schickte deswegen den anderen hin; er sollte fragen, ob die Arbeiter den Befehl ausgeführt hätten. Dieser eilte hin und kam dem andern zuvor. So wurde an ihm der grausame Befehl vollführt, und als der fromme Page ankam, wiesen die Arbeiter auf das Feuer hin und sagten, wenn er ein wenig früher gekommen wäre, so hätte er selbst die Ausführung des Befehls können mit ansehen. Bei seiner Rückkehr wurde der König starr vor Entsetzen, mußte aber die Gnade Gottes bewundern, der diesen Jüngling um der hl. Messe willen vor so furchtbarem Tod bewahrt hatte.

7. Nun will ich dich noch auf den frommen Brauch aufmerksam machen, den viele Christen haben, daß sie sich jeden Morgen in alle hl. Messen empfehlen, die auf der ganze Erde den Tag über gelesen werden; dadurch ziehen sie den Segen und die Frucht des hl. Opfers reichlich auf sich herab. Der Priester muß ja für das ganze katholische Volk beten und das Opfer darbringen, so wird allen, die nicht aus der Kirche ausgeschlossen sind, von jeder hl. Messe etwas angeboten, und man bekommt um so mehr, je mehr man sich durch Tugend und Frömmigkeit empfänglich gemacht hat, je enger man sich an das Opfer anschließt und je vollkommener man bei der Darbringung desselben mitwirkt.

8. Dieser Gedanke ist besonders trostvoll für all jene, die täglich nur eine Messe haben. Ja, was noch mehr ist, trostvoll ist er für diejenigen, die trotz des besten Willens die hl. Messe überhaupt nicht hören können, also für die Kranken, Gefangenen, für die zu weit von der Kirche Entfernten, mit Arbeit Überhäuften. Die sollen beim Morgengebet stets die Meinung erwecken: „Ich empfehle mich in alle hl. Messen, die heute auf dem ganzen Erdkreis gelesen werden." Wenn es geht, können sie zu Hause auch die Meßgebete beten und so sich mit dem opfernden Priester aufs innigste vereinigen. Dann bekommen sie noch viel mehr von den Früchten der hl. Messe. Da zeigen sie ja, wie gern sie an der hl. Messe teilnehmen würden, wenn sie nur könnten, und da wird der himmlische Vater in seiner Güte und Liebe recht gern den guten Willen für das Werk annehmen.

9. Hier will ich noch anfügen, was ein frommer Geisteslehrer schreibt: „Du sollst dich sehr freuen, wenn dir ein Priester verspricht, er wolle in seinen täglichen Messen deiner gedenken. Ja, du solltest einen jeden Priester darum bitten, denn auf solche Weise hast du viele, welche dir die Schatzkammer Christi öffnen. Wenn du gern Messe besuchst und keine besuchen kannst, so wisse, daß Gott deinen Willen für das Werk annimmt. Es kann sogar geschehen, daß du mehr Gnaden aus dieser Messe bekommst als einer, der dabei ist und neben dem Priester steht, aber sein Herz nicht zu Gott erhebt," also nicht andächtig ist. Siehe also zu, daß du jeden Tag an möglichst vielen Messen teilnimmst und dadurch schöpfst aus den Quellen des Heiles, die dir Jesus eröffnet hat.

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27. Kap. - Herzliche Ermahnung zum
                 täglichen Besuch der hl. Messe.

1. Ich hoffe zwar, daß beim Lesen dieses Buches und beim Erwägen seines Inhaltes ein großer Eifer für die hl. Messe in dir entstanden ist und daß du keiner weiteren Ermahnung zum täglichen Besuch der hl. Messe bedarfst. Dennoch will ich einige Dinge hier anfügen, welche deinen Eifer noch vermehren können.

2. Erstens sage ich dir, daß keine Stunde des Tages köstlicher ist als eben jene, in der du die hl. Messe besuchst. Das ist wahrhaft eine goldene Stunde, und alles, was du darin für die hl. Messe tust, wird in lauter Gold verwandelt. Das, was du in den anderen Stunden des Tages tust, ist dagegen nur für geringes Metall zu rechnen, wie ein Kupferpfennig gegen ein Goldstück, auch selbst das, was du zur Erhaltung deines Leibes und Lebens arbeitest. Du sagst vielleicht: Die Arbeit ist notwendiger als das Messebesuchen, weil ich ohne sie mich nicht ernähren kann. Ich aber sage: Das Messebesuchen ist notwendiger als das Arbeiten, weil du ohne die hl. Messe schwerlich selig werden kannst. Ich sage nicht, daß du nicht arbeiten sollest, sondern daß du deiner Arbeit eine halbe Stunde unterbrechen und diese deinem Gott schenken sollest; dann wird dir deine Arbeit besser vonstatten gehen und von Gott desto mehr gesegnet werden. Wenn du aber nur wegen eines zeitlichen Gewinnes oder gar aus Trägheit und Nachlässigkeit die Messe zu hören unterläßt, so verwandelst du die goldene Stunde in eine bleierne und verursachst dir selbst einen Schaden, mit dem kein zeitlicher Schaden zu vergleichen ist; ja, du versäumst einen hundertfältig größeren Gewinn, als du mit deiner Arbeit den ganzen Tag erreichen kannst.

3. O wenn doch die Handwerker und Bauern dies wohl beherzigten, so würden sie gewiß ihre Arbeit die halbe Stunde liegen lassen und die gute Gewohnheit annehmen, zur hl. Messe zu eilen. Laß uns einmal eine kleine Rechnung darüber aufstellen. Was kannst du als Bauer, was als Handwerker in der halben Stunde verdienen? Ganz gewiß keine fünfzig Pfennig, sonst würdest du bei zwölfstündiger Arbeit volle zwölf Mark verdienen [damals] und bald ein reicher Mann sein. Was kann aber eine Frau oder ein Mädchen in der halben Stunde verdienen? Vielleicht verdient sie gar nichts, sondern verplaudert sie nur. Ist denn nun nicht der Handwerker, der lieber die hl. Messe als fünfzig Pfennig versäumen will, für einen unklugen Mann zu halten? Ist denn nicht auch jene, die nichts lieber versäumt wie gerade die hl. Messe, für ein Dummkopf zu halten? Denn durch eine einzige hl. Messe konnten sie einen Schatz erwerben, mit dem sie den Himmel erwerben könnten. Sie wollten aber lieber diesen gewaltigen Schatz verlieren als ein paar Pfennige - obwohl ich nicht glaube, daß sie durch den Besuch der hl. Messe überhaupt etwas versäumt hätten, weil ich ganz fest überzeugt bin, daß der freigebige Gott den Schaden schon durch seinen Segen bei der übrigen Arbeit ersetzen wird.

4. Ein anderer Gedanke wird die Torheit der faulen Leute noch klarer beweisen. Wenn es aus den Wolken Gold regnete, würdest du nicht all deine Arbeiten und Geschäfte liegen lassen und auf die Straße eilen, um das Gold zu sammeln? Wenn du anstatt dessen in deiner Arbeit fortfahren wolltest, würdest du dann nicht für einen Toren zu halten sein und von allen Leuten verlacht werden?

Nun aber ist es gewiß, daß bei jeder Messe, nicht aus den Wolken, wohl aber vom Himmel herab, kein irdisches, sondern himmlisches Gold in großer Menge herabströmt und allen, die es wünschen, zum Aufheben bereit liegt. Willst du wissen, was für Gold es bei der Messe regnet? Es regnet Vermehrung der göttlichen Gnade, Vermehrung der Verdienste und Tugenden, Vermehrung der himmlischen Glorie; es regnet himmlischen Trost und Andacht, göttlichen Segen über die zeitlichen Güter, Verzeihung der läßlichen Sünden, Nachlaß vieler Schulden und Strafen; es regnet Teilnahme an den Verdiensten Christi, ja es regnet lauter Glück und Heil, Gnade und Barmherzigkeit. Ist nicht ein jedes von diesen Stücken bewährtes Gold? Wenn du denn also wegen einer geringen Mühe, die dir der Besuch der hl. Messe verursacht, oder wegen eines geringen Verdienstes an einem Werktag die hl. Messe versäumst, so begehst du eine viel größere Torheit als jener, der während des Goldregens lieber arbeiten oder gar untätig sein wollte, als Gold aufsuchen.

5. Ein Geisteslehrer sagt: „Die hl. Messe geht allen Andachten vor, und wenn die Messe unterlassen wird, so wird alle innerliche Andacht vertrocknen." Gleichwie die Sonne allen Planeten vorangeht, so das andächtige Meßbesuchen allen anderen Andachten. Das Licht der Sonne scheint viel heller, die Hitze der Sonne ist viel größer, die Kraft der Sonne ist der Welt viel nützlicher als das Licht und die Wärme und die Kraft aller Planeten zusammen. Geradeso ist der andächtige Besuch der hl. Messe Gott angenehmer, dir nützlicher, der Welt heilsamer und den Seelen im Fegfeuer tröstlicher als alle deine guten Werke und Gebete des ganzen Tages. Durch diese magst du Gott einen großen Dienst und Gefallen erweisen, ganz gewiß; aber durch die hl. Messe erweist du ihm unendliche Ehre und Wohlgefallen. Durch deine guten Werke erfreust du alle Engel und Heiligen, durch die hl. Messe aber erfreuest du sie unvergleichlich mehr. Durch deine guten Werke verdienst du für dich einen großen Gewinn; durch die hl. Messe aber verdienst du mit geringerer Mühe einen unvergleichlich größeren Lohn.

6. Ich will dir das durch einen Vergleich klarmachen. Zwei Tagelöhner gingen in einen Weinberg um zu graben, der eine fand einen Schatz, der andere nicht. Dieser arbeitete in der Hitze des Tages sich matt und müde, am Abend bekam er aber doch nicht mehr als seinen gewöhnlichen Tagelohn. Der andere hatte sich, als er den Schatz gefunden, niedergelegt und den ganzen Tag geschlafen; am Abend hatte er trotzdem hundertmal mehr als der erste Arbeiter. Ebenso ist es mit allem, was du so gut tun magst, wie du kannst; du verdienst nicht mehr damit als deinen Tagelohn, nämlich so viel, wie deine Werke wert sind. Wenn du aber die hl. Messe hörst, so findest du einen Schatz, nämlich den Schatz der Verdienste Christi, der in allen hl. Messen ausgeteilt wird, und davon bekommst du mehr, als du dir vorstellen kannst. Deswegen nennt Fornerus die hl. Messe eine Goldmine, in der viel mehr verdient wird als etwa in einem Steinbruch. So wird jener, der eine hl. Messe hört, viel reicher, als wer andere, noch so gute Werke, verrichtet. Deswegen schreibt jemand: „Ein jeder soll sich hüten, sich leichtfertig am täglichen Besuch der hl. Messe hindern zu lassen, weil ja doch keiner sie versäumen würde, wenn er durch jede Messe hundert Goldgulden verdienen könnte. Was sind aber hundert Goldgulden gegen die unermeßlichen geistlichen Güter, die aus dem andächtigen Messehören entspringen?" Sagt ja doch auch der weise Mann mit ausdrücklichen Worten: „Alles Gold ist im Vergleich zu ihr schlechter Sand" (Wsh 7,9).

7. So sei denn nun demütigst und freundlichst gebeten, wenn es nur irgend möglich ist, täglich die hl. Messe zu besuchen und das nie zu unterlassen. Denke doch daran, daß du von Gott deswegen erschaffen wurdest, damit du ihm dienst und täglich ihn durch deinen Dienst ehrst. Dies aber kannst du durch nichts besser tun, als durch die tägliche hl. Messe; weil sie der höchste Gottesdienst ist und Gott die höchste Ehre verschafft.

Denke weiter daran, daß du verpflichtest bist, deinem Gott für so viele Wohltaten an Leib und Seele würdigen Dank zu sagen. Dies aber kannst du durch nichts besser als durch die tägliche hl. Messe, weil sie das allerhöchste Dankopfer ist. Denke daran, daß du auf der Welt bist, um Gottes Majestät nach voller Würdigkeit zu loben. Auch das kannst du durch nichts besser als durch die tägliche hl. Messe, die das altehrwürdigste Lobopfer ist. Bedenke ferner, daß Christus gesagt hat:

Jeder Baum, der keine guten Früchte bringt, wird ausgehauen und ins Feuer geworfen werden." (Mt 7,19). [Wie viele stehen vor Gott mit leeren Händen, weil sie die Messe nicht schätzen?] Nun aber kannst du keine besseren Früchte bringen, als die hl. Messe zu hören, weil dies das beste gute Werk. ist.
Bedenke, daß du deinem Gott noch sehr viel schuldig bist; das kannst du nicht besser bezahlen als durch die hl. Messe, weil sie das vollgültigste Genugtuungsopfer ist. Denke daran, daß du täglich in großer Gefahr schwebst, in Sünde und Unglück zu fallen; diese kannst du aber durch nichts besser als durch das hl. Meßopfer abwenden, da es das kräftigste Bittopfer ist. Bedenke, daß der Tod und der Teufel dir stetig nachgehen, gegen diese kannst du dich mit keinem besseren Schild wappnen als durch die hl. Messe, die der beste Schutz vor allem Übel ist. Schließlich bedenke, daß du bei deinem Tod den Beistand Gottes und seiner Heiligen sehr nötig hast. Diesen kannst du durch nichts sicherer erwerben als durch recht viele andächtige hl. Messen, wie Christus zur hl. Mechthild gesagt hat, er wolle einem jeden so viele Heiligen zum Trost und zur Hilfe schicken, wie der Betreffende andächtige hl. Messen in seinem Leben gehört hat. So nimm denn diese meine getreue Mahnung zu Herzen und nimm dir von heute an ernst vor, möglichst täglich die hl. Messe zu besuchen.

8. Wenn du aber gar keine Messe an Werktagen besuchen kannst, so laß gelegentlich eine für dich feiern, damit du dadurch wieder einbringst, was du am Dienst Gottes versäumst, und deine schweren Strafen bezahlst: deren du dich täglich durch deine Sünden schuldig machst. Wenn du aber keine Mittel hast, eine hl. Messe lesen zu lassen, so gib einem Armen ein Almosen mit der Bitte, er möchte dafür eine hl. Messe für dich besuchen und aufopfern. Das wird der Arme wohl gern tun. Was dir dies nützt, das kann ich dir gar nicht genugsam erklären. Du hast etwas Doppeltes dadurch erreicht, nämlich einem Armen ein Almosen gegeben und einen besonderen Anteil bekommen an der hl. Messe.

9. Daß man die hl. Messe auch für andere aufopfern kann, sagt der Priester selbst in dem Gebet: „Gedenke, o Herr, deiner Diener und Dienerinnen und aller Umstehenden, für welche wir dir opfern oder welche dir dies Lobopfer darbringen für sich und alle die Ihrigen." Neben dem, was wir für uns selbst haben sollen, empfängt jeder, der die hl. Messe mitfeiert, einen guten Teil solcher Verdienste, die er einem andern schenken kann, ja soll. Deswegen freue dich, wenn einer dir das schöne Almosen gibt, für dich die hl. Messe mit zu besuchen, falls du selbst nicht dazu imstande bist.

Beispiele aus dem Leben für den Besuch der hl. Messe.

10. Ein bekanntes Sprichwort heißt: „Verba movent, exempla trahunt - Worte bewegen, Beispiele ziehen." Wenn also meine Worte dich noch nicht zum Vorsatz angeregt haben sollten, täglich die hl. Messe zu besuchen, so will ich dir das Beispiel von Heiligen erzählen, die genügend mit täglichen Geschäften überladen waren und doch die tägliche hl. Messe nicht unterließen.

11. Von seiner Mutter, der hl. Monika, erzählt der hl. Augustinus, daß sie nie die hl. Messe versäumt habe. Dafür hat sie die große Gnade bekommen, daß ihr Sohn, der ein so großer Sünder war, einer der größten Heiligen geworden ist.
Die hl. Hedwig, Königin von Polen, ging ebenfalls täglich in die hl. Messe, und ebenso die hl. Elisabeth, Landgräfin von Thüringen. Auf der Wartburg war damals noch kein Geistlicher angestellt, und so mußte sie eine Stunde weit in die Stadt Eisenach zur Kirche hinabgehen. Dadurch ließ sie sich aber nicht zurückhalten. Der hl. König Ludwig von Frankreich besuchte täglich zwei, ja auch mehr Messen. Als seine Hofbeamten darüber murrten, antwortete er: „Mich wundert, daß meine Minister wegen der hl. Messen über mich murren, da doch keiner von ihnen murren würde, wenn ich zweimal so viel Zeit beim Würfeln, Spielen oder auf der Jagd zubringen würde." Eine treffliche Antwort, die nicht allein jene Beamten, sondern uns alle trifft. Denn wir meinen aus Eingebung des Teufels, daß wir viele Zeit und großen Gewinn verscherzen, wenn wir am Werktag eine Messe besuchen. Wenn wir aber eine oder auch mehrere Stunden mit Schwätzen, Spielen, Trinken oder Schlafen verscherzen, so machen wir uns keine Gedanken darüber, sondern halten die Zeit vielleicht noch für gut angelegt. Welch eine Blindheit!

12. Rainaldus berichtet von Heinrich I. König von England, daß er täglich drei hl. Messen zu hören pflegte. Kaiser Lothar tat das selbst zu Kriegszeiten im Feld. Kaiser Karl V. soll jeden Tag die hl. Messe besucht und sie nur einmal im Afrikanischen Krieg zu hören unterlassen haben. Vom hl. Kasimir von Polen lobt das römische Brevier seine Andacht bei der hl. Messe. Besonders beachtenswert ist, was vom hl. Wenzeslaus berichtet wird. Als Kaiser Otto in Regensburg einen Reichstag hielt und allen Fürsten und Herren sagen ließ, sie sollten am folgenden Morgen in aller Frühe zusammenkommen, da ging Wenzeslaus zuvor noch in die hl. Messe. Der Kaiser und die Fürsten warteteten schon auf ihn, und als er nicht kam, sprach der Kaiser: „Wir wollen schon anfangen, und wenn Wenzeslaus kommt, so soll keiner aufstehen und ihm Platz machen." Als aber Wenzeslaus nach der Messe kam, sah der Kaiser zwei Engel ihn begleiten. Darum stand er vom Thron auf, ging Wenzeslaus entgegen und umfing ihn mit beiden Armen. Die Fürsten zürnten über den Kaiser, daß er gegen seinen eigenen Befehl gehandelt habe. Er aber entschuldigte sich und erzählte, wie er die Engel neben ihm gesehen und so zu seiner Ehrung angetrieben sei. In der Folge krönte er ihn zum König von Böhmen.

13. Als der hl. Alphons von Liguori in seinem hohen Alter das hl. Meßopfer nicht mehr darbringen konnte, ließ er sich in die Kirche tragen und blieb täglich bei fünf bis sechs Messen.
- Wenn denn nun so viele Könige und Fürsten, die mit vielen Reichsgeschäften beladen waren, täglich eine und sogar mehrere Messen mit Andacht gehört haben, wie wollen wir uns denn vor Gott entschuldigen, die wir wegen geringer Geschäfte, ja ohne jeden Grund so leichthin die hl. Messe versäumen!

14. Möchtest du nicht lieber daran denken, wie vielen Schaden du davon hast, wenn du die hl. Messe versäumst? Gott hat den Israeliten das Manna in der Wüste gegeben. Er hat das mit den Worten angekündigt: „Siehe, ich will euch Brot vom Himmel regnen, das Volk gehe aus und sammle täglich, was es bedarf" (Ex 16,4). Wenn nun jemand nicht hinausging, um Manna zu sammeln, so mußte er den Tag hungrig verbringen. Uns regnet Gott durch die hl. Messe täglich Gnaden über Gnaden vom Himmel - wird es nicht für deine Seele ein großer Schaden sein, wenn du diese Gnaden nicht haben willst? Wie viele sind durch solche Nachlässigkeit lau und träge geworden! Wie vielen sind die Gnaden verlorengegangen, mit denen sie den Weg zum Himmel leicht und sicher hätten gehen können!

15. Du mußt bei Versäumnis der hl. Messe auch an den Schaden denken, den du nicht bloß dir, sondern auch Gott und den Heiligen zufügst. Höre, was der ehrwürdige Beda über den Priester sagt, der aus bloßer Nachlässigkeit, ohne jeden anderen Grund, die tägliche Messe unterläßt: „Soweit es an ihm liegt, beraubt er die hochhl. Dreifaltigkeit des Lobes und der Ehre, die Engel der Freude, die Sünder der Verzeihung, die Gerechten der Hilfe, die armen Seelen der Erquickung, die Kirche einer geistigen Wohltat und sich selbst einer heilsamen Arznei."
Gewiß würdest du kaum damit zufrieden sein, wenn du erfahren würdest, daß ein Priester ohne ganz besonderen Grund nicht alle Tage die hl. Messe lesen würde. Du erkennst selbst, daß dieser Priester dem Himmel und der Kirche das nicht gibt, was er geben könnte und wonach sie so herzlich verlangen. Mußt du aber nicht diese Anwendung auch auf dich selbst machen? Wenn das Feuer der Gottesliebe wirklich in deinem Herzen brennt, dann mußt du doch gern bereit sein, ihm täglich die hohe Ehrenbezeugung zu erweisen, zu welcher derjenige durch seine tägliche Herabkunft vom Himmel auf den Altar dich einlädt, von dem der himmlische Vater versichert hat: „Dies ist mein geliebter Sohn, an dem ich mein Wohlgefallen habe" (Mt 3,17, vgl. Röm. Kat. Teil II, Kap. 4, Nr. 69).

16. Hier ließen sich viele Geschichten erzählen von jenen, die Gott wegen Vernachlässigung der hl. Messe gestraft hat. Ich will mich mit einer einzigen begnügen, die im Winter 1370 bei Rom geschehen ist. Drei Kaufleute hatten den Jahrmarkt zu Eugubio besucht und gute Geschäfte gemacht. Als sie am Samstagabend in ihrem gemeinsamen Gasthaus zusammensaßen, schlugen zwei vor, am anderen Morgen möglichst früh aufzubrechen, um am Abend noch nach Cisterno zu kommen. Der dritte hieß diesen Vorschlag nicht gut, sondern riet, weil es Sonntag wäre, erst die hl. Messe zu besuchen und dann fortzureiten. Die beiden anderen meinten, sie wollten an einem anderen Tag die Messe nachholen, und so werde es ihnen Gott wohl nicht übel nehmen.
Am folgenden Morgen ritten also diese zwei ohne die hl. Messe fort. Als sie nun nach Corfuone, zwei Meilen von Cisterno, kamen, mußten sie über eine hölzerne Brücke, die über einen infolge heftiger Regengüsse sehr angeschwollenen Fluß führte. Als beide auf ihren Pferden auf die Brücke kamen, stürzte diese zusammen; die Pferde retteten sich, die Kaufleute aber ertranken und verloren Geld und Leben. Wolle Gott, daß sie wenigstens noch ihre Seelen durch einen Reueakt gerettet haben! Die Leichname wurden von den Bauern ans Land gebracht, und als eine Stunde später der andere Kaufmann ankam, sah er, vor was für einem jähen Tod ihn Gott durch den Besuch der hl. Messe bewahrt hatte. Wie mag er da Gott gedankt haben!

17. Aus dem Schaden dieser Kaufleute werde klug und siehe zu, daß du niemals wegen eines Gewinnes an Sonn- und Feiertagen die hl. Messe versäumst, wie es Handwerker und Kaufleute oft genug ohne Skrupel tun. Was am Sonntag verdient ist, das ist gleichsam Gott gestohlen und geht alsbald wieder doppelt und dreifach verloren. Dabei sollen aber auch die Käufer sich sagen lassen, daß sie ihre Einkäufe nicht auf den Sonntag in die Kirchzeit verlegen und dem Handwerker ihre Arbeit so bestellen, daß er sie nicht am Sonntag zu verrichten braucht.

18. Wenn die Eltern ihre Kinder von der gebotenen Messe ohne ganz außerordentlich wichtigen Grund zurückhalten wollen, so sollen die Kinder dem Beispiel der hl. Genovefa nachfolgen. Als an einem Festtag die Mutter ihr befahl, zu Hause zu bleiben, da sagte sie: „Liebe Mutter, ich kann heute nicht mit gutem Gewissen die Messe versäumen, darum will ich lieber euch als Gott erzürnen." Dafür gab ihr die Mutter erzürnt einen Backenstreich, wurde aber bald blind und mußte zwei Jahre in der Blindheit verharren, bis sie endlich ihre Schuld erkannte und durch das Gebet ihrer heiligen Tochter ihr Augenlicht wiederbekam. So sollen die Kinder, wenn die Eltern sie ohne wichtigen Grund von der hl. Messe abhalten, ruhig zu diesen sagen:
Wir müssen Gott mehr gehorchen."

19. Die Eltern und Vorgesetzten haben die strenge Pflicht, ihre Kinder und Dienstboten zum Besuch des Gottesdienstes und zu allem Guten anzuhalten. Dies sage ich nicht aus mir, sondern nach den Worten des hl. Apostels Paulus, der an den Bischof Timotheus schreibt: „Wenn jemand für die Seinigen und besonders für seine Hausgenossen nicht Sorge trägt, der hat den Glauben verleugnet und ist schlimmer als ein Ungläubiger" (1 Tim. 5,8). Dazu bemerkt der hl. Johannes Chrysostomus ausdrücklich, daß nicht bloß die Sorge für Gesundheit und Speis und Trank, sondern auch für die Seele vom Apostel gefordert werde. In der Tat: wenn derjenige, der seinen Kindern und Hausgenossen Nahrung und Kleidung zu verschaffen unterläßt, als schlimmer wie ein Heide und Ungläubiger verurteilt wird, wie furchtbar wird dann das Urteil lauten über denjenigen, der für das Heil der Seele seiner Kinder und Hausgenossen nicht sorgt!

20. Jene Väter und Mütter, welche ihre Kinder, Knechte und Mägde ohne wichtigen Grund vom täglichen Meßbesuch fernhalten, scheinen gleichsam zu sagen: „Du sollst nicht Gott, sondern nur mir dienen, denn ich und nicht Gott muß dir Kost und Lohn gehen." Dieses sagen sie vielleicht nicht mit Worten, um so mehr aber in ihren Werken. Deswegen sind sie nach dem Ausspruch des hl. Paulus schlimmer als die Ungläubigen und Verleugner des Glaubens. Wer das nicht beachtet, wird bei seinem Sterben erfahren, wie schwer er sich gegen seinen Gott versündigt hat.

Wenn man es mit der hl. Messe so genau nehmen wollte wie mit den weltlichen Verpflichtungen, wie gut könnte es dann jeder einrichten, daß die hl. Messe alle Tage besucht würde! Besonders leicht ist es in den Städten, wo mehrere Priester sind. Aber wie oft kann man die Worte Christi anwenden: „Wenn doch auch du es erkennen würdest, was dir zum Frieden dient!" Tue doch nicht so, als ob du nichts davon verständest und es „vor deinen Augen verborgen" wäre (Lk 19,42).

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28. Kap. Mit welcher Andacht und Ehrfurcht wir die hl. Messe mitfeiern sollen.

1. Das hochheilige Konzil von Trient sagt im Dekret der 22. Sitzung: Da wir bekennen müssen, daß wir nichts Heiligeres und Göttlicheres vollbringen können als dieses ehrfurchtgebietende Geheimnis, „so ist es genügend klar, daß alle Mühe und aller Fleiß darauf verwendet werden muß, um es mit der allergrößte inneren Ordnung und Reinheit des Herzens wie auch äußerlich mit größter Andacht und Frömmigkeit zu vollziehen." Das sind sehr denkwürdige Worte, nicht bloß von den Priestern zu beachten, sondern von allen Christen, damit die Priester mit aller Andacht die hl. Messe feiern und die Gläubigen sie mit größter Ehrerbietung mitfeiern.
Von den jüdischen Opfern schreibt der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, daß täglich im Tempel siebenhundert Priester und Leviten dienten, um die Opfer zu besorgen, und zwar mit solcher Ehrerbietung und solchem Stillschweigen, als wenn nur ein einziger Priester im Tempel gewesen wäre. Wenn also die Juden bei ihrem unvollkommenen Gottesdienst so voll Ehrfurcht und Andacht waren, wie viel mehr sollen dann wir Christen dem ehrfurchtgebietenden Meßopfer, bei dem das allerheiligste Lamm Gottes wahrhaftig zugegen ist, mit aller möglichen Andacht und tiefstem Stillschweigen beiwohnen!

2. Nach dem Beispiel der jüdischen Priester handelten auch die alten Christen, von denen der hl. Johannes Chrysostomus schreibt, wenn sie in die Kirche eintraten, hätten sie erst die Schwelle der Türe demütig geküßt, und während der Feier der hl. Geheimnisse hätten sie ein solches Stillschweigen bewahrt, als wenn kaum jemand in der Kirche gewesen wäre. In der Liturgie des hl. Jakobus wird dies direkt befohlen mit den Worten: „Alle sollen schweigen, mit Furcht und Zittern dastehen und nicht an Irdisches denken, denn der König der Könige, unser Herr Jesus Christus, wird kommen, damit er geopfert und seinen Gläubigen zur Speise gegeben werde." Dieses beachtete der hl. Bischof Martin, wie in seiner Legende zu lesen ist; denn er pflegte niemals in der Kirche zu sitzen, sondern stets kniend oder stehend, mit ehrfürchtigem Angesicht zu beten. Als er einmal deswegen befragt wurde, gab er zur Antwort: „Soll ich mich denn nicht fürchten, da ich vor meinem Gott und Herrn stehe:"

3. Hier lassen sich passend die Worte anführen, welche Gott aus dem brennenden Dornbusch zu Moses sprach: „Löse deine Schuhe von deinen Füßen, denn der Ort, wo du stehst, ist heilig." Viel heiliger ist jede Kirche, die vom Bischof so feierlich geweiht ist und täglich durch die Darbringung der hl. Messe mehr geheiligt wird. Und wenn David vom Tempel, in dem die Bundeslade stand, gesagt hat: „Ich darf dein Haus betreten, dank deiner großen Barmherzigkeit, ich werfe mich in Ehrfurcht vor deinem hl. Tempel nieder." (Ps 5,8), wie viel mehr sollen dann wir arme Sünder in die hochheiligen Kirchen, in denen das allerheiligste Sakrament aufbewahrt und das göttliche Opfer vollzogen wird, mit aller Ehrfurcht und Ehrerbietung eingehen und dem Gottesdienst beiwohnen! Darum spricht Gott der Herr: „Habt Ehrfurcht vor meinem Heiligtum" (Lev 26,2).
Das ist viel mehr noch auf unsere Kirchen anzuwenden als auf das heilige Zelt, das Moses errichten lassen hat und das ein Vorbild unserer Kirchen war, wie auch Jakob nach der Erscheinung der Himmelsleiter sprach: „Wie furchtbar ist dieser Ort; fürwahr, hier ist nichts anderes als das Haus Gottes und die Pforte des Himmels." Dieses alles habe ich deswegen erwähnt, damit jeder erkenne, wie heilig unsere Kirchen und unsere Gottesdienste sind und mit wie großer Andacht und Ehrerbietung wir hineingehen und uns darin betragen sollen.

4. Daraus kannst du nun folgern, wie übel jene handeln, welche in die Kirche mit ebensowenig Rücksicht gehen wie in jedes andere Haus und gar nicht daran denken, daß die Kirche ein Haus Gottes und die Wohnung des Sohnes Gottes ist. Manche sind gar so vermessen, daß sie während des Gottesdienstes, bei dem die hl. Engel vor Schrecken und Ehrfurcht auf dem Angesicht liegen, sich vorwitzig umsehen, die Aus- und Eingehenden anschauen, an weltliche Sachen denken und von unnötigen Dingen ohne Scheu schwätzen und plaudern.
Von diesen kann Christus dasselbe sagen wie von den Käufern im Tempel: „Mein Haus ist ein Bethaus, ihr aber habt es zur Räuberhöhle gemacht" (Mt 21,13). Da er dort die Juden aus dem Tempel heraus gegeißelt hat, o wie werden dann die Christen einmal von ihm gegeißelt werden, welche sein Haus mit Schwätzen, mit vorwitzigen, ja vielleicht gar mit unkeuschen Blicken geschändet haben!

5. Wie sehr muß es Gott mißfallen, wenn wir während der hl. Messe vorwitzig umherschauen, auf die Ankommenden und Fortgehenden hinsehen und auf die Leute acht geben, wie sie gekleidet sind, wie sie sich hinstellen, wie und was sie tun, und überhaupt alles, was in der Kirche sonst noch vor sich gehen mag, voller Neugierde betrachten. Wir allesamt haben genug zu tun, wenn wir unsere Gedanken im Zaum halten und aufmerksam beten wollen; wer sich aber vorwitzig umsieht, der will sich ja mit Fleiß zerstreuen und ausschweifende Gedanken verursachen. Das ist denn doch eine Sünde aus Mutwillen, eine gesuchte Zerstreuung und eine recht sichtbare Ehrfurchtslosigkeit.

6. Um diese üble Gewohnheit abzulegen, erinnere dich des Beispiels der hl. Elisabeth. Als sie einst in Eisenach mit ihrem Gemahl, dem Landgrafen Ludwig, den feierlichen Gottesdienst besuchte, geschah es, daß Elisabeth sich bei der hl. Messe eine Zeitlang vergaß, indem sie Augen und Gedanken auf ihren so schönen und geliebten Ehegatten heftete und in diesem Anblick verweilte. Da läutete es zur Wandlung, und Elisabeth sammelte ihre Gedanken, als sie aber ihre Augen zur hl. Hostie erhob, da kam es ihr vor, als sähe sie die blutenden Wunden des Heilandes. Dieser Anblick entzündete sie so, daß sie ihre Andachtslosigkeit mit bitterem Schmerz erkannte und mit vielen Tränen Gott um Verzeihung bat. Siehe, wie ein einziger unrechter Blick von der Heiligen bereut wurde! Wie viele Blicke dagegen bleiben ganz unbereut, wie viele sehen ohne Scheu umher!

7. Wenn denn nun das vorwitzige Umherschauen eine Sünde ist, was für eine Sünde wird dann erst das eitle Schwätzen in der Kirche und gar während der Messe sein! Man kann viel leichter den Mund als die Augen im Zaum halten, deswegen ist das Schwätzen auch eine größere Sünde. Du sagst: „Ich muß doch anstandshalber antworten, wenn ich um etwas gefragt werde!" Ich sage: Wenn ein altes Mütterchen nicht recht mehr sehen kann, was am Altar vorgeht, und sie dich darum fragt, dann magst du es ihr ganz kurz sagen; aber weltliche Sachen gehören nicht in die Kirche, und davon viel schwätzen, kann gar leicht zur Todsünde werden. Wenn wir nach dem Wort des göttlichen Heilandes Rechenschaft geben müssen von jedem unnützen Worte, wie schrecklich wird dann der gerechte Richter alle Worte vor sein Gericht ziehen, durch die wir seinen Gottesdienst verunehrt haben!

8. Ferner soll man die hl. Messe nach Möglichkeit kniend mitfeiern, wie aus den Worten des hl. Paulus hervorgeht: „Im Namen Jesu sollen sich die Knie beugen im Himmel, auf der Erde und unter der Erde." (Phil 2,10). Wie sehr verlangt dieses Wort beachtet zu werden, wenn Jesus auf dem Altar persönlich gegenwärtig ist und das Werk unserer Erlösung erneuert! Viele haben den Brauch, daß sie während der ganzen Messe stehen
[heute oft sitzen], zur Wandlung zwar niederknien, nach derselben aber sofort wieder aufstehen, gleich als wenn Christus nicht mehr gegenwärtig wäre. Das sieht ganz unehrerbietig aus und widerstrebt durchaus dem christlichen Brauch. Wer nicht die ganze Messe hindurch knien kann, der stehe bis zur Wandlung, von da an aber, bis der Priester den Kelch genossen hat, soll er knien bleiben. Es kommt sogar vor, daß manche sich gleich nach der Wandlung wieder hinsetzen und bis zum Ende der Messe sitzen bleiben. Die das tun, zeigen dadurch, daß sie an die Gegenwart Christi nicht glauben. Wenn jemand wegen Unpäßlichkeit sitzen muß, so sehe er jedenfalls zu, daß er doch während der Zeit von der Wandlung bis nach der hl. Kommunion knie. Auch auf die Kinder soll man acht geben, daß sie sich nicht ungebührlich betragen. Je früher sie es lernen, in der Kirche andächtig zu sein, desto besser ist es für sie. [Die Orthodoxen haben gar keine Sitzbänke und die Messe dauert noch länger.]

9. Schließlich ist es noch ein großer Mißbrauch, wenn die Frauen und Jungfrauen zum Besuch der Kirche sich so prächtig aufputzen. Hört doch, welche Vorschrift der hl. Paulus gegeben hat: „Jede Frau, die mit unbedecktem Haupt betet, entehrt ihr Haupt" (1 Kor 11,5); ferner:
„Die Frauen sollen in anständiger Kleidung sich mit Schamhaftigkeit und Sittsamkeit schmücken, nicht mit geflochtenen Haaren oder Gold oder Perlen oder kostbarem Gewand" (1 Tim 2,9). Auch Papst Linus, der Nachfolger des hl. Petrus, hat das Gebot erlassen, daß die Frauen in der Kirche ihr Angesicht bedecken sollen. Der Kirchenschriftsteller Klemens von Alexandria sagt darüber: „Den Frauen ist angemessenerweise geboten Haupt und Angesicht zu bedecken, weil es nicht in Ordnung ist, daß die Schönheit der Frauen den Herzen der Männer zur Gefahr werde."

10. Diese Worte betreffen nicht jene Frauen, Jungfrauen und Mädchen, die sich anständig und ehrbar kleiden, sondern diejenigen, welche geziert und geputzt ankommen und alle Moden mitmachen, wenn sie auch noch so auffallend und ungehörig sind. Zu einer solchen sagte einmal der hl. Thomas Morus: „Wenn dir der gerechte Gott zur Vergeltung deines angewendeten Fleißes die Hölle nicht gibt, so tut er dir gewiß großes Unrecht." Und der hl. Johannes Chrysostomus sagte: „Gehst du vielleicht als Braut zur Hochzeit? oder gehst du zum Tanz in die Kirche? oder gehst du dazu hin, um den Leuten deine Schönheit und deine Pracht zu zeigen? Wenn du aber zur Kirche gehst, um von Gott Gnade und Barmherzigkeit zu erflehen, warum putzt du dich so auf? Das ist nicht der Aufzug einer reuigen Sünderin; so bekommst du gewiß keine Verzeihung, sondern forderst den Zorn Gottes gegen dich heraus." So sagt der hl. Chrysostomus, und er hat recht.

11. Denn erstens wird von solchen so viel Zeit auf ihre Eitelkeit verwandt, daß sie meistens zu spät in die Kirche kommen. Ihre Gedanken sind dann noch sicher so mit ihrem Putz beschäftigt, daß ich nicht weiß, wie sie andächtig beten können. Vielmehr werden sie sehr geneigt sein, auf andere zuschauen, ob die sich auch so angezogen haben. Schließlich aber sind sie für neugierige Männer die Ursache, daß diese weniger auf den Altar als auf diese Frauen sehen. „Sie präsentieren den Männern Gift, wenn nur einer da wäre, der es trinken wollte;" sagt der hl. Hieronymus. Gleichwie nun derjenige, der einem Gift anbietet, eine Todsünde begeht, auch wenn der andere das Gift nicht nimmt, ebenso sind die geputzten Frauen kaum zu entschuldigen, wenn auch keiner sich um sie kümmert oder sie beachtet. Denn sie präsentieren ihr Gift und werden Ursache unkeuscher Gedanken und Begierden, und das in der Kirche, bei der hl. Messe! Daher sagt der hl. Ambrosius das strenge Wort: „Je großartiger sie vor den Menschen erscheinen wollen, desto schändlicher sind sie vor Gott; und je mehr sie von den Leuten angestaunt werden, um so mehr werden sie von Gott verachtet."

12. Denke doch auch hier wieder an das schöne Beispiel, das die liebe hl. Elisabeth noch als Mädchen gegeben hat. Es war Mariä Himmelfahrt; da sagte die Landgräfin, die Pflegemutter von Elisabeth, zu ihr und ihrer eigenen Tochter, sie sollten ihre Samtkleider anziehen und ihre goldenen Krönlein aufsetzen, sie wollten zur Feier des Festes in die Liebfrauenkirche zu Eisenach gehen. In der Kirche knieten sie in einem Betstuhl, dem gegenüber ein großes Kruzifix hing. Als Elisabeth das Bild des sterbenden Heilandes so anschaute, da nahm sie die Krone vom Haupt, legte sie auf den Betstuhl, warf sich auf ihr Angesicht nieder und betete. Darüber zur Rede gestellt, gab sie die schöne Antwort: „Verargt mir das nicht; es steht hier vor mir das Bild Christi, wie der milde Heiland mit scharfen Dornen gekrönt ist. Meine Krone würde ihn ja verhöhnen, wenn ich so üppig dastände, gekrönt mit einem Kranz von Gold und Perlen und Edelsteinen." - Meinst du nicht, daß eine üppige, auffällige Kleidung den Heiland am Kreuz viel, viel mehr verhöhnen würde? Ruft er es nicht allen gleichsam zu, daß er deshalb nackt am Kreuz gehangen, um für die schlimmen Sünden zu sühnen, die durch Eitelkeit und Unschamhaftigkeit in der Kleidung begangen werden? Und dann wagst du ihm so in die Kirche zu kommen? Kleide dich sauber, ordentlich und anständig, dann kannst du dich vor jedem, auch vor deinem Heiland, sehen lassen.

13. Was wir jetzt gesagt haben, das betraf alles die äußere Andacht und Ehrerbietung bei der hl. Messe; nun müssen wir noch davon sprechen, worin die innere Andacht und Frömmigkeit besteht. Die Hauptsache dabei ist nicht, daß du eine sinnliche Andacht und große innere Süßigkeit hast, sondern den festen Willen, dem hochwürdigsten Opfer mit aller Aufmerksamkeit beizuwohnen. Denn die wahre Andacht besteht im Eifer des Herzens, daß man den inbrünstigen Wunsch hat, seinem Gott herzlich zu dienen und standhaft bei ihm zu verbleiben, auch wenn er uns gar keine innerlichen Tröstungen und Süßigkeiten verleiht. Wenn du also bei der Messe gerne andächtig wärst, aber dennoch keine Andacht und Aufmerksamkeit hast, so laß dich dadurch nicht stören, sondern denke, du seist keiner Andacht würdig, und fahre ruhig in deinen Gebeten fort. Wenn du aber keine Andacht hast und auch gar keine haben willst, auch keinen Fleiß aufwendest, um solche zu erlangen, dann schadest du dir sehr und beraubst dich großen Trostes und Verdienstes, wie du aus folgendem entnehmen kannst.

14. Die hl. Mechthild sah einst bei der hl. Messe Christus auf einem hohen, kristallenen Thron sitzen und unter diesem zwei gar reine Bächlein hervorquellen. Als sie sich hierüber verwunderte, wurde ihr geoffenbart, daß das eine Bächlein die Verzeihung der Sünden, das andere aber die geistlichen Tröstungen und Andachten bedeute. Diese beiden Gaben würden einem jeden, der die Messe besucht, durch die Kraft der Gegenwart Christi in besonderer Weise mitgeteilt und seien viel leichter in als außer der hl. Messe zu erhalten. Als nun die hl. Hostie bei der Wandlung in die Höhe gehoben wurde, da stand Christus von seinem Thron auf und hob selbst sein hl. Herz in die Höhe. Dieses Herz war ganz hell und licht und erfüllt mit kostbarem Balsam, der ringsum überfloß und doch nicht weniger wurde. Die Herzen aller bei der Messe Anwesenden schwebten unter dem Herzen Christi, davon waren etliche mit dem Balsam ganz erfüllt und brannten wie kostbare Lampen, andere Herzen aber waren umgekehrt, ganz leer und ohne Licht. Da wurde ihr geoffenbart, daß die brennenden Herzen zu jenen gehörten, welche mit Andacht und dem Wunsch nach Andacht der hl. Messe beiwohnten, die umgekehrten und leeren Herzen aber denjenigen, welche nicht andächtig sein wollten.
Hieraus lerne den Unterschied zwischen dem andächtigen und unandächtigen Herzen, wie nämlich das eine mit dem Balsam aus dem Herzen Christi angefüllt, mit dem Feuer seiner Liebe zur Andacht entzündet und angetrieben wird, dem lieben Gott mit herzlicher Begierde zu dienen. Die anderen Herzen aber waren zur Erde gewandt, mit irdischen Gedanken angefüllt, aber vom Balsam der Andacht ganz leer. Die Offenbarung sagt nicht, daß sie keine Andacht hatten, sondern daß sie nicht danach verlangten. Sie sind also saumselig in der Erhebung ihrer Herzen oder wenden keinen Fleiß an, um Andacht zu bekommen. O wie manche Herzen mögen so zur Erde gewandt in der Kirche sein, leer von Andacht, in der Liebe Gottes erkaltet und alles geistlichen Trostes und Eifers beraubt.

15. Frage: Was soll ich denn tun, wenn ich bisweilen bei der Messe keine Andacht habe und auch keine bekommen kann? Antwort: Folge dem Rat, den Christus der hl. Gertrud gab. Als sie trotz all ihrer Mühe einstmals beim Chorgebet aus menschlicher Schwachheit immer wieder zerstreut wurde, fragte sie sich selbst, was für ein Nutzen denn aus einem so unbeständigen Gebet entspringen könne, darum wäre es ja besser, wenn sie es ganz unterließe. Da sie nun davongehen wollte, sah sie im Geist den göttlichen Heiland, sein Herz in den Händen, der zu ihr sprach: „Siehe, hier stelle ich dir mein süßes Herz vor deine Augen, auf daß du ihm alles, was du durch dich nicht kannst, treu zu verrichten anbefiehlst, denn dann wird alles vor meinen Augen auf das höchste vollkommen erscheinen." Hierüber verwunderte sie sich sehr und erachtete es für ungeziemend, daß das allerheiligste Herz ihre Unvollkommenheiten ersetzen sollte. Christus aber gab ihr dieses Gleichnis: „Wenn du eine gar schöne Stimme und große Lust zu singen hättest, so würdest du zornig werden, wenn eine mit armseliger Stimme dich nicht singen ließe. Ebenso verlangt mein göttliches Herz mit großer Begierde, daß du, wenn nicht mit Worten, so doch mit einem bittenden Gedanken, ihm überträgst, was du nicht recht kannst."
Das sind tröstliche Worte und eine vortreffliche Lehre, ein leichtes Mittel zum Ersatz für die Zerstreuung. Wenn du also bei der hl. Messe zu sehr zerstreut bist und gar nicht andächtig sein kannst, so sprich: „Liebster Jesu, es tut mir herzlich leid, daß ich in meinem Gebet so sehr zerstreut bin. Darum befehle ich dieses deinem süßesten Herzen und bitte, daß es für meinen Mangel Ersatz leistet." Daraus sollst du auch lernen, daß es noch keine besondere Sünde ist, wenn einer aus menschlicher Schwachheit bei der hl. Messe es keine rechte Andacht finden kann, und daß niemand aus Angst vor Zerstreuung die hl. Messe vernachlässigen soll. Bleibe dann wenigstens äußerlich ehrerbietig und andächtig, und im übrigen sage zu deinem Heiland: „Ich bin hergekommen, weil du mich hier haben willst. Schenke mir jetzt deine Güte und deine Gnade!" Dann wird dir der Heiland das hochzeitliche Kleid der heiligmachenden Gnade mit immer neuen Edelsteinen schmücken, die du in Ewigkeit behalten darfst; die Flecken aber, die du durch läßliche Sünden der Zerstreuung diesem hochzeitlichen Gewand zufügst, will dir der liebe Heiland in seinem eigenen Blut abwaschen. Also komm und empfiehl dich ganz und gar seiner Gnade!

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29. Kap. - Meßandacht - 1. Bis zur Wandlung.

1. Wenn du zur hl. Messe gehen willst, so denke schon auf dem Weg dahin, wohin du gehst und wie du dich dabei verhalten willst. Du gehst nicht bloß in die Kirche, um wie der Pharisäer oder der Zöllner zu beten, sondern um zu opfern, also Gott den höchsten Dienst zu erweisen, die allervortrefflichste Handlung und die wichtigste aller Tugendübungen zu vollziehen. Du willst durch die Teilnahme an diesem Opfer bezeugen, daß Gott der allerhöchste Herr ist, dem unendliche Ehre und Glorie gebührt, und daß wir seine Untertanen sind, die sich ihm ganz hingeben müssen, mit denen er ganz nach seinem Gefallen umgehen kann. Deswegen ist das Opfer unter allen Tugendwerken Gott das angenehmste und uns Menschen das allernützlichste. Denke also nach, wie du dieses alleredelste Werk würdig verrichten willst, weil daran viel gelegen ist.

2. Zu Anfang der hl. Messe mache zunächst die Meinung, die hl. Messe mit großem Nutzen zu hören. zur Ehre Gottes, zum Heil deiner eigenen Seele und für wen du beten willst. - Während der Messe kannst du auch deine täglichen Gebete, deinen Rosenkranz oder deine Tagzeiten beten oder das Leben und Leiden des göttlichen Heilands betrachten; aber jedenfalls schaue recht oft auf den Altar und den Priester hin, und bei den Hauptteilen, nämlich der Opferung, Wandlung und Kommunion, unterlasse deine übrigen Gebete und vereinige dich mit dem Priester am Altar. Sehr schön ist es, wenn du die Gebete mitbetest, von denen ich dir im 23. Kapitel erzählt habe, wie sie der Priester am Altar betet. Jedenfalls sind die Gebete der Messe für die hl. Messe die wichtigsten; die anderen kannst du ja schließlich zu Hause noch nachholen, wenn es sein müßte, die Meßgebete aber nicht, die gehören vielmehr in die hl. Messe hinein.
[Früher war die Messe nur in Latein und zu Zeiten von P. Cochem gab es noch kein Schott, wo alle Gebete und Meßtexte in Deutsch zum Mitbeten übersetzt waren und auch kein elektrisches Licht.]

3. Beim Konfiteor, dem Sündenbekenntnis im Stufengebet, schlage mit dem Priester dreimal an die Brust und erwecke so viel Reue und Leid über deine Sünden, wie es dir nur möglich ist. Stelle dir vor, wie Christus am Ölberg auf seinem Angesicht gelegen und auch die von dir begangenen Sünden mit blutigen Tränen beweint hat. Die Reue eröffnet uns das Herz Gottes. Die Reue bewirkt, daß du dann auch zuversichtlich mit dem Priester zum dreifaltigen Gott das Kyrie beten kannst: „Herr erbarme dich unser - Christus erbarme dich unser - Herr erbarme dich unser!" Beim Gloria aber freue dich darüber, daß du der hl. Messe teilnehmen darfst, und danke deinem Gott dafür von ganzem Herzen. Bei den Tagesgebeten bitte Gott um seine Gnaden und gedenke dabei des Festes oder jener Heiligen, die im Tagesgebet genannt werden; bei der Lesung und dem Evangelium sowie dem Credo danke Gott dem Herrn herzlich für das große Glück des katholischen Glaubens, der dir die Wahrheit und die herrlichsten Gnaden und Wohltaten Gottes verschafft.

4. Wenn der Priester Brot und Wein opfert, dann opfere auch dich selbst dem himmlischen Vater ganz und gar auf und sprich: „Nimm an, o Herr, meine ganze Freiheit. Nimm an mein Gedächtnis, meinen Verstand und all meinen Willen. Was immer ich habe oder besitze, du hast es mir geschenkt, ich gebe dir alles zurück und überlasse mich und alles ganz der Leitung deines hl. Willens. Gib mir nur deine Liebe und deine Gnade, dann bin ich reich genug und verlange weiter nichts mehr." Die Präfation fordert dich wiederum zum Dank gegen Gott auf; wir sollen nun unsere Herzen und unsere Gedanken immer mehr zum Himmel erheben, uns gleichsam in die Reihen der Engel stellen und mit ihnen und dem Priester sprechen: „ Sanctus, - Heilig, heilig, heilig bist du, Herr, Gott der Heerscharen; Himmel und Erde sind voll von deiner Herrlichkeit." Diese Worte sind wirklich heilig und werden von den Engeln im Himmel gesungen, wie es in der Hl. Schrift beim Propheten Isaias heißt; darum wird in allen Messen zu diesen Worten geklingelt, damit jeder voll Ehrfurcht sich verneige.

5. Nach dem Sanktus beginnt der Kanon oder die Stillmesse, die deswegen still gelesen wird, damit die hohen Geheimnisse, die darin begriffen sind, in höchster Verehrung bleiben und nicht in Verachtung kommen. Was wir alsdann tun sollen, lehrt uns die Liturgie des hl. Apostels Jakobus mit den Worten: „Hier soll ein jeder Mensch schweigen, er soll vor Furcht zittern und an nichts Irdisches denken. Denn der König aller Könige, der Herr aller Herren, kommt hervor, damit er geopfert und den Gläubigen zur Speise gegeben werde. Vor ihm gehen die Engel mit aller Macht und Gewalt, sie bedecken ihr Angesicht und singen voll großem Jubel Lobgesänge." Denke noch einmal daran, was wir schon früher berichteten, wie die hl. Brigitta von diesen Lobgesängen schreibt: „Als ein Priester das Amt der Messe hielt und zu der Wandlung kam, da sah ich, wie gleichsam Sonne, Mond und Sterne mit allen Planeten und alle Himmel mit ihrem Lauf und ihren Bewegungen im Wechselgesang und süßtönenden Chor erschallten. Eine unzählbare Menge der himmlischen Chöre war auch gegenwärtig, deren süßen Gesang kein menschlicher Sinn begreifen und keine erschaffene Zunge aussprechen kann.
Die Chöre der Engel schauten den Priester an und neigten sich vor ihm mit Ehrfurcht. Die Teufel aber erzitterten und flohen mit Schreck davon."

6. Wer wundert sich nicht über die große Vorbereitung, die der ganze Himmel zur Wandlung trifft, damit dieses höchste Wunder und tiefste Geheimnis nach seiner großen Würdigkeit vollbracht werde! Wir armselige Menschen wohnen diesem allergöttlichsten Geheimnis ohne rechte Ehrerbietung bei und stellen uns kaum etwas Übernatürliches dabei vor. O, wenn uns der liebe Gott unsere Augen öffnete, wie er sie der hl. Brigitta eröffnet hat. was für Wunderdinge würden wir sehen! Wenn wir diese Vorbereitungen des Himmels sehen könnten, so würden wir nach den Worten des hl. Jakobus in Furcht und Zittern stehen und an nichts Irdisches mehr denken. Unsere Augen würden sehen, wie der Sohn Gottes sich selbst anschickt, zu uns zu kommen, wie er der hl. Mechthild geoffenbart hat:

7. „Erstens komme ich mit so tiefer Demut, daß keiner bei der Messe ist, vor dem ich mich nicht demütig neige und zu ihm komme, sofern er es nur begehrt. Zweitens komme ich mit so großer Geduld, daß ich selbst meinen größten Feind dort geduldig leide, und wenn er mit mir versöhnt werden will, ihm mit Freuden alle seine Schuld nachlasse. Drittens komme ich mit so großer Liebe, daß keiner so kalt und verhärtet da ist, den ich nicht mit meiner Liebe entzünden und sein Herz erweichen möchte, wenn er nur will. Viertens komme ich mit solcher milden und überfließenden Freigebigkeit, daß keiner so arm da ist, den ich nicht überflüssig reich machen könnte. Fünftens komme ich mit solch süßer Speise dahin, daß keiner so bedürftig und hungrig ist, der nicht von mir könnte erquickt und vollkommen gesättigt werden. Sechstens komme ich mit so großer Klarheit dahin, daß kein Herz so verblendet und mit Finsternis überzogen ist, das nicht durch meine Gegenwart erleuchtet und gereinigt werden könnte. Siebtens komme ich mit solcher Fülle der Heiligkeit und der Gnaden. daß keiner so träge, verdrossen und unandächtig da ist, den ich von seinem Schlaf nicht erwecken könnte."

8. Beachte doch, auf was für liebreiche Weise dein Jesus vom Himmel herab zu der hl. Messe kommt und wie herzlich er verlangt, alle Verachteten aufzunehmen, alle Feinde zu ertragen, alle Verhärteten zu erweichen, alle Armen zu bereichern, alle Hungrigen zu sättigen, alle Blinden zu erleuchten und alle Unandächtigen zu ermuntern. Da erfüllt er, was er selbst gesagt hat: „Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren war" (Lk 19,10), und (Jo 3,17):
„Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, daß er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn selig werde." Er kommt nicht in der hl. Messe, um die Sünder zu strafen oder zu verdammen, sondern um sie in Gnaden aufzunehmen und ihnen Barmherzigkeit zu erzeigen. Deswegen soll sich auch kein Sünder scheuen, zur hl. Messe zu kommen, denn er kommt nicht zu seinem Richter, sondern zu seinem Mittler. Er begeht auch keine Todsünde, wenn er in einer bewußten Todsünde die hl. Messe besucht, also ganz anders, als bei der hl. Kommunion; er macht sich vielmehr durch den Besuch der hl. Messe viel eher der Verzeihung und Bekehrung fähig.

9. Von der Wandlung schreibt die hl. Brigitta: „Sobald der Priester die Worte der Wandlung ausgesprochen hatte, da wurde das Brot zu einem lebendigen Lämmlein, und dies Lämmlein hatte das Angesicht eines Menschen, und eine lebendige Flamme erschien in und außer dem Lämmlein. Alle gegenwärtigen Engel beteten es an und dienten ihm, und dieser Engel waren so viele, wie Stäublein in der Luft. Es war auch eine große Menge heiliger Seelen gegenwärtig, so daß mein Gesicht sie in der Länge und Breite und Höhe nicht übersehen konnte." Was muß das eine herrliche Feier gewesen sein, welcher so viele tausend und abertausend Engel und so viel hunderttausend Heilige beiwohnten. Keiner war zuviel, keiner war unnötig, keiner war müßig. Was taten sie denn? Die hl. Brigitta sagt: „Sie beteten das Lämmlein an und dienten ihm." Sie können ihm schon viele Dienste erweisen; denn jenes Lamm ist der höchste Fürst und Herr.

10. Wenn wir einmal sehen dürften, was bei der Wandlung auf dem Altar vor sich geht, wie würden wir erzittern! Höre, was der hl. Franziskus deswegen ausruft:
„Der ganze Mensch soll erstarren, die ganze Welt soll erzittern, und der ganze Himmel soll sich fürchten, wenn der Sohn des lebendigen Gottes auf dem Altar in den Händen des Priesters ist. O wunderbare Hoheit, o wunderbare Erniedrigung, weil der eingeborene Sohn Gottes, der Herr aller Geschöpfe, sich so demütigt, daß er sich zum Heil der Menschen unter der kleinen Brotsgestalt verbirgt!" Weil wir dieses nicht mit leiblichen Augen sehen, so achten wir es nicht; die Engel aber, die es schauen, erzittern davor. Ja, auch die Teufel erzittern vor diesem großen Geheimnis und fliehen davon, wie Christus der hl. Brigitta geoffenbart hat mit den Worten: „Gleichwie wegen des einzigen Wortes »Ich bin es«, meine Feinde zu Boden fielen, ebenso, wenn  das Wort gesprochen wird: »Das ist mein Leib«, da fliehen die Teufel
und hören auf, die Seelen der Gläubigen anzufechten."

11. Aus all diesen Dingen haben wir nun vernommen, was für große Geheimnisse bei der Wandlung geschehen und wie glorwürdig sie vor sich geht. Gleichwie nun die Engel und Heiligen ihr Äußerstes tun, um Christus hierbei zu dienen, erfordert es da nicht unsere Pflicht von uns, daß auch wir unser Äußerstes tun und alle Kräfte des Leibes und der Seele anspannen, auf daß dieses allergöttlichste Opfer auch die reichsten Früchte hervorbringe: Uns Katholiken sagt es schon die Vernunft, daß wir von unseren anderen Gebeten ablassen, unsere Augen auf den Altar richten, einen lebhaften Glauben erwecken, das göttliche Lamm demütig anbeten, es dem himmlischen Vater aufopfern und in diesen Übungen eifrig fortfahren sollen, solange Christus auf dem. Altar gegenwärtig ist.

12. Das tun nun aber leider durchaus nicht alle, weil die meisten in ihren anderen Gebeten fortfahren und sich gegen Christus nicht anders verhalten, als wenn er gar nicht zugegen wäre. Wie unhöflich ist das! Christus kommt in allen Messen dir zulieb vom hohen Himmel herab, dich zu besuchen, zu trösten und zu begnaden. Er ist vor dir auf dem Altar, schaut dich mit seinen Augen an und erwartet, was du ihm zu sagen hast. Und du grüßt ihn nicht, betest ihn nicht an, erzeigst ihm keine Ehre?

13. Was sollen aber diejenigen tun, welche außerhalb der Kirche sind und nicht zur hl. Messe kommen können? Deshalb hat man den heiligen Brauch, daß zur Wandlung mit der Turmglocke ein Zeichen gegeben wird, auf daß alle Abwesenden hören und wissen, daß der heiligste Augenblick des ganzen Tages da ist. Zu diesem Glockenzeichen sollten alle, die Kranken, die Arbeitenden in Feld und Haus, sich zur Kirche hinwenden und ihren Gott und Herrn anbeten. Das ist ein heiliger und heilsamer Brauch, der zur höheren Ehre Gottes und zu unserem größeren Seelenheil gereicht.

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30. Kap. - Meßandacht
              - 2. Während und nach der Wandlung.

1. Frage: Was soll ich denn tun, wenn der Priester die Wandlungsworte gesprochen hat? Antwort: Tue dasselbe, was du den Priester am Altar tun siehst. Denn sobald der Priester die hl. Worte gesprochen hat, fällt er auf seine Knie und betet seinen Gott, den er in seinen Händen hält, an. Eben das tue auch du: beuge dein Haupt und deinen Rücken tief; denke daran, daß dein Gott unter den Gestalten wahrhaft gegenwärtig ist, und bete ihn in tiefster Ehrerbietung an. Dies erfordert deine Pflicht und sagt dir deine Vernunft. Dies zeigt auch die Hl. Schrift an vielen Stellen, und zwar zunächst bei den hl. drei Königen, von denen Matthäus (2,11) sagt: „Sie fanden das Kind mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an." Als der Blindgewordene aus dem Mund Christi selbst hörte, daß dieser der Sohn Gottes sei, da sprach er: „Herr, ich glaube", und er fiel nieder und betete ihn an. (Jo 9,38.) Als die Jünger nach der Auferstehung Jesu auf dem Berg sahen, wohin er sie beschieden hatte, „da beteten sie ihn an." (Mt 28,17.) Dasselbe sollst auch du mit dem Priester tun: niederkniend Christus anbeten, und wenn du es nicht tust, so kannst du nicht entschuldigt werden, sondern begehst eine Sünde.

2. Wenn der Priester zunächst die hl. Hostie und dann den hl. Kelch in die Höhe hebt, so ist das die wichtigste Zeremonie der ganzen hl. Messe. Sie ist durch besondere Eingebung des Hl. Geistes von der Kirche angeordnet und allezeit mit größter Andacht und höchstem Nutzen geübt worden. O, was für ein Jubel entsteht dabei im Himmel, was für ein Heil entspringt dann auf Erden, was für eine Erquickung empfängt dann das Fegfeuer, was für ein Schrecken überfällt dann die Hölle! Jetzt hebt der Priester ja nicht mehr Brot und Wein in die Höhe wie bei der Opferung, sondern er bietet der allerheiligsten Dreifaltigkeit das allerkostbarste Geschenk an, das durch die Hand der Engel empor getragen wird zum höchsten Thron Gottes. O, was für eine unergründliche Freude ist das für den unendlichen Gott!
Denn was stellt der Priester hier Gott dem Herrn vor Augen? Es ist die vergöttlichte Menschheit seines eingeborenen Sohnes, das vortrefflichste Ebenbild der allerheiligsten Dreifaltigkeit, das allerkostbarste Kleinod, wie keines zu finden ist in allen Schätzen der Welt. Diese vergöttlichte Menschheit zeigt der Priester Gott dem Herrn gleichsam in vielerlei Bildern: wie von neuem Blut schwitzend, gegeißelt, mit Dornen gekrönt, gekreuzigt und gestorben. Er zeigt dem himmlischen Vater die vergöttlichte Menschheit Christi wie durch das bittere Leiden Gott versöhnend, das menschliche Geschlecht erlösend, für die Schulden der Sünder genugtuend und am Kreuz für die Sünder bittend. Er zeigt Gott dem Herrn die höchste Unschuld, die tiefste Demut, die unüberwindlichste Geduld, die inbrünstigste Liebe, den vollkommensten Gehorsam und alle die vielfältigen Tugenden, die sein Sohn ihm zuliebe auf Erden geübt hat. O, welche Freude hat der himmlische Vater, wenn ihm sein Sohn bei der hl. Wandlung in dieser Weise gezeigt wird!

3. Aber nicht so sehr der Priester, sondern Christus selbst stellt sich dann seinem Vater vor Augen und opfert sich ihm auf eine so hohe Weise, daß kein erschaffener Verstand es begreifen kann. Was meinst du nun, was wird der Vater empfinden, wenn ihm dieses hochwürdigste Opfer von Christus selbst und dem Priester vorgestellt und aufgeopfert wird? Wer will das ergründen? Denn dieses Geheimnis ist so groß, daß ich meine, die höchsten Seraphim können es nicht ergründen. Gott hat dann gleichsam von neuem seinen Sohn, weil dessen persönliche Gegenwart vermehrt worden ist. Es wird ihm gleichsam ein neuer Spiegel vorgehalten, in dem er seine unendlichen Vollkommenheiten schauen kann. Was Gott Vater dann zu seinem Sohn und was Gott Sohn zu seinem Vater spricht, welche Liebe sie einander erweisen, davon muß alles Erschaffene schweigen. Ohne Zweifel wird der Vater seine Worte wiederholen: „Du bist mein geliebter Sohn an dem ich mein Wohlgefallen habe", und Gott Sohn: „Siehe, ich komme, deinen heiligen Willen zu erfüllen." So können wir es uns wohl vorstellen, begreifen können wir es ja nicht.

4. Während der Aufhebung soll das Volk seine Augen zum Altar erheben und das hochwürdigste Sakrament andächtig anschauen. Wie sehr dieses Gott gefällt, hat sich Christus gewürdigt, der hl. Gertrud zu offenbaren: „Sooft ein Mensch mit Andacht die konsekrierte Hostie anschaut oder, wenn er es nicht kann, sie gern anschauen wollte, so oft vermehrt er sein Verdienst im Himmel." Darum tun diejenigen Leute nicht weise, welche die Augen nicht aufheben und nicht auf das Allerheiligste hinschauen. Heißt es ja doch ausdrücklich im Meßbuch:
„Der Priester hebt die hl. Hostie, soweit er bequem kann, in die Höhe und (was er auch bei der Aufhebung des Kelches tut), die Augen darauf gerichtet, zeigt er sie ehrfurchtsvoll dem Volk zur Anbetung." Daraus erhellt, daß es Sinn und Wille der Kirche ist, daß das Volk beides anschauen und anbeten könne.

5. Wie nützlich ein solches andächtiges Anschauen ist, hat Gott zeigen wollen, als er von Moses die eherne Schlange aufstellen ließ, damit die von den giftigen Schlangen Gebissenen auf sie hinschauen sollten; „und die gebissen wurden und sie ansahen, wurden geheilt." (Num 21,9.) Daß diese eherne Schlange ein Vorbild Christi gewesen ist, bezeugt Jesus selbst mit den Worten: „Gleichwie Moses die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muß auch der Menschensohn erhöht werden." (Jo 3,14.) Wie viel mehr als jener Blick auf die eherne Schlange wird das andächtige Anschauen des bei der Messe erhöhten Christus die durch das Gift der Sünde verwundeten Seelen heilen und die betrübten und kleinmütigen Herzen trösten und stärken.

6. Dieses Hinschauen ist auch das beste Mittel, um den Glauben zu erwecken, nämlich den Glauben, daß unter den Gestalten der Hostie und des Weines wirklich Jesus Christus, unser Schöpfer und Erlöser, persönlich gegenwärtig ist und sich auf dem Altar für uns arme Sünder opfert. Diese Übung des Glaubens ist sehr tugendhaft und hochverdienstlich, weil wir das glauben, was wir weder sehen, noch hören, noch schmecken, noch fühlen, noch begreifen können. Denn es scheint gegen alle menschliche Vernunft zu sein, daß durch die Kraft fünf kleiner Wörtlein das Brot in den Leib und der Wein in das Blut Christi verwandelt werden soll. Die Türken, Heiden und viele Protestanten spotten unser, weil wir dies glauben. Und doch bleiben wir fest bei dieser Wahrheit und lassen uns ruhig verspotten und wenden auf uns an das Wort Christi: „Selig sind, die nicht sehen und doch glauben." (Jo 20, 29.) Je öfter und kräftiger jemand diesen Glauben übt, desto mehr Stufen der Gnade und Glorie verdient er sich.

7. Im Leben des großen Theologen Hugo von St. Viktor lesen wir, daß er oft verlangt hatte, Christus unter der Gestalt der Hostie auch wirklich einmal schauen zu dürfen. Endlich wurde sein Gebet erhört: Er sah bei der hl. Wandlung das Christkind in wirklicher Gestalt auf dem Korporale liegen. Er hatte über diesen Anblick große Freude, aber endlich sprach das Kindlein: „Weil du mich mit leiblichen Augen hast sehen wollen, hast du viel von deinem Glaubensverdienst verloren." Durch dieses Beispiel wirst du in deinem Glauben gestärkt und zugleich versichert, daß du dir jedesmal großes Verdienst bei Gott erwirbst, sooft du beim Anschauen der hl. Hostie den Glauben erweckst.

8. Danach kann sowohl der Priester wie auch das Volk mit dem hl. Bonaventura sprechen: „Siehe, o ewiger Vater, dieser dein eingeborener Sohn, den die ganze Welt nicht fassen kann, ist jetzt unser Gefangener. Wir geben ihn dir nicht heraus, es sei denn, daß wir erhalten, was wir demütig und inständig von dir begehren. Wir bitten deswegen um Verzeihung unserer Sünden, um Nachlaß unserer Schulden, um Vermehrung deiner Gnaden, um Überfluß der Tugenden und um die Freuden des ewigen Lebens." Der Priester könnte dann mit Fug und Recht zum Volk sagen:
„Seht, ihr lieben Christen, hier ist euer Gott und Heiland, euer Erlöser und Seligmacher; schaut ihn mit wahrem Glauben an und gießt eure Herzen vor ihm aus. Selig sind die Augen, die da sehen, was ihr seht." Jeder von uns kann mit dem Patriarchen Jakob sprechen: „Ich habe Gott gesehen von Angesicht zu Angesicht, und meine Seele war gerettet." (Gen 32,30.) Das können wir sogar mit viel mehr Recht sagen als Jakob, denn dieser hatte nur einen von Gott gesandten Engel gesehen, du aber hast deinen Heiland selbst und sein Angesicht wie mit dem zarten Schleier der Gestalten bedeckt geschaut.

9. Der hl. Paschalis, ein Franziskanerbruder, muß eine ganz besondere Liebe und Freude bei dem Anschauen der hl. Hostie in seinem Leben empfunden haben. In seiner Lebensbeschreibung lesen wir als sein Leichnam in die Kirche gebracht war und das Seelenamt für ihn gelesen wurde, da hat der Tote bei der Erhebung der hl. Hostie beide Augen geöffnet und die Hostie angeschaut. Die Umstehenden, deren eine große Menge war, sahen dieses Wunder mit größter Freude und Verwunderung und wurden dadurch nicht allein sehr erbaut, sondern auch machtvoll im Glauben gestärkt.

10. Nach der Übung des Glaubens und der Anbetung soll die Aufopferung folgen.
Mache es so wie der Priester, da es ja ebenso dein Opfer wie das des Priesters ist. Obwohl er schon vor der Wandlung die hl. Messe seinem Gott vielmals aufgeopfert hat, obwohl er dasselbe auch bei der Wandlung getan, läßt er nicht damit nach, denn er kann ja nichts Besseres tun als diese alleredelste Gabe seinem Gott immer wieder aufopfern, um dadurch Gottes Wohlgefallen und Freude immer noch zu vergrößern und zu vermehren. Deswegen fährt er unmittelbar nach der Wandlung fort: „Eingedenk des bitteren Leidens deines Sohnes usw. opfern wir, deine Diener, und dein heiliges Volk deiner hehren Majestät aus deinen Gaben ein reines Opfer, ein heiliges Opfer, ein unbeflecktes Opfer, das hl. Brot des ewigen Lebens und den Kelch des immerwährenden Heiles." Sanchez meint, das sei eines der tröstlichsten von allen Gebeten bei der Messe, da man nichts Besseres bei derselben tun könne, als den Leib und das Blut Christi aufzuopfern. Wenn du gleich nach der Wandlung dich zu deinen gewöhnlichen Gebeten zurückkehrst, so willst du Gott statt des kostbaren Meßopfers dein armseliges, trockenes Gebet aufopfern, was doch nicht besonders klug und wenig verdienstlich ist.

11. Was haben wir arme Menschen denn, was wir dem reichen Gott schenken könnten? Für gewöhnlich nichts Besonderes, aber bei der hl. Messe einen so reichen Schatz, daß wir damit Himmel und Erde reich machen können. Von diesem Schatz spricht der hl. Paulus: „Er hat seines eigenen Sohnes nicht geschont, sondern ihn für uns alle hingegeben, sollte er uns nicht alles mit ihm geschenkt haben?" (Röm 8,32) Gott hat dies nicht allein vor 2000 Jahren getan, sondern in jeder Messe gibt er seinen geliebten Sohn abermals für uns dar und schenkt uns mit ihm all seine Reichtümer, auf daß wir ihm diese zur Zahlung unserer Schulden und zum Erwerb himmlischer Güter anbieten und aufopfern sollen.

12. Wir sollen auch jedesmal Christus bitten, daß er unsern Mangel ersetzen und an unserer Start die hl. Messe dem Vater aufopfern wolle. Wie viel das wert ist, das lerne aus folgender Offenbarung: Als die hl. Mechthild einmal zu Ehren der neun Chören der Engel neun Vaterunser gebetet hatte und es ihrem Schutzengel übertragen wollte, diese den anderen Engeln darzubieten, sprach Christus zu ihr: „Befiehl mir, daß ich es verrichte, denn das macht mir unaussprechliche Freude, weil jedes Opfer, das mir anbefohlen und von mir dem himmlischen Heer übergeben wird, von mir also geadelt und gebessert wird wie ein geringes Stück Geld, in flüssiges Gold geworfen: Nun scheint es nicht mehr zu sein, was es vorher gewesen, sondern was es durch das Gold geworden ist." Diese Worte sollte sich jeder merken und bei der hl. Messe sprechen: „Liebster Jesu, weil ich die hl. Messe nicht recht aufopfern kann, so übertrage ich sie dir und bitte, du wollest sie für mich deinem Vater aufopfern.

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3. Der dritte Hauptteil und der Schluß der hl. Messe.

13. Der dritte Hauptteil der hl. Messe, die Kommunion, wird eingeleitet durch das Vater unser, das Gebet des Herrn. Im Hochamt wird es gesungen; bei der stillen Messe betet es der Priester und lädt dich ein, es mitzubeten. Bete es recht andächtig und langsam, dann wirst du bald merken, daß man die tiefen Geheimnisse dieses hochheiligen Gebetes nirgends besser begreift als gerade jetzt bei der hl. Messe. Kurz vorher hat der Priester an die Brust geschlagen und gebetet, indem er die drei ersten Worte etwas lauter sprach: „nobis quoque peccatoribus - auch uns Sündern wollest du etwas Anteil und Gemeinschaft geben mit deinen Heiligen." Das war unsere Bitte, an Gott gerichtet um seines eingeborenen Sohnes willen, der sich soeben, aufs neue für uns aufgeopfert hat.
Wenn Gott dich nun auffordert, mit dem Priester zu sprechen: „Vater unser" - zeigt er da nicht aufs deutlichste, daß er jenes Gebet gern anhören will? Er lädt dich sogar ein, zum Zeichen der Erhörung und Versöhnung und als Unterpfand der ewigen Seligkeit an seinem Tisch teilzunehmen und als kostbarste Speise das zu genießen, was du ihm als kostbarstes Geschenk aufgeopfert hast, den Leib seines eingeborenen Sohnes mit Gott und Menschheit, mit Leib und Seele mit Fleisch und Blut. Durch nichts wird dann weiter der Name Gottes von uns Menschen mehr geheiligt als durch das hl. Opfer und die Teilnahme an demselben. Dadurch kommt Gottes Heiligkeit selbst auf die Erde herab und in unsere Herzen hinein, und es erfüllt sich bereits an uns da schöne Wort eines der Zuhörer Jesu: „Selig, wer am Mahl im Reich Gottes teilnehmen darf." (Lk 14,15.) Solltest du im Stand der Todsünde sein, so könntest du natürlich nicht an diesem hl. Mahl teilnehmen, aber auch für dich würden Brosamen da sein, wenn dein Glaube groß genug ist. (Mt 15,27) Wenn du aber als Kind Gottes am Tisch des himmlischen Vaters teilnehmen darfst, wie wird da die Kraft in dir wachsen, den Willen Gottes immer besser zu erfüllen! Und weil du durch Teilnahme an der hl. Messe bewiesen hast, daß du das Reich Gottes suchst und seine Gerechtigkeit, so wird der himmlische Vater auch gern das übrige dazugeben, um was wir im Vaterunser bitten, was wir notwendig haben an Leib und Seele, ferner Verzeihung unserer Schuld, Bewahrung vor der Versuchung und Erlösung von dem Übel. Vergiß bei der Bitte um Nachlaß deiner Schulden nicht, gern allen zu verzeihen, die dir vielleicht Unangenehmes zugefügt haben.

14. Nochmals kannst du dann mit dem Priester beim Agnus Dei um Verzeihung bitten: „O du Lamm Gottes, das du hinweg nimmst die Sünden der Welt, erbarme dich unser, - gib uns den Frieden!" Und wenn du dann mit dem Priester an die Brust geschlagen und gebetet hast: „O Herr, ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund", dann kannst du hinzutreten zum Tisch des Herrn und dadurch deine Meßandacht zu einer wirklich vollkommenen machen. Kannst du aber nicht wirklich kommunizieren, so erwecke dieselben Anmutungen und kommuniziere geistiger Weise.

15. Bleibe dann noch andächtig und gesammelt auch bei dem letzten Teil der hl. Messe. Der Priester sorgt zunächst dafür, daß weder an seinen Fingern noch im Kelch auch nur die allerkleinste Spur von den heiligen Gestalten zurückbleibt; dann ordnet er den Kelch und betet die Gebete des Dankes und der Bitte um Beharrlichkeit. Schließlich ruft er noch den Segen des dreifaltigen Gottes unter dem Zeichen des hl. Kreuzes über alle herab und liest dann das letzte Evangelium, für gewöhnlich den Anfang des Johannesevangeliums. Dieses ruft uns den ganzen Wert und die Größe der hl. Messe noch einmal ins Gedächtnis zurück und macht uns aufmerksam auf das hohe Glück, das wir durch Teilnahme an derselben gehabt haben.
Das Wort, das von Ewigkeit her bei Gott war und Gott selbst ist, der eingeborene
Sohn Gottes, dieses „Wort ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt, und wir haben seine Herrlichkeit gesehen, die Herrlichkeit wie die des Eingeborenen vom Vater, voll der Gnade und Wahrheit" (Jo 1,14). Bitte noch einmal um reichen Segen und um Verzeihung der Fehler, welche du bei der Feier durch Zerstreuung und Unaufmerksamkeit dir vielleicht hast zuschulden kommen lassen, und dann vergiß den ganzen Tag nicht, welcher Gnade und Ehre du am Morgen bist gewürdigt worden.

16. So will ich denn meine Meßerklärung schließen und mit der demütigen Bitte beenden, daß alle, welche diese in die Hände bekommen, oft und aufmerksam darin lesen wollen, auf daß sie ihre Andacht zu der hl. Messe vermehren und desto öfter und eifriger besuchen mögen. Was für ein hohes Werk sie verrichten und welch gewaltigen Lohn sie verdienen, haben sie in diesem Buch ausführlich vernommen und werden es beim Sterben, viel mehr noch in der ewigen Seligkeit erfahren.
Jene aber, welche die hl. Messe für gering achten, sie oberflächlich mitfeiern und leicht versäumen, werden es bei ihrem Sterben erfahren, zu spät bereuen und es im heißen Feuer abbüßen müssen. Ich bitte den lieben Gott durch Jesus Christus, seinen Sohn, daß er allen und jeden, die dieses nützliche Buch lesen, den Verstand erleuchten, den Willen entzünden und das Herz erweichen wolle, auf daß sie dies allergöttlichste Werk mit möglichster Andacht hören und mich Armseligen ihres Gebetes teilhaftig machen wollen. Amen.

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Gebets-Anhang

zum Teil entnommen aus anderen Büchern Martin von Cochems

Begrüßung Jesu im hochhl. Altarssakrament

O Herr und Heiland Jesus Christus, ich freue mich, daß ich die Gnade habe, dich hier im heiligsten Sakramente besuchen zu können. Aus Liebe zu uns Menschen weilst du hier Tag und Nacht, rufst und empfängst uns mit liebevollem Erbarmen. O göttlicher Heiland, ich glaube fest, daß du im allerheiligsten Sakramente gegenwärtig bist, ich bete dich an und danke dir für die vielen Gnaden, die du mir erwiesen hast. Von ganzem Herzen will ich dich lieben, und deswegen bereue ich alle Sünden, durch die ich dich jemals beleidigt habe. Hilf mir doch, die Sünde und alle bösen Gewohnheiten zu überwinden! Ich möchte dir auch Ersatz leisten für alles Unrecht, Verunehrungen und Entweihungen, die dir in diesem wunderbaren Sakrament zugefügt werden. Laß uns doch alle dazu gelangen, daß wir nichts suchen als deine heilige Liebe, die vollste Erfüllung deines Willens und die beständige Beharrlichkeit. Ich empfehle dir auch die armen Seelen im Fegfeuer und alle armen Sünder hier auf Erden. Laß uns alle zu deiner ewigen Seligkeit gelangen. Amen.

Früher gab es für die lateinischen Messen , die meist vom Priester mit dem Ministranten allein still gebetet wurde sogenannte Meßandachten. Der Schott kam erst Mitte des 20. Jahrhunderts richtig in Umlauf, doch viele hatten nur ein Gesang- oder Gebetbuch. Dazu gehörten auch kleine Gebetbücher mit Meßandachten, die den die Messe erklärten und zum wirklichen Mitbeten anleiteten, denn viele haben heute noch nicht den tiefen Sinn der Messe verstanden, sitzen sie ab und gehen dann wieder, als ob nichts besonderes gewesen wäre. Selbst viele Priester kennen nicht die Bedeutung der Messe. Hier eine solche Meßandacht.
 

Meßandacht zu Ehren des bitteren Leidens und Sterbens Jesu

Wenn der Priester an den Stufen des Altars betet, erinnere dich des Gebetes Christi am Ölberg.

O bis zur Erde verdemütigter Jesus, meine Sünden haben dich zu Boden geworfen. Ach! es reut mich von Herzen, daß ich dich, meinen Gott, das beste Gut, jemals erzürnt habe! O mein Jesus, opfere deinem himmlischen Vater dein dreistündiges Gebet zur Genugtuung für meine Sünden auf, und verleihe mir kraft deines heiligen Gebetes, jederzeit eifrig und andächtig zu beten. Amen.

Beim Sündenbekenntnis bedenke, wie Christus aus Angst Blut geschwitzt hat. O bis in den Tod betrübtester Jesus, der du im Ölgarten zu deinem himmlischen Vater betend blutigen Schweiß vergossen hast, ich bitte dich, verleihe mir, daß ich in meinem Gebet, mit deiner göttlichen Süßigkeit gespeist, anstatt der Blutstropfen wahre Bußtränen vergießen möge. Amen.

Beim Altarkuß betrachte, wie Christus dem Judas den Friedenskuß nicht versagt. O Herr Jesus Christus! der du durch den Kuß des Judas hast verraten werden wollen, gib mir die Gnade, aß ich weder dich noch meinen Nächsten jemals ungerechterweise verrate, sondern dir allzeit getreu verbleibe und meinem Nächsten die schuldigen Dienste der Liebe niemals versage. Amen.

Der Priester geht zur Lesungsseite und betet dort den Introitus:
Betrachte, wie Christus zu Annas geführt wird; dort wegen seiner Lehre befragt, erhielt er einen Backenstreich. O sanftmütigster Jesus, der du, wie ein Missetäter gefangen, zum gottlosen Annas wolltest geführt werden, wo du, über deine Lehre befragt, mit einem harten Backenstreich in dein heiliges Angesicht geschlagen wurdest: ich danke dir, mein geduldigster Jesus, für die große Liebe, mit welcher du den unbarmherzigen Backenstreich gelitten hast, und bitte dich, bewahre mich durch deine schmähliche Gefangennahme vor dem ewigen Gefängnisse der Hölle und führe mich in die himmlische Stadt Jerusalem. Amen.

Beim Kyrie eleison betrachte, wie Christus zu Kaiphas geführt und von Petrus verleugnet wird.

O barmherzigster Jesus, der du im Haus des Kaiphas höchst betrübt worden bist, da dich dein geliebter Jünger Petrus dreimal verleugnet hat: ich bitte dich, bewahre mich vor böser Gesellschaft und schweren Versuchungen, damit ich niemals durch eine Todsünde von dir geschieden werde. Amen.
Wenn das Gloria gebetet wird, betrachte die Freude der Juden über Christi Schmach und Peinigung.
Ich lobe, preise und benedeie dich, o mein treuester Erlöser Jesus Christus! und von Grund meines Herzens danke ich dir für alle Schmach, die du für mich gelitten. Wievielmal du von den Juden gelästert worden bist, so vielhunderttausendmal preise ich dich und sage dir für alle und jede zugefügte Schmach höchsten Dank, denn du bist allein heilig, du bist allein lobwürdig, du bist allein der Allerhöchste, mit dem Hl. Geist in der Herrlichkeit deines himmlischen Vaters. Amen.

Beim Dominus vobiscum betrachte, wie Christus Petrus angeschaut und bekehrt hat. O du Herr Jesus Christus, der du Petrus, nachdem er dich verleugnet, mit gnädigen Augen angesehen und zur Buße bewogen hast: sieh auch mich mit gütigen Augen an, damit ich meine Sünden vor deinem Angesicht recht beweine und dich, meinen Gott und Herrn, niemals mit Worten oder Werken verleugne. Amen.

Bei den Tagesgebeten, der Lesung und dem Graduale betrachte, wie Christus zu Pilatus geführt und fälschlich angeklagt worden ist.
O heiligster Jesus, du warst ganz unschuldig, unbefleckt, weit von aller Sünde entfernt und bist doch fälschlich als Übeltäter vor Pilatus angeklagt worden. Aber ach! meine Sünden stehen allezeit wider mich und klagen mich an bei deiner Gerechtigkeit. O wehe mir Elenden! Ewig gehe ich verloren, wenn mir deine Barmherzigkeit nicht hilft. Deswegen werfe ich mich jetzt dir zu Füßen und bitte demütig mit dem Zöllner: Gott, sei mir armen Sünder gnädig und erbarme dich meiner nach deiner großen Barmherzigkeit. Amen.

Beim Evangelium erinnere dich, wie Christus wegen der Verkündigung des Evangeliums von den ungerechten Richtern viel leiden mußte.

O allerweisester Jesus, du bist als der göttliche Lehrmeister vom Himmel gekommen, um den Weg des Herrn in der Wahrheit zu lehren und uns sicher zum Himmel zu führen und zu leiten. Um dieses dein Amt desto vollkommener zu verrichten, hast du deine Lehre mit deinem allerheiligsten Beispiel selbst bekräftigen wollen, so daß, gleichwie deine Worte die lautere Wahrheit, so auch dein unschuldigster Lebenswandel lauter Heiligkeit gewesen ist. Und nichtsdestoweniger wolltest du, der Herr, Meister und Richter aller Menschen, unter größtem Spott des Volkes vor die gottlosen und ungerechten Richter geführt und von ihnen verhört und verurteilt werden. Durch diese deine unerhörte Geduld und tiefste Demut verleihe mir, o Jesus, daß ich den Samen des göttlichen Wortes und die Lehre deines heiligen Evangeliums mit gutem Herzen und bereitwilligem Geist allzeit annehme und viele Früchte bringe in Geduld. Amen.

Beim Credo betrachte die große Beständigkeit der schmerzhaften Mutter bei dem betrübenden Zustand ihres lieben Sohnes.

Groß wie das Meer ist dein Schmerz gewesen, du Gebenedeite unter den Frauen, jedoch haben bei dir nicht abgenommen: Glaube, Hoffnung und Liebe. Fest hast du geglaubt, du werdest einst die Güter des Herrn im Land der Lebenden sehen. Auf Gott hast du deine Hoffnung gesetzt und bist nicht zuschanden geworden; ihn hast du geliebt aus deinem ganzen Herzen, aus deiner ganzen Seele und aus allen deinen Kräften. Durch deine Fürbitte, o allerseligste Jungfrau Maria, vermehre in mir den Glauben, stärke die Hoffnung und mache vollkommen die Liebe, denn du bist die Mutter der schönen Liebe. (Sir 24)

Bei der Opferung und der Abdeckung des Kelches wird die Entblößung Christi bei der Geißelung dargestellt und wie bereitwilligst sich Christus, alles zu leiden, seinem himmlischen Vater aufgeopfert hat.

Gelobt seist du, o süßester Jesus, daß du dich deiner Kleider berauben und deinen allerreinsten Leib dem frechen Angesicht der Soldaten ganz entblößt zur grausamsten Geißelung hast darstellen lassen, um die Wunden meiner Seele durch die deinen zu heilen. Reinige du selbst, o treuester Heiland, mein sündiges Herz von allen bösen Gedanken; ziehe mir den alten Menschen aus samt seinen sündigen Werken, Lüsten und Begierden und bekleide mich wieder mit dem neuen Menschen, welcher nach deinem Ebenbild erschaffen ist in Heiligkeit und Gerechtigkeit. Gib mir Gnade, daß ich in Geduld und Demut die Schläge deiner Hand, die zu meiner Züchtigung geschehen, willig annehme und ertrage. Laß mich auch, o mein liebreichster Erlöser, alle Augenblicke bereit sein, lieber mein Hab und Gut, ja Ehre und das Leben selbst zu verlieren, als etwas zu tun, was deinen allerheiligsten Augen mißfallen möchte. Amen.

Wenn der Kelch zugedeckt wird: Bedenke die schimpfliche Krönung Christi. Sei gegrüßt, o Jesus, du gekrönter König der Juden, in deinem zerrissenen Purpurkleid, mit deiner Dornenkrone und deinem schmählichen Zepter. O König aller Könige, dessen Macht und Gewalt groß und ohne Ende ist, der du so spöttisch von Juden und Heiden zu größter Verachtung mit Dornen gekrönt wurdest, deren Spitze und Schärfe dein allerheiligstes Haupt durchdrangen. Durchbohre mein Herz, Sinn und Gedanken, daß ich alle weltlichen Lüste und irdischen Freuden fliehe und meide, dem ewigen Tod entgehe und durch dein allerheiligstes, bei der schmerzlichen Krönung vergossenes Blut die Krone der ewigen Seligkeit erlange. Amen.

Wenn sich der Priester die Hände wäscht, betrachte, wie Pilatus durch Waschen seiner Hände nur den äußerlichen Schein der Unschuld gesucht hat. - O Herr Jesus Christus, der du von Pilatus unschuldig verurteilt wurdest, damit er die Gunst der Welt nicht verliert, verleihe, daß ich um deinetwillen gern der Welt Haß und Feindschaft auf mich lade; behüte mich, o Herr, vor Heuchelei und lasse nicht zu, daß ich aus eitler Furcht oder Menschenliebe etwas tue, was dir zuwider ist, sondern allein dich fürchte, liebe und verehre und dir allein gefalle. Amen.

Beim ‘Betet Brüder gedenke, wie Christus von Pilatus dem Volk mit den Worten vorgestellt worden: „Welch ein Mensch."

Herr Jesus Christus, der du mit einem Spottkleid angetan, ganz entstellt, dem jüdischen Volk vorgestellt werden wollest, erbarme dich meiner, daß ich, wenn ich vielleicht durch die Sünde vor deinen Augen häßlich und entstellt worden bin, wiederum durch wahre Buße mit dem Kleid der Unschuld angetan, schön und herrlich vor dir erscheinen möge. Amen.

Bei der Präfation betrachte, wie das Todesurteil über Christus gefällt wird. Ich danke dir, mein liebster Jesus, daß du bei deiner höchsten Gerechtigkeit, Unschuld und Heiligkeit dennoch das Urteil des schmählichsten Todes am Kreuz, der von deinem himmlischen Vater zu meinem und aller Menschen Heil verordnet war, ganz willig und mit Freude auf dich genommen hast. Verleihe mir, o Herr, die Gnade, daß ich mich auch dem Willen deines himmlischen Vaters in allem Tun und Lassen gänzlich ergebe, seine göttlichen Anordnungen, sie seien zum Leben oder zum Tod, mit höchster Ehrerbietung anbete, dieselbe mit willigem Herzen jederzeit auf- und annehme und dafür in der Zeit und Ewigkeit ihn herzlich lobe und preise. Amen.

Beim Sanktus betrachte, wie Christus sein Kreuz auf den Kalvarienberg getragen. O Jesus, du geduldiges Lamm, der du von Pilatus zum allerschmählichsten Tod verurteilt und den Händen der Henker zur Kreuzigung übergeben, ganz willig ohne alle Widerrede in den Tod gegangen bist, damit wir vom ewigen Tod erlöst würden: verleihe mir durch die Kraft deines hl. Kreuzes Stärke, Kraft und Geduld, daß ich nicht allein das Joch deiner göttlichen Gebote willig auf mich nehme, sondern auch mein eigenes Kreuz und alles, was mir von deiner väterlichen Hand zugeschickt wird, geduldig leide und dir auf dem Weg des Kreuzes beständig nachfolge, bis ich endlich zu dir auf den Berg der Glorie gelange. Amen.

Wenn der Priester das Kreuz über das Opfer macht, bedenke, wie Christus mit Nägeln ans Kreuz geheftet worden.

O Herr Jesus Christus, der du für mich mit eisernen Nägeln ans Kreuz geheftet werden wollest und zugleich die Handschrift unserer Sünden und des Todes daran geheftet hast, ich bitte dich, durchbohre mein Fleisch mit deiner Furcht, damit ich mich fest an dein Gesetz halte; hefte meine Hände an dein Kreuz, daß ich sie zu keiner Sünde ausstrecke; durchnagle meine Füße, damit sie von bösen Wegen abgehalten werden; und durch das hl. Blut, das aus deinen hl. Händen und Füßen geflossen, reinige mein Herz und heilige meine Seele. Amen.

Bei der Erhebung der hl. Hostie bedenke, wie Christus am Kreuz erhoben wurde. - O Jesus, ich bete dich hier an, der du von der Erde wolltest erhoben werden, damit du alles an dich ziehen könntest. Ach, ziehe mich zu dir mit den Banden der Liebe, die du sterbend am Kreuz gezeigt hast! Mache, daß ich nichts anderes kenne noch suche als Jesus den Gekreuzigten, noch eines anderen mich rühme als allein des Kreuzes unseres Herrn Jesu Christi. Jesus, du Lamm Gottes, erbarme dich meiner! Amen.

Bei der Erhebung des Kelches stelle dir vor, wie das Blut Christi vom Kreuz herabfloß. - O Jesus, dies ist ebendasselbe Blut, welches aus allen Wunden deines heiligen Leibes vom Kreuz herab zu unserem Heil geflossen ist; o liebreichster Jesus, ach laß doch dein kostbares Blut an mir armen Sünder nicht verloren sein; sondern laß dasselbe mir, allen Lebendigen, besonders... und Verstorbenen... zur ewigen Seligkeit gereichen. Amen.

Von der Wandlung bis zum Paternoster erinnere dich der Schmerzen, die Christus drei Stunden lang am Kreuz gelitten.

O mein gekreuzigter Jesus, der du jetzt mit Leib und Seele auf dem Altar gegenwärtig bist, ich falle demütig mit Maria Magdalena vor deinem hl. Kreuz nieder und umfange dasselbe mit herzlichem Mitleiden. Ich gedenke, o Jesu, wie erbärmlich du am Kreuz nackt und bloß hingst, zwischen zwei Mördern, mit großem Spott und Hohn und mit Verachtung vor der ganzen Welt und unter der größten Schmerzen an deinen heiligen Gliedern. Dein heiligstes Haupt war voll Schmerzen wegen der tief hineingedrückten Dornenkrone; deine blutigen Arme waren voll Schmerzen wegen der schrecklichen Dehnung; deine hl. Hände und Füße waren voll Schmerzen wegen der groben eisernen Nägel; dein Herz und deine Seele waren voll Schmerzen, weil du selbst vom himmlischen Vater dich verlassen fühltest; und dies alles neben vielen tausend Lästerungen hast du, liebreichster Jesus, um unserer Sünden willen mit größter Geduld gelitten; dafür danken wir dir innigst und bitten, du wollest uns durch die Kraft deines heiligen Leidens in deiner Gnade also befestigen, daß wir niemals, durch eine Todsünde von deiner Liebe getrennt werden. Amen.

Beim Vater unser, das aus sieben Bitten besteht, betrachte die sieben Worte Christi am Kreuz. - Ich danke dir, mein süßester Jesus, der du am Kreuz hängend jene sieben geheimnisvollen Worte zum Trost meiner Seele gesprochen hast. Verleihe mir deine kräftige Gnade, daß ich in der Stunde des Todes nicht an das Zeitliche, sondern an das Ewige denke, daß ich meinen Feinden verzeihe, mein Vertrauen auf deine Barmherzigkeit nimmer verliere, zur deiner reinste Mutter allezeit ein kindliches Herz trage, nach dem Himmlischen mit Verachtung der Welt dürste und seufze, in deiner Gnade bis ans Ende verharre, endlich, daß meine letzten Worte und Gedanken seien: Vater, barmherziger Vater, in deine Hände empfehle ich meine Seele. Amen.

Beim Brechen der hl. Hostie denke daran, wie Christus stirbt.

O mein Herr Jesus Christus, weil Himmel und Erde sich über deinen Tod entsetzt haben, da die Erde erbebte, die Felsen zersprangen und die Sonne verfinstert war, warum sollte denn ich, der ich durch meine Sünden einen solchen Tod verursacht, dieselben nicht empfinden? O Gott Vater, durch den Tod deines eingeborenen Sohnes bitte ich dich, verleihe mir die Gnade, allen Sünden und bösen Begierden abzusterben, damit ich einst selig scheide und mit dir in alle Ewigkeit lebe. Amen. Wenn der Priester ein Stück von der hl. Hostie in den Kelch senkt, gedenke, wie Christus stirbt und seine Seele in die Vorhölle hinab fährt.

Ich danke dir, mein Jesus, der du durch dein Kreuz und deinen Tod das ganze menschliche Geschlecht erlöst und die Seelen aus der Vorhölle errettet hast, lasse auch jetzt die Kraft deines hl. Blutes hinabsteigen in das Fegfeuer über die Verstorbenen, besonders... damit sie, aus zeitlicher Qual errettet, die ewige Ruhe genießen mögen. Amen.

Beim Agnus Dei gedenke, wie sich der Hauptmann und viele andere bekehrt haben. - O Herr Jesus Christus, dessen Gottheit der Hauptmann selbst erkannt, ob dessen geduldigen Leidens und seligen Sterbens auch viele andere an ihre Brust geklopft, sich bekehrt und ihre Sünden beweint haben: gib mir durch die Verdienste deines bitteren Leidens und Sterbens die Gnade, daß ich alle meine schweren Sünden reumütig beichte und dich in Zukunft nicht mehr beleidige. Amen.

Bei der Kommunion des Priesters erinnere dich des Begräbnisses Christi und kommuniziere wenigstens geistiger Weise.

Dank sei dir, o Herr Jesus Christus, der du von Joseph und Nikodemus wolltest vorn Kreuz abgenommen und in ein neues Grab gelegt werden; ich bitte dich, bereite mein Herz also, daß es zu deiner angenehmen Ruhestätte tauglich sei.
Ach wie gern wollte ich dich jetzt mit dem Priester empfangen.
Komme wenigstens geistiger Weise mit deiner Gnade zu mir;
reinige, erquicke und stärke mich;
vermehre in mir den Glauben, denn an dich,
o ewige Wahrheit! glaube ich;
stärke in mir die Hoffnung, denn auf dich,
o unendliche Güte! hoffe ich;
entzünde in mir deine Liebe,
denn über alles will ich dich lieben,
o mein Gott, o höchstes Gut und alles.
Seele Christi heilige mich,
Leib Christi mache selig mich,
Blut Christi tränke mich,
Wasser der Seite Christi wasche mich,
Leiden Christi stärke mich,
O gütigster Jesu, erhöre mich,
In deine Wunden verberge mich,
Von dir laß nimmer scheiden mich,
Vor dem bösen Feind beschütze mich,
In meiner Todesstunde rufe mich,
Und heiße zu dir zu kommen mich,
Mit deinen Heiligen zu loben dich,
In deinem Reiche ewiglich. Amen.

Beim Austrocknen des Kelches bedenke die Salbung Christi nach dem Tod. O Herr Jesus Christus, dessen Leichnam unter dem Wehklagen deiner Freunde

in reine Leinwand gewickelt wurde und mit Spezerei gesalbt werden sollte, gib meinem Herzen Gnade, daß es allzeit rein sei und einen guten Geruch der Tugenden von sich gebe, damit du jederzeit daran Wohlgefallen habest. Amen.

Wenn der Priester die Kommuniongebet betet beherzige die Auferstehung Christi. Dank sei dir, mein Jesus, der du glorwürdig von den Toten auferstanden bist: gib mir Gnade, daß ich meinen alten sündhaften Wandel verlasse und ein neues Leben anfange, damit ich einst glorreich und herrlich unter der Schar deiner Auserwählten in deiner Glorie erscheine. Amen.

Beim Dominus vobiscum betrachte Christi Erscheinung nach seiner Auferstehung. O Herr Jesus Christus; der du nach deiner Auferstehung deine liebe Mutter und deine Jünger mit dem Anblick deines glorreichen Leibes hast erfreuen wollen: gib mir Gnade, daß ich dich, so nicht hier zeitlich, doch ewig in der künftigen Glorie schaue und von deinem lieblichen Angesicht in Ewigkeit erfreut werden möge. Amen. Bei den letzten Gebeten bedenke, wie Christus vierzig Tage noch auf der Erde blieb. - Angemessen sagen wir dir Dank, o Herr Jesus Christus, der du mit deinen Jüngern vierzig Tage gewandelt bist, um sie vom Reich Gottes zu unterrichten, ihnen die höchsten Geheimnisse zu offenbaren und dieselben fähig zu machen, deiner hl. Kirche gut vorzustehen. Leite auch mich, allerliebreichster Heiland, daß ich beständig bei deiner Lehre verbleibe und in aller Ehrfurcht, Liebe und im Gehorsam als ein wahres Kind deiner heiligen Kirche bis in den Tod verharre. Amen.

Bei dem letzten Dominus vobiscum und Ite missa est gedenke, wie Christus in Gegenwart seiner Jünger zum Himmel aufgefahren ist.

Lob, Ehre und Dank sei dir, Jesus Christus, der du im Angesicht deiner Jünger glorreich in den Himmel aufgefahren bist und dort zur Rechten deines himmlischen Vater sitzt; gib meiner Seele Gnade, daß sie, über alles Irdische erhoben, dort allein dich suche und in diesem Tal der Tränen nach dir allein seufze und mit allen Kräften verlange. Amen.

Beim priesterlichen Segen denke an die Sendung des Hl. Geistes.

Ich sage dir höchsten Dank, o Herr Jesus Christus, der du nach deiner Himmelfahrt deinen Jüngern den Hl. Geist gesendet hast; ich bitte dich, reinige das Innerste meines Herzens von aller Sünde und allen unordentlichen Gelüsten, damit der Hl. Geist eine würdige Wohnung darin finde, dasselbe mit göttlichen Gaben und Gnaden ziere, tröste und in allem Guten befestige. Amen.

 

Inhaltsverzeichnis
 


Hausmesse, wenn man nicht zur Kirche kommen kann.

Gute Meinung O dreifaltiger Gott, du weißt, wie gern ich jetzt zur Kirche gehen und die hl. Messe hören möchte. Da ich ihr aber körperlich nicht mitfeiern kann, so stelle ich mich im Geist an alle Altäre zu den Priestern, besonders in meiner Pfarrkirche, und begehre mit ihnen Christus anzubeten, aufzuopfern und zu empfangen. Ich vereinige mich auch mit all jenen, die andächtig der hl. Messe mitfeiern. Ja, was Christus unter den Gestalten von Brot und Wein auf allen Altären wirkt und tut, das wünsche ich mit ihm zu tun, nämlich dich, o Gott, in Vereinigung mit ihm aufs vollkommenste zu loben, zu lieben, zu ehren, zu bitten, dir zu danken, zu dienen, Genugtuung zu leisten und die dir durch Sünden zugefügte Schmach wieder gutzumachen. Dazu verleihe mir deine göttliche Gnade. daß ich dies alles mit herzlicher Andacht verrichten möge. Amen.

Anbetung und Aufopferung. Ich bete dich an, o gütigster Jesu, auf allen Altären, auf denen du gegenwärtig bist, und an meine Brust schlagend, bitte ich um Gnade. O Jesu, sei mir gnädig, sei mir barmherzig; gütigster Jesu, verzeihe mir meine Sünden. Schaue herab, o allerheiligster Vater, von deinem himmlischen Thron und siehe an deinen lieben Sohn, wie du ihn angesehen hast in der Krippe und am Kreuz. Diesen opfere ich dir durch die Hände aller die hl. Messe lesenden Priester auf; ich opfere dir seine Tugenden und seine Verdienste, sein Leiden und Sterben, seine Gottheit und Menschheit, zu deiner höchsten Ehre, zur Freude seiner allerseligsten Mutter und aller Heiligen, zu meinem und aller Menschen Heil und Trost aller Armen Seelen im Fegfeuer.

Ich bete dich an, o hl. Blut Christi, auf allen Altären, wo du gegenwärtig bist, und an meine Brust schlagend, bitte ich um Gnade. O hl. Blut, wasche mich von meinen Sünden; o rosenfarbenes Blut, zahle die verdienten Strafen; o gnadenreiches Blut, rufe zu Gott um Barmherzigkeit.
Allerheiligste Dreifaltigkeit, alle Tröpflein des Blutes Christi samt aller Liebe, mit der sie unter Spott und Pein sind vergossen worden, opfere ich dir auf durch die Hände Jesu und aller Priester und möchte sie jeden Augenblick meines Lebens aufs kräftigste aufopfern, zu deiner höchsten Ehre, zur Verzeihung meiner Sünden, zur Zahlung meiner Strafen, zur Abwaschung meiner Fehler, zur Besserung meiner Nachlässigkeiten, zur Erstattung meiner Versäumnisse und Nachlaß meiner Unwissenheit, wie auch zum Trost der Betrübten, zur Bekehrung der Sünder, zur Stärkung der Sterbenden und zur Erquickung der Verstorbenen. O Jesus, dein göttliches Blut, deine bitteren Tränen, deinen blutigen Todesschweiß und das Blut und Wasser deiner Seite gieße doch aus über meine Seele, damit sie rein werde, und über alle Seelen des Fegfeuers zu ihrer Erquickung; du mögest sie dadurch trösten, reinigen und erlösen. Amen.

Bitten. Jetzt wende ich mein Herz und meine Augen zu dir, o gütigster Jesus! Ach, wende doch auch du deine Augen und dein Herz zu mir und siehe an meine äußerste Not und die große Gefahr, in welcher meine Seele schwebt. Ach, nimm dich doch meiner an und sei mein treuer Mittler und Fürsprecher. In allen hl. Messen opfere dich doch auch für mich und erwirb mir vollkommene Verzeihung meiner Sünden. Zeige deinem Vater dein dornengekröntes Haupt, deinen verwundeten Leib, deine hl. fünf Wunden, dein durchstochenes Herz und dein vergossenes Blut. Erzähle ihm, wie du für mich so schmerzlich bist gegeißelt, gekrönt, gekreuzigt und getötet worden, und durch dies alles erbitte mir, daß er mich nicht ewig verlorengehen läßt. Du wollest ihn auch in allen hl. Messen für mich lieben, loben, ehren, ihm Dank und Sühne leisten und mir deine Verdienste reichlich zueignen. Amen.

O du Lamm Gottes, das du jetzt wiederum geistiger Weise leidest, erbarme dich meiner und opfere dein Leiden dem himmlischen Vater auf zur Verzeihung meiner Sünden.
O du Lamm Gottes, das du jetzt wiederum geistiger Weise stirbst, erbarme dich meiner und opfere deinen Tod dein himmlischen Vater auf zur Bezahlung meiner Schulden.
O du Lamm Gottes, das du jetzt wiederum geistiger Weise dein Blut vergießest, erbarme dich meiner und opfere dein hl. Blut Gott dem Vater auf zur Abwaschung meiner Seele. Amen.

Geistige Kommunion. O mein Jesus, wie glücklich sind die Priester und alle jene, welche dich jetzt wirklich in der hl. Kommunion empfangen können. Wie gern wäre ich bei ihnen, um durch den Genuß deines hl. Fronleichnams aufs innigste mit dir vereinigt zu werden! So laß mich wenigstens geistiger Weise mit ihnen zu deinem hl. Tisch treten; laß mich geistiger Weise mit deinem hl Leib gespeist und mit deinem Blut getränkt werden. Stärke dadurch meine Seele zu allem Guten, vermehre in ihr deine wunderbare Gnade und ziere sie mit allen Tugenden. Amen.

Zum Schluß. Nun, habe ich, o allerheiligste Dreifaltigkeit, mich bemüht, durch Vereinigung mit allen hl. Messen dir das kostbarste Geschenk, nämlich deinen göttlichen Sohn, wieder darzubringen. Ich opfere dir diese unendlich große Gabe abermals neben allem, was mein gütigster und liebenswürdigster Erlöser in allen hl. Messen für mich getan, was er mir geschenkt und was ich selbst durch mein unwürdiges Gebet verdient habe. Dies alles sende ich dir durch meinen hl. Schutzengel in den Himmel hinauf und lege es auf deinen himmlischen Altar vor dein göttliches Angesicht, auf daß es ewig vor dir bleibe und dir zu immerwährendem Lob, mir aber und allen Gläubigen, Lebendigen und Verstorbenen, zur ewigen Seligkeit gereiche. Amen.

Es segne mich der allmächtige Gott, † der Vater, der Sohn und der Hl. Geist.
Amen.

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Beichtandacht

In tiefer Demut nahe ich mich deinem hl. Richterstuhl, um mich in aufrichtigem Bekenntnis als armen Sünder anzuklagen. Du willst ja nicht den Tod des Sünders und stößt nicht zurück, der in Zerknirschung seines Herzens zu dir kommt. Deine Barmherzigkeit ist größer als meine Sündenschuld; deshalb komme ich zu dir, o barmherziger Vater, voll Vertrauen und bitte dich inständig: du mögest mir deinen Hl. Geist senden, damit ich meine Sünden und Fehltritte recht erkenne, von Herzen bereue, aufrichtig beichte und für mein späteres Leben ernste Vorsätze der Besserung fasse.

Gewissenserforschung.

Wann war die letzte, gültige Beichte? Buße verrichtet? - Überdenke die zehn Gebote Gottes und die fünf Gebote der Kirche und erforsche dich, wie du gegen dieselben durch Gedanken (Begierden), Worte, Werke und Unterlassung dich verfehlt hast. Nimm es recht genau und ernst. Einmal mußt du deinem Gott eine genaue Lebensbeichte ablegen.

O Gott, ich habe gesündigt gegen den Himmel und dich; ich bin nicht wert, dein Kind zu heißen. Deine Vatergüte habe ich aufs schmählichste mißachtet und deiner Liebe den Rücken gewandt. 'Wie oft hast du mich gemahnt und gerufen, aber ich hörte nicht auf deinen liebevollen Ruf. Du wurdest nicht müde, mich mit Wohltaten zu überhäufen, aber ich habe gerade deine Gaben und Geschenke mißbraucht, um dich zu beleidigen. O Gott, sei mir armen Sünder gnädig. Höre auf das Flehen meiner Seele; denn ich bin krank durch meine Schuld. Wie schmerzt es mich, daß ich dein Vaterherz so betrübte. Aus ganzer Seele verabscheue ich meine Sünden und bereue sie aus Liebe zu dir. Gib Tränen meiner Seele, daß ich sie beweine und abwasche in heißer Liebesglut. Gekreuzigter Heiland, der du für mich am Kreuz gelitten und einen grausamen Tod erduldet hast, sieh voll Erbarmen auf mich der ich voll Schmerz zu dir flüchte. Nimm weg von mir meine Sünden; ich nehme mir fest vor, dein gutes Herz nie mehr zu beleidigen und zu betrüben. Alle Versuchungen will ich standhaft überwinden und jede Gelegenheit zur Sünde ernstlich meiden. Das Unrecht; das ich getan, will ich nach Kräften wieder gutmachen. Gib mir deine Gnade, o barmherziger Herr und Gott!
Hl. Maria, du Zuflucht der Sünder, stehe für mich ein bei deinem Sohn; und ihr hl. Engel und Seligen des Himmels, unterstützt ihr Gebet, damit ich Gnade und Verzeihung finde vor dem Angesicht des Herrn. Amen.

In der Beichte sei aufrichtig; Hinweg mit aller falschen Scham! Habe Vertrauen und Demut.

Nach der Beichte. O Gott, wie groß ist deine Güte und dein Erbarmen! Durch den Mund des Priesters hast du zu mir gesprochen: Geh hin in Frieden; deine Sünden sind dir vergeben. Wie glücklich bin ich: dein Friede und deine Freude sind wieder in mein Herz eingekehrt; der Himmel ist mir wieder geöffnet. Wie soll ich dir danken für deine übergroße Liebe. Ja, ich will halten, was ich dir versprochen habe. Ich will dir treu bleiben bis in den Tod. Aber ohne dich vermag ich nichts. Darum festige und stärke meinen Willen, daß ich von nun an allen Anfechtungen der Hölle widerstehe und sie siegreich überwinde.

Bete, wenn möglich, jetzt die auferlegte Buße.

Himmlischer Vater, nimm diese Beichte huldvoll an und, was ihr an guter Vorbereitung und Ausführung mangelte, ersetze es aus dem reichen Schatz der Verdienste deines Sohnes. Segne mich und meine Vorsätze, damit ich mit doppeltem Eifer dir diene und deine heiligen Gebote beobachte. Hl. Geist, Vater der Armen, vollende mit deinen kostbaren Gaben in mir das Werk der Erbarmung. Entzünde mich mit dem stärkenden Feuer deiner Liebe und führe mich den Weg des Heiles.
Hl. Maria, Mutter der Barmherzigkeit, nimm mich in deine mütterliche Hut und begleite mich mit allen Engeln und Heiligen auf allen meinen Wegen, damit ich dereinst die Krone des Lebens erlangen möge. Amen.

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Kommunionandacht

Vor der hl. Kommunion - Langsam und mit Bedacht beten!

Kommt zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken, und ihr werdet Frieden finden für eure Seelen. Könnte deine Einladung, o Herr, liebevoller lauten? In deiner Güte und Erbarmung rufst du alle: und darum nahe ich mich voll Vertrauen dem Tisch deiner Gnaden. Ich bin krank; du kannst mich heilen. Ich bin schwach und elend; du wirst mich stärken. Ich bin so liebe-leer und kalt; du, wirst mein Herz entzünden und wärmen mit der Glut deines hl. Herzens. Sieh, o mein Heiland, gnädig auf mich herab und laß die hl. Kommunion, in der ich mich jetzt mit dir vereinigen will, mir zur Stärkung und zum ewigen Heil gereichen. Glaube und Anbetung. O mein Jesus, du, die ewige Wahrheit, du hast gesagt: Dies ist mein Leib. In tiefster Ehrfurcht bekenne ich meinen Glauben und meine Überzeugung, daß du in diesem Sakrament mit Fleisch und Blut, mit Gottheit und Menschheit, gerade so wie du im Himmel weilst, wahrhaft und wesentlich zugegen bist. Mein Leben würde ich bereitwilligst dahingeben für diesen meinen Glauben. Ich werfe mich nieder vor deiner hl. Gegenwart und bete dich aus der Tiefe meines Herzens an als meinen Herrn und Gott, als meinen Erlöser und Seligmacher. O
Jesus, vermehre meinen Glauben!

Hoffnung und Aufopferung. Von dir, o mein Heiland, erhoffe ich alles. Du selbst hast mich eingeladen; darum eile ich zu dir hin: du, wirst mich nicht verstoßen. Meiner Sünden und Schwachheiten wirst du nicht gedenken, sondern mich liebevoll in deine Vaterarme aufnehmen und mit der Gnade und Verzeihung beglücken. Darum opfere ich mich dir ganz auf. Alles, was ich bin und habe, soll dein sein. Nichts will ich für mich behalten. Alles sei deinem hl. Dienst gewidmet. Nimm das kleine Opfer meiner selbst gütig an und segne es, damit ich mich nie trenne von dir, sondern treu meinem Versprechen mit ganzer Seele dir anhänge. Stärke meine Hoffnung, o Jesus.

Liebe und Reue. O Jesus, wie hast du mich geliebt! Von Ewigkeit her hast du meiner gedacht und mich zu deinem Kind erwählt. Dein Leben hast du für mich am Kreuz dahingegeben, und jetzt gibst du dich in übergroßer Liebe hin als Speise meiner Seele. Kann es eine größere Liebe geben, als du mir armen Sünder erwiesen hast? Ach, wie schlecht habe ich aber bisher deine Liebe erwidert. Wie viel und wie oft habe ich dein gutes Herz durch meinen Undank betrübt. Wie oft habe ich deiner Liebe vergessen und meinte Liebe unwürdigen Geschöpfen geschenkt. Aus ganzem Herzen schmerzt e mich, und in bitterster Bitterkeit meiner Seele beweine ich meine Sünden. Von nun an soll mich nichts mehr trennen von deiner Liebe. Mit allen Kräften und über alles will ich dich lieben, o bester Seelenfreund; entzünde in mir das Feuer deiner Liebe.

Demut und Verlangen. So komme denn zu mir, o mein höchstes Gut und Glück. Mit heißer Sehnsucht verlange ich nach dir und deiner Vereinigung. Wie trockenes Erdreich nach Regen verlangt, so sehne ich mich nach dir, o Jesus. Verweile nicht länger und. komme in mein Herz. Doch je näher der glückliche Augenblick herannaht, in dem ich dich in mein Herz aufnehmen soll, je mehr wächst mein Zagen. Denn wer bin ich, daß ich mich dem hl. Gastmahl nahen darf. Ich bin so elend und arm, und nicht rein ist das hochzeitliche Gewand. Du aber, o liebevoller Heiland, kannst alles ersetzen. Schmücke mit deiner Gnade mein Herz, daß es eine würdige Wohnstätte für dich werde. Und dann eile, zu mir zu kommen und bring mir deinen Frieden. Maria, Mutter Jesu und auch meine Mutter, flehe für mich bei deinem Sohn. Ihr lieben Engel und Heiligen, begleitet mich zum Tisch des Herrn, damit der Leib und das Blut Jesu Christi mir zum ewigen Leben gereiche. Amen.
Herr; ich bin nicht würdig, daß du eingehst unter mein Dach, aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund. (Dreimal.)

Nach der hl. Kommunion.

Lob und Anbetung. Hochpreist meine Seele den Herrn und alles, was in mir ist, seinen hl. Namen. Er hat meiner Niedrigkeit nicht geachtet und ist eingekehrt in mein Herz. O süßes Wort: Jesus wohnt in meiner Seele. Sei mir gegrüßt, du wahres Gotteslamm! Du bist mein, und ich bin dein. O Jesus, du bist nun wirklich in meinem Herzen; du hast dich nicht gescheut, dich so zu erniedrigen, um mich zu beglücken. Mein Gott und mein Alles; ich bete dich an. O eilt herbei, ihr seligen Chöre der himmlischen Geister, eilt herbei und schaut, was der Herr an mir getan. Stimmt ein in meinen Lobgesang und preist mit mir den allgütigen Gott; denn seine Barmherzigkeit währt von Geschlecht zu Geschlecht. Er hat mich genährt mit seinem Fleisch und Blut: kommt, laßt uns ihn anbeten!

Dank und Aufopferung. O Jesus, du Sohn des lebendigen Gottes, wie soll ich dir deine Huld und Gnade vergelten. Du wohnst in meinem Herzen; o unbegreifliche Güte und Liebe! Ich danke dir, o Jesus! Ich vermag dir nicht genug zu danken, darum möge die ganze Schöpfung mit mir laut ausrufen: ich danke dir, o Jesus! Was soll ich dir geben für deine Liebe? Ich weiß es, o Jesus. Ich weiß, was du von mir verlangst. Nimm hin mein Herz, nimm hin meine Liebe, mich mit allen meinen Fähigkeiten, meinem Verstand, meinem Willen. Dir schenke und übergebe ich alles; nichts soll mehr mir gehören. Nimm alles zum ewigen Besitz und halte fest, was von nun an ganz dein ist. Zugleich übergebe ich dir auch alle meine Schwächen und Fehler, damit du sie bereinigst und verbrennst im Feuer deiner Liebe, auf daß kein Schatten meine Liebe trübe. Auch das wenige Gute, das ich getan, soll dein sein. Ersetze, was mangelhaft war, und hilf, daß es wachse dir zur Ehre und mir zum Heil. Amen.

Bitten. Deine Huld ist so groß, daß ich es wage, mich vertrauensvoll an dein Herz zu wenden. Du selbst versprachst, unsere Bitten zu erhören. Und so bitte ich dich um ein reines, keusches Herz, um eine große und innige Liebe zu dir und zu deiner hl. Mutter Maria. Gib, daß ich dich liebe aus ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus allen meinen Kräften. Verleihe mir auch eine große Liebe zu meinem Nächsten. Stärke mich in der Geduld, Demut und allen Tugenden. Schmücke aus meine Seele mit deiner Gnade, auf daß dein göttliches Auge immer mit Wohlgefallen auf mir ruhe. Erfülle meine Seele mit inniger Sehnsucht nach den himmlischen Gütern, damit sie das Irdische vergesse und nur dir anhange im Leben und im Tod. - Deinem liebevollen Herzen empfehle ich auch alle, die mir lieb und teuer sind, besonders... Verleihe deine Gnade allen Menschen. Erleuchte die Irrenden und Sünder. Bewahre die Unschuldigen und Versuchten. Erbarme dich aller, die in Angst, Not und Traurigkeit sind. Lindere die Qualen der Armen Seelen im Fegfeuer und schenke ihnen die ewige Ruhe. Gieße aus die Fülle deines Segens über mich und alle Menschen, damit wir dereinst dich schauen von Angesicht zu Angesicht in Glorie und Herrlichkeit. Amen.

Ablaßgebet. Siehe, o gütiger und süßester Jesus! vor deinem Angesicht werfe ich mich auf die Knie nieder und bitte und beschwöre dich mit der heißesten Inbrunst meiner Seele: durchdringe mein Herz mit einem lebendigen Glauben, Hoffnung und Liebe, und verleihe mir eine wahre Reue über meine Sünden mit dem unerschütterlichen Willen, mich zu bessern, indem ich mit inniger Rührung und tiefem Schmerz deine fünf Wunden betrachte und dabei beherzige, was dir, o guter Jesus, schon der Prophet David in den Mund gelegt hat: „Sie haben meine Hände und Füße durchbohrt: alle meine Gebeine haben sie gezählt."

O süßestes Herz Jesu, gib, daß ich stets mehr und mehr dich liebe. Amen

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