Der fromme
Diener Gottes
Niklaus Wolf
von der Rippertschwand
Ein Mann der katholischen Aktion
vor hundert Jahren
Von Pfarrer
†
Johann Erni
Neu herausgegeben von Klemens Kiser
©
Copyright by
Klemens Kiser
Nil obstat Solodori, die 12. Sept. 1931 |
Dr. G. Lisibach, Canc. |
Imprimi potest Solodori, die 14. Sept. 1931
|
+ Josephus, Epps. |
Einleitung
Bis vor wenigen Jahren sah man
auf dem alten „Bruderklausenkalender" neben dem Bild des Bruder Klaus auch
das heimelige Bild unseres frommen Niklaus Wolf von Rippertschwand, wie
er dasteht mit dem Rosenkranz in der Hand. Zu seinen Lebzeiten war er weit
über die Grenzen seines Heimatkantons hinaus bekannt. Er übte auf seine
Zeitgenossen den größten Einfluß aus. Weit und breit war er der populärste
Mann; das schönste Vorbild eines Volksmannes; ein Mann, der durch sein Wirken
in der Öffentlichkeit am meisten gehaßt und am meisten
geliebt wurde.
Leider ist dieser kernige katholische Mann aus dem Volk vielfach vergessen
worden. Es ist deshalb gewissermassen eine Ehrenpflicht, dieses Lebensbild
dem heutigen Geschlecht (Generation)
wieder vor Augen zu führen. Er ist ein herrliches Beispiel des lebendigen
katholischen Glaubens. Er ist ein Mann der katholischen Aktion im besten
Sinn des Wortes, grosszügig und opferwillig, von treuester kirchlicher Gesinnung
und makellosem Lebenswandel.
Der
Verfasser
dieser
Zeilen
hat
sich schon
über
zwanzig Jahre
mit
diesem
Mann
beschäftigt; er
hielt über
ihn
auch mehrere Vorträge.
Als
Hauptrolle
zu
diesem
Lebensbild diente das
Büchlein: „Die
Macht
des
christlichen
Glaubens.
Dargestelit
im
Leben
des
durch auffallende
Gebetserhörungen merkwürdig
gewordenen Niklaus Wolf
von Rippertschwand”;
von Pfarrer
Josef Ackermann.
Die
erste Auflage
erschien schon
vierzehn Tage
nach Wolfs
Tod, im
Herbst
1832. Ackermann war
von
1821
bis
1841 Pfarrer
von
BalIwil
und von
1841 bis
1846 Pfarrer
von
Emmen.
Er war ein
gelehrter
Herr,
Verfasser mehierer
wissenschaftlicher Bücher und
von
1817 an der vertrauteste Freund
von Wolf.
Ihm stand
auch der ziemlich
umfangreiche
schriftliche Nachlass
Vater Wolfs
zur Verfugung.
Ich benützte die
vom
Verfasser
selbst
noch vermehrte
und
verbesserte vierte
Auflage
von
1846.
Daneben stand mir zur
Verfügung das Büchlein: ,,Josef Leu von Ebersol”, ebenfalls von Pfarrer
Ackermann. Dann das Werk von Siegwart-Müller über Leu; der Ehrentempel von
Pfarrer X. Herzog; das Leben des Pfarrers Schiffmann, von Alois Lütolf;
die Zeitschrift: Zeichen der gegenwärtigen Zeit im Guten und Bösen, 1823
bis 1825, von Gügler und Segesser ferner der,,Waldstätterbote” 1841; ferner:
,,Die Kilminalprozedur gegen Jakob Müller von Stechenrain°, von Ammann,
ausserordentlichem Verhörrichter (Schulthess,
Zürich, 1846); auch mündliche Mitteilungen
des alten Pfarrers Staffelbach von Neuenkirch, der Pfarrkinder hatte, die
Vater Wolf noch gesehen und gesprochen hatten. Dann sei auch namentlich
erwähnt die Arbeit des Lehrers Josef Buck, dessen Forschungen im Pfarr-,
Gemeinde- und Staatsarchiv wertvolle Dienste leisteten. Endlich wurde beraten:
Franz Bernhard Göldlin von Tiefenau, von Bernhard Fleischlin
(Stans, C. von Matt, 1876).
Man wird sich vielleicht wundern, daß in
einem Lebensbild so viele Gebete und Andachtsübungen enthalten sind. Ich
verweise auf den Titel des Buches: „Der fromme Niklaus Wolf". Das
ganze Sinnen und Denken dieses außerordentlichen Mannes ist in seinen herrlichen
Gebeten niedergelegt. Ohne sie würde man den großen Mann nicht verstehen.
Zudem ist dieses Büchlein dem katholischen Volk gewidmet. In manchen
stillen Stunden wird vielleicht ein alter Vater, eine kranke Mutter, auch
ein braver Sohn zu diesen Gebeten greifen, gleichsam mit Vater Wolf beten
und da manchen Trost und manche Wegleitung finden. Diese Gebete sind um
so wertvoller, weil Vater Wolf zwischenhinein seine Belehrungen eingeflochten
hat.
Bemerkung zur zweiten Auflage
Die erste Auflage dieses Büchleins fand
gute Aufnahme. Von verschiedenen Seiten kamen mir Anregungen und Anfragen
zu, die mich veranlaßten, weitere Forschungen anzustellen. Dabei entdeckte
ich im Pfarrarchiv Neuenkirch wichtige Ergänzungen. Sodann konnten mir
direkte Nachkommen Vater Wolfs, darunter eine 87jährige, geistig vollständig
frische Frau, wertvolle Mitteilungen machen. - So erscheint die zweite
Auflage um manches bereichert. Möge sie mit Gottes Hilfe Gutes stiften!
In völliger Übereinstimmung mit den Dekreten
Urbans VIII. erkläre ich, daß ich alles und jedes, was in diesem Buch
in Bezug auf Wunderbares, Gebetserhörungen und dergleichen gesagt ist,
rückhaltlos dem Urteil der heiligen Kirche unterwerfe. Sempach, im Oktober
1932 Der Verfasser
Bemerkung zur dritten Auflage
Gerade in diesen schweren Zeiten der
allgemeinen Krisis hat die Verehrung des katholischen Volkes und sein
Vertrauen zum frommen Beter und kräftigen Helfer Vater Wolf mächtig
zugenommen. „Der fromme Niklaus Wolf von Rippertschwand hat mir schon
viel geholfen"; dieses Wort aus gläubigem Mund bestätigt nur die Tatsache,
daß der fromme Beter auch heute noch der bedrängten Menschheit gerne
und wunderbar helfen kann. Möge auch diese dritte, fast unveränderte
Auflage viel Segen stiften.
Sempach, im Juni 1936
Der Verfasser
Anmerkung zur Neuauflage
Rr. Johann Erni verstarb 1941. Diese
Neuauflage wurde sprachlich leicht angepaßt, wie Frau statt Weib
und an einigen Stellen ergänzt. 1952 geschah die Umbettung der Gebeine
in die Unterkirche von Neuenkirch. 2017 wurde die Unterkirche neu
gestaltet.
Neuenkirch ist leicht zu erreichen.
Es liegt in der Schweiz bei Luzern 5km von der Autobahn Basel -Luzern,
Abfahrt Sempach oder Rothenburg oder Emmen-Nord, also auf dem Weg
in die Innerschweiz zum hl. Br. Niklaus von der Flüe.
Die Neuauflage geschieht in Zusammenarbeit
mit der Niklaus-Wolf Stiftung.
Das
Wirken Vater Wolfs im engsten und heiligsten Kreis:
in der Familie
Die katholische Aktion beginnt in
der Kinderstube. Wenn es am Familienleben und an der Kindererziehung
fehlt, dann können Schule und Kirche selten dauerhafte Arbeit leisten.
Denn was Schule und Religionsunterricht solch unglücklichen Kindern
auf den Lebensweg mitgeben wird, ist gewöhnlich nur wie der Verputz
an einer Mauer, deren Steine nichts wert sind. Nach wenigen Jahren
löst sich der angeworfene Zement los. Aber ein glaubenstreuer katholischer
Vater, eine grundbrave christliche Mutter, eine solide, religiöse
Kindererziehung sind die festen Grundsäulen der katholischen Aktion.
Der
fromme Niklaus Wolf ist ein herrliches Vorbild
als Vater und Erzieher.
Niklaus Wolf erblickte das Licht
der Welt am 1. Mai 1756 in Rippertschwand. Das ist ein Bauernhof
von 90 Jucharten. Er wird im Engelberger Rodel von 1176 angeführt.
Damals mußte Rippertschwand dem Kloster Engelberg neuneinhalb Mütt
Kernen (Zürcher Mütt)
und acht sculteras, d. h.
Schultern, nach heutigem Sprachgebrauch geräucherte Vorderschinken
von Schweinen, abliefern.
Ein altes Bild, das auf einem Meßgewand
aufgeheftet war, stellt einen Bauern dar, der vor dem Gnadenbild
der Mutter Gottes betet. Darunter stehen die Worte: „Claus Wolf
von Rippertschwand hat in einer Feuersbrunst Anno 1736, den 28.
April, dieses Meßgewand hier auf Werthenstein uoverlobt und versprochen".
Dieser Claus war der Onkel unseres frommen Niklaus.
Zur Zeit der Geburt Niklaus Wolfs
gehörte das Gehöft vorn Rippertschwand noch zur Pfarrei Sempach;
seit 1807 ist es der Pfarrei Neuenkirch (Kanton Luzern)
zugeteilt. Damit wurde aber nur gesetzlich verankert, was
schon lange bestehende Tradition war. Alle Vorfahren Vater Wolfs
bis 1600 zurück, sind in Neuenkirch getauft. Seine Eltern, Johann
Wolf und Anna Maria Muff waren wohlhabende, geachtete Bauern und
fromme, gottesfürchtige Christen. Alle Monate gingen die
Eltern wenigstens einmal zu den hl. Sakramenten; das war viel für
die damalige Zeit. Sie erzogen ihre Kinder in heiliger
Gottesfurcht. Das Hauptgewicht legten sie auf die Bildung
des Charakters und des Herzens, freilich nicht zum Schaden
der Schulbildung.
Die damaligen Zeitverhältnisse waren,
wenigstens auf dem Land draußen, sicher für eine christliche Erziehung
noch günstiger als heutzutage. Es herrschte vielfach noch ländliche
Einfachheit der Sitten und Gebräuche. Noch wehte damals nicht der
kalte Nordwind des Unglaubens und der religiösen Gleichgültigkeit,
auch nicht der heiße Südwind des Luxus und der Sinnlichkeit. Und
der heilige Glaube war noch frisch und lebendig im Land. - Vater
Wolf erzählte selber von dieser Zeit: „Die Geistlichen predigten
damals noch nicht so gelehrt wie jetzt, sondern eine einfache,
kräftige Kirchensprache, aber diese machte einen weit größern Eindruck
auf das Volk als ihre gelehrte Sprache jetzt". Wolf meinte damit
die Sprache der liberalen Geistlichen in der Aufklärungszeit.
Die Eltern Wolf hatten,
laut Taufbuch von Neuenkirch,
12 Kinder:
1. Anna Maria Aloysia Wolf, geboren 14. Jan. 1750.
2. Johann Leonz Wolf, geboren 6. Juli
1751.
3. Maria Anna Wolf, geboren 2.
März 1753.
4. Johann Martin Wolf, geboren 20. Juli
1754.
5. Niklaus Philipp Wolf, geboren 1. Mai
1756.
Sein Pate war Niklaus Wolf
(ein Onkel),
Patin Marie Kopmann.
6. Anna Maria Margaretha Wolf, geboren
11. Mai 1758.
7. Franziskus Wolf, geboren 19.
Mai 1760.
8. Anna Maria Barbara Margaretha Wolf,
geboren am 27. Juni 1762.
9. Anna Maria Jakobea Dorothea Wolf,
geboren 6. Febr. 1764.
10. Anna Maria Verena Aloysia Wolf, geboren 18. Sept. 1766.
11. Johann Ulrich Leonz Aloysius Wolf,
geboren 4. April 1769.
12. Anna Maria Elisabetha Wolf, geboren
3. Sept. 1771.
Von diesen Kindern starben laut Sterbebuch
von Neuenkirch:
Leontius Wolf, als Sechsjähriger, am 12. Aug. 1757; Jungfrau Anna Maria
Wolf, am 28. Jan. 1765; Jungfrau Maria Anna Wolf, als Fünfzehnjährige, am
12. Aug. 1768; Maria Jakobea Wolf, als Dreiundzwanzigjährige, am 16. April
1787.
Die Mutter unseres Niklaus starb am 2. Juni 1773; der Vater Johann Wolf
am 28. Juni 1799, 75 Jahre alt. Maria Anna Wolf, die am 2. März 1753 geboren
wurde, heiratete Johann Rüttimann in Abtwil, Kt. Aargau, und starb am 1.
Mai 1828.
Von diesen zwölf Kindern verdienen ein besonderes Interesse die beiden Söhne
Niklaus und Martin.
Damals konnten die Kinder noch
nicht, wie es heutzutage der Fall ist, alle Tage in eine öffentliche
Gemeindeschule gehen. Es gab eben damals wenig Gemeindeschulen. Dafür
nahmen sich gewöhnlich auf dem Land die Geistlichen der Schule an, besonders
die Kapläne, die nicht so stark mit der Seelsorge belastet waren. Und
die Geistlichen leisteten diese Arbeit freiwillig und unentgeltlich.
So gingen auch die Wolfbuben zu dem damaligen
Kaplan Schwendimann in Neuenkirch in die Schule.
Dieser Kaplan Schwendimann war
vom 12. Aug. 1757 bis 1767 in Neuenkirch, also zur Zeit, wo die jetzige
Pfarrkirche von Neuenkirch gebaut wurde. Wir können uns leicht vorstellen,
wie die wißbegierigen und geistig regsamen Knaben den Arbeitern zuschauten,
bevor sie zum H. H. Kaplan in den gestrengen Unterricht gingen. Und
gewiß sahen die Wolfbuben mit Freude das Wachsen der Kirche. Beim H.
H. Kaplan lernten sie tüchtig lesen, schreiben und rechnen.
Niklaus lernte dazu noch sehr gut Lateinisch
und auch etwas Italienisch.
Es ist ein ungerechter Vorwurf, der dieser
Zeit oft gemacht wird, als hätte sie viele Talente unentwickelt gelassen
oder vergraben. Für die Hauptsache, für das ewige Ziel des Menschen,
wurde damals vielfach besser gesorgt als heutzutage. Für die
irdische, die eigentliche Schulbildung, legte man das Hauptgewicht auf
das zum Leben Notwendigste. Man nahm die Sache praktisch. Und wenn wir
aus der damaligen Zeit von nicht weiter gebildeten Leuten z. B. die
Schriften, die Kunst des Schreibens, anschauen, so müssen wir geradezu
staunen, wie gleichmäßig und schön sie geschrieben haben. Aber noch
mehr muß man sich verwundern, wie bei den begabteren Schülern später
ihre Talente zum Vorschein kamen und herrliche Resultate zeitigten.
So werden wir noch staunen über die Tiefe der Gedanken und der Geistesschärfe
des Niklaus Wolf.
Der ältere Bruder Martin
zeigte Lust zum Studieren. Der Vater
war damit einverstanden und schickte ihn nach Luzern. Dabei gab er ihm
die strenge, aber sehr wohltuende Weisung mit: „Du darfst in
Luzern nur drei Häuser besuchen: Das Gotteshaus, das Schulhaus und das
Kosthaus". Unserem Martin hat dieses Rezept sehr gut angeschlagen.
Er machte große Fortschritte im Studieren, in den Wissenschaften, aber
namentlich auch in der Liebe zu Gott. Mit zwanzig Jahren trat
er in den Kapuzinerorden ein und erhielt den Namen Leopold.
Er wirkte als musterhafter, heiligmäßiger Kapuziner sehr segensreich:
Als gründlich gebildeter Lektor im Orden, als Missionär auf der Kanzel
und im Beichtstuhl, als frommer Ordensmann durch Gebet. Besonders tat
er Außerordentliches durch die Anrufung des Namens Jesus, so daß Hilfesuchende
von weit her zu ihm kamen. Er starb am 20. Mai 1826 auf dem Wesemlin
in Luzern. Scharenweise strömte das Volk aus der Stadt und Umgebung
zu seiner Leiche und ehrte ihn wie einen Heiligen. Viele wollten eine
Reliquie von ihm erhalten und schnitten Stücke von seinem Totenkleid
ab, um sie als teures Andenken aufzubewahren.
Niklaus war eine andere Laufbahn beschieden.
Er mußte zu Hause bleiben und sollte Erbe des väterlichen Berufes und
des schönen Hofes werden. Sein Freund und gründlicher
Kenner seines Lebens, Pfarrer Ackermann, sagt von diesem
Lebensabschnitt Wolfs: „Es ist erfreulich, von des Niklaus Wolfs Jugend
nicht mehr sagen zu können, als was der Hauptinhalt und Text der heiligsten
Jugendgeschichte zum Muster aller übrigen erzählt: Er wurde im Tempel
gefunden; und - er war seinen Eltern untertänig".
Doch gab es in seinem 19. Lebensjahr,
im Jahr 1775, eine schöne Abwechslung. Die katholische Kirche feierte
ein Jubeljahr. In Gesellschaft mehrerer frommer Männer machte der junge
Bauernsohn eine Wallfahrt nach Rom. Freilich war diese
in den damaligen Zeiten mit großen Gefahren und Strapazen verbunden.
Aber die Pilger wurden in der heiligen Stadt reichlich dafür entschädigt.
Der Gottesdienst in der Karwoche, die Majestät der Kirchen, namentlich
des Petersdomes, und die Liebenswürdigkeit des Hl. Vaters Pius VI. blieben
ihm zeitlebens unvergeßlich. Diese Erinnerungen wurden ihm eine Quelle
lebendiger Glaubensfreude und heiligen Pflichteifers. - Der schöne Ablaßbrief
auf Pergament befindet sich in den Händen des Verfassers dieser Lebensgeschichte.
Heimgekehrt, ging er mit neuem Mut an
seinen Beruf und arbeitete eifrig und pflichtgetreu, frohgemut und zufrieden
in Feld und Wald, auf Matten und Wiesen. - Die freien Stunden, namentlich
die für den Landmann weniger strenge Winterszeit, benützte er
zur Lesung nützlicher Bücher religiösen und geschichtlichen Inhaltes.
Oft ging der junge Bauernsohn nach Bero-Münster, um da im alten
Stiftsarchiv geschichtlichen Studien obzuliegen. Darum kannte er sich
in der Schweizergeschichte so gut aus wie kaum ein zweiter. Gerade diese
Studien im Stiftsarchiv von Beromünster zeugen von
dem regen Geist des jungen Wolf. Aber er las praktische, belehrende
Bücher über Landwirtschaft, Obstbaumzucht, Bienenpflege usw. Er erwarb
sich dadurch so viele theoretische und praktische Kenntnisse, daß er
sich darin noch im hohen Alter auszeichnete und die Bewunderung vieler
erregte.
Merkwürdigerweise bereitete ihm das
Lesen nicht geringe innere Schwierigkeiten. Wolf gesteht einmal:
„Ich hatte viele Mühe dabei, bei Sinnen zu bleiben, auf daß mir
nicht das Herz gefressen würde".
Da seine Mutter gestorben war, wünschte
der alte Vater, daß Niklaus sich eine tüchtige Hausfrau suche. Der
brave Bauernsohn nahm diese für das ganze Leben so wichtige Angelegenheit
sehr ernst und betete viel und inständig dafür. Die Gottesfurcht,
die seine ruhige Seele beherrschte, hielt jeden Sturm der Leidenschaften
im Zaum. Fleischeslust und Geldsucht hatten bei dieser Wahl kein
Mitspracherecht.
Niklaus fand eine passende Lebensgefährtin
im benachbarten Bauernhaus Neuhaus, Jungfrau Barbara Müller. Die
Heirat fand statt am 8. Febr. 1779.
Über fünfzig Jahre lebten sie
miteinander in Glück und Frieden. Der Herrgott schenkte ihnen
neun Kinder:
1.
Anna Maria Barbara Aloysia, geb. 24. April 1780. Diese starb am
10. Aug. 1789.
2. Anna Maria Barbara Aloysia, geb.
3. Sept. 1782.
3. Anna Maria Katharina Barbara Jakobea
Crescentia, geb. 31. Jan. 1785.
Diese starb am 27. Mai 1788.
4. Anna Maria Barbara, geb. 17. Okt.
1786. Sie starb als Klosterfrau in Altdorf 1864.
5. Johann Melchior, geb. 4. März
1788. Dieser starb am 4. April 1788.
6. Johann Franz Niklaus, geb. 2.
Aug. 1790.
7. Anna Maria Margaretha, geb. 26.
Juli 1791.
8. Ein Knabe, geb. 20. Sept. 1792
wurde von der Hebamme getauft
und starb gleich nach der Geburt.
9. Katharina Anna Maria, geboren
12. Aug. 1795.
Vier Töchter und der Sohn Johann
blieben am Leben und wuchsen unter der Liebe und Aufsicht der Eltern
in Unschuld und Gottesfurcht heran.
Vater Wolf überließ die Kindererziehung
nicht der Mutter allein. Er unterstützte die Mutter und nahm selber
die Erziehung an die Hand. - Die Hauptsache war die religiöse
Erziehung. Täglich besuchte Vater Wolf, der vielbeschäftigte
Bauer, mit einem oder mehreren Kindern die hl. Messe in
der Pfarrkirche zu Neuenkirch. Er hielt den Kirchenbesuch
nicht für Zeitverlust, sondern für Gewinn. Mit Recht sagte er oft:
„Wenn der Mensch
in der Kirche täglich eine Summe Geldes holen könnte, so
klein sie auch wäre, er wäre keinen einzigen Tag zu träge,
sie zu holen. Ist denn aber
der geistliche Schatz des hl. Meßopfers nicht mehr als Geld?" |
Der gleiche religiöse Eifer herrschte
auch im Familienleben Wolfs. So fortschrittlich er war in der Bebauung
und Bewirtschaftung seines Landgutes - keine praktische
und bewährte Neuerung wurde ferngehalten -, in der Hausordnung
blieb es beim alten katholischen Wesen. Täglich gab es ein Abendbrot
für die Seele, indem jeden Abend ein Hausgottesdienst
abgehalten wurde. Dieser bestand in Gebet und einer geistlichen
Lesung. In der Fastenzeit las man aus einem Betrachtungsbuch über
das Leiden Christi, in der übrigen Zeit aus einer Heiligenlegende,
an Sonn-und Feiertagen aus dem alten Goffine. Zudem bildete an Sonn-
und Feiertagen die sonntägliche Predigt das Tischgespräch, nicht
um sie zu kritisieren, sondern um sich zu erbauen. So mußten die
Kinder in der Predigt aufpassen, damit sie daraus erzählen konnten.
Streng nahm es Vater Wolf
auch mit der Sonntagsruhe. Die ehrw. Schw.
Zäzilia B. in M. R. erzählt: „Mein Großvater, Leonz B.,
hat viel mit Wolf um Schweine gehandelt. Er sagte immer:
'Nie an einem Sonntag kommen!'Da wollte er nicht
handeln. An einem Sonntag durfte man ihm nie kommen."
Dabei wurden die Schulbildung
und die berufliche Ausbildung der Kinder in keiner Weise
vernachlässigt. Vater Wolf unterrichtete seine Kinder selber
im Lesen, Schreiben und Rechnen und den Sohn in der landwirtschaftlichen
Ausbildung. Und das tat er so tüchtig, daß die Kinder Wolf
den andern Kindern der Gemeinde in der Schulbildung weit
voraus waren.
Drei Töchter
gingen ins Kloster. Vater
Wolf hatte eine große Hochachtung vor den Klöstern. Er sagte
oft: „Die Klöster sind die Festungen der Religion".
Er schätzte sich jedesmal glücklich, wenn er wieder
eine Tochter ins Kloster begleiten konnte. Gerne bestritt
er für sie den Einkauf, obschon seine Vermögensverhältnisse
nur mittelmäßige waren. Er war kein reicher Bauer. Aber
er sagte vom Klosterberuf seiner Töchter: „Dieses Glück
ist ja mehr als Geldeswert. Die Seelen sind dem Hirten auf
die Achseln gelegt, daß sie ihm nicht mehr entrinnen können.
Sie sind dem Herrn vermählt; der Bräutigam wird wohl Sorge
zu ihnen tragen."
Zwei dieser Töchter sind
ins Kloster St. Karl in Altdorf eingetreten und wurden fromme
Kapuzinerinnen. Schw. M. Theresia Wolf, geboren 1791, trat
dort als achtzehnjährige im Jahr 1809 ein und starb 1869.
Eine 1919 noch lebende Schwester dieses Klosters, die mit
Sr M. Theresia Wolf mehrere Jahre zusammengelebt,
bezeugt von ihr:
„Sie war eine heiligmäßige
Schwester, die in beständiger Vereinigung mit Gott und mit
seinem heiligsten Willen lebte; bei allen Ereignissen
pflegte sie zu sagen: ,Es geschehe Gottes heiligster Wille'.
Besonders zeichnete sie sich aus durch eine große
Liebe zur hl. Armut und bewohnte bis zu ihrem Tod eine der
schlechtesten Zellen des Klosters. Dann hatte sie eine große
Liebe zu den armen Heidenkindern. Bei allem war sie immer
zufrieden und geduldig. Gegen Ende des Lebens verlor sie
fast gänzlich das Augenlicht; auf deshalb bezeugtes Beileid
sagte sie scherzend: ,Es ist doch gleich, was man auf der
Erde sehen kann oder nicht'."
Die andere, Sr. M. Seraphina Wolf, geboren
1786, trat 1810 ins Kloster in Altdorf und starb 1864. In
der Klosterchronik heißt es von ihr: „Eine fromme, gutmütige
und friedsame Schwester, welche recht viel betete, besonders
Schußgebetlein. Sie las auch viel und hatte ein gutes Gedächtnis,
das Gelesene zu behalten und wieder zu erzählen, und bereitete
dadurch anderen manche frohe Stunde."
Selbstverständlich besuchte
Vater Wolf seine Töchter oft. In der Klosterchronik liest
man: „Im Jahr 1831 fingen wir auf Anraten des gottseligen
Niklaus Wolf an, alle Montage nach dem Examen die Litanei
vom heiligsten Namen Jesu zu beten um Erhaltung des Glaubens
und um Bekehrung der Sünder". Das war wohl der letzte Besuch.
Die dritte Tochter trat ins Kloster bei den Zisterzienserinnen
in Eschenbach, Kanton Luzern. Wir lesen in der dortigen
Klosterchronik:
„Dominika
Katharina Wolf, Eltern
Niklaus Wolf zu Rippertschwand und Barbara Müller. Geboren
12. Aug. 1795. Ihr Vaterstand im Ruf der Heiligkeit.
Eintritt 19. Okt. 1815, Einkleidung 26. Mai 1817, Profeß
31. Mai 1818. Sie war zuerst Gehilfin der Küchenmeisterin
(1824), und wird 1834 als Krankenwärterin, 1828 als
Subpriorin, 1831 als Lehrfrau der Kandidatinnen, 1837
bis 1840 als Kantorin genannt. Um das Jahr 1846 bis
1851 war sie Großkellnerin (Verwalterin),
1861 bis 1868 Priorin. Gestorben am
18. Aug. 1869, 74 Jahre alt, und im 52. ihrer Profeß."
Daß sie eine ausgezeichnete
und fromme Ordensperson war, sehen wir aus den vielen
und wichtigen Ämtern, die man ihr übertrug.
Die vierte Tochter wurde eine brave,
christliche Familienmutter, Frau Marie Bühlmann-Wolf, Gattin des Josef
Bühlmann, in Helfenstegen, Gemeinde Neuenkirch. Die Heirat fand statt
am 10. Febr. 1806. Von dieser Mutter sind drei Töchter ins Kloster
gegangen, die eine bei den Kapuzinerinnen im Bruch zu Luzern,
die zweite bei den Benediktinerinnen in Sarnen, die dritte bei den Zisterzienserinnen
in Eschenbach. Von dieser wird in der Klosterchronik Eschenbach bemerkt:
„Sie war eine Enkelin des gottseligen Niklaus Wolf von Rippertschwand.
Geboren 20. Jan. 1818, hatte sie schon mehr als acht Jahre im Kloster
zugebracht, als die regierungsrätliche Bewilligung zur Gelübdeablegung
erfolgte. Sie war eine ausgezeichnete Organistin, mit Künstlertalent
begabt, 40 Jahre, von ihrem Eintritt an bis 1871, Kapellmeisterin. Sie
hatte noch zwei Schwestern im Ordensstand."
(Ein Beweis, wie damals die Regierung
die Profeßablegung verboten hatte.)
Über eine andere Enkelin des frommen
Niklaus Wolf berichtet das Nekrologium des Frauenklosters St. Andreas
in Sarnen folgendes:
Anno 1894, den 16. März, morgens halb
3 Uhr starb die wohlehrwürdige Chorfrau M. Bernarda Bühlmann,
von Neuenkirch, Luzern.
(Niklaus Wolf von Rippertschwand war
ihr Großvater.) Sie war am 15.
Aug. 1816 geboren und legte am 8. Mai 1837 die hl. Gelübde ab. Sie war
26 Jahre Lehrerin an der Primarschule, zum großen Segen der Gemeinde.
Daneben war sie eine gute Stickerin und spielte früher bei der Instrumentmusik
den Baß. Man konnte sie fast zu jeder Arbeit brauchen, und bis in ihre
Krankheit beschäftigte sie sich noch mit Laubholzsägen und war unermüdlich
tätig. Sieben Jahre verwaltete sie auch das Amt der Priorin. Am 8. Mai
1887 legte sie die goldene Jubelprofeß ab. Sie war eine große Verehrerin
der seligsten Jungfrau Maria und nannte sie nur ihre „gute Mutter".
Gegen alle war sie nur Güte und Liebe, und keiner Mitschwester schlug
sie einen Dienst ab. Ihr größtes Glück war es, andern eine Freude zu
machen und alles herzugeben, was für sie nicht dringendes Bedürfnis
war. Ebenso war sie eine große Liebhaberin des Gebetes und im Chordienste
so eifrig, daß sie am Morgen fast immer die Erste im Chor war. Sie wohnte
bis in ihr letztes Lebensjahr immer der Matutin bei. Ihre letzte Krankheit
ertrug sie mit größter Geduld und hatte fast beständig ein Muttergottesbild
auf ihrem Bett. Ungefähr eine Stunde vor ihrem Tod konnte sie nochmals
die hl. Kommunion empfangen und starb am Fest der Sieben Schmerzen Maria
sanft und selig. Möge sie nun recht nahe bei ihrer „lieben Mutter" sich
ewig der Anschauung Gottes erfreuen!
Auch Wolfs einziger Sohn hatte zwei Töchter,
die ins Kloster gingen, die eine in Solothurn, die andere in Rathausen.
(Nach Franziska-Rosen Nr. 5, Febr.
1919.) - Das Gotteshaus Nominis
Jesu in Solothurn schreibt uns:
„Ehrwürden Sr. M. Johanna Baptista
Wolf, Kapitularin unseres Gotteshauses, war die Enkelin des
so hoch verehrten Niklaus Wolf von Rippertschwand. Geboren den 19. März
1818, legte sie am 28. Nov. 1843 in unserem Gotteshaus die feierlichen
Gelübde ab. Sie zeichnete sich durch vorzügliche Eigenschaften des Geistes
und des Herzens aus. Von tiefer, inniger Frömmigkeit durchdrungen, war
sie stets heiteren und frohen Gemütes. Ein hervorragender Charakterzug
von Sr. M. Johanna Baptista war ihre große Herzensgüte. Für alle hatte
sie ein liebes Wort, ein gütiges Lächeln. Sie half allen, wo sie konnte.
Ihr sonniges Wesen, ihre gewissenhafte Beobachtung der Ordensvorschriften
erwarben ihr die Liebe und Hochschätzung ihrer Obern und Mitschwestern.
Viele Jahre versah sie mit großer Liebe und äußerster Gewissenhaftigkeit
im Kloster das Amt einer Krankenwärterin. - In den letzten Jahren ihres
Lebens erblindete sie fast ganz. Sie ertrug das schwere Leiden mit vorbildlicher
Geduld und Heiterkeit. Sie starb - reich an Tugend, friedlich, wie sie
gelebt - am 20. Jan. 1881."
Der Sohn Vater Wolfs blieb auf dem väterlichen
Hof und wurde vom Vater selbst in alle landwirtschaftlichen Arbeiten eingeführt,
und zwar so, daß der Sohn schon früh selbständig den ganzen Betrieb leiten
konnte.
Am 26. Aug. 1811 hatte der Teufel
aus einer besessenen Frau zu Vater Wolf gesagt:
„Dich kann ich nicht mehr verführen,
aber deine Kinder und Kindeskinder".
Dieses Wort scheint sich erfüllt zu haben. Der schöne Hof zu Rippertschwand
ging 1883 durch mißliche Verhältnisse in fremde Hände über.
Das ist in kurzen Zügen ein Bild vom
Leben und Wirken des Vaters Wolf im engsten und heiligsten Kreis, in
der Familie.
Dieser Lebensabschnitt zeigt uns,
daß ein gutes Familienleben für das Glück der Kinder und das
Wohl des Volkes immer von ausschlaggebender Bedeutung ist.
Wenn es daheim in der Familie fehlt, dann können Schule und Religionsunterricht
meistens nur halbe Arbeit leisten; ihr Einwirken hat nur kurzen Bestand.
Aber die solide Grundlage für
eine glückliche Kindererziehung kann nur die Religion sein.
Der Grund ist leicht einzusehen. Infolge der Erbsünde ist das Menschenherz
vergiftet, mit schlimmen Neigungen und Anlagen behaftet. Diesen können
nur die Gnadenmittel der hl. Religion wirksam entgegentreten. Und eben
deshalb darf in der Schule der Religionsunterricht kein Stiefkind sein.
Noch viel weniger können konfessionslose Schulen der vergifteten Menschennatur
gerecht werden.
Noch eins! In der christlichen
Familie dürfen zwei Möbelstücke niemals fehlen: Der Hausschlüssel und
der Rosenkranz. Der Hausschlüssel muß dafür sorgen, daß eine
gute, christliche Hausordnung herrscht, besonders am Abend, damit die
erwachsenen Söhne und Töchter am Abend nicht nach Belieben heimkommen
können, oft vielleicht in einem Zustand, daß das Dunkel der Nacht ihnen
gute Dienste leistet. Der Hausschlüssel bewahrt vor Unglück und Schande.
Und der Rosenkranz hält die Familie zusammen und ruft reichen Gottessegen
auf sie herab. So war es in der Familie des frommen Gottesmannes von
Rippertschwand.
Vater Niklaus Wolf als musterhafter Bürger
seines Landes
Wir müssen es dem frommen Gottesmann
von Rippertschwand hoch anrechnen, daß er sich von den Mitmenschen nicht
absonderte, sondern daß er sich auch um das öffentliche Leben, um das
Wohl und Wehe seiner Mitmenschen bekümmerte. Er tat es als Bauer, als
Beamter und als Bürger.
Alle Lebensbeschreiber und alle
geschichtlichen Aktenstücke bestätigen es: Vater Wolf war einer der
fortgeschrittensten und tüchtigsten Bauern weit und breit. Schon äußerlich
war er ein echter Luzerner Bauer; er war ziemlich fest und beleibt.
Auf den Straßen sah man ihn oft, wie er den Stock quer über
den Rücken gelegt und beide Ellbogen eingesteckt hatte.
Auch die Tabakpfeife fehlte nicht.
Das Bauern verstand Vater Wolf meisterhaft.
Er hatte eben neben der praktischen Erfahrung durch Lesen nützlicher
Bücher auch große theoretische Kenntnisse erworben. So konnte er seinen
Nachbarn gerade in landwirtschaftlichen Fragen manch guten Rat und viele
wertvolle Dienste leisten. Seine große Obstbaumschule
z.B. war weit herum im Land bekannt. Viele
hundert junge Obstbäumchen sind aus ihr in den Kanton Luzern hinausgewandert.
Und bei aller Tüchtigkeit war er äußerst
gewissenhaft. Dafür ein Beispiel. Die Familie Wolf in Rippertschwand
hatte etwa sieben Jucharten Land an das Stift St. Leodegar im Hof zu
Luzern zu verzehnten. Wie alle Pflichtigen, hatte auch Vater Wolf die
ersten drei Jahre der helvetischen Revolution nichts bezahlt. Da erzählt
nun der Protokollauszug im Hof folgende Begebenheit: „Nun kommt er (Wolf)
und will nachholen, was er versäumt hat. Herr... ist in dieser Hinsicht
von ihm ersucht worden, bei den übrigen Anteilhabern die Eintrage zu
tun: Ob sie zufrieden seien, wenn er (Wolf) für die drei obigen Jahre
drei Malter und dieses zu 20 GI. nachbezahle? Das Anerbieten wurde ohne
weiteres angenommen, und zwar mit der Bemerkung: Daß es gut wäre, wenn
sich unter der christlichen Herde viele solcher Wölfe befänden."
Das ist ein Fingerzeig für alle katholischen
Männer, die im öffentlichen Leben etwas bedeuten, etwas wirken wollen:
Sie müssen berufstüchtig sein und ehrlich bis zum letzten Heller.
Niklaus Wolf als Beamter
Infolge seiner Tüchtigkeit und Rechtschaffenheit
stand Wolf bei seinen Mitbürgern in hohem Ansehen, sodaß er in der Gemeinde
Neuenkirch der allgemeine Ratgeber wurde. Wer in irgendeiner Angelegenheit
einen Rat notwendig hatte, ging zu Wolf nach Rippertschwand.
So war es selbstverständlich, daß Vater
Wolf auch in die Behörde gewählt wurde.
Am 31. Jan. 1798 erklärte sich die Tagsatzung
für aufgelöst. Am gleichen Tag ging auch die Selbständigkeit der alten
Republik Luzem in Trümmer. Die revolutionären Ideen wurden in die Praxis
umgesetzt. Die Räte von Luzern erklärten sich an jenem denkwürdigen
Tag als provisorische Regierung. Alle Vorrechte der Geburt wurden abgeschafft.
Man ordnete die Wahl von Volksvertretern an; diese sollten mit den einstigen
Landesvätern über eine neue Verfassung beraten. - Das Luzerner Landvolk
war bestürzt. Nur mit Mißtrauen sah es den neuen Gesetzen und Behörden
entgegen.
Mitte Februar 1798 fand die Wahl
der Volksvertreter statt, und zwar im Städtchen Sempach. Das
Viertel Sempach konnte drei Wahlmänner wählen. Gewählt wurden:
Niklaus Wolf von Rippertschwand, Johann Peter Genhart in Sempach
und Martin Sidler in Nottwil. Von diesen wurde dann als Abgeordneter
gewählt Peter Genhart.
Die Helvetik hatte glücklicherweise
nur ein kurzes Dasein. Wir wissen zur Genüge, in welch kirchenfeindlichem
Sinn sie regierte. Darum stellte sie sich auch sofort in schroffen
Gegensatz zum Sinnen und Denken des damals in seiner großen
Mehrheit noch gläubigen und kirchlich gesinnten Luzemervolkes.
- Die Freiheitsbäume mit den weißblauen Bändern, dem Tellenhut
und der Freiheits- und Gleichheitstafel verschwanden nach und
nach. Die Begeisterung für die Helvetik erkaltete.
1803 wurden im Kanton Luzern
durch die Gesetzgebung auch Gemeindebehörden eingeführt. In
Neuenkirch wurde 1809 Niklaus Wolf als Nachfolger von Joseph
Helfenstein zum Gemeindevorsteher erkoren.
Dann 1810 zum Kirchenrat von Sempach und 1822 zum Kirchenrat
von Neuenkirch.Niklaus
Wolf wurde auch zum Mitglied des Großen Rates
gewählt. - Der Wahlverbal auf dem Staatsarchiv in Luzem
berichtet:, Am 7. April 1803, mittags 12 Uhr, versammelten sich
die stimmfähigen Bürger des Viertels Sempach in dem Gemeindehaus
und wählten die drei Bürger: Xaver Balthasar mit 190 Stimmen,
Matthias Wolfisberg aus dem Lohn mit 208 Stimmen und Niklaus
Wolf von Rippertschwand mit 220 Stimmen zu Mitgliedern des Großen
Rates.
Aber unserm Vater Wolf behagte
es nicht in dieser Behörde. Der glaubens-
und kirchenfeindliche Geist der Helvetik war mit dem Sturz der
Helvetik nicht beseitigt; er hatte auch seine Vertreter
im neuen Großen Rat. Wolf sprach: „Es kämpfte schon damals im
Rat zwischen der alten, ehnwürdigen Staatswissenschaft, die
auf Glauben und Religion aufgebaut war, und der neuen kirchenfeindlichen
Politik; und es stand zu erwarten, daß die Staatswissenschaft
der Alten verstummen mußte."
Über diese Zeitverhältnisse äußerte
sich Wolf gelegentlich in Freundeskreisen mit folgenden Gedanken:
„Die Alten faßten nebst der zeitlichen Wohlfahrt des Menschen
vorzüglich sein höheres, geistliches Ziel und Ende, seine ewige
Bestimmung ins Auge und machten die Religion zum Hauptziel des
Staates. Die Neuerer schienen aber ob der zeitlichen eingebildeten
Hoheit und Glückseligkeit die ewige zu vergessen. Und so wie
sie einenteils in Religionssachen große Kälte und Gleichgültigkeit
an den Tag legten, so waren sie andernteils doch heftig im falschen
Mißtrauen und Neid gegen die Kirchengewalt. Statt sich als Diener
Gottes zu betrachten, erhoben sie sich, über das Heilige zu
herrschen und es ihrer Gewalt und ihren politischen Zwecken
unterzuordnen. Ihre Politik schien mir ganz an die Feinde der
Religion verkauft oder verraten. Alles zielte mehr dahin
ab, niederzureißen als aufzubauen, Lebensgenuß über Gewissenstrost
und Schein über Wahrheit zu erheben. Und es konnte
mir schon nicht behagen, daß man die Früchte der Erfahrung nicht
zunutze ziehen und die Grundsätze des Altertums und der heiligen
Religion nicht mehr den Beratungen zugrunde legen wollte."
So tief durchschaute der einfache Bauersmann die Pläne der politischen
Neuerer. Und sein Urteil wurde durch die Erfahrungen der folgenden
Jahre bestätigt. Fast mit Wehmut schreibt Wolf dann weiter:
„Wie sollte auch der ungebildete und unerfahrene Landmann dem
Wirrwarr der neuen Politik gewachsen sein? Mir war allemal schwer
und bang, wenn ich zu diesem verantwortungsvollen und schweren
Geschäft gerufen wurde." - Nicht die Religion sollte in Zukunft
die Grundlage des Staates bilden, sondern in vielen Köpfen steckte
sogar die Meinung, die Religion sei eine Feindin des Staates,
deshalb müsse man sie aus dem öffentlichen Leben verbannen.
- Wolf fürchtete, wie er sagte, er müsse im Geist der neuen
Staatsverfassung am Unheil des Landes mitarbeiten. Darum wünschte
er, je eher desto lieber, seines Amtes enthoben zu werden.
In der Großratssitzung
vom 27. Okt. 1804 gab er die mündliche Erklärung ab,
daß er wieder zu seinem früheren Stand zurückkehren
wolle. - Unter dem 5. November des gleichen Jahres schrieb
er an die
„Hochgeehrten Herren
Amtsschultheiß und Herren des Kleinen Rates.
Mit untertäniger und ehrerbietiger Ehrfurcht, Hochgeachtete
Herren Amtsschultheiß und Herren des Kleinen Rats, tun
Ihnen jene Erklärung, so ich den 27. Tag 8 bis in der
Nachmittagigen Sitzung mich erklärt habe, daß ich dieser
meiner Meinung getreu bleibe und ich in meinen vormaligen
Stand zurücktrete, also meine abgetretene Stell nach
Belieben zu ersetzen. Ich werde also den 27. Xber nicht
erscheinen, weillen ich als Austretender nicht kann
gewählt werden.
Verbleibe also meinen
Hochgeehrten Herren, Herren Amtsschultheiß und Herren
des Kleinen Rats untertäniger Diener
Claus Wolf zu Rippertschwand,
den 5t 9bris 1804."
Die Kanzlei des
Großen Rates antwortete ihm unterm 7. Nov., daß er nicht
entlassen werden könne und daß er bei den gegebenen
Eiden am 27. Xber in der GroßratsVersammlung erscheinen
müsse. Am 12. November erhielt Niklaus Wolf den betreffenden
Brief. Am 16. und 17. November schrieb er wiederholt
an den Rat und bittet und beschwört ihn, daß er ihn
doch um Gottes Willen entlasse. Zwei Jahre sei er nun
Ratsherr gewesen, und zwar aus Liebe zum Vaterland und
nicht aus Ehrsucht. In einem Brief vom 10. Dezember
kommt er auf die zwei Entlassungsschreiben vom 5. und
16. November zurück und versichert den Rat,
„daß ich der Sehnsucht und der
Stimme meines Herzens nach meinem vorigen Stande nicht
konnte Widerstand leisten."
Aus dieser Stelle erkennen
wir, daß ein tieferer Grund ihn bewog, um jeden Preis
von seinen Ämtern und Ehrenstellen zurückzutreten. Schon
damals regte sich nämlich in seiner Seele etwas Eigenartiges,
ein starker Zug zum höhern Glaubensleben. Und dieser
Zug entfremdete ihn dem politischen Leben immer mehr.
So legte er im Jahr 1805 sein Großratsmandat
nieder, trotz Zuredens seiner zahlreichen Freunde,
Verehrer und sogar des Ratskollegiums. Ebenso
trat er vom Amt des Gemeindevorstehers zurück.
Er ahnte wohl kaum, daß seine Person und sein
Wirken von dieser Zeit an ein viel größeres, allgemeineres
Interesse im engeren und weitern Vaterland finden sollte.
Welch große Ähnlichkeit
finden wir gerade hier zwischen unserm Niklaus Wolf
von Rippertschwand und unserm nun heiligen Landesvater
Niklaus von der Flüe!
Niklaus Wolf als Bürger
Damit ist aber
nicht gesagt, daß Vater Wolf sich ganz aus dem
öffentlichen Leben zurückgezogen habe. Im Gegenteil!
Jetzt übte er in anderer Weise erst recht den
größten Einfluß aus auf das öffentliche Leben.
Um das
richtig zu verstehen, muß man zuerst einen Blick
tun auf die damaligen
Zeitverhältnisse.
Die Geister des
Tages und der Nacht, Glaube und Unglaube stritten
miteinander um die Herrschaft fast in ganz Europa,
namentlich auch im Kanton Luzern. Hie
Glaube, hie Wissen! Das waren die Schlagworte
auf beiden Seiten. Die neue Richtung
wollte sich vollständig freimachen von der Macht
des christlichen Glaubens und von jedem Einfluß
der Kirche. Die alte, die gläubige Richtung
suchte in diesen schweren Zeiten in der heiligen
Religion Licht und Kraft, Heil und Rettung.
Das Schlimmste
und Gefährlichste an der ganzen Sache war, daß
viele Geistliche, und sogar tonangebende Geistliche,
der neuen Richtung huldigten.
Der Kanton Luzern
gehörte damals zum ehemaligen Bistum Konstanz.
Auf dem bischöflichen Stuhl von Konstanz saß
Karl Theodor Freiherr von Dalberg, ein Kunst
und Wissenschaft liebender Prälat febronianischer
Richtung. Er hatte nicht die genügende Willenskraft
und zu wenig frommen Seeleneifer, wie es damals
notwendig gewesen wäre. Darum besaß er auch
nicht den Mut, der neuen, dem ganzen Glaubensleben
so gefährlichen Richtung entgegenzutreten. Kaum
hatte Dalberg sein bischöfliches Amt angetreten,
da schilderte ihm der geistesverwandte, religiös
ganz links stehende bischöfliche Kommissar und
Stadtpfarrer Thaddäus Müller (1762 -1826) in
Luzern in einer interessanten Denkschrift die
kirchlichen Zustände im Kanton Luzern. Alle
kirchentreuen Anhänger, die nicht seiner religiös
freisinnigen Richtung huldigten, erscheinen
darin als Reaktionäre, Fanatiker, Volksaufwiegler
und Nichtstuer. Er verlangte, der Bischof solle
gegen diese einschreiten.
Im Jahr
1800, konnte Bischof Dalberg im Gasthof „zu
den drei Mohren" in Augsburg den 28jährigen
Domherrn Ignaz Heinrich Freiherr von
Wessenberg als Generalvikar für Konstanz
gewinnen. Dieser war religiös ebenfalls stark
nach links gerichtet, war mehr schöngeistiger
Schriftsteller als Theologe. Aber Wessenberg
hatte einen festen Willen und verstand es, mit
den untergeordneten Geistlichen in einem liebevollen,
freundschaftlichen Ton zu verkehren. Darum hatte
er einen großen, gefährlichen Einfluß. Und er
nutzte diesen Einfluß in reichstem Maß aus.
Der Bischof ließ ihm dazu freie Hand. Schritt
für Schritt verfolgte er das
Ziel: Dem Volk und den Geistlichen
eine „vernünftige Aufklärung" beizubringen und
eine „deutsche Nationalkirche", möglichst unabhängig
vom Papst, zu gründen.
Die Liturgie
wurde zu einem großen Teil in deutscher Sprache
ausgeführt, das Segnen und Beschwören beseitigt,
Bittgänge und Wallfahrten verpönt und viele
Feiertage abgeschafft. Niklaus Wolf sagte einst
treffend: „Dieser
Wessenberg ist die Verwüstung der Religion in
Menschengestalt".
In diesem
Geist wurden damals auch die meisten Geistlichen
der Diözese gebildet. Die Priesterweihen
wurden in Konstanz erteilt. Die Theologieprofessoren
in Luzern, die die jungen Priester heranbilden
sollten, nannten den Rosenkranz ein
„unverständlich Geschrei von nämlichen Worten,
wodurch die Seele keineswegs zur Andacht
erhoben wird, sondern das Ganze auf das
Gemüt der vernünftig Andächtigen einen üblen
Eindruck machen muß". Einige wollten die
Zahl der Ave Maria jedes Gesätzes auf die
Hälfte herabsetzen. Andere meinten, man
solle damit aufräumen. - Dereser, seit 1811
Regens am Priesterseminar in Luzern, schrieb:
„Der von den Mohammedanern entlehnte, seit
dem 10. Jh. eingeführte Rosenkranz trug
zur Verdummung des Volkes Gewaltiges bei".
- In heiliger Entrüstung schrieb darum einmal
Vater Wolf nach Luzern: „Mit Eurer
windigen Theologie bringt Ihr unser Volk
in die größten Zweifel. Gott
möge es Euch verzeihen!"
Siehe Dr.
Johann Schwendimann: Ratsherr Josef Leu,
S. 10f.
So kam es,
daß Pfarrer und Dekan Häfliger in Hochdorf
schon 1798 in einer Predigt von dem „Sanscoulotten
Christus" und von der „Bürgerin Maria" sprach,
daß Pfarrer Hecht in Pfaffnau erklärte,
die Heiligenverehrung und die Lehre von
den „Mirakelbildern" stehe im Widerspruch
mit der gesunden Vernunft und sei unbegreiflich;
daß Pfarrer X. Herzog in seinem „Ehrentempel"
1868, S. 6, beim Tod des Priesters Felix
Räber schreiben konnte: „Nach der ersten
hl. Messe im Jahr 1818 kam der junge Priester
(Räber) nach Menznau zu Pfarrer Unterfinger.
Dieser hatte zwar mit Bischof Jenni in Rom
studiert, bewahrte aber zeitlebens ein unüberwindliches
Mißtrauen, um nicht zu sagen einen kannibalischen
Haß gegen Rom, schwärmte für eine demokratische
sogenannte Nationalkirche, und obwohl
überaus häuslich, erschienen wenige liberale
Broschüren, die er nicht ankaufte, so sie
nicht zuviel kosteten, und lebte in beständigem
Widerspruch oder Kampf gegen sein kirchliches
Amt, nicht aber gegen sein Einkommen.
Er war ein erklärter Feind gegen alle
Mystik, ein ebenso großer Freund der
Schulen, wie er dann an einer Schule einen
Zettel angeschlagen: ,Hier kann man gut
und weise werden'. Ich glaube nicht, daß
er über der Kirchentür einen solchen Titel
geduldet hätte. Die kirchlichen Segnungen
mochte er nicht gut leiden... Unterfinger
hielt immer ein Reitpferd, auf dem er, den
Kopf im Sommer verschleiert, die Zeitung
las, und war überdies, doch mehr aus Ökonomie
denn aus Meisterlosigkeit, ein Jäger." -
So sah es bei einem großen Teile des Klerus
aus.
Diese hoffnungslosen
Zustände beim Klerus dauerten bis zum Jahr
1815. Am 7. Okt. 1814 wurden von
Rom aus große Teile der Schweiz vom Bistum
Konstanz abgetrennt. Für diese
Teile wurde der Propst von Beromünster,
Franz Bernhard Göldlin von Tiefenau, zum
Apostolischen Vikar der konstanzischen Bistumsteile
der Schweiz ernannt. Er hatte bischöfliche
Jurisdiktion, wenn auch keine Bischofsweihe.
Freilich
hatte Göldlin zuerst einen schweren Stand.
Aber er verstand es, durch seine tiefe Frömmigkeit,
seine gründliche Bildung, seine große Charakterfestigkeit,
den großen Teil des Luzerner Klerus wieder
romtreu zu machen. Der ehemals stark liberale
Pfarrer und Dekan Häfliger wurde ein treuer
Anhänger und Mitarbeiter Göldlins. Ebenso
stand auf seiner Seite Pfarrer und Dekan
Stalder in Escholzmatt, der Verfasser des
„Schweizer Idiotikons". Namentlich aber
fanden die Bestrebungen
Göldlins
lebhafte Unterstützung von den drei
berühmten geistlichen Professoren Geiger,
Gügler und Widmer in Luzern.
Dieser Umschwung unter
der Geistlichkeit war umso wertvoller,
weil
die Regierung und ihre Beamten ganz
religionsfeindlich waren und danach
handelten. Ein genauer Kenner jener
Zeitverhältnisse, Pfarrer X. Herzog,
schildert in seiner Broschüre:
(„Einige Bilder
aus dem Leben des Josef Leu sel.", Luzern,
Räber, 1845, S. 10),
die Sachlage folgendermaßen: „Der Staat
will die Kirche ausmachen, in geistliche
Sachen sich einmischen, während er hingegen
alles auf die Seite setzte, was er der
Kirche schuldig ist; so ließ man es
z. B. gern geschehen, daß an Sonntagen,
gerade zur Zeit des nachmittägigen Gottesdienstes
die Mannschaft - auch die Christenlehrpflichtige
- exerziert wurde, man ließ an Sonntagen
alles hingehen auf Straßen und in Wirtshäusern,
man machte die Kirche zu einem
Rathaus durch Vornahme der Wahlen, durch
Verlesung der einfältigsten Sachen unmittelbar
vor dem Gottesdienst, aber
mit der geflissensten Sorgfalt wehrte
man, daß man dem Rathaus ja nicht mit
etwas Kirchlichem lästig falle.
Aus der Schule wurden die Heiligenbilder
nach und nach heraus bugsiert,
und man glaubte Gott einen
Dienst zu erweisen, durch einen Friedhof
hindurch, hart neben der Kirche vorbei
und wenn möglich noch durch den Garten
und das Land des Pfarrers, eine Straße
zu ziehen, gleichviel, wenn sie deshalb
abschüssiger und krümmer wurde. Statt
eines Kreuzes oder Heiligenstöcklis
kam ein Wegweiser oder Stundenstein
zu stehen, und wo früher zum Andenken
eines Verunglückten eine Tafel gemalt
war, mit der Bitte an den Wanderer,
für die Seele des Verstorbenen fünf
Vaterunser zu beten, da stund nun der
Kantonsschild mit einem Rad im Radschuh,
mit dem hochobrigkeitlichen Gebot, ja
nicht mit Stricken zu spannen; die Obrigkeit
gestatte das nicht, sie werde strafen;
aber einen Geistlichen auf dem Kirchhof
abprügeln, verfing nicht, und es wurde
hiefür weder Stöckli noch Mahnung aufgestellt.
So suchte eine gewisse Partei - und
zwar die jüngere - jener Regierung,
in ihrem Instinkt das Licht und den
Segen der Kirche durch ihre Aufklärung
zu verdrängen, auf daß die Untertanen
nur ihr Licht sehen, nur ihre Worte
rühmen, nur sie allein anbeten sollen."
Noch
mehr! Die radikalen Regierungsmänner
dieser Zeiten schreckten auch vor Gewalttaten
und Ungerechtigkeiten nicht zurück.
Man hatte es besonders auf die Klöster
abgesehen. So kamen sie im Jahr 1803
mit dem Generalvikar Wessenberg überein,
das Kloster Werthenstein zum Wohl des
Staates und zum Besten eines Priesterseminars
aufzuheben. Der Papst erhob
dagegen Einspruch und erklärte das Abkommen
für ungültig. - Im Mai 1808
verlangte die Regierung vom Abt des
Klosters St. Urban Rechenschaft über
die Verwaltung des Klosters. Der Abt
verweigerte sie von Gottes und Rechts
wegen. Die Regierung setzte den Prälaten
in der Nacht vom 4. Nov. gefangen und
nahm gewaltsam eine Inventarisation
des Klosters vor. - Schon vorher, im
Jahr 1799, verlangte die Regierung vom
Stift Münster und vom Kloster Eschenbach
5000 Gulden mit dem Bemerken: „Und gebt
Ihr es uns nicht in Güte, so holen wir
es mit Gewalt!". - Dem Kloster Werthenstein
wurden Güllen im Wert von 50 000 Gulden
„staatsrechtlich" gestohlen.
Gegen Ende seines
Lebens machte Vater Wolf einem vertrauten Freunde
Mitteilungen betreffend die Zukunft: Im „Waldstätterboten"
1841, Nr. 4, vom 11. Jan. lesen wir:
„Weissagung des frommen Niklaus
Wolf von Rippertschwand,
Kanton Luzern.
(Note: Diese Weissagung ist keineswegs
erdichtet. Der Mann, dem sie gemacht, lebt noch,
und auf sein Zeugnis darf mit Bestimmtheit gerechnet
werden.) (Leu?) Ein sehr
achtungswürdiger Mann, der sich auf einen Besuch
zu Niklaus Wolf begab, fragte diesen:
„Was haben wir noch Bedenkliches
zu erleben?'
- ,lch wenig',
erwiderte Vater Niklaus, denn mein Ende ist
nahe. Aber die Liberalen und die Neugläubigen
werden zunehmen und stärker, ja, Meister
werden sie und sprechen alsdann untereinander
voller Übermut: Jetzt sind wir am Ende. Da sagt
aber Gott der Allmächtige: Jetzt bin ich mit
euch zu Ende! und zerbricht sie, wie ein Vater
die Rute zerbricht, und wirft sie weg.' - ,Und
wie kommt das?'
- ,Das wird also
kommen: Es ist etwas in diesen Leuten;
sie suchen es sorgfältig zu verheimlichen und
zu verbergen. Aber es drängt sie, sie
wissen nicht was und wissen nicht wie. Doch
es muß heraus, und sie müssen es offenbaren
gegen ihren Willen: Das ist ihr Unglaube
und ihre Gottlosigkeit. Und so wie
es heraus und unter den Leuten ist, sind sie
um ihren Kredit und um ihre Herrschaft."
In diesen religiös
so traurigen Zeiten griff nun Wolf ein und wirkte
überaus segensreich, teils im Verein mit den
romtreuen Geistlichen, teils durch Einwirken
auf die katholische Männerwelt. Und weil er
durch seine wunderbaren Krankenheilungen viel
im Land herumreisen mußte, kam er mit allen
Volkskreisen in Berührung und fand so reichlich
Gelegenheit, für die religiöse Hebung des Volkes
zu wirken.
Gerade bei diesen
Krankenbesuche verkehrte er oft mit seeleneifrigen
Priestern, besprach mit ihnen die Lage, die
Not des Volkes, die Gefahren der Zeit. Dabei
munterte er sie auf und begeisterte sie zum
treuen Aushalten. Wir haben auch mehrere Beispiele,
wo der fromme Wolf laue, vom herrschenden
Zeitgeist eingenommene Priester bekehrte
und zu treuen Verfechtern der katholischen
Religion machte.
Aber besonders
große Verdienste erwarb sich Vater Wolf, indem
er die katholische Männerwelt für die gute Sache,
zum Kampf für die Erhaltung der Religion, begeisterte
und unterrichtete. - Bei dieser Gelegenheit
muß besonders hingewiesen werden auf das Verhältnis
zwischen Vater Wolf und
Josef Leu von Ebersol.
Pfarrer X. Herzog
schreibt in seiner Schrift:
(„Einige Bilder
aus dem Leben des Josef Leu sei.", S. 8)
: „Gott hatte ihn
(Leu)
zum Moses bestimmt, daß er sein Volk befreie
aus den Händen der Radikalen. Wohl sträubte
sich der bescheidene Schäfer und konnte nicht
begreifen, daß er zu so großem Werk tauglich
und ausersehen sein sollte. Da schickte ihm
Gott einen Führer, einen Lehrer und Freund,
den frommen Niklaus Wolf, den Vater aller Redlichen
im Land, den Helfer so vieler Kranken, den Mann
des Gebetes, des Glaubens und der Kirche.
Im Jahr
1819 kam Wolf zum erstenmal in das Haus
des Leu, um da eine kranke Tochter
zu besuchen; als er (auf dem Heimweg) mit der
Mutter außerhalb des Dörfchens war, bemerkte
er ihr, er sei wohl aus andern Ursachen hierher
beschieden worden, mehr um des gesunden Bruders
als um der kranken Schwester willen, denn Gott
werde ihn zu großen Dingen brauchen wollen.
Von da an kam der fromme Mann mit seinem Rosenkranz
und der Tabakpfeife oft und auf mehrere Tage
ins Haus. Was alsdann gesprochen wurde, hatte
nur die Religion zum Gegenstand, und Josef saß
wie Maria zu den Füßen seines ungelehrten Meisters
und nahm alle seine Worte tief zu Herzen, liebte
ihn sehr und unterhielt sich oft mit ihm, bis
der Morgen sie störte. Von da an nahm
sein (d. h. des Leu) inneres Leben eine andere
Gestalt an; seine Gedanken hoben sich
über die Schafe und den Hof hinweg. Ja, er erkannte
immer besser, was für ein Schatz in der katholischen
Kirche verborgen sei und wie unaussprechlich
unglücklich ein Volk sei ohne diese Kirche...
Die Freunde Wolfs wurden seine Freunde, und
ehe der Jüngling zum Mann herangewachsen, stand
er an der Spitze eines Bundes, von dem eine
bessere Zukunft für das katholische Volk hervorgehen
sollte."
Im Kriminalprozeß
gegen den Mörder Jakob Müller von Ammann
lesen wir S.4f.: „In seinem 19. Altersjahr
machte er die Bekanntschaft des sel.
Niklaus Wolf von Rippertschwand, Gemeinde
Neuenkirch, der mit Recht als ein Vater
der Redlichen, ein Helfer vieler Kranken,
ein Mann des Gebetes in der tiefsten
Fülle des Glaubens an die Offenbarungen
Gottes und seiner Kirche, im Andenken
des Luzernervolkes fortlebt. Jener Mann
gab der religiösen Erziehung seines
Lieblings die feste Grundlage und höhere
Weihe der Überzeugung; zugleich machte
er, wie ein prophetischer Seher der
einstigen Kraft, welche Leu im Leben
entwickeln werde, ihn auf die Verhältnisse
der Gegenwart in der Politik von Kirche
und Staat aufmerksam, mit altschweizerischem
Patriotismus und altgläubigem Eifer.
So wurde Josef Leu
in einer Jugend, die sonst in politischen
und insbesondere in kirchlichen Dingen
leicht und leichtsinnig denkt,
ernst, und in ihm erstarkte
frühe das Bewußtsein, daß ein Schweizer
das Recht und die Pflicht hat, in öffentlichen
Angelegenheiten, wie in den häuslichen,
im Geist der Wahrheit sich Urteile zu
bilden und für die Wahrheit einzustehen."
Dreizehn Jahre lang herrschte
zwischen den beiden, für den Kanton
Luzern so hochbedeutsamen Männern das
innigste Freundschaftsverhältnis.
Wolf hatte im Haus Leus ein
eigenes Zimmer. Die Feinde
nannten diese Nächte, wo Wolf und Leu
miteinander redeten, Nikodemusnächte.
Die heilige Begeisterung und
Opferfreude für die katholische Sache
ging vom alten Wolf auf den jungen Leu
über. Und wenn Leu in den Dreißiger-
und Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts
die katholische Sache im Kanton Luzern
unter den schwersten Kämpfen zum Sieg
führte und sich dadurch unsterbliche
Verdienste erwarb, so verdanken wir
das dem Vater Wolf, der den jungen Leu
begeisterte und leitete. Wir können
ruhig sagen:
Ohne Wolf von Rippertschwand
hätte das katholische Luzernervolk keinen
Leu von Ebersol.
Zu gleicher
Zeit schuf Vater Wolf noch ein anderes
großes Werk zum größten Segen des katholischen
Luzernervolkes. Wolf schuf nicht bloß
den Leu, sondern auch die ersten Leuenmänner.
Die Verfolgung der katholischen
Kirche schrieb er dem Satan zu.
Gerade dadurch offenbart
Vater Wolf die Größe seines Geistes und
die Tiefe seines Glaubens. Zu dieser Überzeugung
vom mächtigen Einfluß des bösen Geistes
kam er durch viele Stellen und Tatsachen
in der Hl. Schrift und durch Aussprüche
der Kirchenväter.
Wir folgen hier seinem Gedankengang.
Christus nennt den Satan den Fürsten dieser
Welt.
Der hl. Völkerapostel Paulus lehrt, daß
Satan durch die Kinder des Unglaubens wirke.
„Wir haben nicht den Kampf gegen Fleisch
und Blut allein zu kämpfen, sondern gegen
Fürsten und Gewalten, mit den bösen Geistern
unter dem Himmel." (Eph. 6,12.)
Darum ermahnt auch Petrus: „Seid nüchtern
und wachsam; denn euer Widersacher, der
Teufel, geht umher wie ein brüllender Löwe,
suchend, wen er verschlingen könne." (1.
Petr. 5,8.).
Dieses Wirken des bösen Feindes ist um so
gefährlicher, weil der Fürst der Finsternis
sich gerne in einen Engel des Lichtes kleidet.
Der hl. Polykarp kam nach Rom; da begegnete
ihm der Irrlehrer Marzion. Stolz fragte
Marzion den Heiligen: „Kennst du mich?".
Polykarp antwortete: „Ja, ich kenne den
Erstgeborenen des Teufels".
Vater Wolf
hatte auch durch eine jahrlange, vielfache
Erfahrung die feste Überzeugung gewonnen,
daß der Satan auf Leib und Seele des Menschen
einen großen Einfluß ausübe. Darauf machte
er seine Mitmenschen mündlich und schriftlich
aufmerksam.
Nach Pfarrer Ackermann, dem die Schriften
Wolfs vollständig zur Verfügung standen,
sprach sich Vater Wolf darüber aus
(Ackermann,
S. 103 ff.):
„Hat denn
nicht Christus den Fürst der Finsternis
genannt? Haben denn nicht alle Apostel vor
diesem Widersacher gewarnt? Ja,
wir haben mit der Welt, mit dem Fleisch
und mit dem Satan zu kämpfen. Unter diesen
dreien ist aber der Satan der gefährlichste
Feind.
Denn es ist dem Teufel gelungen,
sich ganz verborgen zuhalten, indem er die
Menschen durch den neuen Wind der Lehre
glauben machte: Es gebe keinen
Teufel.
Dies ist ein gar listiger
Betrug, in welchen er die Welt zu führen
wußte, daß sie im Stolze ihrer Vernunft
das Dasein und Wirken eines Teufels als
lächerlich verwerfen. Er hat den Gewinn
dabei, daß er ungekannt und ungehindert
durch die Kinder des Unglaubens wirken und
unter den Schafen Christi als grimmiger
Wolf wüten kann. - Und seither, da diesem
Feinde diese List gelungen, haben Unglaube
und Lieblosigkeit aller Art, Spöttelei über
das Göttliche, über die Kirche und ihre
hl. Gebräuche und Sakramente und Sakramentalien,
Weihwasser, gesegnetes Öl usw. überhand
genommen, und ebenso andere Laster, Ungehorsam
und Respektlosigkeit gegen Priesterschaft
und Obrigkeit... Was ist nun unter solchen
Umständen zu tun, als sich an Gott zu wenden,
die Sünden zu bereuen, der Kirche Gottes
anzuhangen, zu Gott zu schreien und zu flehen
im Namen seines innigst geliebten Sohnes
um die Gnade des lebendigen Glaubens, eines
starkmütigen Vertrauens auf die Gewalt der
Kirche wider die Hölle... Dieser Feind beschädigt
die Menschen in ihren Glaubensgütern."
So schrieb
Vater Wolf die Verfolgung der Kirche und
der Priester dem Satan zu. Oft sagte er
deshalb: „Schone man doch den Feind
nicht; man kann ihm nicht Ehre und guten
Namen nehmen". Den allgemeinen
Haß gegen alles Religiöse nannte er ein
Werk der Hölle. Und dieses planmäßige Treiben
gegen Kirche und Religion bewog ihn oft
zu Tränen, aber auch zum Gebet.
Alle Abende brachte er gewöhnlich drei Stunden
im Gebet zu, „für die Kirche Gottes,
für die Angelegenheiten der Zeit und des
Landes, um Abwendung der drohenden Gefahren,
um Vereitelung der Absichten der Feinde
Gottes und der Menschen, um die Demütigung
der Feinde der Kirche".
Dann
organisierte er eine eigentliche Gebetsarmee.
Alle Montage und Freitage begab er
sich mit einigen gleichgesinnten Männern an
einen abgelegenen Ort, um da im Namen aller
und für alle zu beten. Sie beteten mit
Vorliebe den schmerzhaften Rosenkranz und die
Andacht zu den fünf Wunden Jesu.
Die Tätigkeit
dieser Gebetsarmee und überhaupt der Freunde
Wolfs ist um so bewunderungswürdiger, weil sie
eine Zeitlang mit großen Gefahren verbunden
war. Es war für jene braven Männer keine Kleinigkeit.
Denn Wolf wurde durch die Polizei scharf beobachtet.
Und bis zum Sturz Napoleons wurden Hunderte
und Tausende von luzernischen Ehrenmännern bei
Nacht und Nebel abgefangen und auf die Schlachtfelder
von Frankreich und Rußland geschickt. Einen
Abschied von den Seinen gab es gewöhnlich nicht
mehr, wohl aber meistens ein -Nimmerwiedersehen.
Und es ist begreiflich, daß die radikale Regierung
mit ihren Polizeiorganen darauf ausging, ihr
mißliebige Gegner auf diese Weise unschädlich
zu machen. Aber trotzdem wuchs die Gebetsarmee
Vater Wolfs von Jahr zu Jahr.
Pfarrer Ackermann
schreibt in seinem Büchlein: „Josef Leu von
Ebersol" (1846), S. 63 ff., wie später auch
Leu dazukam:
„Weil Leu einsah, daß für einmal
an der Herrschaft des Radikalismus nur Wortkampf
nichts ausrichtete, so nahm er Zuflucht
zum Gebet. Er begab sich zu Vater Wolf
hin, beriet sich mit ihm, schüttete seinen Kummer
in des Vaters Schoß aus. Wolf ermunterte zum
Gebet, Glauben und Vertrauen, belehrte neuerdings,
daß der Feind, der Satan, in die Herde eingefallen
sei und wie ein Löwe brülle... Erinnert euch,
daß im Himmel schon ein Streit entstanden; Michael
und seine Engel stritten mit dem Drachen, und
der Drache, die alte Schlange, die da heißt
der Teufel und Satanas, der die ganze Welt verführt,
ward geworfen auf die Erde und hat einen großen
Zorn, und er verfolgte das Weib mit dem Knäblein,
die heilige Kirche und ging hin zu streiten
mit ihren übrigen Kindern."
So ermahnte er
und stellte sich zum Streit, zum Gebetsstreit,
mit folgender Kriegserklärung;
„Höre, Satan, samt deinem Anhang!
Wir haben uns in Schlachtordnung gestellt.
Wir haben uns bewaffnet mit dem Schilde
und Panzer unseres Glaubens, mit dem
Helm der Hoffnung und des Vertrauens,
mit dem Feuer der Liebe Gottes, für
seine Ehre... So wollen
wir also anfangen; kämpft wacker, ihr
Brüder und Schwestern, im Namen Jesu." |
In diesen hl. Stunden des Gebetskampfes war
es auch, da Vater Wolf dem nach und nach zum
Volksführer herangewachsenen Leu den Rat gab:
„Wenn man nur die ehrwürdigen Väter Jesuiten
[damals
waren sie noch katholisch!]
wieder bekommen könnte und dann dazu bessere
Gesetze, so wäre es noch möglich, zu erwirken,
daß nicht der ganze Strom des Volkes der Hölle
zulaufe.
Doch fürchtet die Macht der Hölle nicht.
Seid standhaft! Wer auf Gott vertraut, wird
nicht zuschanden werden. Er wird euch helfen!"
Hier haben
wir also den Grund, warum Leu, zur Macht
gelangt, die Berufung der Jesuiten an die
höhere Lehranstalt nach Luzern durchsetzte.
Er erfüllte damit ein Vermächtnis, einen
heiligen Wunsch Vater Wolfs. Wir vernehmen
das des bestimmtesten auch aus mündlichen
Mitteilungen von Nachkommen der Familie
Leu. In der schon angeführten Kriminalprozedur
gegen den Mörder Leus von Ammann wird diese
Tatsache erwähnt. Seiten 18, 22 und 23 heißt
es:
„In diesen
Tagen war es, daß er der durch den frommen
Wolf ihm eingegebenen Idee der Jesuitenberufung
ein besonderes Nachdenken widmete. Die Entfernung
des hochverdiensten Professors Widmer
vom Lyzeum, der im Geist, mit der
Liebe und der Kraft eines Bischofs
Sailer
zum Segen des Kantons und der übrigen Schweiz
so vieles gewirkt hatte, und die ihm ebenso
auffallende Behandlung seines würdigen Freundes
Kaufmann schienen ihm deutliche Beweise,
daß unter der gegenwärtigen Regierung ein
orthodoxer Professor in die Länge nicht
geduldet werde, und daß auch bei einer kirchlich
besser gesinnten es keinem Mann gelingen
könne, die Unabhängigkeit zu behaupten,
wie es nach seinem Ideal ein Lehrer der
Theologie und des Kirchenrechts notwendig
tun sollte. Darum erinnerte er sich der
Wünsche des sel. verstorbenen Wolf mit voller
Lebendigkeit und suchte ins reine zu kommen.
Die bei ihm vorgefundene Korrespondenz zeigt,
mit welcher Ängstlichkeit er über die Leistung
des Ordens in der Gegenwart bis in weite
Entfernung Erkundigungen einzog... "
„Mit
Gewalt die Gewalt zu bekämpfen, hätte einen
furchtbaren Bürgerkrieg hervorrufen müssen.
Gott wollte nicht, daß es geschehe. Jetzt
aber glaubte sein treuester Anbeter, den
Gedanken, welchen ihm sein väterlicher Freund
Wolf eingeprägt hatte, nicht länger denjenigen
Rücksichten opfern zu müssen, welche ihm
von andern vorgehalten wurden.
In einer Petition
mit vielen Unterschriften begehrte Leu die
Berufung des Jesuitenordens zur Übernahme
der Seminarien und des theologischen Lehrstuhls
am Lyzeum zu Luzern..."
„Überdies
schien ihm besonders in einer Republik,
wo die Mitglieder der Wahlbehörden oft wie
im Zufall wechseln, was auf die Konsequenz
in den Wahlen mächtigen Einfluß übt, und
wo zudem keine Besoldungen für Lehrstellen
angeboten werden können, welche den ausgezeichneten
Lehrer anziehen und sicherstellen, ein Orden
notwendig, welcher unerschüttert durch den
Wechsel der Regierungsglieder, stark durch
sein Gelübde und seine Verbindungen, ausgezeichnet
durch seine Wissenschaftlichkeit, den Anfeindungen
der Gegner zu widerstehen vermöge. Daß der
sei. Wolf ihm prophezeit hatte: ,Es wird
schwer halten, die Jesuiten nach Luzern
zu bringen', entmutigte ihn nicht; denn
er hatte ihm auch gesagt: ,Du wirst es noch
erleben'."
Erwähnen
wir noch kurz die Weiterentwicklung dieser
Gebetsarmee nach dem Tod Vater Wolfs. Die
vertrauten Freunde Wolfs, vor allem Pfarrer
Ackermann in Emmen, suchten im Sinn ihres
Vaters weiter zu wirken und hielten anfänglich
die gleichen Bettage und Betstunden zum
gleichen Zweck wie Vater Wolf. Pfarrer Ackermann
machte dann die Anregung, die Gebetsgesellschaft
müsse erhalten werden als eine Bruderschaft
zur Bewahrung und Belebung des Glaubens,
die nach Vater Wolfs Glauben und Beispiel
fortfahren sollte, zu beten. Dieser eifrige
und gelehrte Priester verfaßte die Statuten;
der hochwürdigste Bischof Josef Anton Salzmann
genehmigte und empfahl sie. Leu und die
übrigen Anhänger Wolfs verbreiteten die
Bruderschaft unter das Volk. Später sorgte
man auch dafür, daß diese Bruderschaft von
Rom genehmigt, mit Ablässen versehen und
schließlich in der Pfarrkirche Neuenkirch
installiert wurde.
So lebt
diese Gebetsarmee von Vater Wolf fort
bis auf den heutigen Tag. Am ersten
Septembersonntag wird dieses
Bruderschaftsfest alle Jahre
feierlich in Neuenkirch begangen.
Als im Alten Bund das
israelitische Volk ausgezogen war zum
Kampf gegen die Amalekiter, da
ging der alte Moses auf den
Berg und erhob seine Hände zum Gebet.
[Moses
betete mit ausgebreiteten Armen!]
Und solange er betete, siegten die Israeliten.
- Ähnliches sehen wir hier. Während
der junge Leu auszieht zum Kampf, zum
Schutz von Religion und Freiheit, da
erhebt droben in Rippertschwand der
alte Wolf seine Hände zu Gott und betet
für die Kämpfenden. Und dann reist Vater
Wolf überall im Kanton Luzern herum,
spendet Trost und Aufmunterung und mahnt
zum Gebet. Wenn darum das Luzernervolk
in jenen gefahrvollen Zeiten in großer
Mehrheit unerschütterlich treu zum katholischen
Glauben stand, ja, wenn die katholische
Sache im öffentlichen Leben des Kantons
Luzern nicht unterlegen, sondern unter
Leus tatkräftiger und kluger Führung
sogar glänzend zum Sieg geführt wurde,
dann verdanken wir das zum großen Teil
dem Gebet des frommen Niklaus Wolf von
Rippertschwand. Darum müssen wir uns
auch nicht verwundern, daß dieser heiligmäßige
Mann durch sein so segensreiches Wirken
und Beispiel bei allen Kirchenfeinden
verhaßt war und bei allen Gutgesinnten
im höchsten Ansehen stand und allgemein
wie ein Vater verehrt wurde.
Niemand ging von ihm weg, ohne
belehrt und erbaut zu sein.
Er war der bestgehaßte
und der meistgeliebte, aber auch der
einflußreichste Mann seiner Zeit, und
zwar weit über den Kanton Luzern hinaus.
Eine
Anwendung auf die heutige Zeit liegt
nahe. Auch heute tobt ein heftiger
und allgemeiner Kampf gegen Religion,
Kirche und Priester. Und gewiß hat
auch heute der Satan seine Hand
im Spiele. Darum müssen
wir auch heutzutage zur
Rettung der katholischen Sache nicht
bloß Kämpfer und Politiker haben,
sondern vor allem auch Beter.
Der große Staatsmann Donoso
Cortes sagt einmal:
„Die, welche beten, tun
mehr für die Welt als die, welche
kämpfen. Und wenn die Welt
vom Schlechten zum Schlechtem vorwärts
schreitet, dann geschieht es deshalb,
weil es mehr Schlachten gibt als
Gebete." - Gerade aus diesem Grund
sind auch heute noch „die Klöster
Festungen der Religion", wie Vater
Wolf sie nannte, eben weil sie Heimstätten
des Gebetes sind. Daraus erklären
sich auch die beständigen Angriffe
aller Gottesfeinde gegen die Klöster.
Der Satan arbeitet mit seinen Armeen
immer planmäßig.
Noch
etwas Wichtiges lehrt uns der fromme
Wolf: Bei allen Angriffen ist er
unerschrocken. Menschenfurcht kennt
er nicht. Und nie ist er verlegen;
treffend und schlagend antwortet
er auf die Angriffe: Ein herrliches
Vorbild katholischer Unerschrockenheit.
Der fromme Niklaus Wolf
als großer Wohltäter
seiner Mitmenschen.
Wie
Vater Wolf zu seinen Krankenheilungen
geführt wurde.
Mitten in der Zeit der sogenannten
Aufklärung, da weite Kreise
des Volkes und der Gebildeten
alles Übernatürliche leugnen
und alte religiöse Gebräuche
und Übungen, wie Prozessionen,
Wallfahrten und Bruderschaften
abschaffen wollten, erschien
in Deutschland ein einfacher
Priester namens
Gaßner, der im
Namen Jesu unzählige merkwürdige
Krankenheilungen und andere
wunderbare und ganz auffallende
Tatsachen zustande brachte.
Die ganze gelehrte, politische
und auch kirchliche Welt
kam darüber in Aufregung.
Es erschienen Streitschriften
für und gegen diesen frommen
Priester. Sein Wirken wurde
polizeilich und wissenschaftlich,
von Doktoren beider Rechte,
von Ärzten, Physiologen
und Theologen genau untersucht
und bestand die Probe glänzend.
Selbst der damals berühmte
protestantische Gelehrte
Lavater in Zürich
wurde um sein Urteil gefragt.
Er schrieb unter
anderem in seiner Monatsschrift
von 1790: „Gaßner? Was ich
über ihn sage? Kein Wort.
Ich will warten und sage
nur: Fakta sind
Fakta, und - Ton
des spinnwebenen, kalten,
seelenlosen Jahrhundert
ist's, Fakta mit Räsonnements
wegzulächeln."
Später schrieb Lavater mehrere
Abhandlungen zur Verteidigung
Gaßners. Einmal sagte er:
„Die Seele zerschneidet
es mir, daß diese Sache,
die so deutlich und bestimmt
aus den Worten Jesu hervorgeht,
im 18. Jh. nach der Geburt
des Sohnes Gottes erst noch
eine Sache der Untersuchung
werden will. Die höchste
Unbilligkeit ist es, wenn
man, sobald man auf die
Sache zu sprechen kommt,
sogleich mit den verächtlichen
Wörtern: Imagination, Schwärmerei,
Fanatismus usw. um sich
wirft."
Diese Schriften über Gaßner
kamen auch in die Hände
Vater Wolfs.
Er las sie mit Staunen und
Nachdenken und mit immer
größerem Interesse. Die
berichteten und bewiesenen
Tatsachen machten auf ihn
einen tiefen Eindruck, so
sehr, daß er nun selbst
anfing, sich mit der Frage
zu beschäftigen:
Die Kraft des Gebetes im
Namen Jesu um Abwendung
zeitlicher Übel.
- Die priesterlichen
Segnungen und die Sakramentalien
der Kirche kamen ihm immer
bedeutsamer vor.
Er besprach diese Angelegenheit
oft mit einem gelehrten,
frommen Priester.
Durch dessen Vermittlung
bekam er entsprechende ältere
und neuere Bücher, die über
diese hl. Gebräuche der
Kirche handelten und ihren
ganz kirchlichen, meist
urkundlichen Ursprung darstellten.
Besonders tiefen Eindruck
machte auf ihn das Evangelium
vom Fest Christi Himmelfahrt
(Mk 16,17 u. ff.), wo Christus
spricht: „Die Wunder
aber, die denen folgen werden,
die da glauben, sind diese:
In meinem Namen
werden sie böse Geister
austreiben, in neuen Sprachen
reden, Schlangen aufheben,
und wenn sie etwas Tödliches
trinken, wird es ihnen nicht
schaden; Kranken werden
sie die Hände auflegen,
und sie werden gesund werden."
Und der Schluß: „Der Herr
wirkte mit ihnen und bekräftigte
das Wort durch darauf folgende
Wunder". - Dann auch die
Worte bei Johannes 16, 23:
„Wenn ihr den Vater in meinem
Namen um etwas bitten werdet,
so wird er es euch geben".
- So wuchsen in Vater Wolf
der Glaube und das Vertrauen,
daß der Mensch in allen
Anliegen und Nöten an Jesus
einen Freund und Helfer
habe.
Freilich stand er
dadurch im Gegensatz
zu den vielen aufgeklärten
Zeitgenossen, die
wenig oder nichts
auf diesen kirchlichen
Segnungen und Gebräuchen
hielten, die nicht
selten darüber spotteten.
Allein Vater Wolf
war durch
Gebet und Studium
tief innerlich davon
überzeugt,
und durch
sein hohes Gnadenleben,
besonders durch
fleißigen
Empfang der hl.
Sakramente war er
so befestigt,
daß Widerspruch
und Spott von seiten
der aufgeklärten
„Kinder der Welt"
und des Zeitgeistes
ihn nicht beirrten.
Nun führte die Vorsehung
selbst einen Entscheid
herbei. Vater Wolf
bekam Gelegenheit,
die Kraft des Gebetes
im Namen Jesu an
seinem eigenen körperlichen
Gebrechen zu erfahren.
Er erzählt darüber
folgendes:
„Ich litt ein ganzes
Jahr an einem Magenübel
und Herzklopfen
so gewaltig, daß
ich beinahe keine
Speise mehr vertragen
mochte. Das ganze
Jahr hindurch wandte
ich ununterbrochen
ärztliche Hilfe
dagegen an, aber
vergeblich. Von
der geistlichen
Heilart hielt mich
damals noch Scheu
ab. Eines Abends
aber, als ich mit
meinem geistlichen
Vetter neuerdings
über das Gebet im
Namen Jesu ein kräftiges
Wort gewechselt
und mich spät zur
Ruhe begeben hatte,
rief ich,
durch mein Übel
daran gemahnt -
ganz schüchtern
noch - den heiligen
Namen Jesus dawider
an, und - war augenblicklich
von allem Schmerz
und aller Empfindung
des Übels befreit
und blieb es."
Es geschah
1803.
Durch dieses Ereignis
wurde in Niklaus
Wolf die Überzeugung
von der Kraft des
Gebetes im Namen
Jesu für immer und
unerschütterlich
befestigt. Dazu
kam ein zweites
Ereignis; es war
im zweiten Jahr
seines Ratsherrenamtes,
also 1804. Wegen
heftiger
Fußschmerzen
sah er
sich genötigt, den
Sitzungssaal zu
verlassen. Hinkend
und unter großen
Schmerzen trat er
den zweistündigen
Rückweg an. Auch
da sollte er auffallende
Hilfe finden. Er
erzählt:
„Ich faßte ein Herz
und ein allgewaltiges
Vertrauen zum heiligsten
Namen Jesu und rief
ihn wider mein Übel
an, und dieses -
wich augenblicklich
samt all
seinen Begleiterscheinungen.
Da fuhr es wie Feuer
durch meine Seele,
und ich konnte nicht
genug danken, lobpreisen
und bewundern. Mein
Herz war freudig
bewegt bis nach
Hause, und so blieb
es noch tage- und
wochenlang.
Später
wagte ich es,
weil
mein Herz zu voll
davon war,
wenn
in meinem
Haus und in meiner
Verwandtschaft oder
Nähe ein Leiden,
eine Not
war, vom Namen Jesu,
über Glauben
und Vertrauen zu
reden. Ich
betete um Hilfe
im Namen Jesu, und
sie wurde mir zuteil.
Sooft ich
anklopfte, wurde
mir aufgetan.
Ich
tat keine
einzige Fehlbitte
zum Herrn. - Bald
wurde es aber weit
umher bekannt und
weither der Zulauf
und die Ansprache
um Hilfe zu mir.
Ich glaubte es der
Ehre Gottes und
der Liebe des Nächsten
schuldig zu sein,
für sie zu beten
und den Namen des
Herrn für sie anzurufen.
Bald wurde dies
mein Tagewerk. Ich
wurde da- und dorthin
gerufen, und wo
ich gerufen wurde,
ging ich in Gottes
Namen."
Sein am 12. März
1788 geborener Sohn
Johann war unterdessen
zum Mann herangewachsen
und hatte gelernt,
im Geist des Vaters
dem ganzen Hof vorzustehen.
So konnte Vater
Wolf ihm mit vollem
Vertrauen die Leitung
der Landwirtschaft
und Haushaltung
überlassen. Er heiratete
am 15. Febr. 1813
mit Ida Ineichen
vom Hof Dachsellern
in Sempach. Doch
diese starb schon
am 18. Jan. 1823.
erst 31 Jahre alt,
im Kindbett. Dieser
Sohn Johann heiratete
zum zweitenmal am
19. Febr. 1827 Franziska
Ineichen vom Stechenrain,
Gemeinde Littau.
Eine 87jährige, noch
lebende Urenkelin, Witwe
Barbara Tr.-Br.
(ihre Mutter war eine
Tochter des Johann Wolf,
also eine Enkelin des
Vaters Niklaus Wolf)
bezeugt: „Meine Mutter
hat den Vater Wolf noch
gut gekannt. Sie erzählte
oft, wie Vater Wolf
mit den Großkindern
andächtig gebetet habe.
Es sind viele Leute
gekommen. Er ist mit
ihnen in das kleine
Stübchen gegangen neben
dem Schlafzimmer, und
hat mit ihnen gebetet.
Besonders viel kam Leu
von Ebersol, und dann
beteten sie miteinander."
Vater
Wolf aber schenkte nun
seine ganze Lebenskraft
den Mitmenschen. Er
war und blieb der große,
fromme Beter, der allgemeine
Ratgeber und Tröster.
Und jetzt wurde er noch
der große Wohltäter
der leidenden Mitmenschen
durch seine Krankenheilungen.
Wolf
war gerade 50 Jahre
alt, als er seine Liebestätigkeit
im Namen Jesu begann.
Wie
Vater Wolf seine Krankenheilungen
ausführte
Sein Wahlspruch war:
„Zur Ehre des
heiligsten Namens Jesus,
zum Heil der Menschen
und zum Sturz der Hölle".
- Seine ganze
Wirksamkeit im Dienst
der Kranken hatte nichts
gemein mit dem Treiben
gewisser zweifelhafter
„Gesundbeter". Das sehen
wir aus der edlen, frommen
Art und Weise, wie Wolf
seine Heilungen ausführte,
und dann ganz besonders
auch aus der schweren
Prüfung, die ihm auferlegt
wurde und die er glänzend
bestand. Niemals riet
Vater Wolf vom Gebrauch
der Arzneien oder dem
Zuhilfe rufen des Arztes
ab. Und obschon er ein
Mann der streng kirchlichen
Richtung war, wurde
er niemals hart oder
abstoßend gegen Irrgläubige.
Viel Leidenden aus andern
Konfessionen, die mit
Vertrauen zu ihm Zuflucht
nahmen, half er bereitwillig
mit seinem Gebete.
Wenn nun Vater Wolf
zu einem Kranken gerufen
wurde, ermunterte er
ihn zuerst zum Glauben
und Vertrauen auf die
Kraft des Namens Jesus.
Er sagte ihm: „Gott
ist allmächtig, er kann
helfen. Er ist unendlich
gütig, er will helfen.
Und er versprach:
,Kommt
alle zu mir,
die ihr mühselig
und beladen seid, ich
will euch erquicken'.
Darum muß Gott
helfen; er
hat es ja versprochen:
,Bittet, und ihr werdet
empfangen'." - Zur Bekräftigung
dieser Worte fügte er
hinzu: „Stehen
diese Worte nicht im
Evangelium?
Wer will daran zweifeln?
Wenn diesen nicht zu
trauen ist, wem sollten
wir dann trauen? Er
hat es teuer und heilig
versprochen. Und wenn
es nicht möglich ist,
daß nur ein Sonnenstäubchen
groß Unvollkommenheit,
Untreue oder Unwahrhaftigkeit
ihm ankleben könne."
-
Dann betete
er mit ihnen gewöhnlich
die drei göttlichen
Tugenden und fünf Vaterunser,
Ave Maria und den Glauben,
dann das schöne Gebet:
„Unter deinen Schutz
und Schirm
fliehen wir, o heilige
Gottesgebärerin." Sodann
ermahnte er sie, gesegnete
Sachen zu gebrauchen.
Dann bezeichnete er
sie und die Kranken
mit Weihwasser im Zeichen
des Kreuzes und ermahnte
sie nochmals zum Gottvertrauen,
zum Vertrauen auf den
hl. Namen Jesus und
die Allmacht, Weisheit
und Güte Jesu. Endlich
verrichtete er dann
ein eigenes Gebet zum
Namen Jesu. Ein großes
Vertrauen hatte er auf
den Englischen Gruß.
Und
gerne
half er während des
Betenläutens
den Kranken.
- So half Vater Wolf
in tausend und tausend
Fällen, heilte alle
möglichen Krankheiten,
und zwar sehr viele,
wo alle ärztliche Hilfe
machtlos gewesen war.
Einige Beispiele merkwürdiger
Gebetserhörungen und
Krankenheilungen
In Emmenwald, einem
der ältesten Gehöfte
der Gemeinde Neuenkirch,
war zur Zeit Pfarrer
Schniepers
(von 1793 bis 1815 Pfarrer
in Neuenkirch)
die Frau des Josef Tanner
zum Tod krank; sie war
vom Arzt aufgegeben
und vom Pfarrer auf
den Tod vorbereitet.
Da wurde Vater Wolf
gerufen. Er betete über
sie, ermahnte sie zum
Glauben und Vertrauen.
Frau Tanner
wurde zur selben Stunde
vollkommen gesund,
verlangte und
aß eine starke Suppe
mit andern Speisen und
begab sich sodann wieder
an die Hausgeschäfte,
als hätte ihr nie etwas
gefehlt. Als der Pfarrer
sie bald darauf wieder
besuchen und zum Tod
stärken wollte, verwunderte
er sich dermaßen, daß
er in Zukunft dem gläubigen
Gebet und Wirken im
Namen Jesu alle Ehre
widerfahren ließ.
In Rothenburg lebte der
17jährige Schmied Schmidli.
Stark Lungenschwindsüchtig,
hatte er mehrere ausgezeichnete
Ärzte in Luzern und Zürich
konsultiert. Keiner konnte
ihm helfen. Weil von liberaler
Gesinnung, wollte er zuerst
nichts wissen von Niklaus
Wolf. Schließlich, auf Anraten
einer Mutter, nahm er doch
Zuflucht beim frommen Vater
Wolf. Den Weg von Rothenburg
bis Rippertschwand, etwa
fünf Kilometer, legte er
in zwei Stunden zu rück.
Niklaus Wolf gab ihm unter
anderem fünf andächtige
Vaterunser für den Heimweg
zu beten auf. Zudem schärfte
er ihm ein, dabei nichts
anderes zu denken. Unterdessen
wolle er, Vater Wolf, für
ihn beten. Als Schmidli
nach Hause kam, war es bedeutend
besser mit ihm, und schließlich
wurde er von der
Schwindsucht befreit.
Er heiratete, bekam
mehrere Kinder und wurde
über 60 Jahre alt. - Das
erzählte sein eigener Sohn,
der längere Zeit in Luzern
lebte.
In St., Kirchgang G., Kanton
Luzern, lag eine Frau an
der Gicht so gefährlich
krank, daß selbst der Arzt
alle Hoffnung zur Wiederherstellung
verloren hatte. In dieser
Not kam man auf den Gedanken,
Vater Wolf kommen zu lassen.
Er weigerte sich zuerst.
Da bat man ihn um Gotteswillen.
Wolf ließ sich bewegen und
ging. Am Ort angelangt,
begab er sich sogleich zur
Kranken und verrichtete
ein Gebet. Nach vollendetem
Gebet war sie gesund und
verließ das Bett.
In M. wurde er zur Dienstmagd
eines ansehnlichen Güterbesitzers
gerufen. Aus Nächstenliebe
und auf wiederholte Bitten
ging er, viele Stunden weit,
hin. Die Person lag bereits
mehrere Tage in Todesgefahr.
Wolf betete etwa fünf Minuten
lang still, und wie sein
Gebet beendet war, war auch
die Krankheit gewichen.
Die Dienstmagd genoß viele
Speisen ohne Belästigung
und kehrte zu ihren Arbeiten
zurück. Der Geistliche des
Ortes, der sie besuchen
und zum Tode vorbereiten
wollte, kehrte verwundert
und Gott lobend wieder nach
Hause zurück.
Eine andere Person war
vierzehn Jahre lang
alle Jahre, gewöhnlich
vom hl. Martinstag bis zum
Maimonat des nächsten Jahres,
krank und
mußte das Bett hüten. Alle
möglichen angewendeten Arzneimittel
brachten keine Heilung,
obschon man keine Kosten
scheute. Endlich nahm man
Zuflucht zu Vater Wolf.
Er besuchte sie, ermahnte
sie zum Glauben und Gottvertrauen
und betete eine halbe Stunde
lang für sie, und die Person
wurde vollständig gesund.
Eine Kranke, bei der man
nach Ortsgebrauch schon
zweimal die Nachbarn zu
den letzten Zügen herbeigerufen
hatte, wurde durch sein
Gebet in wenigen Minuten
wieder ganz hergestellt.
Jemand hatte sich
mit siedendem Wasser
die Glieder überschüttet
und so fest verbrannt,
daß beim Ausziehen
der Kleider auch die Haut
mitgerissen wurde und schnell
eine starke Entzündung eintrat.
Es geschah in Wolfs Nachbarschaft.
Sogleich wurde Vater Wolf
gerufen. Er eilte hin, betete,
ließ die Wunden mit gesegnetem
Öl salben, und innerhalb
fünf Minuten war die Entzündung
behoben, der Schmerz gestillt,
sodaß die Person sogleich
ihrer gewohnten Arbeit
(Garnsechten)
nachgehen und nach vier
Tagen eine kleine Reise
machen konnte.
Einem Kind dem ein Bruch
ausgetreten war, und der
schon die schwarzbraunen
Zeichen des Brandes
hatte, bewirkte
er in einigen Minuten das
Zurücktreten des Bruches
und die volle Gesundheit.
Einem Hufschmied in E. war
während der Arbeit ab dem
Amboß ein Stück glühendes
Eisen ins Auge gesprungen
und hatte den Augapfel durchschnitten.
Der Schmerz war ungeheuer.
Ärztliche Hilfe konnte keine
Linderung bringen. Endlich
holte man Vater Wolf mit
dem Fuhrwerk ab. Nach einem
kurzen Gebet war der Hufschmied
vom Schmerz befreit und
genoß zwei Tage und zwei
Nächte lang einen erquickenden
Schlaf.
Hauptmann R. von S., war
seit mehreren Jahren von
der Fallsucht
heimgesucht. Inländische
und ausländische Ärzte wurden
zu Hilfe gerufen. Das Übel
wurde immer ärger; oft kamen
die Anfälle zweimal am Tage
vor, und nie blieben sie
länger als drei Monate aus.
Im Jahr 1828 wandte er sich
an Niklaus Wolf. Dieser
machte ihn auf die wunderbare
Kraft des Namens Jesus aufmerksam;
mit Glauben und Gebet im
Namen Jesu solle er sich
dem Übel entgegensetzen;
es werde ihm nicht mehr
kommen. Der Hauptmann sagte
ihm, auf Anraten vieler
habe er sich von Wein und
hitzigen Speisen enthalten
und von Zeit zu Zeit zu
Ader gelassen; ob er das
auch wieder tun müsse. Wolf
antwortete: „Nein! Macht
von Speise und Trank den
Gebrauch, den euch die Vernunft
für das Leben erlaubt; auch
braucht ihr nicht mehr zu
Ader zu lassen.
Das Übel kommt euch nicht
mehr; der Name Jesu ist
stark genug." Und
tatsächlich blieb das Übel
aus; der Herr R. erfreute
sich der besten Gesundheit.
Im gleichen Jahr war zu H. im
Kirchgang N. eine Frau am Friesel
krank. Da die Todesgefahr
zu fürchten war, wurde
sie mit den hl. Sterbesakramenten
versehen. In der höchsten Not
wurde Vater Wolf gerufen. Er
war gerade in Menznau. Wie er
sich dem Haus näherte, stieg
die Gefahr aufs höchste. Wolf
munterte sie auf zum Glauben
und Vertrauen, und besonders
empfahl er ihr das Vertrauen
auf die Fürbitte des hl. Franz
Xaver, dessen Festoktav eben
gefeiert wurde. Und die Frau
wurde ohne weiteres Gebet, nur
durch die Erweckung und Übung
des Glaubens und Vertrauens
sofort gesund.
Auch solche, die mit
Versuchungen zur Verzweiflung
und zum Selbstmord geplagt und
gefährdet waren. Wahnsinnige
und andere mit leidenschaftlichen
Übeln Geplagte heilte er mehrere.
Ein Mann aus Hubenfang, Gemeinde
Rothenburg, begab sich zu Niklaus
Wolf, um Rat zu holen. Auf dem
Wege dorthin kniete er im Wahligerwald
bei einem Helgenstöckli nieder
und betete fünf Vaterunser.
Nachher ging er zu Vater Wolf.
Beim Abschied sagte Wolf zu
diesem Mann: „Macht dann beim
Helgenstöckli im Wald wieder
das gleiche, das ihr auf dem
Hinweg gemacht habt." Der Mann
hatte doch dem Wolf nichts gesagt
von diesem Gebet.
Pfarrer
Ackermann, der 16 Jahre
lang mit Vater Wolf befreundet
war,
dem der ganze
schriftliche Nachlaß von
Wolf übergeben wurden, bezeugt:
„Ein großes Buch
wäre zu klein, um all die
wunderbaren Heilungen aufzuzählen,
die Wolf im Lauf von 26
Jahren gewirkt hat".
Und er fügt treffend
hinzu: „Es würde auch für
die Bewahrheitung der Sache
ohne Nutzen sein. Denn die
Macht des gläubigen Gebetes
steht in einem Dutzend Beispiele
so herrlich da als in Hunderten.
Die Zahl tut ja nichts zur
Sache, sondern der Glaube.
Hören sie Moses und die
Propheten nicht, so würden
sie auch nicht glauben,
wenn jemand von den Toten
auferstehen würde. Wenn
alles zehnfach bewiesen
und bezeugt wäre, würde
es von Feinden der Sache
doch nicht geglaubt." (Ackermann,
S. 76.)
Ebenso
segensreich wirkte Vater
Wolf durch seine Besuche
und Ermahnungen auf das
Seelenleben ein.
Seine ernsten, liebevollen
Ermahnungen bewegen Ungezählte
zur Sinnesänderung und Lebensbesserung.
Viele belebte und
stärkte er im Glauben.
Er erfüllte für
seine Zeit eine wahrhaft
providentielle Aufgabe;
er übte ein höchst heilsames
und fruchtbares Apostolat
aus. Vater Wolf war in seinerzeit
ein Mann der katholischen
Aktion, wie wir ihn uns
nicht schöner denken können.
So kamen aus den Kantonen
Luzern, Uri, Schwyz, Untenwaiden,
Zug, Solothurn, Bern und
Aargau zu jeder Tageszeit
Hilfesuchende nach Rippertschwand.
Oft reiste er selber auf
dringendes Verlangen von
Ort zu Ort. Oft gab er briefliche
Anweisungen. - Als er einmal
auf Besuch war in Luzern,
sagte er: „Wenn ich Priester
wäre, wollte ich mit dem
Glauben Berge versetzen".
- Wie ein Engel der Liebe
ging er über Berg und Tal,
bei Hitze und Kälte, bei
Wind und Wetter. Dabei war
er immer heiter
und fröhlich. Und
das alles tat er
immer unentgeltlich,
ohne je einen Lohn,
eine Entschädigung anzunehmen.
Zu seiner eigenen Verwunderung
begegnete es ihm oft, wie
er erzählte, auf seinen
Reisen, daß er vom Haus
fortging, in der Absicht
dahin zu gehen. Auf dem
Weg bekam er einen
unwiderstehlichen
Trieb, einen andern Weg
zu gehen, einen andern Ort
zu besuchen. Und
jedesmal hatte an diesem
zweiten Ort eine noch dringendere
Not auf ihn gewartet.
Ein Verzeichnis seiner Heilungen
wurde weder durch ihn selbst,
noch durch andere veranlaßt.
Denn er tat nie etwas, damit
es bekannt werde; niemals
suchte er nur im geringsten
seine Ehre, sondern immer
nur die Ehre des Namens
Jesus.
Oft kam es
vor, daß Kranke nicht zu
ihm kommen konnten und er
sie auch nicht besuchen
konnte. Über die Behandlung
dieser Patienten sagte Vater
Wolf: „Ich wies ihnen eine
Stunde an und ließ sie ermahnen,
sich in dieser Stunde mit
mir und den Meinigen im
Gebet zu vereinigen - im
Glauben der heiligen katholischen
Kirche. Besonders sollten
sie die göttlichen Tugenden
Glaube, Hoffnung und Liebe
erwecken, die Reue und Leid;
dann ferner mit Gebet sich
der Fürbitte der Mutter
Gottes anempfehlen und auf
dieselbe sowie auf den hl.
Namen Jesus Vertrauen fassen.
Sie sollen denken,
es sei in der Kirche Gottes
Kraft genug, sie von ihrem
Übel zu befreien, wenn es
nicht zum Tod oder für ihr
Seelenheil notwendig und
nützlich sei. Für
jeden Fall sollen sie mit
großem Vertrauen beten;
denn im ersten Fall helfe
es zu einem seligen Tod,
im zweiten werden sie viel
Erleichterung finden im
Gemüt und solches mit desto
größerer Geduld ertragen,
das Leiden Christi mit größerer
Inbrunst betrachten, sich
desto eifriger dem Willen
Gottes ergeben. Sie sollen
also ungezweifelte Hilfe
erwarten durch den hl. Namen
Jesus; wir
(er meinte
sich und die Seinigen)
werden in dieser Zeit für
sie beten und den hl. Namen
Jesus über sie anrufen.
Sie
(die kranke
Person)
soll sich aber nicht irren
und von uns Hilfe erwarten,
sondern nur durch den hl.
Namen Jesus. Auch
soll sie öfters gesegnetes
Wasser gebrauchen,
mit Andacht, Gebet
und Vertrauen;
alle
Speise und Trank damit segnen,
Zimmer und Liegestatt ebenso."
„Viermal", erzählte er,
„waren die Übel von solcher
Art, daß sie noch schleunigere
Hilfe forderten; z. B. in
übergroßen Schmerzen, Geburtsnöten
usw. Da schritt ich natürlich
sogleich, ungeachtet der
Abwesenheit vom Leidenden,
zum Gebet - mit großem Eifer,
Inbrunst und starkem Glauben
im hl. Namen Jesu, und gar
oft war den Leuten in derselben
Stunde besser geworden."
„Gott kann ja helfen;
Gott will helfen: Warum
sagt man's denn ihm nicht?
Warum klagt man's lieber
den Menschen, die nicht
helfen können?" So ermunterte
er in der Zwischenzeit oft
zum Gebete und Vertrauen.
Er hatte keine andere Absicht
in seinen Heilungsgebeten,
als „zur Ehre Gottes und
des Namens Jesus, zur Beschämung
der Hölle und zum Heile
der Seelen zu wirken"; und
er ermahnte die Leute stets
dazu, die Gesundheit nicht
zu mißbrauchen.
Und wenn dann Gott half,
augenblicklich half, sprach
er: „Gott hat es getan,
nicht ich; will man Gott
Einsprache tun?"
„Allerwenigstens", sagte
er, „wird doch Milderung
der Schmerzen erlangt.
Und wenn von hundert
Pfund Schmerzen nur neunzig
Pfund weichen, die gewöhnlich
vom Satan gewirkt sind,
um den Menschen zur Ungeduld
zu bringen, so
sei schon damit wohl die
Mühe belohnt und viel gewonnen,
daß der Mensch nunmehr mit
Ergebung leide."
Von Wahnsinnigen erzählte
er: „Oft hat sich ereignet,
daß solch verwirrte
Personen in so große Wut
ausgebrochen, daß
der stärkste Mann nicht
imstande war, ihnen nur
ein Glied festzuhalten:
Dann trat etwa ein Gläubiger
hinzu, der an leiblichen
Kräften weit zurückstand,
und setzte sein Vertrauen
auf die Kraft des heiligen
Namens Jesus, ergriff die
Glieder des Wütenden und
gebot der Wut im Namen Jesu
Einhalt, und siehe, alle
Kraft derselben war weg.
Denn der Name Jesus ist
ein Name über alle Namen,
in dem sich alle Knie beugen
im Himmel, auf Erden und
unter der Erde."
Bei einem solchen wahnsinnigen
Menschen, der zur Verzweiflung
angefochten war und für dessen
Heil man Wolf um sein Gebet
angefleht hatte, grüßte er auf
besonderen Antrieb den Schutzgeist
der Person und seinen eigenen
Schutzgeist und alle Schutzgeister
des Hauses und bat sie, ihm
zu helfen, den hl. Namen Jesus
da zu verherrlichen, den Feind
zu schanden zu machen und die
Person von diesem Übel zu befreien.
Er betete zu diesen Himmeisfürsten,
dann aber vorzüglich zu Gott
durch Jesum und seine unendlichen
Verdienste. Die Person bekannte,
während diesem Gebete frei geworden
zu sein: „Es sei wie ein ganzer
Berg von ihr gewichen".
Die noch lebende 87jährige
Witwe Barbara Tr.-Br. in
L. bezeugt: Meine Mutter
Ida Wolf, Tochter des Johann,
erzählte: „Einst wollte
eine Frau zu meinem Großvater
(Niklaus Wolf).
Meine Mutter ging mit ihr
in das Stübchen. Ich durfte
als Mädchen mitgehen. Vater
Wolf grüßte sie. Die fremde
Frau antwortete ganz trotzig.
Dann sagte er zuerst den
Lobspruch. Sie gab darauf
keine Antwort. Er fragte
sie: ,Was fehlt Ihnen?'
Sie sagte: ,Jetzt will ich
es Ihnen sagen.
Ich kann nicht mehr andächtig
sein; ich kann nicht mehr
beten. Und wenn
ich in die Kirche gehe,
sollte ich immer fluchen
und wüst reden. Jetzt hat
mich jemand aufgewiesen,
ich solle zum Niklaus Wolf
gehen und es ihm sagen.'
Da sagte Vater Wolf zu mir
(dem Mädchen Ida):
,lda, geh, hol das Weihwasser
herein'. Ich ging und holte
in einem Geschirr Weihwasser.
Da kam das „Weibervolch"
auf mich zu, wehrte mit
beiden Händen und schlug
mir das Weihwasser aus den
Händen auf den Boden. Da
fürchtete ich mich. Vater
Wolf aber sagte zu mir:
,Du mußt keine Angst haben'.
Und zur Frau sagte er: ,Und
ich befehle dir im Namen
Gottes, daß du das Mädchen
in Ruhe laßt!'. Darauf sagte
er zu mir: ,Gehe jetzt hinaus
und hole noch einmal Weihwasser'.
Ich ging und brachte wieder
Weihwasser. Wiederum machte
das Weib mit beiden Händen
ganz aufgeregte Bewegungen
gegen das Weihwasser. Vater
Wolf aber sagte zu ihm:
,lch befehle dir
im Namen Gottes, daß du
ruhig bist und das Weihwasser
sein laßt!'. Da
konnte ich das Weihwasser
schön in den Händen halten
und es abstellen. Der Vater
gab der Frau Weihwasser.
Ich ging dann hinaus, aber
horchte an der Türe. Und
er betete andächtig, und
sie betete mit. Eine Zeitlang
beteten sie miteinander.
Nachher ging die Frau heim.
Einige Tage nachher kam
ein Herr, ich weiß nicht,
ob es der Mann oder der
Bruder jener Frau war, um
dem Vater Wolf zu danken."
Daß diese Tatsache Glauben verdient,
sehen wir aus nachstehender
Beurkundung.
(Weil der betreffende Herr noch
lebt, führen wir nur die Anfangsbuchstaben
an.)
Beurkundung
Unterzeichneter J. L. B., wohnhaft
zu K. in Rothenburg, Urenkel des
frommen Nikolaus Wolf von Rippertschwand,
bezeugt hiermit, von seiner Mutter,
Ida Wolf, die eine Tochter des Johann
Wolf, des Sohnes des Nikolaus Wolf
von Rippertschwand war, folgendes
vernommen zu haben:
1.
Sie sei dabei gewesen, als man
eine Besessene
zu ihrem Großvater Nikolaus Wolf
gebracht habe.
2.
Die Person sei sehr wild und aufgeregt
gewesen.
3.
Die Besessene habe den Tisch in
der Stube umgeworfen, sodaß die
Füße des Tisches oben waren und
die Tischplatte unten.
4.
Nikolaus Wolf habe der Besessenen
im Namen Jesu befohlen, den Tisch
wieder aufzustellen, und diese habe
es getan. Vater Nikolaus Wolf habe
hierauf angefangen, über die Besessene
zu beten; sie aber (Ida Wolf) habe
die Stube verlassen müssen.
5. Als diese Person fortging,
war sie ganz ruhig.
Rothenburg, den 28. Sept. 1932.
L.J.B.
Die Unterschrift des L. J. B.
erfolgte in meiner Gegenwart
und wird hiermit als echt beglaubigt.
Rothenburg, den 28. September
1932.
Per Gemeinderatskanzlei:
Der Gemeindeschreiber: Wildisen.
Die beeidigte Teufelspredigt
Im Anschluß an diese Begebenheit
fügen wir eine Teufelsbeschwörung
an, die unter dem Namen
Teufelspredigt
unter dem Volk weit
und breit bekannt wurde. An
der Echtheit kann nicht gezweifelt
werden, da Vater Wolf sie selber
aufgeschrieben und von Zeugen
hat beglaubigen lassen. Auch
versicherten mir alte, direkte
Nachkommen des Vaters Wolf,
wie ihre Großeltern, die dabei
waren, oft davon erzählten.
Die Urenkelin, Jungfrau A. W.
in S., bezeugte dem Verfasser
dieses Büchleins am 14. März
1932: Mein Onkel, Jgl. Josef
Wolf, Sohn des Joh. Wolf-Ineichen,
hat den Vater Niklaus Wolf noch
gut gekannt und hat oft von
der Teufelspredigt erzählt;
wie die besessene Frau laut
geschrien habe; wie viele Leute
um das Haus herumgestanden seien
und zugehört haben. - Zudem
erinnert sich der Verfasser
dieses Büchleins selber, wie
alte Leute von dieser Teufelspredigt
oft und oft erzählt haben. Einmal
hatte ich auch eine uralte,
ganz vergilbte Handschrift davon
in Händen. Die reichlichst vorhandene
Tradition bürgt für die Echtheit
dieser Teufelspredigt. - Zum
leichteren Verständnis fügen
wir einige Einteilungsstichworte
ein. Diese befinden sich natürlich
nicht im Urtext.
Der Teufel hat aus einer besessenen
Person folgendes und noch mehr
geredet.
Ich muß dir etwas
sagen. (Ich sagte: Sage, was
dir Gott zu sagen befohlen hat;
was er dir nicht befohlen hat,
zu sagen, darüber schweige.
Dies habe ich öfters wiederholt.)
Ich muß dir sagen, wie wir die
Menschen verführen zu dieser
Zeit. Wir geben den
Menschen ein: Es ist nicht so,
wie man lehrt und glaubt und
die Alten geglaubt haben.
Dummheit ist das; es
ist unfaßlich; die wahre Religion
ist nicht so. Man muß die Vernunft
anhören; das Papier nimmt alles
an usw. Was man nicht begreifen
kann, muß man nicht glauben;
dann verwerfen sie die geoffenbarte
Religion und machen sich selbst
eine. Denn es ist ihnen leicht,
zu sagen: Es ist kein Gott,
tot ist tot, das ist Weiberglauben,
Torheit ist das. Ich will Reichtum
sammeln, auf welche Art ich
kann; ich will Wollust und Freuden
auf dieser Welt geniessen nach
meinem Verlangen, und alles
tun, was ich will usw.
Fürbitte der großen Frau
[die
Gottesmutter Maria]
Was die Verehrung und
Fürbitte der großen
Frau * betrifft, geben
wir den Menschen ein: Was nützt
das? Das ist nicht das Wesentliche.
Man muß beim Wesentlichen bleiben.
Sie verstehen nicht, daß sie
das Wesentliche dadurch verlieren;
auch daß der Allerhöchste sie
liebt, wie sich selbst. Ja,
wenn sie nur ein Wort bei dem
Allerhöchsten darbringt, so
geschieht alles, was sie verlangt.
Der Rosenkranz ist das
vornehmste Gebet. Nur
ein einziges Ave Maria gelangt
bis an den Reinigungsort, bis
an den Ort der Qualen; denn
wenn ein Mensch sagt: Gegrüßt
seist du, Maria, voll der Gnaden!,
so freut sich die große Frau,
und wir geraten in Schrecken.
Wir geben ihnen ein:
Der Rosenkranz nützt nichts,
das geschieht aus Gewohnheit,
das ist ein Plapperwesen, ein
altes Weibergebrumse; das ist
nicht das Wesentliche; man muß
andere Gebete nehmen. Der Rosenkranz
ist ein großer Schrecken der
Hölle, auch das Skapulier
ist das nämliche. Schon
viele haben Gnade gefunden,
nur weil sie den Skapulier getragen
haben. Wir sagen ihnen: Was
nützen diese Blätzli? Das gleiche
betrifft auch die Bruderschaften.
Viele haben Gnade gefunden,
nur weil sie in die Bruderschaften
eingeschrieben waren. Dieses
alles zu zerstören, ist unser
Werk.
Der böse Feind spricht den Namen
Maria nicht aus, er nennt sie
„Die große Frau."
Auch ist es unser
Werk, die Festtage aufzuheben,
mit sagen: Was nützt dies? Es
sind ja Tage der Üppigkeit und
der Verschwendung; es ist ja
besser, diese Tage werden abgestellt.
Viele würden an diesen Tagen
ihre Andacht machen, dem Gottesdienst
beiwohnen, und zögen die Barmherzigkeit
des Allerhöchsten herab. Wir
gewinnen viel dabei. Wir greifen
hauptsächlich die Großen an;
wenn wir diese haben, so folgen
ihnen die Kleinen nach. Auch
sagen wir ihnen: Es ist alles
natürlich; der Teufel hat keinen
Einfluß. Hauptsächlich
greifen wir in diesem Fall die
Priester an und sagen
ihnen: Der Teufel hat keinen
Einfluß, besonders aber auf
körperliche Dinge. Sie bedenken
nicht, was für eine
Gewalt sie in ihrer Weihe
empfangen haben, auch
was ihre Mutter, die Kirche,
jederzeit geglaubt und getan
hat; auch was sie für
Kraft den Dingen beilegen, welche
sie segnen. Sie sollten
es doch aus der Wirkung erkennen,
welche solche Sachen hervorbringen,
wenn sie mit Glauben und Vertrauen,
mit einem demütigen Gebet und
mit bereuendem Herzen gebraucht
werden. Auch sagen wir: Der
Teufel ist an die Kette gebunden,
er kann ja nichts machen. Weißt
du, wie wir gebunden sind? Damit
wir unsere Raserei an den Menschen
nicht nach unserer Wut ausüben
können. Aber nach dem großen
Tag können wir unsere Wut schon
ausüben. Gebunden sind wir nicht,
daß wir euch nicht an Seele
und Leib versuchen und anfechten
können. Weißt du, warum derjenige,
welcher ob uns ist, dies zugelassen
hat? Wie könnte sein Name verherrlicht
werden, wenn kein Sieg in seinem
Namen gemacht werden könnte?
Auch kann Luzifer
nicht aus der Hölle, bis zur
Zeit des Antichristus.
Bei der Predigt verhalten wir
uns so: Wir machen,
wenn wir können, daß der Prediger
nach der neuen Mode predigt.
Bei den Zuhörern verhalten
wir uns so: Wir sagen zu den
Großen: Was willst du in diese
Predigt gehen? Du weißt ja schon,
was du tun sollst. Auch ist
es nicht, wie der Prediger sagt;
es ist nur für Dumme, Einfältige,
um sie zu betören und in einer
gewissen Ordnung zu halten.
Bei den Gemeinen machen wir,
daß sie selber nicht mit genügsamer
Vorbereitung anhören, daß sie
zu einem Ohr ein- und zum andern
ausgeht. Wenn die Menschen die
Predigten mit rechter Vorbereitung
und Demut anhörten, was für
Nutzen für sie und was für Schaden
für uns es wäre, könnt ihr nicht
glauben.
Wenn die Menschen Zusammenkunft
zur Ehre des Allerhöchsten haben,
so halten die Engel auch Zusammenkunft
und freuen sich; wir aber dürfen
nicht dabei sein. Sind sie aber
für uns beisammen, so sind wir
bei ihnen und freuen uns; die
Engel aber sind nicht zugegen.
Denn du sollst wissen,
daß jeder Mensch seinen
Engel bei sich hat; er ist zu
seiner Rechten; wir aber sind
zur Nebenseite. Der
Engel sucht ihn immer auf dem
rechten Wege zu behalten,
wir aber suchen ihn
zu verführen. Folgt
er unserer Eingebung, so weicht
sein Engel von ihm, kommt aber
bald wieder und sucht ihn wieder
auf den rechten Weg zu bringen.
Folgt er seinem Rat, so jagt
er uns fort, denn wir haben
große Furcht vor ihm. Doch geben
wir es nicht auf, sondern schleichen
ihm nach und suchen ihn in unser
Garn zu bringen, aber die große
Frau tut uns großen Schaden
und Abbruch, wir haben große
Furcht vor ihr. Wenn
die Großen dieser Welt Zusammenkunft
in wichtigen Dingen halten,
so kommen wir auch zahlreich
zusammen und halten
Rat. Denn du sollst wissen,
wir können auch denken wie ihr,
und wer die beste Meinung hat,
die nehmen wir an. Wenn
sie uns nicht im Gebet und Glauben
an Gott verjagen, so ist das
Werk unser, fangen
sie aber ihr Werk mit Gott an
und verjagen uns, wie gemeldet,
so ist ihr Werk Gottes Werk.
Die Taufe
und Beichte sind das Schrecklichste
für uns. Vor der Taufe ist die
Seele unser, in der Taufe wird
sie uns entrissen.
Aber
die Beichte ist viel
schrecklicher für uns;
denn dort haben wir
die Seele schon in den Klauen,
und sie wird uns aus denselben
gerissen. Wir geben den Menschen
ein: Was willst du beichten?
Was willst du es einem Menschen
sagen? Er ist auch ein Mensch
wie du. Oder wir machen ihn
so schämhaftig, daß er es nicht
beichten kann; überwindet er
sich aber, so ist's die schreckbarste
Sache für uns.
Bei dem Sterben eines Menschen
sind mehr als hundert Teufel
zugegen.
Der erste greift ihn in der
Hoffart an, der zweite im Glauben,
der dritte in der Reinheit,
der vierte in der Verzweiflung.
Er stellt ihm die Menge und
Größe seiner Sünden, die übel
angewandte Zeit, die strenge
Gerechtigkeit des Allerhöchsten
vor. So einer dieses, der andere
jenes; wir machen ihn so verwirrt
und angstvoll, daß es nicht
auszusprechen ist. Dann machen
wir ein solches Gewinsel, daß
er nicht mehr hört, was ihm
zugesprochen wird. Aber
wenn die große Frau kommt, dann
müssen wir in einem Augenblick
davon. Sie verpflegt
ihn, wie eine zärtliche Mutter
ihr Kind. Solch einem Menschen
wird es wohl, ja, solch einem
Menschen wird es wohl. Ist er
gestorben, so trägt sie seine
Seele in den Himmel, da ist
Freude im Himmel. So auch, wenn
wir eine Seele in die Hölle
tragen können, so freuen sich
die Teufel auch; wir geben sie
dem Luzifer und gehen wieder,
andere zu bekommen. -
In dem Augenblick, da
die Seele ausfährt, wird sie
gerichtet. Ihr könnt
es nicht glauben, wie geschwind
das Gericht geht. Gott hält
dem Menschen sein ganzes Leben
vor, und sozusagen in
einem Augenblick sind schon
Millionen Menschen, die zugleich
sterben, gerichtet. Ihr könnt
es nicht glauben, wir wissen
es; es ist für euch
unfaßlich. Ich muß dir auch
von unserm Fall sagen. Weißt
du, welches die größte Sünde
ist? Die Hoffart. Diese hat
uns von dem Himmel gestürzt.
Es ist auch kein Mensch, der
nicht von der Hoffart angefochten
wird. Wenn sie was Gutes tun,
so wollen sie, daß die Menschen
es sehen und wissen. Oder ist
dies nicht, so schreiben sie
es sich zu und betrachten nicht,
daß es ein Werk des Allerhöchsten
ist.
Ich muß dir auch von den Freuden
des Himmels sagen; aber o wehe,
o wehe, für mich ist ewig keine
Hoffnung mehr, o wehe mir!
Die größte Freude im
Himmel ist, das Angesicht Gottes
anzuschauen; denn höre:
Es nur für eine kleine Zeit
anzuschauen, würde ich alle
Schwerter-, Messer- und Räderqualen
ausstehen und Millionen Jahre
alle Augenblicke auf die empfindlichste
Art hingerichtet werden und
wieder ganz und wieder hingerichtet
werden usw. Aber, o wehe,
für mich ist keine Hoffnung
mehr.
(Man kann es nicht sagen, mit
was für einer Verzweiflung er
dieses geredet hat, daß es einem
Leib und Seele durchdrang. Niemand
kann es glauben, wie schrecklich
es anzusehen und anzuhören war.)
Ich muß dir auch von unserer
Pein sagen. Die Menschen glauben,
es sei ein Feuer; es
ist ein Feuer, aber nicht wie
die Menschen es sich einbilden;
es ist ein Rachefeuer.
Weißt du, welches
uns die höchste Pein ist? Der
Zorn des Allerhöchsten.
Du kannst es nicht
glauben, wie schrecklich er
uns vorkommt, und doch haben
wir ihn auch allezeit vor Augen;
o wehe uns! Ich muß
dir auch sagen, wie abscheulich
die Sünde ist. Höre,
wir Teufel sind so abscheulich;
wenn ihr einen aus uns sehen
solltet, so würdet ihr eher
als in einer Minute sterben;
darum hat der Allerhöchste uns
vor euren Augen verborgen. Und
dennoch ist die Sünde abscheulicher
als wir, und doch müssen wir
sie allezeit vor Augen haben;
o wehe uns!
Wir reizen alle Menschen zur
Sünde, wir können auch alle
Menschen anfechten, die große
Frau allein ausgenommen. Der
Allerhöchste hat uns befohlen,
wir sollen sie nicht berühren;
aber den sie geboren hat, den
haben wir schon versuchen können.
Weißt du warum? Euch zum Beispiel
und zum Unterricht. Ja,
die Juden haben ihn
nicht getötet, sondern wir.
Wir sind in die Juden
gefahren und haben einen Haß
an ihm ausüben können, wir haben
es ihm wacker gemacht.
(Da er dieses sagte, zeigte
er ein teuflisches Vergnügen;
wer es nicht gesehen hat, kann
es sich nicht vorstellen.)
Wir haben dort auch eine Seele
gewonnen. (Wir sagten: Du hast
doch den rechten Schacher nicht
bekommen. Er sagte: Weißt du,
warum? Wegen der, die unter
ihm gestanden ist; die zweite
Ursache habe ich vergessen.)
Die jungen
Leute verführen wir so:
Wir erwecken
in ihnen Liebe gegeneinander;
sie glauben, das sei nichts
Böses. Sie wissen nicht, daß
sie dadurch in die Stricke laufen.
Überhaupt machen wir die Leute
träg und abgeneigt zu allem
Guten. Ich mag nicht beten,
ich mag nicht zur Kirche gehen,
ich bin zu faul und zu schläfrig;
ich mag nicht fasten, ich bin
zu schwach, ich mag es nicht
ertragen, so zu leben. Es muß
jetzt alles gelehrt sein. Dies
ist auch unser Werk.
(Die Ursache
habe ich vergessen.)
Bonaparte ist der Umänderer.
Er wird umkehren und die Jakobiner
selbst quatschen. Darum heißt
er der Umänderer. Du sollst
wissen,
wir führen den
Krieg.
Auch wenn ihr Menschen es wüßtet,
was Großes das Opfer ist, welches
durch den Gesandten im Namen
des Größten dem Allerhöchsten
entrichtet wird, ihr würdet
diesem Opfer anders beiwohnen,
als ihr tut. Es ist
das höchste und größte Opfer.
O, wenn wir ein solches
Opfer für uns haben könnten,
aber - o wehe uns! Auch wenn
ihr Menschen wüßtet,
was für Nutzen es euch wäre,
das Leiden dessen der
für euch gestorben ist,
zu betrachten! Wer es
recht betrachtet und sich in
seine Wunden verbirgt, den können
wir nicht bekommen,
denn wir können nicht in diese
Wunden hineingehen*.
* Unter allen Menschen sind
uns die Freidenker und Jakobiner
am allerliebsten. Dies ist unser
Werk, diese machen uns große
Freude.
(Dies hat er während der Rede
öfters mit einer teuflischen
Freude und Vergnügen wiederholt).
Item, ich muß doch auch mit
dir auspacken, sagte er öfters
zu mir.- Ich sagte ihm allemal:
„Sag, was dir Gott zu sagen
befohlen hat; was er dir nicht
befohlen hat zu sagen, darüber
schweige."
Seht und betrachtet die große
Güte des Allerhöchsten gegen
euch. Ihr begeht Millionen Sünden,
ja, ihr schluckt sie wie Wasser
hinein; wenn ihr aber Buße tut,
so nimmt er euch wieder in Gnaden
auf. Einen solchen Gott habt
ihr, und wir haben nur
eine Sünde getan und sind verworfen
worden. Weißt du, warum
die ersten Menschen Gnade gefunden
haben? - Wenn sie gewußt hätten,
wie es droben wäre, sie hätten
keine gefunden. Item, wenn ihr
sehen solltet, wie viele Teufel
jetzt um euch sind, ihr würdet
auch schauen. Wenn ich jetzt
schon vieles sagen muß,
so wollen wir hernach
schon wiederum machen, daß dies
alles zernichtet und versteckt
wird. Auch suchen wir
euch beständig von allem Guten
abzubringen und euch in die
Sünde zu stürzen.
Wenn ihr Zusammenkunft haltet,
so kommen wir auch zahlreich,
um euch zu verhindern, aber
da heißt es: Packt euch im Namen
dessen, der ob uns ist; und
ihr macht immer so:
†
und so:
†
da müssen wir in einem Augenblick
davon und können nur von fern
zusehen, was ihr macht.
Denn schau, so zittert
die Hölle, wenn ein Befehl im
Namen dessen, der ob uns ist,
gemacht wird.
(Da er dies sagte, stellte er
in der Person ein unnachahmliches
Zittern vor und bedeckte ihr
Angesicht mit den Haaren; ihre
Hände und Finger glichen mehr
teuflischen Klauen als Menschenhänden,
was gräßlich anzusehen war.)
Hernach sagte er: Ihr sollt
die Befehle auf die vornehmsten
Jakobiner machen; wenn ihr Glauben
habt, so müssen wir weichen,
sie bekommen bessere Gesinnungen,
und ihre Engel haben mehr Einfluß.
So könnt ihr viel tausend Seelen
gewinnen; auf diese Art werdet
ihr bekommen, wen ihr wollt.
O wehe uns, wir haben es verloren!
Wenn ihr alle so:
†
und so:
†
gemacht habt, so heißt ihr uns
schweigen; wir dürfen
auch nichts ausbringen, und
ihr breitet es in alle Welt
aus. Weißt du, warum du das
angefangen hast? Du hast nicht
gewollt; du hast langsam gemacht;
gelt,⃰
wir
haben dich brav gequält, aber
der dir das eingegeben hat,
hat dir geholfen. Wir
werden dich noch viel plagen,
aber wenn du Glauben hast, wirst
du siegen. O wehe,
wir haben es verloren!
|
⃰⃰
Gelt, =
rhetorische
Frage „gelt
es?“,
„gilt
es?“,
„habe
ich recht?“
oder „nicht
wahr? |
(Da er unter dieser Rede öfters
sagte: Im Namen dessen, der
ob uns ist, sollt ihr streiten,
sagte ich zu ihm: „Gelt,⃰
im
Namen Jesu müssen wir streiten?".
Da sagte er: „Ja, weißt du aber,
wie dieser Name ausgesprochen
werden soll? Schau,
so soll dieser Name ausgesprochen
werden"; (da kniete die Person
nieder, beugte sich tief und
sagte: „So soll er ausgesprochen
werden, denn ohne Andacht und
Ehrerbietigkeit diesen hl. Namen
auszusprechen, ist ihn entehrt.")
Da hörte der Teufel
auf, und die Person hatte ihren
freien Gebrauch von ihren Sinnen.
Da ich den Anwesenden eine kurze
Ermahnung, kaum eine Minute
gab, so fing der Teufel wiederum
an und sagte: „Ich muß dir noch
etwas sagen, der Engel hat es
mir befohlen. Schau, so hat
er es gemacht, da er mir befohlen
hat": (Da drohte er mit dem
Finger.) Da sagte er: „Schau,
so habe ich gezittert, als der
Engel mir befohlen hat." (Da
stellte er in dieser Person
ein unnachahmliches Zittern
vor und sagte:)
„Ihr
sollt zusehen, daß ihr einig
bleibt;
ihr sollt zusammenhalten,
es soll einer für den andern
stehen, ihr sollt eure
Versuchungen einander entdecken
und einander helfen.
Ihr sollt's sonst niemandem
sagen. Wenn ihr einig bleibt
und zusammenhaltet, auch einer
für den andern steht, so vermag
die ganze Hölle nichts wider
euch; denn wenn wir einen haben,
so kommt der andere und jagt
uns fort. Wenn es nur einer
wäre, der so:
†
machte, so hätten wir
noch Hoffnung, ihn zu besiegen;
aber wo mehrere zusammenhalten,
können wir nichts machen;
denn wenn wir schon
mehrere hätten, ja, wenn wir
alle hätten bis auf einen, so
jagt er uns von allen. O wehe
uns, wir haben es verloren!
Ihr werdet noch viel zu leiden
haben und zu streiten, aber
wenn ihr nur einig bleibt und
zusammenhaltet, auch Glauben
und Vertrauen behaltet, so werdet
ihr siegen. Streitet, streitet
brav! Ihr könnt es nicht glauben,
wieviel Nutzen ihr schafft,
wie viele Seelen ihr gewinnt.
Es ist nicht nur für das Leben,
sondern auch für den Tod, wie
für einen Soldaten, der sich
in den Waffen übt. Ja, in dem
Tod darf kein Teufel zukommen,
wenn ihr im Leben so streitet.
Ihr werdet in kurzer Zeit viele
Brüder bekommen, aber nicht
große, nur kleine. Die Sache
wird stark um sich greifen;
wenn ihr zusammenhaltet
und brav streitet, so könnt
ihr noch die Schweiz retten.
- Wie es dem Allerhöchsten
gefallen hat, durch Einfältige
den Glauben einzuführen, so
hat es ihm gefallen, auch dieses
Werk durch einfältige einzuführen.
Wir werden euch noch
viele Fallstricke legen, aber
wenn ihr zur großen Frau ruft,
so wird sie für euch bitten;
auch wenn ihr zu den
Eltern haltet, was ihr euch
vorgenommen habt, so werdet
ihr siegen. Sehet und betrachtet,
was der Allerhöchste für euch
tut! Der Teufel muß euch predigen,
und ihr glaubt es nicht. Der
Teufel muß euch die Wahrheit
predigen. Welch ein Wunderding!
Zum selbsteigenen Schaden und
wider meinen Willen muß ich
es tun.
O wehe mir, O
wehe uns, o wehe uns, o wehe
uns, und in alle Ewigkeit wehe,
o wehe uns,
o wehe uns; es
ist in alle Ewigkeit keine Hoffnung
mehr für uns,
oh wehe uns, o wehe uns! Was
haben wir verloren!
(Die Worte kann Man wohl schreiben,
aber die Aktion kann man weder
schreiben noch sagen. Niemand
kann es glauben, wie entsetzlich
es anzuhören und anzusehen war,
besonders da er die Verzweiflung
vorstellte. Die verzweifelte
Stimme und die Gesichtszüge,
das entsetzliche und klägliche
Weherufen, die entsetzliche
Beängstigung, das Wüten und
Pochen des Herzens durchdrangen
einem Leib und Seele, ja, das
Mark in den Beinen.)
Mahnung Vater Wolfs
und Bericht über die Begebenheit
O daß uns Gott behüte, daß wir
nicht in solch ewige Verzweiflung
geraten! O ihr alle, die ihr
dieses lest oder lesen hört,
o wendet doch alles an, dieser
ewigen Verzweiflung zu entgehen!
Ach, ich bitte euch alle, bittet
Gott für mich armen großen Sünder,
daß Gott mir meine großen und
vielen Sünden verzeihe und mich
vor der ewigen Verdammnis bewahre.
- Ich muß noch einmal sagen:
Wenn man einen ganzen Bogen
überschreiben würde, so könnte
man die Verzweiflung weder schreiben,
noch sagen, noch begreifen,
wie sie der verdammte Geist
vorgestellt hatte.
Die
besessene Person ist mit Namen
Maria Anna Wirtenbergerin
zu Bondorf im Schwarzwald;
sie ist schon beiläufig ein Jahr
zu Dornach, im Kanton Solothurn,
bei der Brücke öffentlich exerziert
worden. Sie ist mit Erlaubnis ihres
Exorzisten nach Sachsein zum sel.
Bruder Klaus wallfahren gegangen.
Bei der Heimreise ist sie bei uns
über Nacht geblieben den 26. Aug.
1811. Sie ist bei gutem Vermögen
und hat alles reich bezahlt. Diese
Rede hat der Teufel zweimal gehalten,
nämlich nachmittags und in der Nacht
von 9 bis 12 Uhr. Es war damals
Montag, da er nachmittags diese
Rede mit großem Ernst und Feuer
gehalten hat; und da wir zu Nacht
die gewöhnliche Arbeit verrichtet
hatten und zu Nacht gespeist, so
warfen wir uns auf unsere Knie und
baten Gott, daß er wolle
geben, daß der Teufel dasjenige,
das er unter Tags geredet habe,
nochmals zu Gottes Ehre und zu unserem
Seelenheil sagen müsse.
Hernach setzten wir uns auf die
Stühle und sagten dem Teufel, er
solle sagen, was ihm Gott befohlen
habe, nicht mehr. Da fing der Teufel
an zu reden; er hat alles
zwei- bis dreimal gesprochen, was
mich in den Stand gesetzt hat, so
vieles von seiner Rede zu schreiben.
Wir hatten dazumal viel
Arbeitsvolk, und da sie dieses hörten,
kamen sie alle zu uns in das Zimmer
und hörten dieser Rede zu. Sie waren
alle so still, daß sie sozusagen
kein Glied bewegten. Nach beendeter
Rede haben wir sämtliche Gott gedankt
und haben mit gebogenen Knien fünf
Vaterunser und fünf Ave Maria samt
dem christlichen Glauben gebetet.
Es waren an der Zahl 17 Personen
zugegen. Unter diesen sind vorzüglich
zu bemerken: Der hochwürdige Herr
Kaplan zu Neuenkirch, Egidi Geißhüsler;
Josef Büölmann zu Helfenstegen,
Benedikt Zimmermann im Holzhof,
welche mit ihren Unterschriften
bezeugen werden, was ich hier geschrieben
habe. Unterzeichnete: Klaus Wolf
zu Rippertschwand, Egidi Geißhüsler,
Kaplan zu Neuenkirch, Josef Büölmann
zu Helfenstegen,
Zum
Schluß dieses Abschnittes bringen
wir noch zwei Briefe, die sowohl
über sein Wirken, wie über sein
edles, frommes Denken interessanten
Aufschluß geben. Pfr. Ackermann
hat sie in seiner Wolf-Biographie
abgedruckt, S. 60 bis 72
Zug,
den 13. Hornung (Februar) 1828
Horche
auf, lieber Good, ich erzähle
dir ein wahres Wunder Gottes,
das sich vor meinen Augen zugetragen
hat.
Mein
Jugendfreund, von welchem ich dir oft
gesprochen habe, wurde bald nach meiner
Ankunft den 2. Weinmonat von der eigentlichen
Sterbekrankheit befallen. Obschon er
bis dahin sehr gesund zu sein schien,
war dieses Übel doch geerbt und fand
endlich Anlaß, um diese Zeit auf einer
Seefahrt, auf der er sich, abwechselnd
am Ruder arbeitend, erhitzte und erkältete,
auszubrechen.
In wenigen Wochen stellte
es in ihm die verheerendsten Wirkungen
an. Der Husten war trocken und ununterbrochen.
Er hatte Schmerzen im Rücken, zwischen
den Schulterblättern und in der Lunge
wie Nadelstiche. Nachts konnte er sich
kaum vor dem Schwitzen, was immer mit
schwefelartigem, widrigem Geruch begleitet
war, verwahren und hatte Mühe, im Bett
eine Stellung zu treffen, bei der er
ohne Schmerzen liegen konnte. Fleisch
und Kraft schwanden unaufhaltsam und
schnell dahin.
Es war jämmerlich zu
sehen, wie seine blühende Jünglingsgestalt
so bald zum bloßen Gerippe wurde.
Den
30. Weinmonat ging er zum letzten
Mal aus. Wir machten den nämlichen
Nachmittag zwei Versuche. Das erste
Mal kamen wir kaum fünf Minuten
weit, so mußten wir umkehren. Der
Husten wurde heftiger und die Brust
sehr beklommen. Bald darauf gingen
wir abermal. Das Wetter war einladend,
und wir hielten die Bewegung für
gut. Allein nach zehn Minuten mußten
wir wieder zurückgehen; er hielt
die rauhere Herbstluft nicht aus,
und bei jeder kaum merkbaren Erhöhung
mußte er stillstehen.
Jedermann
gab ihn verloren. Er selber vertraute
mir seinen Mißmut. Ich ermahnte
ihn, sich zu fassen und beide Ende
der Krankheit mit gleichem Mut zu
erwarten. Mit Hoffnungen wollte
ich ihn nicht täuschen, ich hatte
leider selbst keine. Sein Arzt,
der hier den ersten Ruf hat, erklärte
offen, er habe die Krankheit seines
Vaters, der im nämlichen Alter von
26 auf 30 Jahr gestorben sei; es
sei ihm nicht mehr zu helfen, und
er wünschte, man würde sich an einen
andern Arzt wenden.
In
diesem Jammer hörten wir von einem
gottseligen Landmann namens Niklaus
Wolf, der kraft seines Glaubens
und Gebetes viele wunderbare Heilungen
bewirkt habe. Ich könnte dir dergleichen
mehrere offenbar erwiesene berichten,
allein es genügt mir, für jetzt
dir zu sagen, was ich selbst gesehen
habe und beteuern kann. Er wohnt
auf seinem Hof auf Rippertschwanden
bei Neuenkirch im Kanton Luzern.
Er ist von großer Statur und mag
wohl siebenzig Jahre alt sein. Ich
eilte den 25. Weinmonat zu ihm hin.
Ich traf ihn beim Einnachten in
seinem Haus und klagte ihm unsere
Not.
Er
hielt sich auf, daß man so weit
herkomme, um Hilfe zu suchen, da
man sich ja überall an Gott wenden
könne, und wenn man mit einem Sandkörnlein
groß Glaube Berge versetzen könne,
werde wohl ein solches Übel wegzuheben
sein. Ich sagte ihm, daß wir ihn
um seine Fürbitten, die schon so
oft erhört worden seien, anflehn,
und daß der Kranke wirklich glaube,
Gott könne ihm allein helfen. Er
antwortete: „Es ist nicht
genug, daß man glaubt, Gott könne
helfen; das glaubt jeder,
der an Gott glaubt: Man muß glauben,
daß er uns wirklich helfe, indem
er uns ja versichert hat, daß er
uns allen gewähren wolle, um was
wir ihn bitten werden. Warum sollen
wir seinen Worten nicht glauben,
er ist ja die ewige, untrügliche
Wahrheit. Was der Herr verspricht,
das hält er; aber man muß ihm glauben."
Ferner
sagte er: „Vereinigt euch
im Gebet und faßt Zutrauen.
Es kommt mir nicht schwer
vor, dieses Übel wegzubringen.
Der Kranke mache oft das
hl. Kreuz im Namen Jesu auf seine
Brust, wo das Übel liegt. Das dringt
durch alles; nichts hält
es auf, und wäre es nicht für die
Gesundheit, so wäre es für einen
seligen Tod. Er besprenge sein
Bett mit Weihwasser,
um alles Böse davon zu
entfernen. Auch genieße er oft das
hl. Abendmahl
[Kommunion]
und
führe einen Wandel nach Gottes Wohlgefallen.
Geht nun getrost und sucht euch
im nächsten Dorf eine gute Herberge
aus; wenn ihr heimkommt, trefft
ihr euren Freund schon halb gesund
an. Man muß aber glauben, und wenn
niemand glaubt, so glaubt ihr. Ich
will diesen Abend mit meinem ganzen
Haus lange für ihn beten."
Könnte
ich dir, Lieber, den großen Eindruck
beschreiben, den dieser bewunderungswürdige
heilige Mann auf mich machte! Sein
hoher Glaube ergriff mich wundersam.
Solch
eine Machtsprache der Zuversicht, der
vollendeten Überzeugung hatte ich noch
keine gehört, und zugleich, da sie mich
mit Ehrfurcht und Erstaunen erfüllte,
erschütterte sie mich tiefinnerlich,
denn ich erkannte mit Furcht und heimlichem
Schauer, daß ich keinen Glauben hatte,
bis dahin vom wahren, lebendigen Glauben
nie etwas gewußt hatte. Des Mannes Gegenwart
und Worte flößten mir aber Glaube ein.
Während der Unterredung wurde es klar
in meinem Herzen, es ging in mir die
volle helle Gewißheit der Gegenwart,
der Allmacht und Güte Gottes auf, und
ich gewann ein überschwängliches, flammendes
Vertrauen zu den Worten unseres göttlichen
Erlösers und zu seiner unendlichen Liebe
zu uns Menschen. Ich empfand in diesem
feierlichen Momente ein unbeschreibliches
Glück. - Ach, welch ein Glück, welch
eine herrliche Gabe des Himmels ist
der Glaube!
Während meiner dreitägigen
Abwesenheit - ich ging nämlich den 24.
fort und kam den 26. zurück - erreichte
die Krankheit ihre höchste Stufe. Appetit
hatte der Kranke durchaus keinen mehr;
er hatte Mühe, nur einen Löffel voll
Suppe zu genießen. Es stieg ihm selbst
Wasser aus der Brust in den Mund, und
die Schwäche wurde so groß, daß er auch
bei gezogenen Vorhängen das Tageslicht
nicht ertrug und kaum das Zimmer auf
und ab gehen konnte.
Zur nämlichen Zeit aber,
höchstens eine Stunde später, da ich
bei Wolf war, nahm er zum ersten Male
wieder Speise zu sich und empfand wirkliche
Erleichterung.
Den Tag
darauf kam ich mit der beglückenden
Botschaft nach Haus. Sie bezeugten mir
sogleich, daß es sich wirklich mit der
Besserung so verhalte, und der Kranke
fügte froh hinzu, indem er mit beiden
Händen die Brust anfaßte und rasch durchs
Zimmer ging, daß er sich nun durch den
ganzen Körper wohl befinde. Bald nachher
wurde sein Nachtessen aufgetragen. Es
bestand in einer Suppe, einem Plättchen
süßer Apfelschnitzchen. Er aß in meiner
Gegenwart mit vielem Appetit alles rein
auf. Ein einziges Schnitzlein ließ er
sein, indem er scherzend sagte: „Man
möchte sonst glauben, man hätte mir
nicht genug aufgetischt; ich möchte
es aber gleich noch wohl."
Denke
dir, lieber Freund, unser Glück und
unsere Freude! Ein teures Leben, das
wir verloren glaubten, wurde uns wieder
geschenkt und, oh, was über alle Begriffe
höher ist, das gleichsam leibliche Fühlen
der Gegenwart Gottes! Was konnten wir
anderes tun als niederfallen und anbeten?
Wer vermag es auszusprechen, wie groß
und lieblich der Herr ist? Es genügte
dem Lieblingsjünger Jesu, zu sagen:
„Wir sahen seine Herrlichkeit, eine
Herrlichkeit, wie des Eingebornen vom
Vater", und ich Elender hatte die Gnade,
sie zu empfinden!
Den folgenden
Tag besuchte ihn der neue Arzt; man
hatte den 25. gewechselt. Der Kranke
bewillkommte ihn lachend, indem er zu
ihm sagte, er möchte nun nur noch seinem
Husten Einhalt tun, dann verlange er
nichts mehr von ihm, er sei nun wieder
ganz wohl. Der Arzt erwiderte spassend,
er solle nur nicht zu sehr auf einmal
rühmen. Dieser sagte auch mir zu Hause,
da gehe es ihm nun gar zu geschwinde
mit der Besserung; und an einem andern
Ort sagte er, er könne diese schnelle
Änderung nicht begreifen. Denn Arzneien
hatte der Kranke in dieser Zwischenzeit
keine oder nur unbedeutende genommen.
Die ganze Stadt staunte
über diesen Wechsel; die Ursache
desselben war aber noch ein Geheimnis.
Die ganze Woche ging die Besserung
immer den gleichen Gang. Es ließ
sich kein Überbleibsel der Krankheit
mehr spüren, außer dem Husten, der
auch einen bessern Charakter angenommen
zu haben schien; und doch hätte
die abscheuliche Witterung, die
diese Zeit durch herrschte, den
schädlichsten Einfluß haben können.
Es war aber ein großer Schnee gefallen,
der nun durch Regen und Wind aufgelöst
wurde. Am 9. Tage, da das Wetter
wieder freundlicher wurde, ging
ich mit ihm über eine Stunde lang
spazieren. Später ging er jeden
Tag ohne Unterschied aus. Essen
mochte er wieder wie eine gesunde
Person, er aß sogar schwer verdauliches
Schweinefleisch.
Die zweite Woche
waren die Fortschritte nicht mehr
so auffallend wie in der ersten.
Ich begab mich daher den 13. Christmonat
wieder zu Niklaus Wolf und berichtete
ihm, wie der Erfolg seiner Ankündigung
entsprochen habe, daß er aber nicht
mehr im gleichen Maße vorwärtsschritt
wie anfänglich, und daß die Kräfte
noch nicht kommen. Er sagte darauf:
„Das ist oft der Fall, wenn es nicht
gerade geht, wie die Leute meinen,
daß es gehen sollte, so werden sie
im Glauben wankelmütig und sagen:
Bessert's mir acht, bessert's mir
acht nicht, und so hindern sie das
Werk der Gnade. Das tut aber nichts;
man muß nur wieder von neuem ansetzen.
Ich kann es euch nicht besser als
in einem Gleichnisse sagen, wie
man sich dabei zu benehmen habe.
Wie man sich in weltlichen Dingen
aus einer wichtigen Angelegenheit
ein Geschäft macht, muß man sich
auch hieraus eines machen und ihm
fleißig obliegen, dann ergibt sich
schon, was man zu tun hat.
Haltet
fest im Vertrauen auf Gott und die
Fürbitte der hl. Mutter Gottes.
Leget euch in die hl. fünf Wunden
Christi und betet."
Alsdann
machte er eine Art Beschwörung,
indem er zugleich mit der Hand Kreuze
auf meiner Brust machte. Seine Worte
habe ich nicht alle verstanden,
allein ich glaube richtig aus denselben
entnommen zu haben, daß er, mit
noch mehr Worten begleitet, sagte:
„Im Namen Jesu und in der
Kraft des Glaubens der heiligen
katholischen Kirche gebiete ich
dem Übel, zu weichen!"
Nachher sagte er mir: „Geht nun
wieder und grüßt mir euren Freund.
Es wird nun noch schneller bessern
als früher. Ich glaube, Gott habe
uns erhört. Man muß nicht
glauben, daß Gott ein Stümper sei;
was er macht, macht er gut,
und wenn er einem ein Pferd
schenkt, gibt er ihm den Zaum auch
mit."
Zwei
Tage nach meiner Zurückkunft und
nachdem ich diesen Bericht dem Kranken
überbracht hatte, habe ich ihn auf
dem Kirchwege angetroffen, und er
sagte mir sogleich freudig: „Es
geht recht gut; jetzt fühle ich,
daß die Kräfte kommen. Ich hätte
recht Lust, einen anzupacken, so
wohl und kräftig befinde ich mich."
Auch seine Mutter sagte mir, als
ich alsdann ins Haus kam: „Ihre
zweite Reise war ebenso wirkungsvoll
und segensreich wie die erste".
Vor
nicht so vielen Tagen (den 26. Jänner)
bin ich wiederum hingegangen, ohne
daß es der Wunsch des Kranken war;
denn er befand sich wohl, ging bei
jedem Wetter aus und machte selbst
stundenweite Gänge; allein, da ich
die Genesung nicht vollendet sah,
tat ich's doch und überbrachte also
unserem lieben Gottesmann, daß nun
auch die Kräfte gekommen seien,
allein der Husten, der zwar nicht
bedeutend sei, daure fort; auch
nehme das Fleisch nicht zu. Er ermahnte
mich alsdann, im Gebet auszuhalten
und dasselbe mit dem der übrigen,
die zur nämlichen Stunde beten,
und dem der heiligen katholischen
Kirche zu vereinigen. „Wo sollen
wir uns hinwenden", fügte er hinzu,
„wenn wir uns nicht an diese halten?
Nur in dieser ist die alleinige
Wahrheit. Der Kranke bezeichne
sich oft mit dem hl. Kreuz
unter frommen Gedanken
und nehme alle Speisen mit dem vollen
Zutrauen zu sich, daß, wenn sie
Gott einem gibt, er sie gebe, damit
sie ihm wohl tun. Ich will wieder
für ihn beten; betet aber auch für
mich!"
Ich brachte diesen
dritten Bericht treulich zurück,
und zwei Tage darauf, da ich dem
Kranken im Wirtshaus begegnete,
sagte er zu mir: „Es geht wieder
sehr gut". Ich sagte hierauf, er
solle wohl achten, welchen Unterschied
er seit meiner letzten Zurückkunft
verspüre, und er antwortete schnell:
„Diesen fühle ich gar wohl;
der
Husten hat nachgelassen, und die
Speisen schlagen besser an".
Wie
wirst du mich nun glücklich preisen,
mein Freund, vom Himmel gewürdigt
worden zu sein, diese sinnlichen
hellen Beweise der Vorsehung Gottes,
der Wahrheit unserer heiligen Religion
und des Vermögens eines gläubigen
Gebetes mit anzusehen? Möchte doch
meinen Empfindungen nachgeholfen
werden! Aber wer erfaßt diese unermeßliche
Gunst, durch die sich der Allerhöchste
uns kundtut, uns armen Stäublingen
außerordentliche Huld und Gnade
bezeugt? Freue dich doch. Lieber,
mit mir über Gottes große Erbarmungen
und hilf mir ihm danken ewiglich;
hilf mir, ihn loben und preisen
unaufhörlich für diese leuchtende
heilige Offenbarung, dieses herrliche,
unauslöschliche Denkmal seiner Allmacht
und Güte. Dein inniger Freund J.
M. Kaiser.
Ein Brief
von ihm an die
würdige Schwester Theresia N. auf dem Berg
Sion in dem löbl. Frauenkloster bei Maria
Loretto, Kanton St. Gallen
Liebe Schwester!
Ihr Schreiben habe ich empfangen und das
Verlangen der würdigen Frau Mutter darin
gesehen. Allein der Weg ist weit! Ich bin
alt. Nebst dem ist die Gegenwart nicht
notwendig, weil nicht der Mensch, sondern
der hl. Name Jesus die Kraft hat, Teufel und
Krankheiten zu vertreiben, und der Glaube
des Hilfesuchenden das meiste beitragen muß;
und nach dem Ausspruch Jesu Christi jeder es
tun kann, der es glaubt. Auch ist dies viel
leichter zu tun, als man glaubt. Ein
blinder, einfältiger, fester Glaube an den
göttlichen Erlöser, ein Sich verlassen auf
sein Versprechen ohne Klügeln oder Mißtrauen
auf die eigene Würdigkeit wird erfordert,
indem es Gott nicht der Würdigkeit
oder Heiligkeit der Menschen versprochen
hat, sondern nur dem Glauben.
Nebst dem braucht es (allgemein davon zu
reden) keinen Wunderglauben, indem es gewöhnlicher maßen nur ein Streit mit dem
Satan ist. Sowohl im hl. Evangelium als in
den Apostelgeschichten und in ihren Briefen,
auch den Schriften der hl. Väter, die ich
der Kürze halber nicht anführe, sondern die
Ihnen wohl werden bekannt sein, ersieht man,
daß wir einen beständigen Streit
haben mit der Hölle. Der Teufel stellt der
Seele auf alle nur mögliche Weise nach, sie
von Gott abzubringen und in die Hölle zu
stürzen.
Kann er nun aber die Seele als den edleren
Teil so anfallen, warum den Leib nicht? Oder
hat der göttliche Erlöser bei der Erlösung
nicht so viel Augenmerk auf den Leib als auf die Seele
gehabt? Auch die von dem Hl. Geist
geleitete Kirche - wieviele Segnungen
und Exorzismen macht sie das Jahr
hindurch wider die Hölle! Schon bei
der Taufe fängt sie ihre Beschwörung
wider die Hölle an, und dann weiters
usw. Von diesem wäre noch vieles zu
schreiben gegen jene, die dies fast
nicht glauben. Kürzehalber übergehe
ich es. Auch hat Gott die
heiligsten und weisesten Absichten
dabei, nämlich die Verherrlichung
des heiligen Namens Jesus, und daß
wir durch Kämpfen, Streiten und
Siegen Verdienste sammeln und den
Himmel erwerben. Auch hab
ich's aus mehr als zehnjähriger
Erfahrung, daß von
hundert Übeln, Schmerzen und
Krankheiten kaum eine ist, wo nicht
der Satan die Ursache davon ist oder
wenigstens selbe vergrößert oder
unheilbar macht. Und
besonders, wenn keine Medizin
anschlagen will, braucht es keinen
Wunderglauben, diese Übel zu
vertreiben. O wenn wir Jesum recht
liebten und mit ihm und seinem Namen
wider die Hölle streiten würden,
wieviele und wie große
Verherrlichungen des heiligsten
Namens Jesus würden geschehen, wie
viele Sünder bekehrt, wie viele
Uneinigkeiten würden behoben, deren
Urheber er ist, - wie viele Übel und
Krankheiten würden wir vertreiben,
die uns zum Dienst Gottes und unsere
Berufspflichten zu erfüllen
untauglich machen! Man kann nicht
beschreiben, wieviel Böses der Satan
anstiftet: Warum sollten wir nicht
mit Zorn auf ihn losgehen? So schön
es scheint, wenn jemand spricht:
„Ja, wenn's der Wille Gottes ist,
wenn's zur Ehre Gottes..." usw., so
lieb uns der hl. Wille Gottes sein
soll, so taugt doch dies in diesem
Falle zu nichts, als jenes lebendige
Vertrauen zu stören und jenen Kampf
und Streit zu hintertreiben, welche
Gott von uns fordert. Denn
es ist der ausdrückliche Wille
Gottes, daß wir den Satan bestreiten
und besiegen sollen; ja,
Gott fordert jeden in der hl. Taufe
dazu auf, indem es heißt: Widersagst
du dem Teufel, seiner Hoffart und
allen seinen Werken?
Also allen seinen Werken, sie mögen
Namen haben, was sie wollen; denn
der Teufel hat allezeit böse
Absichten. Man kann so sagen: „Von
Gott nehme ich alles mit Danksagung
an, von dem Teufel nichts. Ist nun
jemand mit Krankheit oder Schmerzen
behaftet, so kann ja eine der andern
zu Hilfe kommen. Zuerst bete
man, daß die Hindemisse weichen
sollen, die uns verhindem
an der Verherrlichung des Namens
Jesus und an der Hilfe des Nächsten.
Nachher betet und befiehlt
man im heiligen Namen Jesu,
daß dieses Übel oder Schmerzen oder
Krankheit weichen solle, und so
fort, bis es weicht. Wird es ärger
als zuvor, so soll man nicht
erschrecken, sondern desto häufiger
zusetzen. Dies geschieht
öfter so. Hört das Übel
auf, so wird dennoch ein und der
andere Befehl gemacht, daß die Werke
des Satans in dieser Person ganz
zerstört sein sollen.
Auch
bediene man sich der gesegneten
Mittel, Weihwasser und gesegnetes
Öl.
Kürzehalber habe ich alles nur
berührt. Übung und Gebet, dem Gott
alles versprochen, wird Sie des
mehreren belehren.
Meine Begrüßung an die würdige Frau
Mutter und das ganze Konvent,
besonders an die Mechtilde. Ich
befehle mich in Ihr hl. Gebet und
ende mit dem ablaßreichen
Christengruß: „Gelobt sei Jesus
Christus!".
Den 25. September 1816. Klaus Wolf,
zu Neuenkirch, in Rippertschwand,
Kanton Luzern.
Nebenbei sei
bemerkt, daß das Wirken Vater Wolfs auch
außerhalb der Schweiz bekannt war. In dem Buch:
„Über etwas, das der Heilkunst not tut. Ein
Versuch dieser Heilkunst mit der christlichen
Philosophie, v. Carl Josef Hieron. Windischmann,
königl. preuß. Medizinalrat und Professor der
Philosophie und Medizin an der königl.
Rhein-Universität in Bonn", Leipzig 1824, bei C.
Cnobloch, wird auf S. 288 auch Vater Wolf sehr
ehrenvoll erwähnt. Dieses Buch zeigt auch, welch
große Aufmerksamkeit die damalige Gelehrtenwelt
diesen außerordentlichen Krankenheilungen
widmete. Gerade dieser Professor
Windischmann war selber auf übernatürliche Weise
von einem Augenübel geheilt worden,
nachdem er vorher vergebens viele Augenärzte zu
Hilfe gerufen. Dadurch angeregt, schrieb er
obiges Werk. Dieses Buch fand eine sehr
eingehende Besprechung in der Zeitschrift:
„Zeichen der gegenwärtigen Zeit im Guten und
Bösen", Luzern, bei Xaver Meier, Jahrgang
II,1824. Auch in dieser Zeitschrift wird Seite
117 das außerordentliche Wirken Vater Wolfs als
etwas allgemein Bekanntes erwähnt.
Wie Niklaus Wolf wegen
seiner Krankenheilungen bekämpft wurde
Die Gutgesinnten,
namentlich das gläubige Volk verehrte ihn wie einen
Vater, ja, wie einen Engel vom Himmel. Viele
Seelsorger, die die guten Früchte der
Lebensbesserung bei solchen, die von ihm ermahnt
wurden, sahen, gewannen immer mehr Zutrauen zu ihm.
Mancher Pfarrer konnte beobachten, daß ein Wort von
Wolf gläubiger aufgenommen und williger befolgt
wurde als das Priesterwort.
Aber
viele Priester nahmen
nicht bloß eine abwartende, sondern
mehr eine ablehnende Stellung ein.
Einige, die der liberalen Richtung, traten offen
gegen ihn auf.
Wolf selber erzählt:
„Ich hatte heftigen Widerspruch von allen
Seiten. Man warf mir vor, daß ich
Aberglauben, Zauberei und dergleichen treibe; daß
ich da etwas Neues und Unkirchliches anfange.
Besonders war ich Gegenstand der Gespräche bei allen
Zusammenkünften der Geistlichen. Die meisten
derselben hießen meine Sache nicht gut. Warum? Der
rationalistische Geist war sogar in die
theologischen Schulen eingedrungen, und überall
wurde der Same des Unglaubens ausgestreut. Sogar auf
Kanzeln und in Christenlehren kam meine Sache zur
Sprache. Man warnte die Leute vor mir. Ich hörte
selbst einigemale solchen Christenlehren zu, ohne
aber in meinem Glauben erschüttert zu werden. Und
auch die Leute wurden bei weitem nicht alle abwendig
gemacht. Die Zeichen, die Gott wirkte, bewogen mehr
als die Worte der Menschen; in der Not nahmen sie
halt doch Zuflucht zu dem, der helfen kann."
Hin und wieder, aber
selten, nahm sich auch ein Priester meiner an...
durch Tatsachen überzeugt."
„Bei einer
großen Versammlung von Geistlichen, bei der sehr
gelehrte und hochgeachtete Professoren der Theologie
zugegen waren, wurde bald auch meine Sache aufs
Tapet gebracht, um die Meinung bemeldeter Herren zu
vernehmen. Diese aber sagten mit den Worten,
die Gamaliel im Hohen Rat zu Jerusalem
gesprochen, als dort auch die Verkündigung und
Verherrlichung des Namens Jesus durch die Zeichen
der Apostel zur Sprache kam:
Laßt diesen Menschen nur machen;
Ist der
Rat oder das Werk aus dem Menschen, so wird's
untergehen; ist's aber aus Gott, so kann's nicht
unterdrückt werden."
Auch in einer
Gesellschaft, in der Bischof Sailer,
damals noch Professor, anwesend war,
wurde von einigen Geistlichen mit einiger
Besorgnis erzählt, daß Niklaus Wolf durch sein
Gebet viele heile; es könnte aber dadurch,
meinten sie, der kirchlichen Autorität Eintrag
geschehen. Sailer antwortete
ernst: „Ja, meine Herren, wenn sich die Sache so
verhält, wie Sie mir da erzählen, so
hüten Sie sich wohl, etwas dagegen zu tun. Der
Geist weht, wo er will. Wer kann, wer
darf ihm wehren?" Mitgeteilt von einem
Augenzeugen.
Aber gerade in
dieser Zeit der Prüfung und des Sturmes zeigte
Vater Wolf seinen echt katholischen Geist, seine
goldlautere Absicht. Täglich betete er demütig
und eifrig, um ja durch Gottes Gnade sowohl vor
jedem Abweg bewahrt, als auch im Wandel auf dem
Wege der Wahrheit, des Lichtes und der Liebe
gestärkt zu werden.
Folgendes war
sein Gebet:
„Es komme uns
(ihm und
seinen Freunden)
durch die Kraft des heiligsten Namens Jesus
Kraft, Weisheit und Stärke zu! Der Hl.
Geist sei unsere Leitung, auf daß wir
in allem den hl. Willen Gottes mögen erfüllen.
Wir geben uns ganz und gar dem lieben Gott als
Opfer dar. Mache mit uns, großer Gott, was du
willst! Dein heiliger Wille ist der schönste,
beste, auch vollkommen und gerecht. Lieber Gott!
Nimm dieses unser Opfer an! Verlaß doch uns arme
Sünder nicht.
Königin des
Himmels und der Erde! Bitt für uns! Wir legen
unsere Sache in deinen jungfräulichen Schoß.
Nimm uns in deine mütterliche Beschützung und
Gnaden auf, o Maria!
Heiliger Erzengel Michael und ihr heiligen
Schutzgeister,
die ihr uns von Gott seid an die Seite gegeben
worden! Laßt doch nicht geschehen, daß wir vom
Satan überwunden werden, sondern helft uns
besiegen, zur Ehre des heiligsten Namens Jesus."
Darum müssen wir
uns auch nicht verwundern, daß Vater Wolf durch
sein ganz und gar kirchliches Vorgehen manchen
Geistlichen „bekehren" und für seine Sache
gewinnen konnte. Wir haben dafür ein treffendes
Beispiel in der Biographie des Josef Laurenz
Schiffmann, Pfarrers, Dekans und Domherrn der
Diözese Basel, von Alois Lütolf Räber, Luzern,
1860. Schiffmann war einer der gelehrtesten und
angesehensten Geistlichen, ein Mann streng
kirchlicher Richtung, ein berühmter
Sailerschüler. Aber von den kirchlichen
Segnungen wollte er nichts wissen. Vater Wolf
verkehrte viel in der Gemeinde Egolzwil bei
einer
(offenbar stigmatisierten)
Jungfrau Bühlmann. Egolzwil gehörte damals noch
zur Pfarrei Altishofen. Schiffmann war seit 1811
dort Pfarrer. Und nun lesen wir in dessen
Biographie, S. 89:
„Der Kanton
Luzern selber besaß damals seinen Gaßner in dem
schlichten, frommen Bauersmann Niklaus Wolf von
Rippertschwand. Derselbe war öfters auch in den
Kirchensprengel von Altishofen zu Kranken
berufen worden. Schiffmann, rasch, jung und
kräftig, sah solches ungern, denn ihm komme in
seiner Pfarrei das Lehren in geistlichen Dingen
und das Benedizieren zu. Er beauftragte die
Leute, wenn N. Wolf wieder komme, ihm zu sagen,
daß er sich vor dem Pfarrer stellen und
Rechenschaft geben solle. Bald darauf kommt
ein einfacher Bauer in altertümlicher Tracht
und gibt sich in seiner heitern, jovialen
Weise als der Bet- und Wundermann zu
erkennen. Das Verhör fiel sehr
befriedigend aus. Von da an waren sie gute
Freunde. Die Folge war, daß jetzt
Schiffmann anfing, das kirchliche
Benediktional, das er früher wenig
beachtete, aufmerksam durchzulesen, ja
eigentlich zu studieren. Er kam zu der
Ansicht, daß die darin bezeichnete
kirchliche Gewalt durch Laien wie N. Wolf
sich geltend mache, weil Priester darüber
weggingen und ihre Träger nicht sein
wollten. Die Kirche ging ihm darin in noch
nie gekannter Lieblichkeit auf, erlösend,
segnend und heiligend den Menschen nach
allen Seiten. Von da an nahm er sich der
körperlich und geistig Bedrängten mit Liebe
und Eifer selbst ausdauernd an. Der Zudrang
der Hilfsbedürftigen dieser Art dauerte bis
an sein Lebensende." - Pfarrer Schiffmann
schrieb sogar ein volkstümliches Büchlein
zur Erklärung und Verteidigung der
kirchlichen Segnungen, ganz im Sinn und
Geiste Vater Wolfs.
Indessen
blieben die zahlreichen liberalen
Geistlichen in Abwehr- und Kampfesstellung
gegen Wolf. Es kam vor, daß sie ihn sogar
bei der ganz links stehenden Regierung
verklagten. - Im Pfarrarchiv von Wolhusen
ist noch ein Brief vorhanden, in dem die
radikale Regierung dem Pfarrer von Wolhusen
dankt, daß er auf das gefährliche Treiben
Wolfs aufmerksam gemacht habe. Das für
heutige Begriffe etwas kuriose Schreiben
lautet: (Pfarrarchiv in Wolhusen, Fasz. Nr.
15a. Cop. a 7III. 1921) Luzern, den 5ten
Wintermonat 1814. Der Polizei-Rath des
Täglichen Raths der Stadt und Republik
Luzern an den Herrn Pfarrer von Wolhusen
(Christoph Dub).
Hochwürdiger Herr Pfarrer!
Wir haben in Ihrer Zuschrift vom 30ten Weinmonat
letzthin mit Vergnügen vernommen, daß Ihre löbl.
Bemühungen, der Verbreitung der Sekte der Tertianer in
Ihrer Partei Einhalt zu tun, nicht ohne wohltätige
Wirkung war. Wir wünschen sehr, daß Sie Ihre Tätigkeit
hierin fortsetzen, wobei Sie sicher auf unsere
Unterstützung rechnen dürfen. Sie sind aber nicht der
einzige Pfarrer, dem diese Angelegenheit ans Herz gelegt
wurde. Der hochw. Herr Pfarrer Balthasar erhielt eine
gleiche Aufforderung.
Da Wir inzwischen sogleich einsahen, daß allforderst dem
Übel auf geistlichen Wegen entgegengewirkt werden müsse,
so haben Wir auch den hochw. Herrn bischöflichen
Comißarius derwegen in Kenntnis gesetzt, der bereits
schon von der Sache instruiert, sogleich zur
Unterdrückung dieser wahrhaft verderblichen Sekte Hand
zu bieten versprach, und mit einem Kreisschreiben die
hochw. Herrn Pfarrherrn auf selbe, sowie auf ihre
Häupter insbesonders aufmerksam zu machen beschlossen
hat. Wahrscheinlich wird Ihnen ein solches Schreiben
anjetzt zugekommen sein. Wir werden Uns auch nicht
minder bemühen, eben die Häupter dieser Sekte
auszuforschen; und dann, sobald Wir selbe kennen und
entdeckt haben, gegen sie, wenn Belehrungen fruchtlos
bleiben, weitere zweckdienliche Maßregeln ergreifen. Sie
deuten auf eines dieser Häupter, das sich in der
Gemeinde Neuenkirch aufhalten soll. So wie wir Ihnen
versprechen, daß alle diesfällige Anzeigen geheim
gehalten, und Ihr Name nie zur Sprache kommen soll, so
läßt es sich auch verhoffen, daß Sie gegen Uns nicht
zurückhaltend seien, sondern den Erwähnten als
Hauptanstifter wohl und ohne mindeste Scheu noch Gefahr
Uns benennen werden. Es liegt Uns noch um so mehr hieran, da Wir Uns im Falle sehen,
von Ihnen wegen ihm Zuverläßiges und Bestimmtes
vernehmen zu können, während Wir auf andern Wegen
noch lange Nachforschungen halten müßten, die, wie
es dann gar oft der Fall ist, in dergleichen Sachen
ein sehr ungenügendes Resultat gewähren. Kennen Wir
bereits den Einten der Urheber, so wird es Uns auch
ein Leichtes sein, seine vorzüglichen Anhänger zu
entdecken.
Würde es Ihnen aber besser conveniren, dem hochw.
bischöfl. Herrn Comißar jenes der Häupter zu melden,
sowie auch den Geistlichen ihm näher zu bezeichnen,
der gerade entgegen gesetzter Meinung ist, und
anstatt mit Ihnen gleichen Schritt zu gehen, was Sie
hierin Gutes erzwecken, wieder zu stürzen sucht, so
wollen Wir hierin gar nicht vorgreifen, sondern es
soll so angenehm sein, wenn Sie mit Hochselbe sich
ins Einverständnis setzen.
(hinausgerissen)
Siegel!
Das, was Sie Uns im übrigen wegen dem Buch von Mene
über die Sakramentalien bemerken, werden Wir
benutzen, um genauere Ideen über diese Irrlehren zu
erhalten.
Indem Wir schließlichen Ihnen Unseren Dank bezeugen
über Ihre schnelle und ausführliche
Berichterstattungen seien Sie zugleich Unserer
wahren Achtung und Wohlgeneigtheit bestens
versichert.
Der Regierungs-Rath Vice-President: b.
Gloggner. Namen des Polizei-Raths: J. W. Schnyder.
Unter dieser
„Sekte der Tertianer" ist wohl der Dritte Orden
des hl. Franziskus gemeint. Das
regierungsrätliche Schreiben nennt ihn „eine
wahrhaft verderbliche Sekte". Und unsern frommen
Niklaus Wolf zählt es zu den Häuptern dieser
Sekte. Die Mitglieder des Dritten Ordens freuen
sich dieses Hauptes.
Damit haben wir bereits angedeutet
das Verhalten der
Regierung
Die allgemeine Geistesrichtung dieser Regierungsmänner
schildert der bekannte Pfarrer X. Herzog in seinen Bildern
aus dem Leben des Josef Leu sel. köstlich und trefflich
folgendermaßen (S. 17): „Dem Siebnerkonkordat zur Seite
stellte man der Kirche oder gegen die Kirche die
Badenerkonferenzartikel, und durch diese konnte man machen,
was man wollte. Und waren sie zufällig nicht elastisch
genug, so konnte man auch darüber hinausgehen, da sie ja
auch das Dispensationsrecht für die Regierung in sich selber
enthielten, denn der Strumpf muß sich nach den Beinen
richten, gerade oder krumm, gleichviel. Papst und Bischof,
die alten Benefiziaten und die jungen Theologen, Disziplin
und Kirchengüter, Ablaß, Bitt-, Fest- und Fasttage, alles
hatte man in einem Sack, und keines von allen durfte sich
rühren ohne das Placet, d.h. ohne Genehmigung der neuen
.Gnädigen Herren und Oberen'. Der Radikalismus stand damals
wirklich hierzulande in seiner Blüte. Der Kleine Rat
(Regierung) war der treue Schatten dessen in Aarau, der
Große Rat wie von Tauben zusammengetragen.
Alle Gerichte standen unter dem Großmeister der
Jurisprudenz, dem seine dienstbaren Geister, Advokaten und
Botenweibel, täglich ihr dreifaches Groß, Groß, Groß!'
entgegensangen. Alle Schulen waren das Bild des edlen
Referenten. Auch das andere Reich neigte sich zum Bruderkuß;
war's mit dem Pfarrer nicht zu machen, so hielt der Kaplan
her, oder man suchte an dem Vikar etwas zu pfuschen, man machte sich an die Köchin oder benützte gar den
Sigristen. Ein 'eidgenössisches' Blatt verteidigte
den Meineid, legte zweimal wöchentlich Zeugnis ab
von der unvergleichlichen Weisheit und Gerechtigkeit
der Regierung, wie die so brav Religion habe und in
die Kirche gehe und daß die Religion noch lange
nicht in Gefahr sei, ja nicht einmal in Gefahr
kommen könne. Die Kultur und der Ertrag des Bodens,
der Friede Europas, der gute Wein von 1834, all das
hat man der neuen Regierung zu danken."
Wenn auch der alte Balbeler diese Schilderung der
neuen Regierung widmet, so wissen wir aus Akten und
Regierungserlassen früherer Jahre, daß der
gleiche Geist schon seit mehr als zwanzig Jahren im
Kanton Luzern herrschte. Darum kann man die
ganz feindselige Einstellung der Regierung zu
Niklaus Wolf leicht begreifen.
Freilich wagte die Regierung nicht, den
heiligmäßigen Mann gefangen zu setzen.
Aber sie führte doch einen heftigen
Kampf gegen dieses „staatsgefährliche",
„abergläubische" Treiben des „Neuenkirchers". Alle
Hebel wurden in Bewegung gesetzt. Die Polizeiorgane
bekamen genaue Weisung, auf den Mann zu achten und
auch die Geistlichkeit samt Mönchen und Nonnen zu
beaufsbhtigen. (Schwendimann,
Seite 12 u. ff.) - Der
apostolische Vikar bewies mit einem Brief vom März
1816 deutlich und klar, daß diese Benediktionen von
Wolf ganz im Sinn und Geist der katholischen Kirche
ausgeführt werden. Trotzdem vertrat die Regierung
mit Kreisschreiben vom April 1817 und Mai 1818
diesen „Quark" der Sakramentalien.
Schon 1815 hatte die Regierung bei der kirchlichen
Behörde, d. h. bei Generalvikar Göldlin das
Verlangen gestellt, daß er dem Wirken Niklaus Wolf
Einhalt gebiete. Göldlin berief Vater Wolf
zu sich, verhörte ihn und untersagte ihm dann jedes
besondere Gebet um Heilungen. Vater Wolf
gehorchte sofort, ohne Murren und Klagen. Vom Juni
1815 bis zum 18. Juni 1816 wies er alle Bittgesuche
der leidenden Mitmenschen ab. Dennoch kamen Tag für
Tag solche Gesuche um Hilfe. Oft blutete ihm das
Herz, wenn er die große Not sah und doch nicht
helfen durfte. Aber er sagte: „Gehorchen ist meine
Pflicht". Das ganze Jahr übertrat Wolf das Verbot
nicht ein einziges Mal und gab so ein herrliches
Beispiel des Gehorsams gegenüber der geistlichen
Obrigkeit.
Aber das Volk hatte keine Ruhe. Da die Bittgesuche
nach Rippertschwand nicht fruchteten, schrieb man an
den Generalvikar nach Beromünster. Im Luzerner
Staatsarchiv sind noch drei dieser Bittgesuche
erhalten. - Das erste lautet:
„Hochedelgeborner, hochwürdigster, gnädiger Herr!
Karl Greter, Friedensrichter in hier, ein Mann von
großer Frömmigkeit, schon lange krank, nachdem er
einen großen Teil seines Vermögens deswegen
versplittert, ließ endlich den bekannten Niklaus
Wolf von Rippertschwand rufen, um von ihm durch
Sakramentalien geheilt zu werden. Allein dieser
sagte, daß er es tun werde, wenn Ihre Gnaden der
päpstliche Generalvikar ihm dazu die Erlaubnis
erteilte.
Ich ersuche also Ihre hochw. Gnaden im Namen des
Kranken, dem besagten Nikolaus Wolf die Erlaubnis zu
erteilen, damit er anher kommen dürfe, unter meiner
Aufsicht die geistliche Curation vorzunehmen, in
Fall auch in Hinsicht meiner Krankheit.
Meine Krankheit wächst immer bei wachsender Kälte
usw.
Gottes Gnade und Ihrer Gnaden
empfehlend
Clemens Ulrich, Paroch. Greppen, den
27. 9 ber 1815."
Drei weitere Briefe von
Pfarrverweser Hieronimus Knüsel zu Adligenswil
(vom 18.1., 16. II. und 21. III. 1816)
bestätigen, daß Niklaus Wolf während
der Zeit des Verbotes auf besondere Erlaubnis hin in dringenden
Fällen zu Kranken gehen durfte.
Bezeichnend ist folgender Brief:
„An den hochw. Herrn Apostel.
Gen.-Vikar Franz Bernard Göldlin von Tiefenau, Propst auf dem löbl.
Stift zu Bero-Münster.
Willisau, den 23. März 1816.
Hochwürdigster Herr Apostolischer General-Vikar!
Zwei Kranke aus meiner Pfarrei, Leonz
Schwegler im Feld, ein armer Jüngling, der bei dreiviertel Jahren
öfters an einer schwermütigen Krankheit leidet und Elisabeth
Flückiger zu Hofstetten, eine noch junge, wahrhaft christliche
Ehegattin, Mutter von mehreren Kindern, die beiläufig seit 14
Monaten an einem Fuß das schmerzliche Übel des Beinfraßes hat,
ersuchen Sie, Hochwürdigster Herr! bitlich um die gütige Erlaubniß,
daß sie ihre Zuflucht bei dem Niklaus Wolf zu Neuenkirch nehmen und
dieser ihnen mit geistlicher Hilfe, so wie er es nötig finden
möchte, beispringen dürfte.
Auch ich lege meine Bitte für obige
Personen bei, und das um so lieber, weil ich den Niklaus Wolf durch
mit ihm öfters gepflogenen Umgang ziemlich nahe kenne, und darum
weiß, daß er in Hinsicht der Sakramentalien nicht bloß nach
gutmütiger Einfalt, sondern wahrhaft weise - in und nach dem Geist
der katholischen Kirche handelt. Und daher kommt es auch gewiß, daß
schon mancher Mensch (dergleichen ich kenne), der in diesem
vertrauensvollen Geist, von der frommen Demut des Niklaus Wolf
unterstützt, zu Jesus Christus, in dessen Namen um Hilfe gerufen,
eine sonderbar auffallende Wohltat erhalten hat. Ich vertraue auf
Ihre weise Güte und verbleibe in aller Ehrfurcht und innigster
Ergebenheit Ihrer Gnaden treu ergebener Diener Jos. Meyer, Plebanus."
Anmerkung: Dieser Leutpriester Meyer wurde 1827 Dekan des Kapitels
Willisau.
Nach Verfauf eines Jahres wurde Vater
Wolf wieder nach Münster berufen; nach nochmaliger Prüfung
hob der Generalvikar das Verbot auf und gab ihm folgendes
Diplom:
„Dem geneigten Leser zum Gruß im
Herrn! Nachdem wir den Niklaus Wolf von Rippertschwand wohl geprüft
und seine gute Absicht vernommen haben, so erteilen wir ihm
die Erlaubnis, Benedicendi et exortiandi
nach seiner üblichen Gewohnheit zu belehren. Es geschehe
aber jedesmal mit Bewilligung des Ortspfarrers und ohne daß
Volksaufzug verursacht werde.
Beromünster, den 18. Brachmonat 1816.
F. B. Göldlin".
Propst F. B. Göldelin von Tiefenau
Geb. 4. Febr. 1762, zum Pnester geweiht in Meersburg 1783, Vikar in
Wolhusen und Inwil, Pfarrer daselbst, Festprediger an der IV.
Jahrhundertfeier der Schlacht bei Sempach 1786, Chorherr zu Münster
1790, Kapitelssekretär, zum Propst gewählt am 28. März 1803, von
1814 an Generalvikar des schweizerischen Teils des Bistums Konstanz,
gest. 16. Sept. 1819.
Vater Wolf selber war ob dieser
Wendung der Dinge nicht besonders erbaut. Er erzählt dazu:
„Nach Verlauf eines Jahres mußte
ich wieder vor das Generalvikariat treten. Da hob der hochw.
Herr das erlassene Verbot wieder auf. Mir wäre nun bei
meiner Ruhe wohl gewesen, und lieber hätte ich den
Pflug als den Wanderstab zur Hand genommen, den ich schon
manches Jahr brauchen mußte. Ich bat daher kindlich dringend
meinen geistlichen Obern, er möchte mich doch ruhig bei meinem
alten Landwirtsberufe und das Verbot fortbestehen lassen. Allein
der hochwürdige Herr bestand auf der Aufhebung des Verbotes und
erteilte mir dann eine förmliche, schriftliche Erlaubnis,
untergeordnet unter den Pfarrherrn jeden Ortes, den Mitmenschen,
zu denen ich gerufen würde, mit Gebet im Namen Jesu
beizuspringen, jedoch ohne Vornahme von Benediktionen und
Exorzismen, da solches Sache der Priester und nicht der Laien
sei."
So wirkte nun Vater Wolf wieder
weiter, getragen von dem immer wachsenden Zutrauen des Volkes,
noch 16 Jahre lang bis zu seinem Tod.
Der Entscheid des Generalvikars
aber rief in der kirchenfeindlchen, regierungsfreundlichen
Presse einen wahren Sturm der Entrüstung hervor. Göldlin wurde
als Obskurant und Förderer abergläubischen Volksbetruges
hingestellt und arg verlästert. B. Fleischlin schreibt in seiner
Göldlin-Biographie Seite 77 u. ff.:
„Noch während den Ereignissen
hatte die ,liberale' Presse neuen Anlaß gefunden, den
Generalvikar zu verlästern; diesmal als Obskurant und Förderer
abergläubischen Volksbetruges. Er hatte dem ebenso schlichten
als berühmten Bauern Niklaus Wolf von Rippertschwand schriftlich
die Vollmacht erteilt, für die Leute zu beten und die Exorzismen
- die Liberalen nannten sie einen Skandal der gesitteten Welt
-anzuwenden... Wolf ist eine mystische Erscheinung im Geist des
Bruders Klaus und der Katharina Emmerich. Er hatte den
geistvollen Schiffmann und durch ihn die ganze Sailerschule
wieder das altkirchliche Ritual anwenden gelehrt, selbst Clemens
Brentano wurde auf ihn aufmerksam gemacht. Das katholische
Luzemervolk verehrte ihn als Heiligen...
Im Jahrgang 1836 des Bruderklausenkalenders ist
figürlich dargestellt, wie Wolf im Audienzzimmer der Propstei
Münster das Diplom aus Göldlins Hand entgegennimmt. Beider Züge
sind auffallend gut gezeichnet. Merkwürdig ist, wie hier Luzerns
angesehenster Priester und sein größter Volksmann sich die Hand
reichen."
Dr. Ludwig Snell, ein
nassauischer Flüchtling und jetzt tonangebender schweizerischer
Politiker und Feind jedes religiösen Sinnes, schrieb von dieser
Zeit:
„Sogar den krassesten Aberglauben
verschmähte die Geistlichkeit nicht. Im Jahr 1816 bildete sich
im Kanton Luzern eine Gesellschaft von Wundertätern und
Teufelsbannern, die mit Hilfe von Zauberformeln und Weihwasser
Krankheiten heilen und Teufel vertreiben wollten. Pfarrer,
Kapläne und Professoren waren Mitglieder dieser Gesellschaft; an
ihrer Spitze stand ein Bauer namens Niklaus Wolf, welchem - im
19. Jh.! - zum Skandal der gesitteten Welt der apostolische
Generalvikar folgendes Patent ausfertigte"
(wie oben angeführt).
Wir sehen daraus, wie die Gegner Wolfs mit Lüge und Verleumdung
gegen ihn arbeiten. Doch das wahrhaft heiligmäßige Leben und
Wirken Vater Wolfs, die vielfachen guten Früchte von Lebensbesserung vieler,
die er besuchte und ermahnte, das immer mehr wachsende
Zutrauen auch des Klerus stellten alle diese
gegnerischen Schritte in den Hintergrund. Die gute Sache
siegte.
Zum Schluß dieses Abschnittes stellen wir noch kurz eine
Übersicht zusammen über die
Freunde und Gegner
Wolfs.
Unter dem Klerus hatte Wolf mit den Jahren immer mehr
Anhänger. Besonders die Sailerschüler,
an ihrer Spitze die geistlichen Professoren der höheren
Lehranstalt in Luzern, Alois Gügler und Josef Widmer,
begannen seit 1809 immer mehr zum Mystizismus
hinzuneigen, hauptsächlich veranlaßt durch das Leben und
Wirken Niklaus Wolfs. - Im Jahr 1817 machte Wolf die
Bekanntschaft eines der gelehrtesten und
hervorragendsten Priester, Josef Rudolf
Ackermann. Dieser hochtalentierte Mann hatte
schon mit 20 Jahren seine theologischen Studien
abgeschlossen. Aber er hatte eben damit das kanonische
Alter für die hl. Weihen noch nicht und mußte warten.
Erst nach drei Jahren empfing er, immer noch mit
kirchlicher Dispens, die Priesterweihe. Von 1815 bis
1817 war er Kanzler beim apostolischen Vikar Propst
Göldlin in Münster und dann vier Jahre Schulherr an der
Stiftsschule in Münster. - Ackermann machte mit Vorliebe
historische Forschungen; die alten Schriften las er
spielend. Wiederum hatte er großes Interesse für
rechtliche Fragen. Er schrieb einen tadellosen
Kanzleistil. Mit 26 Jahren wurde Ackermann zum
Pfarrer von Ballwil gewählt. Sein Nachfolger,
Pfarrer Herzog (der alte Balbeler genannt) bezeugt,
Pfarrer Ackermann habe dem Namen Ballwil großes Ansehen
verschafft. Er wurde Dekan des Kapitels Hochdorf.
Niklaus Wolf hielt sich oft längere Zeit bei Pfarrer
Ackermann auf; sie wurden und blieben zeitlebens
vertraute Freunde. Vater Wolf hatte auf seinen
geistlichen, hochbegabten Freund einen großen Einfluß.
Spuren dieses Einflusses zeigen sich deutlich in den
Schriften Ackermanns. Von dieser Zeit an
studierte Ackermann gründlicher die großen Mystiker des
Mittelalters, Franz von Assisi, Dominikus,
Tauler, Heinrich Suse, Anselm, Albertus d. Gr., Thomas
von Aquin, Thomas von Kempen, Niklaus von der Flüe usw.
Gerade darum hatte der gelehrte Pfarrer ein großes
Interesse an dem lebenden Mystiker Niklaus Wolf.
Die Freundschaft dieser beiden Männer hatte auch für den
Kanton Luzern eine große Bedeutung, und zwar deshalb,
weil Pfarrer Ackermann bald an der Spitze der streng
kirchlichen Richtung im Kanton Luzern stand. Sein Haus
war der Treffpunkt großer Herren von nah und fern.
Selbstverständlich hatte Pfarrer Ackermann auch großen
Einfluß auf Vater Wolf. Und er war der passendste und
berufenste Lebensbeschreiber des alten vertrauten
Freundes, des frommen Wolf. Auch in dieser
Lebensbeschreibung zeigt sich der große Theologe.
Andere Freunde und Anhänger Wolfs waren
Pfarrer Schmidli und Kaplan Geißhüsler in Neuenkirch,
Pfarrer Sicher in Vitznau, Pfarrer Banz in Hildisrieden,
Pfarrer Brunner und Kaplan Schindler in Rothenburg,
Pfarrer Sigrist in Horw.
Auch die heftigsten Gegner Vater Wolfs
seien kurz erwähnt. Zu den offiziellen Gegnern gehörten
vor allem Eduard Pfyffer, Schultheiß Amrhyn, Dr. Vital
Troxier und namentlich der bischöfliche Kommissar
Thaddäus Müller in Luzem. - Im „Wegweiser
in der Eidgenossenschaft" vom 5. Mai 1817, dem Kirchenblatt der freisinnigen Geistlichen, das in Konstanz gedruckt wurde, wird Wolf dargestellt als „geistlicher Quacksalber", als „Wundertäter", als „simpler Bauer", als „in seiner Art einziger Mann", und es werden die Sanitätsbehörden des Kantons Luzern zum Aufsehen und Einschreiten ermahnt. Und in der gleichen Nummer schreibt ein Einsender am Schluß eines Schmähartikels: „Indessen hofft man, daß nächstens höheren Orts gegen diese elenden Abkömmlinge eines Gaßner werde eingeschritten werden, die dann freilich auf ein neues ihr Zetergeschrei über Aufklärung und Zeitgeist erheben werden."
Zu den liberalen Regierungsmännern und den liberalen Geistlichen gesellten sich als Gegner Vater Wolfs die meisten liberalen politischen Führer.
Wie Vater Wolf seine Krankenheilungen verteidigte
Niklaus Wolf schrieb zu seinem eigenen Trost viele schöne Gedanken und
Erwägungen nieder, besonders über das Gebet und seine Erhörung, über Wunder
und außerordentliche Zeichen, auch über seine Wirksamkeit, die so oft falsch
verstanden wurde. Man muß dabei staunen, welch hohe Einsicht dieser einfache
Bauer in geistlichen Dingen und religiösen Fragen besaß. Da war er daheim,
daß er in manchen Punkten sogar Priestern Aufschluß und Belehrung geben
konnte. Aber staunen müssen wir ebenso, wie treffend er seine Gegner
abfertigte, kurz und kräftig wie ein gewiegter Advokat.
Dafür einige Beispiele:
Ein frommer Priester bemerkte ihm einst, daß doch die Leiden oder
Krankheiten Mittel zur christlichen Vervollkommnung seien und das Kreuz
ausmachen, das jeder Christ täglich auf sich nehmen müsse; daß also das
Erlöstsein wollen davon nicht christlich sei. Darauf erwiderte Vater
Wolf: „Die Verherrlichung Gottes ist das Höchste.
Wenn durch die Heilung der Kranken Gott und der heiligste Namen Jesus
verherrlicht werden, warum soll es nicht geschehen? Jesus hat den Kranken,
die zu ihm kamen, nicht gesagt: Leidet geduldig! usw., sondern er hat sie
gesund gemacht, damit mein Vater durch ihn verherrlicht werde und er durch
den Vater."
Auf ähnliche Weise widerlegte Niklaus Wolf den Einwurf, daß Zeichen und
Wunder nur beim Beginn der Kirche nötig gewesen seien zur Begründung
derselben. Er sagte: „Der Herr hat in seinen Einladungen und Versprechungen
keine Zeit ausgenommen. , Wenn ihr mühselig und beladen seid, so kommt alle
zu mir, ich will euch erquicken.' (Mt 11,28.) Die
Kirche Gottes war nie ohne Zeichen, wie sie auch nie ohne Feinde und ohne
Kampf war. Durch Zeichen mußte sie sich stets als die wahre Kirche
bewähren. Und in unseren Zeiten hat sie es notwendiger als je."
Über seine als unkirchlich verschrieene Wirksamkeit schrieb er folgendes:
Man sagt: ,Es ist nicht kirchlich'. Ich aber frage: Ist es nicht
kirchlich, wenn man zusammenkommt, von Gott und göttlichen Wahrheiten redet,
einander aufmuntert zur Liebe Gottes, zur Haltung seiner Gebote,
und, um seine Gebote halten zu können, zur öfteren Beicht und Kommunion, zur
andächtigen und eifrigen Beiwohnung des Gottesdienstes, zum eifrigen Gebet
im Namen Jesu mit großem Vertrauen? Ist es nicht kirchlich, einander zu lebendigem
Glauben und Vertrauen aufzumuntern, besonders in einer Zeit, in der
man darüber spottet und sich desselben schämt? Ist es nicht
kirchlich, die Leute aufzumuntern, die von der Kirche geweihten
Sachen mit Andacht, Ehrfurcht und reumütigem Herzen, eifrigem Gebet
und großem Vertrauen zu gebrauchen und in allen Versuchungen der
Seele und des Leibes standhaft zu sein? Oder ist das Kreuzzeichen
weniger kirchlich?"
„Ich ermahne die Leute, keinen Morgen ihr Schlafzimmer zu
verlassen, ohne zuvor auf die Knie gefallen zu sein und ein eifriges
Gebet zu Gott verrichtet zu haben; erst dann, sage ich
ihnen, könne man den Tag im Namen Jesu anfangen und den Beistand
Gottes in allen Geschäften und Verrichtungen erwarten. Ich ermahne
sie auch, den Tag mit einem eifrigen Nachtgebet und der Übung der
Reue über begangene Sünden zu beendigen. Ist das unkirchlich?"
„Ist es unkirchlich, uneinige Eheleute einig zu machen.
Halbverzweifelten, Angefochtenen, in Not und Elend Schmachtenden,
Hilflosen, Betrübten mit Unterricht, Gebet, Anrufung des hl. Namens
Jesus zu Hilfe zu kommen? Man sollte also nicht sagen, es ist nicht
kirchlich, sondern es ist nicht üblich, der jetzige Zeitgeist kann
es nicht leiden. Aber soll man darum aufhören?"
„Man wirft vor, der Zulauf sei zu groß. - Es ist wahr, der Zulauf
ist groß. Allein, wenn andere, die gleichen Beruf und noch mehr
Einsicht haben als ich, sich dieser Sache annehmen würden, so wäre
der Zulauf kleiner. Weil es aber andere nicht tun, sollen dann
deshalb die Notleidenden hilflos sein?"
„Ferner wirft man vor, es könnte Mißbrauch und Aberglaube daraus
entstehen, besonders wenn die Leute nicht genügend Unterricht
bekommen. - Aber soll man das Gute, Wahre und Nützliche wegschaffen,
weil ein schlechter Mensch da und dort einen Mißbrauch davon machen
kann, während hundert andere daraus den größten Nutzen ziehen für
Leib und Seele?
Ein lebendiges, gläubiges Vertrauen auf Jesum, die große Wirkung,
die sie sehen und empfinden, was bewirken sie im Menschen? Geheilte
und Umstehende brechen in rührendes Lob Gottes aus, bereuen
gewöhnlich ihre Sünden, beten mit neuem Eifer zu Gott, werden
entzündet in der Liebe Gottes und gestärkt im Glauben und Vertrauen
an die Verheißungen, die Jesus im Evangelium getan, erinnert an die
Glaubenswahrheiten und befleißen sich gewöhnlich, mehr christlich zu
leben. Wegen jenen andern, die die evangelischen Wahrheiten hassen,
darf man den Glanz und die Herrlichkeit des hl. Namens Jesus nicht
verbergen. Was ist Heiligeres und Schöneres als das hl.
Evangelium? Und ist etwa kein Mißbrauch damit gemacht worden? Woher
die Ketzereien? Stützen sich nicht alle auf das Evangelium?
Sollte man nun deshalb das Evangelium abschaffen? Wie viele
mißbrauchen die hl. Sakramente als Deckmantel der Bosheit, während
andere den größten Nutzen daraus schöpfen? Am allermeisten hassen
die Spöttler diese Lebendigkeit des Glaubens, und am allermeisten
werden sie zuschanden gemacht durch die Zeichen, die dem Glauben
folgen. Ihr ganzer Kram wird durch ein solches Zeichen auf einmal zu
Boden geworfen. Sie unterstehen sich sonst, alles wegzuleugnen, alle
Wunder, die in den heiligsten Büchern enthalten sind. Da nun aber
ihr System durch diese Zeichen zuschanden gemacht wird, so schreien,
wüten und toben sie über Aberglauben, Mißbräuche und sagen: ,Die Zeichen
sind jetzt nicht mehr notwendig, nur beim Anfang des
Christentums waren sie nötig, jetzt ist die Religion schon
bewährt' usw. Sie wenden alles an, diese Zeichen zu
zerstören, zu hintertreiben und gänzlich abzustellen. ,Das
sind ja einfältige und ungelehrte Leute' sagen sie, ,Gott
wird kein Wunder tun wegen diesen Einfältigen. Wenn etwas
Rechtes an der Sache wäre, so würden es die Gelehrten tun,
sie verstehen ja das Evangelium gewiß besser als diese. So
gehen diese einen unrechten Weg, betrügen sich und andere
Einfältige; gescheite Menschen, die Verstand, Geist und Kopf
haben, hangen ihnen nicht an.' - Antwort:
Da zeigt sich aber die Macht Gottes am herrlichsten, wenn er
durch Einfältige die großen Geister der Welt zu Boden
schlägt, ihre vermeinte Weisheit und Großsprecherei
zuschanden macht. Täten es doch hochgelehrte Männer, die in
großem Ansehen stehen, so würde es wieder getadelt, als
Betrug durch Ansehen und Wohlredenheit angestrichen.
Zeichen sind schon geschehen; sie können nicht geleugnet
werden, darum griesgramen sie, die da immer von
Bruderliebe und Nächstenliebe reden: Sie wollen
nicht dulden, daß einem in Not und Elend, in Schmerzen
liegenden, ganz hilflosen Menschen durch den hl. Namen Jesus
soll geholfen werden. Schöne Nächstenliebe! Diesen
großen Geistern, die beständig über Mißbräuche schreien und
sich weder vom Evangelium noch andern Wahrheiten belehren
lassen, möchte ich sagen: Geschieht nicht täglich
Mißbrauch im Essen und Trinken? So schaffen Sie denn zuerst
Essen und Trinken gänzlich ab, und zwar zuerst bei sich
selbst; hernach mögen Sie kommen und auch andere
belehren, vom Essen und Trinken sich zu enthalten, weil
viele Mißbräuche damit geschehen. Was den Skrupel der
Freigeister über Mangel an Unterricht bei dieser Sache
anbelangt, so ist dieser Unterricht im Evangelium begründet
und enthalten und wird leichtlich von jedem, der das Wort
Gottes verkünden hört, gefaßt. Auch den dümmsten Menschen
kommt es in den Sinn, daß man eine gute Meinung haben und
beten müsse. Wenn man schon nicht heilig sein muß, um diese
Hilfe zu erlangen, so muß man doch heilige Absichten dabei
haben.
Gesetzt, dieses Glaubensgebet, das sich auf evangelische
Wahrheiten gründet und im hl. Evangelium selbst in der
ganzen Welt verkündigt wird, würde ganz abgestellt: Gäbe es
dann keine Mißbräuche mehr? Würde etwa der Glaube dadurch
gewinnen? Würde die Kirche gewinnen an Ansehen und
Ausbreitung? Wird sich der Schwachgläubige oder der Sünder
eher bekehren ohne Zeichen als mit dem Zeichen des
evangelischen Glaubens? Muß man nicht das Gegenteil
behaupten?
Man sagt: ,Die Priester verlieren ihr Ansehen, wenn dies die
gemeinen Menschen (die Laien) tun'. Allein es ist nicht so,
sondern sie bekommen wieder mehr Ansehen; denn je mehr das
Christentum ins Ansehen kommt, desto mehr kommen auch die
Priester in Ansehen. Auch ermahnt man die Leute dabei zur
öfteren Beicht und Kommunion, dem Gottesdienste mit Andacht
beizuwohnen, und bemüht sich, dies große Geheimnis soviel
wie möglich zu erklären. Man ermahnt sie ferner, die von den
Priestern geweihten Dinge hochzuschätzen, sie mit einem
demütigen, bereuenden Herzen, eifrigem Gebet, großem Glauben
und Vertrauen zu gebrauchen, so werden sie große Hilfe des
Leibes und der Seele erhalten, denn die Priester seien die Minister Gottes, die Ausspender der hl.
Sakramente; das Priestertum sei der erhabenste
Stand: Wo kein Priester, da sei kein wahres
Christentum.
Diejenigen Christen, die geistliche Hilfe
suchen, halten die Priester in größerem Ansehen als
die Spötter und Verächter dieser Sache.
Denn so wie diese den Namen Jesus verachten,
verachten sie Jesum selbst; und von ihnen gilt das
Wort Jesu an seine Apostel und Jünger: ,Haben sie
mich verachtet, so werden sie auch euch verachten'.
Jene Feinde unserer Sache entgegnen ferner und
sagen, man solle nicht übematürliche Hilfe erwarten
und den hl. Namen Jesus für unmittelbare Hilfe
anrufen, es sei denn, daß die Medizin nicht mehr
helfen; erst nachdem man alles angewendet und
probiert habe, sonst heißt es, Gott versuchen.
Mein Gott! Was soll ich dazu sagen, daß sie erst
alsdann ihre Zuflucht zu Dir nehmen wollen, nachdem
sie nirgends keine andere Hilfe mehr wissen? Wie
wenig Ehre wollen sie dem so hl. Namen Jesu, deines
innigstgeliebten Sohnes, schenken! So begehren sie
ja ihre Rettung nur der Not und nicht der Ehre des
Namens Jesus wegen; nicht deswegen, daß zu diesen
finstern Zeiten der Name Jesus glänzen möge.
Und ich frage: Wo steht im Evangelium geschrieben,
daß diese Zeichen erst dann geschehen werden, wenn
sonst keine Rettung mehr zu hoffen ist? In diesem
Fall müßte allemal jemand unparteiischer zugegen
sein und erklären, ob man beten dürfe. Das
Evangelium selbst widerlegt diesen Satz. Da
Jesus das erste Wunder tat, an der Hochzeit zu Kana
in Galiläa, war durchaus keine Not, Wein
herbeizuschaffen. Und er sagte unbedingt:
,Wenn ihr nur ein Senfkörnlein groß Glauben habet,
so werdet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß
dich aus und übersetz dich ins Meer!, und er wird
euch gehorchen'. Ist solche Tat wohl auch notwendig?
Oder deutet sie auf die Notwendigkeit eines
Notzustandes hin? Ebenso wenig wird dieser Notzustand
bedungen, da der Herr spricht:. Wahrlich, ich sage
euch, wer zu diesem Berge sagen wird: Erhebe dich
und stürze dich ins Meer! und in seinem Herzen nicht
zweifelt, sondern glaubt, es geschehe, dem wird
alles widerfahren'. Niemals, in keiner seiner
Verheißungen hat Jesus eine Not ausbedungen, niemals
den Glauben ohne Not eine Versuchung Gottes genannt.
Wer also seine Bedingung setzen will, hilft das
Licht verdrängen und die Finsternis herrschend
machen; denn so würde durch kein Zeichen mehr
bestätigt die evangelische Wahrheit, daß Zeichen
folgen werden denen, die da glauben, die in der
ganzen Welt verkündigt wird, und so würde selbst der
Glaube an die Gottheit dessen, der dies versprochen,
schwanken und schwinden und so die Absicht der
Freidenker erreicht. Allein die Zeichen, die
im Namen Jesu geschehen, schlagen ihren ganzen Kram
zu Boden; darum wüten und toben die Neugläubigen
oder vielmehr die Ungläubigen so über diese
Zeichen. Es wird keine Not erfordert, aber ein
lebendiger Glaube, und der lebendige Glaube wird da,
wo keine Medizin mehr anschlägt und man darauf
warten muß, bis keine mehr anschlägt, durch Zweifel
und Unruhen beinahe unmöglich gemacht. Kurz, diese
Bedingung setzen ist soviel, als die ganze Sache des
Glaubens verwerfen und mit dem Evangelium im
Widerspruch sein.'
,Aber, wenn dies so gut, nützlich und recht
ist, warum tun es die Priester nicht?' So fragen viele. Ich antworte aber:
Weil diese Sache viele Feinde, Verächter und Verspötter hat; denn der
jetzige Zeitgeist kann dies unmöglich ausstehen. Weil nun die Priester zu
dieser Zeit sonst viele Feinde und Verfolger haben, so würden sie sich mit
dieser Sache noch mehr Feindschaft zuziehen, daß zuletzt zu befürchten wäre,
daß ihnen gar andere, höhere, ihrem Priesterstande zukommende Verrichtungen
hintertrieben würden. Auch haben diese Priester höhere, große wichtigere und
viele Verrichtungen, wie die hl. Sakramente auszuspenden, zu predigen, zu
unterrichten, das hochheilige Meßopfer zu entrichten, die Kranken zu
besuchen, zu beten usw. Wieviel eifriges Gebet und Studieren ist mit ihrem
Stand verbunden, um die so großen Geheimnisse mit Würdigkeit, Inbrunst und
Andacht recht zu verrichten und wahre Nachfolger Jesu zu werden.
,Die Leute', werfen die Freidenker noch vor,
haben aber bloß irdische Absichten: die meisten kommen nur darum, daß sie
gesund werden; oft nur wegen eines kleinen Übels, z. B. Zahnweh und
dergleichen.'
Werfen wir einen Blick auf die
heiligen Evangelien, und betrachten wir die Absichten derjenigen, die von
Jesus Heilung erwarten. Was war die Absicht
des kranken Weibes, das den Saum seines Kleides berührte? Was war die
Absicht der zehn Aussätzigen und des Blinden am Wege? Und heilte er sie
nicht alle? ,Dir geschehe, wie du geglaubt hast!' war meistens seine einzige
Antwort. Und wenn nun ein Kranker auch einzig, um geheilt zu werden,
Zuflucht zum Gebet im Namen Jesu nimmt, wird denn nicht schon der Name Jesus
durch dieses Zutrauen verherrlicht? Das Herz des Menschen wird bei solchem
Vertrauen gewiß nicht tot bleiben: Die Hilfe
erweckt Liebe und Gebet, die Liebe - Abscheu vor der Sünde; dies bringt neue
Gnaden und neue Gnaden neue Tugend."
|
Wenn wir diese
Selbstverteidigung lesen, dann müssen wir staunen, staunen
über die Geistesschärfe dieses einfachen Bauers; bewundern
müssen wir, wie Vater Wolf alles im Lichte des Glaubens auffaßt.
Vater Wolf ist nichts weniger als ein gefühlseifriger Frömmler, er
ist eine Kraftnatur voll Glauben und Gottvertrauen. |
IV. Wolfs letzte Lebensjahre und Tod
Am 9. Febr. 1829 feierte Niklaus in der Pfarrkirche zu Neuenkirch die
goldene Hochzeit. Niemand in der Umgebung wußte etwas
davon. Nur seine Familie, Pfarrer Schmidlin und Kaplan Rast waren dabei. „Da
will ich keine an dem Hochzeitsgäste haben", sagte er, „als den göttlichen
Heiland, die seligste Jungfrau und die lieben Seelen im Fegfeuer." - Er ließ
zwei heilige Ämter halten, ein Seelamt und ein Lobamt; dabei empfing das
Jubelpaar die heilige Kommunion.
Mit zunehmendem Alter vermehrten sich bei ihm auch die körperlichen
Gebrechen. Oft stellten sich Ohnmachtsanfälle ein. Aber seine bekannte
Heiterkeit nahm dabei nicht ab. Er bereitete sich jahrelang auf den Tod vor,
indem er oft mit heiterer Miene bemerkte: „Der Tod legt mir mit jedem Tag
ein Rechtsbot, zuletzt kommt die Abrechnung. Ich muß mich in acht nehmen,
daß ich nicht fallit werde, um das Bürgerrecht des Himmels nicht zu
verlieren."
Wiederum sprach er ganz ergeben in Gottes Willen: „Er kann mich
nehmen und sterben lassen, wann und wo und wie er will, in
welchem Augenblick er immer will; es geht mich nichts an; er ist der
Herr, und ich kann und mag ihm nichts einreden; ich bin alle Stunden
und Augenblick bereit." Er zeigte bei allen Beschwerden nicht die
geringste Spur von Angst oder Ungeduld, von Kleinmut oder
Geistesschwäche. Und wenn die Anfälle heftiger wurden, dachte Vater
Wolf, der Herr wolle ihn in die Schule der Leiden nehmen, und es
gezieme sich, da ein ergebener Jünger Christi zu sein.
Besonders war in den letzten Jahren der Winter für ihn beengend, und
es bedurfte der ganzen Frühlingszeit, bis er sieh jeweilen erholt
hatte. Die heiligen Mittel, mit denen er jahrelang Tausenden
geholfen hatte, wollte er für sich nicht mehr anwenden. Aber immer
noch half er damit andern, während er selber geduldig litt in der
Kreuzesschule des Heilandes.
- Witwe Fr.-Br. erzählt: „In den
letzten Jahren fürchteten die Angehörigen für seine Gesundheit.
Darum ließ man ihn nicht mehr allein fortgehen. Seine Frau ging
gewöhnlich mit ihm. Viel ging er nach Ebersol."
Und wie er lebte, so starb er. In den letzten Jahren hatte er ja
eigentlich nicht sich selbst und nicht den Seinigen angehört,
sondern den leidenden Mitmenschen, dem Dienst Gottes in der
leidenden Menschheit. In den letzten 26 Jahren hatte er
keine bleibende Stätte, sondern überallhin, wohin Not ihn
rief, setzte er seinen wandernden Fuß. So traf ihn auch der Tod
nicht daheim, sondern in der Fremde.
Einem vertrauten Freunde hatte er einst gesagt: „Ich werde
einmal in St. Urban sterben". So kam es. - Damals
existierte dort noch das altehrwürdige Zisterzienserkloster. In
dessen Nähe lag eine ihm bekannte Hausfrau schwer krank dar nieder.
Die Ärzte konnten nicht helfen. Die Frau sagte: „Mir kann nur noch
einer helfen: Vater Wolf von Rippertschwand". Der Abt des Klostors
ließ Vater Wolf mit einem Fuhrwerk abholen. Witwe Tr.-Br.
versichert: „Meine Mutter hat oft erzählt, wie sie dem Vater Wolf
noch das Morgenessen machte, bevor er nach St. Urban ging." Am 3.
Sept. 1832 kam Wolf dort an und brachte der schwerkranken Frau seine
Hilfe. Die Klosterleute, besonders der Abt, hatten eine
große Ehrfurcht vor Vater Wolf und baten ihn deshalb, er
möge einige Tage bei ihnen bleiben als Gast. Wolf nahm die Einladung
an und blieb. Bis zum 9. September befand er sich wohl. Am 9.
September widmete er sich noch von morgens 9 Uhr bis abends den von
allen Seiten gekommenen Kranken und heilte sie. Da erlitt er am
Abend, wie er sich zur Ruhe begeben wollte, einen Schlaganfall, der
ihn des Gebrauches der Stimme und der Glieder beraubte. P. Urban Winistörfer erteilte dem ehrwürdigen Kranken die hl. Ölung. Tags
zuvor hatte er in der Klosterkirche die heiligen Sakramente
empfangen.
Nachdem er die letzte Ölung empfangen, - es war am Montagabend -,
ließ er ein Kind des Hauses, das er besonders liebte, herbeirufen,
nahm von ihm Abschied, betete und segnete es. Von da an lebte er nur
noch im Schlummer. Hie und da erwachte er, und in diesen lichten
Zwischenpausen betete er und bezeichnete sich mit dem hl. Kreuz.
Am 18. September 1832, morgens 10 Uhr, entschlief er ohne den
geringsten Todeskampf. Die Neuenkircher aber wollten den Leichnam
ihres größten Mitbürgers nicht in der Ferne lassen. Die Leiche Vater
Wolfs wurde unter Ehrengeleit abgeholt und am 21. Sept. 1832 im
Beisein einer riesigen Volksmenge in Neuenkirch beerdigt.
Das Totenbuch von Neuenkirch
berichtet: „Im Jahr 1832, am 18. September, 10 Uhr, starb
Niklaus Wolf, der Gatte der Barbara Müller, zu St. Urban, und
wurde hier am 21. ds. beerdigt mit 2 hl. Ämtern und mehreren hl.
Messen. Er starb, mit allen hl. Sterbesakramenten
versehen, im Alter von 76 Jahren, ein wahrhaft Frommer.
N. B. Er reiste nach St. Urban, um daselbst im Namen Jesu Kranke
zu heilen. Denn viele waren gekommen, um ihn zu hören und von
den Krankheiten geheilt zu werden. (Lk. 6,18.)"
Die „Schweizer Kirchenzeitung"
Nr. 12 vom 23. Sept. 1832 schrieb:
Luzern, 21. Herbstmonat. Heute
wurde unter einem ungemeinen Zusammenströmen des Volkes aus den
umliegenden Gemeinden die teure Leiche des durch viele
auffallende und unleugbare Gebetserhörungen
weit umher bekannt gewordenen frommen Bauersmannes Niklaus Wolf
von Rippertschwand auf dem Gottesacker seiner Pfarrgemeinde
Neuenkirch zur Erde bestattet.
Der von ihm schon lang ersehnte,
von den Seinen aber gefürchtete Tod erreichte denselben am 18.
dieses in Sankt Urban, wohin er vorzüglich auf die Bitte einer
schwer leidenden Freundin sich begeben hatte, im 76. Jahre
seines Alters.
Die ausführliche, von einem
vertrauten Freund ausgearbeitete und schon dem Druck übergebene
Lebensgeschichte dieses frommen Christen wird aufs neue
beweisen,
daß in Gläubigen die geistige Welt über die
Materielle
herrscht, sowie in Ungläubigen das Materielle und Vergängliche
über den Geist."
Die Gattin überlebte ihren
frommen Ehemann noch fast zwei Jahre. Sie starb am 7. April 1834
im Alter von 84 Jahren. Das Totenbuch bemerkt: „Uxorpiissima
Aque piissimi Nicolai vidua". - „Eine sehr fromme Frau, Witwe
des ebenfalls sehr frommen Niklaus."
Ergänzung:
Im Jahr 1952 wurden seine
Gebeine umgebettet.
Die Überführung in die
Unterkirche zu Neuenkirch glich einem wahren Triumphzug.
Unter Glockengeläute und Musikklängen begleiten
Geistlichkeit, Behörden eine Menge von 2.500 Personen- den
Sarg des Dieners Gottes zu seinem Ehrengrab. Die Beisetzung
in dem mit Marmorplatten ausgeschlagenen Grab nahm der
Diözesanbischof Dr. Franziskus von Streng, Bischof von Basel
und Lugano vor. In seiner Gegenwart wird das Grab mit drei
Steinplatten verschlossen, an deren Fugen vom bischöflichen
Gericht das Siegel des Bistums Basel angebracht wird. Darauf
liegt Grabplatte mit der Inschrift: Hier ruht der fromme
Diener Gottes Niklaus Wolf von Rippertschwand. Von 1756 bis
1832. Beigesetzt am 25. Juni 1952. „Der Gerechte lebt aus
dem Glauben." (Hebr. 10,38). Inzwischen läuft der
Seligsprechungsprozeß.
2017 wurde die Unterkirche
renoviert.
Während des ganzen Jahres
finden sich Beter am Grab des frommen Dieners Gottes in der
Unterkirche. Das katholische Volk wünscht sehnlichst, daß
Vater Wolf bald zu den Ehren der Altäre erhoben werde. Dafür
muß aber viel und innig gebetet werden. Am Schriftenstand
sind Gebete um Seligsprechung, Bildchen und Novenen
erhältlich, ebenso beim Sekretariat der Niklaus Wolf
Stiftung.
V. Das höhere Glaubensleben Vater Niklaus
Wolfs
Auf seinem Grabsteine in Neuenkirch stehen
die schönen Worte: „Der Gerechte lebt aus dem Glauben". Bei Vater Wolf
trifft das buchstäblich zu. Auch die grundsätzlichsten Gegner Vater Wolfs
konnten diesem nie etwas Schlechtes vorwerfen und taten es auch nie. Ja,
gerade durch das Beispiel seines vorbildlichen Lebens wirkte Vater Wolf
mächtig auf weiteste Kreise des Volkes ein. Niemand ging von ihm weg, ohne
erbaut zu sein. Das beweist uns z. B. der Brief des J. M. Kaiser aus Zug,
der vorn angeführt ist. Darum seien auch dieser schönsten und erbaulichsten
Seite im Leben Vater Wolfs einige Zeilen gewidmet. Wir finden da kraftvolle,
urkatholische, kernige Gebete, die er verfaßte. Wir erhalten Einsicht in
seine religiösen Auffassungen und in besondere Übungen seiner Frömmigkeit.
Gerade dieses höhere Glaubensleben, diese Tiefe seiner Frömmigkeit erklärt
uns alles bisher Gesagte. Mögen darum diese schönen Gebete in unseren
christlichen Familien wieder mehr gebetet werden!
Der große Staatsmann und Gelehrte Dr. A. Ph.
von Segesser besaß kaum eine Viertelstunde von Rippertschwand entfernt ein
großes Bauerngut. Er schreibt in seiner „Sammlung kleiner Schriften", II
(Beiträge zur Geschichte des Stanser
Vorkommnisses), S. 108:
Der Verfasser erinnert sich aus seinen
Kinderjahren eines frommen Landmannes, der in weiten Kreisen geehrt ward,
bei dem oft auch gebildete, selbst gelehrte Männer einen wunderbaren
Seherblick zu finden glaubten. Die Erhebung des inneren Lebens in Gebet und
Sinnenbeherrschung, die Zurückgezogenheit in das innere Sein in steter
Richtung auf Gott, schafft vor der ruhenden Seele eine Klarheit, deren Licht
die Außenwelt beherrscht, so daß in Wahrheit, was den Weisen der Welt
verborgen bleibt, diesen Einfältigen vor Gott offenbar wird, und verleiht
ihrem einfachen Wort eine Kraft, die weiter reicht als die scharfsinnigste
Deduktion."
Die von Vater Wolf verfaßte Litanei
Ein Glaubens- und Taufbekenntnis in den Drangsalen der heiligen Kirche
Kyrie eleison! [Herr erbarme Dich unser.]
Christe eleison! [Christus erbarme Dich unser.]
Kyrie eleison! [Herr erbarme Dich unser.]
Gott Vater vom Himmel!
- Erbarme dich unser!
Gott Sohn, Erlöser der Welt!
Gott Heiliger Geist!
Heilige Dreifaltigkeit, ein einiger Gott,
Der Du als die ewige Wahrheit nicht betrügen kannst.
Der Du als die unfehlbare Weisheit nicht kannst betrogen werden.
Der Du Deine Kirche auf einen unüberwindlichen Felsen gebaut hast, (Mt
28,30)
Der Du Deiner hl. Kirche den beständigen Beistand versprochen hast, (Mt
28,30).
Der Du Deine Kirche in den größten Gefahren erhalten hast.
Der Du Deine hl. Kirche zwar oft hast bestreiten, aber nie besiegen lassen,
Der Du aus den Drangsalen der hl. Kirche allzeit den größten Gewinn gezogen
hast,
Der Du ungeachtet alles Bestrebens der Hölle gewiß
Dein heiliges und verborgenes Ziel erreicht hast.
Der Du sicher über die Pforten der Hölle siegen wirst, Dessen Macht
weder ein Staub der Erde, weder ein Verdammter der Hölle, noch ein
Cherubim des Himmels sich entzieht. Dessen Auge kein Gerechter und
kein Sünder entgeht, Dessen Herz so väterlich über die Seinen
wachet. Dessen Engel ganze Kriegsheere in einer Nacht erschlägt (2.
Mach. 8-9) Dessen Ehre beim Gewinn der Hölle nichts verliert. Dem
alle Legionen der Engel zu Diensten stehen.
Der wie Samson einst seine verlachte Stärke wieder nimmt und seine
Feinde zu Boden schlägt.
Der der Schlange das Haupt zertritt, (Gen. 3)
Ohne dessen Willen kein Haar von unserem Haupt und kein Spatz vom
Dach fällt.
Der Du die Welt in Deinen Händen trägst und allein richten wirst.
Daß Du unser Gott und Vater bist, jeweils
- Glaube
ich fest, o Gott!
Daß Du Deinen Dienern helfen kannst, helfen willst und helfen wirst.
Alles geschriebene und ungeschriebene Wort Gottes,
Alle Lehren der Apostel,
Alle Aussprüche der hl. römisch-katholischen Kirche,
Ohne allen Anstand und Zweifel,
Mit gänzlicher Unterwerfung meines Verstandes,
Mit vollkommenstem Beifall des Willens,
Mit ganzem Herzen, aus ganzer Seele und aus allen Kräften, (Lk. 11,
27)
Mit innerlichem und äußerlichem Bekenntnis,
Mit allen öffentlichen Siegeszeichen der Fahnen und Miliz Jesu
Christi,
Vor allen Richterstühlen,
Vor der Welt, dem Himmel und der Hölle,
Ganz freimütig und unerschrocken.
Wegen Deiner Wahrheit und Weisheit,
Wegen Deines göttlichen Wortes,
Wegen meiner ewigen Liebe zu Dir,
Wegen meines Glaubensbekenntnisses,
Wegen der erschrecklichen Zeit der Versuchung,
Wegen meines ewigen Heiles,
Sollte ich auch deswegen verfolgt werden.
Sollten sie mich auch für einen Sonderling halten, aus ihren
Synagogen stoßen, um des Namens Christi willen mich alle Menschen
hassen,
Sollte ich auch Hab und Gut verlieren.
Sollte ich auch Leib und Leben lassen.
Sollten auch ganze Schulen und Weltweise anders lehren.
Sollten Fleisch und Satan mir alle Reiche der Welt bieten, (Lk. 4,
7)
In allen Versuchungen,
In allen Kämpfen,
In allen Ärgernissen,
In den verzweifeltsten Umständen,
Im Leben und im Tod,
In Vereinigung mit jenem lebhaften Glauben aller Gerechten, In
Vereinigung mit jenem standhaften Glauben aller heiligen Märtyrer,
In Vereinigung mit jenem vollkommensten Glauben der jungfräulichen
Mutter Maria, Allen falschen Engeln des Lichtes, (Kor.)
-
Widersage ich von ganzem Herzen!
Allen Wölfen im
Schafspelz, (Mt. 7, 15)
Allen falschen Propheten,
Allen Lehrern, die den Ohren kitzeln, (2. Tim. 4, 4)
Allem Sauerteig
der Heuchler,
Allen blinden Führern, (Mt. 19, 19)
Allen eingedrungenen Mördern und Dieben im Schafstall Christi, (Joh.
10,10)
Allen lichtscheuen Verführern,
Allen gefährlichen Neuerern,
Allen Finsternissen der Aufklärer,
Allen Winkelversammlungen der
Verräter,
Allen offenbaren und heuchlerischen Feinden Gottes und der Kirche,
Allen Feinden des öffentlichen Bekenntnisses der hl. Religion,
Aller
Herrschaft des Teufels,
Allen Anhängern Luzifers und seiner gestürzten Rebellen,
Allen
Feinden der Heiligen, ihrer Bildnisse und ihrer feierlichen
Verehrung,
Allen Feinden der glänzenden Verehrung Maria, ihrer
Bildnisse und besonders des hl. Rosenkranzes,
Allen Feinden des römisch-apostolischen Stuhles und der Hierarchie,
Allen Feinden der Kirchengewalt und Freiheit,
Allen Feinden des
königlichen Priestertums und der hl. Ordensstände,
Allen Tempel- und
Sabbatschändungen,
Allem Raub des fremden Gutes,
Allen Gesandten des
Teufels,
Allen Vorläufern des Antichrists, Ihren verdammten
Grundsätzen, Ihrer unseligen Politik,
Ihren gottes- und menschenfeindlichen Plänen, Ihrer Gesetzlosigkeit
und Untreue, Ihrem geträumten Weltglück und Haß des Kreuzes, Ihren
Heucheleien und Bosheiten, Ihren verdeckten und offenbaren
Fallstricken, Ihrer tränenwerten Blindheit, Ihren teuflischen
Schriften, Ihren zweideutigen Worten, Ihren kindischen Schätzen,
Ihrer erbärmlichen Hoheit,
Ihrer schändlichen Gemeinschaft und Teilnahme zuwider evangelischen
Grundsätzen,
Mit Deinen Heiligen im Himmel und auf Erden,
- halte ich es, o Gott!
Mit der Heiligen Schrift und
römischen Kirche,
Mit den Inl. Vätern und Kirchenlehrern,
Mit dem Statthalter Christi
und seinen Schafen,
Mit dem Altertum und frommen Gewohnheiten,
Mit
den Gesetzen meines beschworenen Berufes,
Mit den Grundsätzen einer
gottesfürchtigen Erziehung,
Mit den Regeln eines reinen Gewissens,
Mit den Verfolgten und um Christi willen Getöteten, (Apg 6,9)
Mit
den Weinenden und Leidenden, (Mt 5,5)
Mit den Kleinen, denen das
Reich des Himmels ist.
Mit den Kleinen, denen es, wie Christus sagt, der himmlische Vater
offenbart, was er den Weisen verborgen, (Mt 11,25)
Mit der kleinen
Herde, die zu einem Reich werden soll.
Mit den Kleinen und
Schwachen, wodurch Gott allezeit das Starke zuschanden macht, (1.
Kor. 1,28)
Mit denen, die jene nicht fürchten, so den Leib töten, sondern Den,
der Leib und Seele verdammen kann, (Lk. 12)
Mit denen, so ihr Leben verlieren, damit sie es behalten, (Lk. 4,32)
Mit den Wenigen, die aus allen Berufenen auserwählt sind, (Mt 22,14)
Mit allen wahren Christen, die es mit Gott und seinen Dienern halten
und zur Zeit der Versuchung nicht abfallen, (Lk. 8)
Mit den Christen, die das Kunststück nicht zu verstehen glauben,
zwei Herren zugleich dienen zu können (Mt. 6, 24)
Mit den Christen, die nicht halb kalt und halb warm sind und darum
aus dem Mund gespien werden, (Apg 3, 18) Mit den Christen, die einen
wahren Hunger und Durst nach der Gerechtigkeit haben, (Mt 5, 6)
Mil den Christen, die mit Christus sammeln, damit sie nicht
zerstreuen, (Lk. 11,23)
Mit den Christen, die mit Christus und darum
nicht wider ihn sind.
Mit den Christen, die bei der Versuchung der
Henkersrotte des Judas nicht schlafen, (Mk.13,27)
Mit den Christen, die, wenn sie Jesus verleugneten, nicht mit Judas
verzweifeln, sondern mit Petrus büßen und das fremde Gut in den
Tempel zurückwerfen, (Mt.27,5) Mit jenen standhaften Christen, die
Jesus bis unter das Kreuz folgen und mit ihm gern sterben, (Mt 28)
Mit jenen verherrlichten Christen, die einst mit Christus
auferstehen, die Welt richten und zum ewigen Feuer verdammen werden,
(Mt 19, 28)
Darum, o Gott!
- Sei
uns gnädig!
Wenn die Verführer aus unserer Mitte wachsen werden.
Wenn das Schifflein Petri mit Wellen bedeckt wird.
Wenn der Drache von der
Kette losgebunden sein wird,
Wenn die große Spaltung sein wird, (Thess.
2)
Wenn Seuchen, Erdstöße und Himmelschrecken hin und wieder vernommen
werden, (Lk.21,11)
Wenn sie rufen: Sieh, hier ist Christus, sieh,
dort ist er! (Mt 24, 23)
Wenn Krieg und Aufruhr sein wird, (Lk. 21, 9)
Wenn unsere Feinde spotten werden: Wo ist euer Gott, wo die
versprochene Zukunft? (2.Petr.)
Wenn der Menschensohn keinen Glauben mehr auf Erden antreffen wird,
(Lk.18,8)
Wenn der abgerissene Stein die irdenen Füße des letzten Reiches
trifft, (Dan.2,24)
Wenn der Greuel der Verwüstung am heiligen Orte sein wird, (Mt
24,18)
Wenn der Sohn des Verderbens im Tempel zur Anbetung stehen wird,
(Dan.11)
Wenn viele das Zeichen der Bestie tragen müssen, (Apostelgeschichte
61)
Wenn die Hirten geschlagen und die Schafe zerstreut werden, (Mt
26,31)
Wenn der Sohn des Verderbens seine Arme weit ausstrecken wird, (Dan.
11)
Wenn er die Erdstriche umsonst austeilen wird.
Wenn es ihm gegeben ist, die Heiligen zu bekriegen und sie zu
überwinden, (Apg13)
Wenn er über Gold- und Silberschätze gebieten wird, (Dan. 11)
Wenn er das Heiligtum beflecken und das ewige Opfer abstellen wird,
(Dan.11)
Wenn alles rufen wird: Friede, Friede! wir haben nichts zu fürchten,
- und darum der Untergang schnell ist, (1. Thess. 5, 5)
Wenn ihre Häuser ruhig und sie bei Orgeln und Trommeln singen
werden, (Joh. 21)
Wenn sie, wie in den Tagen des Noe und Loth, heiraten, essen und
trinken werden, (Mt. 24,38)
Wenn, wie ein Blitz, der vom Auf- und Niedergang scheint, der
Menschensohn kommen wird, (Mt)
Wenn die ungeheure Stadt, die Weltsünderin, die vom Blut der
Heiligen trunken, in Purpur und Nessel sich kleidet, in einem
Augenblicke stürzen wird, (Apg 18)
Am Tage des Gerichts,
Daß Du uns verschonest,
- Wir Sünder bitten Dich, erhöre
uns!
Daß Du unsere Sünden verzeihest.
Daß Du uns zur wahren Buße bekehren wollest.
Daß Du allen verirrten Menschen die Augen zum wahren Licht öffnest.
Daß Du den apostolischen Hirten und alle geistlichen Stände der hl.
Religion erhalten wollest.
Daß Du alle gerechte Treue gegen Dich und von Dir verordnete Obere
in uns befestigen wollest.
Daß Du allen Obern die Rechte der hl. Lehre und des guten Beispiels
verleihen wollest.
Daß Du allen Leidenden christliche, unerschrockene Geduld und
Sanftmut schenken wollest.
Daß Du alle Anschläge und Grundsätze des Teufels und seiner Diener
vernichten wollest,
Daß Du uns vor den Versuchungen der letzten Zeiten bewahren oder
wider solche stärken wollest,
Daß Du uns mit Stärke und Rat alles für unsere evangelischen
Grundsätze tun und leiden zu können begnadigen wollest,
Daß Du alle Ketzerei und allen Unglauben von unseren Grenzen und
Deiner Erde verbannen wollest,
Daß Du einen Hirten und einen Schafstall machen wollest.
Daß Du die Rettung Deiner Ehre und des Heiles so vieler tausend
Seelen beschleunigen wollest.
Daß Du unsern Feinden vergeben wollest,
Daß Du uns vor der gewaltigen Versuchung des Satans in der
Person der Menge weiser Scheinheiliger behüten wollest.
Daß Du allen Haß außer dem der Sünde und des Teufels aus unseren
Herzen verbannen wollest.
Daß Du die Feinde der hl. Kirche erniedrigen wollest.
Daß Du jenen Frieden, den die Welt nicht geben kann, verleihen
wollest.
Daß Du allen christgläubigen Seelen, besonders denen, diedurch
Gelegenheit dieses Krieges von Freunden und Feinden im Herrn
starben, die ewige Ruhe verleihen wollest.
Durch die Fürbitte aller Heiligen im Himmel und Gerechten auf
Erden,
Durch die Fürbitte aller hl. Märtyrer,
Durch die Fürbitte der seligsten Jungfrau Maria,
Durch Jesum Christum, unsern Herrn,
O Du Lamm Gottes, das Du hinweg nimmst die Sünden der Welt! -
Verschone uns, o Herr!
O Du Lamm Gottes, das Du hinweg nimmst die Sünden der Welt!
- Erhöre uns, o Herr!
O Du Lamm Gottes, das Du hinweg nimmst die Sünden der Welt!
- Erbarme Dich unser, o Herr!
Des frommen Niklaus Wolfs Leben mit der Kirche
Man spricht heute viel von Liturgie und
liturgischer Bildung. Mit Recht! Durch die kirchlichen Feste wird das Opfer
der Menschwerdung Jesu Christi, seines Lebens, Leidens und Sterbens
immerfort vergegenwärtigt. Es ist die schöne Aufgabe der hl. Kirche, durch
die Lehre und den feierlichen Gottesdienst auf die Gläubigen einzuwirken.
Und wo der Geist der Kirche eindringt, da blüht kirchliches Leben, da wird
Christus nicht, wie in Bethlehem, in den Stall verwiesen, sondern ins Haus
und ins Herz aufgenommen. So war es ehemals beim frommen katholischen
Landvolk, das ganz vom Geist und Leben der Kirche durchdrungen war.
Die kirchlichen Festtage waren für das
gläubige Volk „hochzeitliche" Tage. Alles freute sich darauf; alles fühlte
sich an diesen hl. Tagen gehoben, gehoben im Gefühle der Gemeinschaft mit
Gott. Und viel vergnügter war die Familie am Festabend vor der Hauslaube im
Nachgefühl des kirchlichen Gottesdienstes versammelt, als jene am Tisch der
Trinkgelage. Der Unterschied zwischen den weltlichen und den kirchlichen,
religiösen Erholungen ist genau angegeben in den Worten des göttlichen
Heilandes am Jakobsbrunnen: „Jeder, der von diesem Wasser trinkt, den
dürstet wieder; wer aber von dem Wasser trinken wird, das ich ihm geben
werde, den wird nicht mehr dürsten in Ewigkeit; sondern das Wasser, das ich
ihm geben werde, wird in ihm zur Wasserquelle, die ins ewige Leben fort
strömt". (Joh. 4,13,14.)
So waren der hl. Tag und sein
Gottesdienst dem frommen christlichen Landmanne himmlischer Trost, der
seine Lebenstage versüßte.
So fühlte, so lebte auch Vater Wolf und
seine Haushaltung. Er lebte mit der Kirche und ihren Festzeiten. Jubel
und Klage der Kirche waren auch sein Jubel und seine Klage; mit ihr
weinte und büßte er, und mit ihr freute er sich. In den Geheimnissen der
Festtage sah er durch den Glauben immer Jesus lebendig gegenwärtig. -
Das heißt man kirchlich denken und leben.
Besonders andächtig brachte Niklaus Wolf
die hl. Adventszeit zu. In dieser Gnadenzeit lag er
gleichsam beständig vor Maria auf den Knien und betete ihr göttliches
Kind in ihrem jungfräulichen Leib an, wie es eine von ihm selbst
geschriebene Andachtsformel zeigt. Im freudenreichen Rosenkranz
betrachtete er die große Liebe und Demut Jesu Christi, dankte, lobte und
bat um Verzeihung der Sünden und um die Gnade der Demut. - In der
hl. Weihnacht kam er im Geist nach Bethlehem und hatte,
wie er selbst schrieb, unerschöpfliche Anmutungen und Betrachtungen.
Insbesondere wurde er tief gerührt durch die Erwägung, daß die
Sündhaftigkeit der Welt so groß war, daß sie für Jesus keine Herberge
hatte, die Demut des Sohnes Gottes aber sich so weit herabließ, in einem
Stalle geboren zu werden.
Am Neujahrstag erleuchtete ihn dann
der Glanz des hl. Namens Jesus, den der himmlische Vater selbst seinem
Sohne gegeben. „O, wie kraftvoll
ist dieser Name",
schrieb darüber Vater Wolf, „denn nur in diesem
Namen können wir selig werden.
Um was wir in diesem Namen bitten, das
erhalten wir. Hätten wir lebendigen Glauben an diesen hl. Namen, wir
würden Berge versetzen. Kranke gesund machen, Teufel austreiben. Alle
Knie sollen sich beugen vor diesem hl. Namen. O hätten wir einen
lebendigen Glauben und ein unerschütterliches Vertrauen auf Jesus! Es
ist dies die Grundlage aller Tugenden."
„So laßt uns in jeder Versuchung, in
allen Plagen, Schmerzen und Krankheiten immer denken: ich baue und
vertraue auf Jesus. Jesus, Du bis mein Helfer, mein Retter, mein
Beschützer. Liebster Jesus, ich gehe nicht von Dir weg, bis Du mir
hilfst. Du wirst mich sicherlich nicht verlassen."
„Es ist so nützlich, im Geist bei Jesus,
Maria und Josef im Stall zu sein, der Anbetung der drei Weisen
beizuwohnen und so bis auf hl. Lichtmeß die Zeit in Andacht zuzubringen.
Man nehme darum Zuflucht zum Gebet und zur Fürbitte Maria und des hl.
Josef."
Die Adventszeit nannte Niklaus Wolf mit
besonderer Beziehung auf sich selbst eine Gnadenzeit, die nie
vorübergegangen sei, ohne daß er besondere Gnaden vom Himmel erlangt
habe.
Seine Hochschätzung der heiligen Messe
Vater Wolf schätzte das Meßopfer über
alles. Ja, er glaubte gegen die Gott schuldige Ehre und Anbetung und
gegen seine eigene Seele zu sündigen, wenn er nicht täglich der Feier
der hl. Messe beiwohnte. Dieses eine Opfer übertrifft aber auch an Wert
und Würde, an Kraft und Wirksamkeit all die vielen Gebete der Kirche und
der Gläubigen unendlich weit. Christus opfert sich am Altar durch die
Hände des Priesters, und wir sollen, eins mit ihm, wie die Reben mit dem
Weinstock, ganz in seine Opfergesinnung eingehen und diesem seinem Opfer
uns anschließen. Durch solchen Zusammenschluß wird unser Loben, Danken,
Bitten und Abbitten in Gottes Augen besonders wertvoll und wohlgefällig.
Niklaus Wolf hegte deshalb das größte
Vertrauen zu der Wirksamkeit der hl. Messe als Bittopfer und ermunterte
auch andere, dasselbe in allen Nöten und mit lebendigem Glauben zu
benützen. „Hätten wir Glauben", sprach er oft, „wir würden in
der hl. Messe alles erlangen, was uns wahrhaft gut und notwendig ist."
-„Ruft nur recht vertrauensvoll", sprach er selbst zu
Hilfesuchenden, „bei und nach der hl. Wandlung zu Jesus.
Er ist auf dem Altar wahrhaft gegenwärtig. Und wie er einst im
Judenland überall umherging, Gutes tat. Kranke heilte und keine Bitte
unerhört ließ, so ist er auch auf den Altar herabgestiegen, um unsere
Anliegen und Bitten zu erhören."
Niklaus Wolf bediente sich bei der hl.
Messe keines Gebetbuches, denn er schöpfte aus seinem eigenen geistigen
Gedankenvorrat. Überhaupt brauchte er nie ein Gebetbuch. Musik hörte er
nicht gerne dabei, ausgenommen den alten kirchlichen Choralgesang. „Die
neue Musik bläst der Religion den Auffall", sprach er. Musik und auch
Gesang störten ihn in der Andacht. Am besten gefiel es ihm, wenn alle
miteinander beteten. Gewöhnlich betete er, fromm betrachtend, den hl.
Rosenkranz. Er wußte denselben ganz gut mit den Gebeten des Priesters
und den einzelnen Teilen der hl. Messe zu vereinigen, indem er sich
Jesus als den Mittelpunkt der ganzen Messe vorstellte. Die freudigen,
schmerzvollen und glorreichen Geheimnisse der Menschwerdung, Leben und
Tod und Herrlichkeit des Erlösers werden ja in der Meßfeier dem Auge des
Glaubens vorgeführt. In der Messe wird vor allem der harte, blutige
Kreuzestod Christi gefeiert und dargestellt. Und nicht minder
erneuert sich auf dem Altar in geheimnisvoller Wirklichkeit alles, was
zwischen Bethlehem und Golgatha liegt. Endlich ist die
eucharistische Feier auch ein Gedächtnis der Glorie des Herrn, seiner
Auferstehung und Himmelfahrt.
Niklaus Wolf wußte durch seinen
lebendigen Glauben das hehre Wesen des hl. Meßopfers mit dem hl.
Rosenkranz so enge miteinander zu verbinden, daß er den Rosenkranz, sei
es den freudenreichen oder schmerzhaften oder glorreichen, nie
andächtiger beten konnte als während der hl. Messe.
[Das ist nur bei der richtig stillen
'alten' Messe möglich.]
Vater Wolf, der große Verehrer des heiligsten
Altarssakramentes
Wie der hl. Johannes es beschreibt und im
Himmel gesehen hat, ist das Lamm Gottes, von Anbeginn geschlachtet und
fortan sühnend auf dem Thron, umgeben von den Ältesten und ewig gepriesen
von denen, die in seinem Blut gesiegt haben. Weil wir nur in diesem Blut
Eintritt ins Allerheiligste und Zutritt vor Gottes Thron haben, wollte
Niklaus Wolf sein Gebet durch die Verdienste dieses Blutes aufopfern und zum
Thron des Herrn aufsteigen lassen. - Selbst wenn Wolf für Kranke um Heilung
betete, rief er „das geliebte, göttliche und edle Herz Jesu im heiligsten
Altarssakrament" dafür an, und dieses Geheimnis, daß Jesus im heiligsten
Altarssakramente aus unendlicher Liebe zum immerwährenden Opfer und Genuß
gegenwärtig ist, erhob sein ganzes Herz zu einem feurigen Vertrauen.
Vater Wolf konnte nicht Worte genug
finden, um Lob und Preis seines Herzens gegen die Liebe Jesu, die in
diesem heiligsten Sakrament erschienen ist, auszudrücken.
Das hochheiligste Sakrament des Altars war der Mittelpunkt all
seiner Andacht, der unbewegliche Fels seines Gottvertrauens
und seiner Liebe. Er klagte oft über Mangel an Ehrfurcht und
Vertrauen, über Mangel an lebendigem Glauben an das hochheiligste
Sakrament des Altars. „Wer weiß es nicht, daß der ewige Sohn Gottes
mitten unter uns Menschenkindern wie einer von uns wohnt?" sprach er
oft. „Man könnte sich nicht glücklich genug schätzen, nahe an einer
Kirche zu wohnen, wenn man Glauben hätte. Ja, die Kirche
würde nie leer dastehen, wenn man Glauben hätte. Die
Gegenwart Jesu Christi im Tabernakel würde uns nie aus dem Sinn
kommen, würde alle unsere Arbeiten heiligen und versüßen."
„O was muß doch der Priester in der
hl. Messe denken, wenn er den wahren Sohn Gottes, den Herrn des
Himmels und der Erde, im heiligsten Sakrament vor sich oder in
seinen Händen hält - denjenigen, vor dem die Mächte des Himmels
zittern! Wie ist es da nur möglich, fortzufahren und nicht in
Erstaunen und Bewunderung zu versinken! Wahrlich, gut ist
es, daß sich der Herr da in der Brotsgestalt verborgen hat. Würde
Gott da auch nur einen einzigen Strahl seiner Majestät offenbaren,
es wäre unmöglich, es mit leiblichen Augen auszuhalten.
Aber die Augen des lebendigen Glaubens sollten uns den Herrn gleich
lebendig vorstellen. Wir haben keinen lebendigen Glauben."
Wegen dieses heiligsten Sakramentes,
das den Händen der Priester übergeben ist, ehrte und achtete er auch
den Priesterstand.
Vater Wolf ermahnte die Leute auch zu
einer besonderen Andacht, die sie bei der hl. Kommunion haben
sollten. „Gesetzt der Fall", so ermahnte er, „ein König oder Kaiser
käme aus weiter Ferne zu mir und wegen mir. Er unterhielte sich
freundlich mit mir, beschenkte mit königlich und spräche: In all
deinen Nöten und Anliegen wende dich zu mir, ich will dir helfen.
Was würde ich tun? Wie sehr würde ich mich freuen, wie sehr ihm
danken, ihn loben und auf ihn vertrauen! Ich würde es unmöglich
vergessen können, sondern täglich und stündlich daran denken. Wenn
wir nicht dasselbe bei der hl. Kommunion tun, so fehlt uns der
lebendige Glaube. Wäre uns dieser eigen, wir könnten uns nicht genug
verdemütigen, nicht genug Reue erwecken, nicht genug Lob, Preis und
Dank aussprechen."
Wahrlich, unser Herz müßte
überströmen von Dankesjubel und in hl. Begeisterung ausrufen: „Was
kann ich dem Herrn geben für all das, was er mir gegeben?" -
Der unendliche Gott gibt mir mit unendlicher Liebe eine unendliche
Gabe, denn in der hl. Kommunion schenkt sich mir Jesus in seiner
glorreichen Gottheit und Menschheit. Obgleich der
Allmächtige, konnte er nicht mehr geben; obgleich der Allweise,
wußte er nicht mehr zu geben; obgleich der Allerreichste, hatte er
nicht mehr zu geben. Was soll man ihm dafür vergelten? - Wenigstens
doch ein sündenfreies Leben.
Niklaus Wolf besuchte täglich die hl.
Messe. Er betete lange vor und nach derselben zum heiligsten
Sakrament, empfing oft die hl. Kommunion und allemal mit großer
Sehnsucht. Er kommunizierte besonders auch an allen hohen Festtagen,
um so dem Herrn sein Herz näher zu bringen.
[Die tägliche Kommunion war nicht
gestattet!]
Seine Andacht zu der Menschwerdung
des Sohnes Gottes
Das Geheimnis der Menschwerdung
und der Geburt Jesu Christi aus Maria, der allerseligsten
Jungfrau, war für Niklaus Wolf eine unversiegliche Quelle des
Trostes. Gott erschien ihm darin als der Gott des Trostes. Die
unendliche Liebe Gottes hat sich in der Menschwerdung
augenscheinlich und ergreifend geoffenbart. Alle Menschen ohne
Unterschied sind in dem einen hl. Menschensohn geadelt,
geheiligt, sind Brüder Christi, Kinder Gottes und Miterben des
ewigen Lebens. Vater Wolf sah in diesem Geheimnis die
Menschenfreundlichkeit, Liebe und Herablassung Gottes in einem
solchen Lichte und mit solcher Herzensrührung, daß die Rührung
an ihm sichtbar wurde und sein ganzes Inneres und Äußeres davon
ergriffen war, sooft er betete: „Und das Wort ist Fleisch
geworden und hat unter uns gewohnt." Weder die Heidenwelt, noch
das Judentum waren imstande, den Zorn Gottes zu besänftigen und
die Schuld des Menschen zu tilgen. Da sandte Gott seinen Sohn
und machte ihn zum Sühneopfer für viele. „So sehr hat Gott die
Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab, daß jeder,
der an ihn glaubt, nicht verloren gehe, sondern das ewige Leben
habe." (Joh. 3,16.)
Bei Betrachtung dieser übergroßen
Liebe Gottes in der Menschwerdung brach Wolf oft in laute
Seufzer aus. „Solche Herablassung! Solche Liebe! Mein Gott! Mein
Gott! Wie wunderbar bist Du! Wer sollte nicht Vertrauen fassen,
wer noch zweifeln können!" Solche Seufzer unterbrachen sein
Gebet. Darum brachte er auch in freien Stunden des Gebetes die
meiste Zeit mit der Betrachtung dieses Geheimnisses zu. Dabei
betete er öfters den Englischen Gruß.
In der Menschwerdung des Sohnes
Gottes sah Niklaus Wolf auch die hohe Würde und Macht
derjenigen, die ihn geboren; in diesem anbetungswürdigen
Geheimnis erkannte er die hehre Größe der Gottesmutter Maria.
Auf sie als Gottesgebärerin. gründete Wolf eine unbegrenzte
Hoffnung und hatte einen überaus großen Eifer, ihre Verehrung
anzuempfehlen.
Sein großes Vertrauen zu
Maria, der Mutter Gottes
Niklaus Wolf war ein eifriger
Verehrer der allerseligsten Gottesmutter Maria. Er hatte
großes Vertrauen zu der Macht ihrer Fürbitte. Er machte
keine Krankenheilung, ohne Maria dabei um ihre Fürbitte
anzurufen. „Durch Maria ist uns ja", sagte er
allemal, „der Retter geboren worden; durch Maria ist uns die
Gnade vom Himmel gekommen; durch Maria, es lehren's die hl.
Kirchenväter, werden uns fortan die göttlichen Gnaden
erworben. Sie ist unsere Mutter. Auf ihre Fürbitte
achtet der himmlische Vater, weil sie seine auserwählte
Tochter ist. Auf ihre Fürbitte achtet der Sohn, der gewiß
seiner Mutter nichts abschlagen kann, und ebenso gewiß und
unfehlbar auch der Hl. Geist, dessen Braut sie ist. Maria
kann keine Fehlbitte tun. Sie ist die Himmelskönigin; in
ihren Schoß hat ja der Himmel seinen ganzen Reichtum
ausgeschüttet, den Sohn Gottes. Sie ist ja voll der Gnaden,
wie es Gott der Herr durch den Erzengel Gabriel sie und uns
hat versichern lassen. - Wer will den Sohn ehren, wenn er
die Mutter nicht ehrt?"
Die heilige katholische
Kirche hat von jeher die Andacht zu Maria empfohlen.
Die Andacht
zu Maria führt nicht von Christus weg, sondern zu
Christus hin, und zwar
notwendig, denn Maria kann nicht allein, sondern nur mit
ihrem göttlichen Kind Jesus gedacht werden.
Niklaus Wolf betete in
allen Anliegen, in allen Nöten des Leibes und der Seele
mit Vorliebe den Rosenkranz und den Englischen Gruß.
Seine Ermahnungen zu Sanftmut und Demut
„Lernt von mir, denn ich bin sanftmütig und demütig von
Herzen", sprach einst Christus der Herr (Mt 11,29.)
In diesem Sinn ermahnte auch
Niklaus Wolf: „Sooft ihr
verachtet, beschimpft und verspottet werdet, oder wenn man
mit euch zankt, so antwortet nicht, auch zeigt kein
unfreundliches Gesicht, sondern denkt in eurem Herzen allen
Ernstes: Gott sei Dank, daß ich das zu leiden habe. Gott der
Herr schickt alles Leiden, sogar auch dasjenige, das durch
böse Menschen zugefügt wird, indem er es leitet und fügt,
wer unter der Bosheit dieses und jenes Menschen zu leiden
habe. Bezeichnet euch dabei andächtig mit dem hl.
Kreuzzeichen. Ihr werdet dabei wohl Schwere und Bitterkeit
in eurem Herzen empfinden. Allein -- betet dann, erhebet
eure Gedanken und Blicke zu dem gekreuzigten Heiland;
betrachtet ihn am Kreuz hangend, wie er da noch gelästert,
verspottet und gequält wird, ohne sich im mindesten zu
beklagen; ja, er betet da noch für seine Feinde. Bedenkt
dabei, wenn die Heiligkeit und Unschuld, der Sohn Gottes so
viel für mich gelitten hat, soll ich das Wenige, was ich zu
leiden habe, nicht mit Danksagung leiden, da ich
vieltausendmal mehr verdient habe. Vereinigt euer
Leiden, Verachtung und Verspottung mit dem Leiden, der
Verachtung und Verspottung Jesu Christi am Kreuz
und opfert sie dem himmlischen Vater auf, wie solches sein
lieber Sohn am Kreuz getan, nämlich zu seiner Ehre und für
eure Sünden. Wenn ihr dies mit großem Ernst tut, so werdet
ihr gleichsam einen Berg von Leiden aus eurem Herzen
versetzen und entfernen."
Am öftesten und eindringlichsten aber empfahl
Niklaus Wolf
die Demut. Einmal war in seiner Gegend die
Tochter einer ehrbaren Familie durch uneheliche Schwängerung
verunglückt. Nach der Geburt ging er ins Haus, um durch
Mahnung und Gebet es zu bewirken, daß diese Tochter und ihre
Eltern, statt im Hochmut falsche Scham auszuüben und unter
der anklebenden Schande zu leiden, demütig und ruhig die
Verachtung, die von lieblosen Menschen auf sie fallen
mochte, annahmen, dafür Gott demütig dankten als für eine
verdiente Strafe. - Von der Demut lehrte Vater Wolf:
„Luzifer lehrte Hochmut; viele Geister sind ihm darin
nachgefolgt. Auch ein großer Teil der Menschen folgte dem
nach. Hochmut führt zu Luzifer, Demut aber zu Gott.
Darum betet um diese Tugend der Demut. Betrachtet
die Demut Jesu Christi. Wie hat sich Jesus bei Beschimpfung
und Verachtung verhalten? Er schwieg und betete für seine
Feinde. Wißt, wenn ihr von der Welt nicht verachtet,
beschimpft und verspottet werdet, so habt ihr das Zeichen
des Menschensohnes nicht an euch. Befleißigt euch vor allem
der Demut; denn sie bewahrt vor vielen Sünden und führt euch
zu allen andern Tugenden. Wenn man vollkommen demütig wäre,
so könnte man nicht sündigen; denn man würde sein Heil mit
Furcht und Zittern wirken, und die Gnade Gottes würde in Fülle herabkommen.
Maria konnte darum nicht sündigen und der Satan ihr
nichts anhaben, weil sie in der Demut so fest gegründet
war."
„Mensch, fliehe jede Gelegenheit, die dir diese Tugend
rauben könnte. Meide die Wirtshäuser, denn sie
sind keine Schulen der Demut, sondern der Demut
gefährlich. Jesus findest du nicht darin. Fliehe den
Umgang mit solchen Menschen, die dich rühmen und loben.
Halte dich lieber bei jenen auf, die dir die Wahrheit
sagen und dich auf deine Fehler aufmerksam machen. Achte
genau auf dich selbst, deine Gedanken, Worte und Werke.
Sei dienstfertig gegen jedermann und besonders gegen
jene, die dir unfreundlich und unartig begegnen. Alles,
was dich hart ankommt, überwinde und tue es."
Seine Mahnung zur Übung der entgegengesetzten Tugend
Mit seinem Gebet für die Menschen verband Vater Wolf auch immer
ernste, liebevolle Ermahnungen. - Durch sein beständiges
Glaubens- und Gebetsleben war er nach und nach zu einer ganz
merkwürdigen Erleuchtung gekommen und konnte Aufschluß über so
manches Rätselhafte in der Welt, über das innere Leben des
Menschen, über Zustände des Herzens, über das Spiel der
Leidenschaften geben.
Wenn ihm nun Streitigkeiten geklagt wurden - und das kam viel
vor - empfahl er immer die Übung der entgegengesetzten Tugend,
nach dem Grundsatz: Das Böse kann nur durch das Gute überwunden
werden. „Gott selber gab uns das Beispiel", sagte er. „Er liebte
uns, da wir noch Sünder waren und kam uns entgegen. Und ohne
dies würde niemals Friede geworden sein auf Erden. Und die
Lehre: Liebet eure Feinde, betet für die, die euch verfolgen, ist
ebenfalls entgegengesetzte Tugend."
„Darum empfehle ich", so erzählt Wolf, „den Leuten bei ihren
Leiden und Widerwärtigkeiten stets die entgegengesetzte Tugend,
nämlich statt zu grollen oder ungeduldig zu werden, Gott dem
Herrn für das Leiden zu danken. Statt dem Nebenmenschen
zu grollen, ihm zu verzeihen und ihn zu lieben, sich seiner zu
erbarmen, weil er wahrhaft das Erbarmen verdient; denn
er leidet selbst unter seinem Fehler. Er ist dazu vom
Seelenfeind angefochten und getrieben. Wäre er von dieser
Versuchung frei, so würde er es nicht tun. Schuld, Groll und Haß
werft nicht auf den Menschen, sondern auf den Satan, der die
Hauptschuld daran hat. Der Mensch aber verdient eure Liebe."
„So fahre ich fort und ermahne sie also zum Gebet im Namen Jesu
für den Beklagten und gegen seinen Seelenfeind. Ich bete dann
und gebiete auch im Namen Jesu dem Satan, vom Herzen
dieser Klagenden mit allen seinen Versuchungen und Anfechtungen
zur Ungeduld, zur Schwermut und Kleinmut usw. zu weichen, und
dem kräftigen, gläubigen Befehl ist er noch allemal gewichen.
Freilich, oft hatte es größere Anstrengungen nötig, oft nicht.
Und bei gläubigen Personen konnte ich so Heiterkeit und
Traurigkeit, Liebe und Zorn abwechselnd kommen lassen. Es stand
mir zu Gebote. Was ich auch oft, zur Prüfung, ob die Befreiung
wahrhaft oder nur zum Schein gelungen, durch Probebefehle tat.
Durch solche Probebefehle lernte ich den Feind kennen."
Sein schmerzhafter Rosenkranz
für allgemeine und besondere Anliegen
Als Niklaus Wolf im Lauf seines
Lebens erkennen mußte, wie die Kirche Gottes von allen Seiten
bedrängt und der Greuel der Verwüstung und die Verführung und
Verblendung immer größer wurden, nahm er immer mehr seine
Zuflucht zum Gebet. Es war seine heiligste Überzeugung, daß der
Satan es sei, mit dem wir zu kämpfen haben; daß der Satan der
Feind sei, der uns unsere heilige Religion zu rauben suche. Er
nannte ihn deshalb immer kurzweg den Feind und forderte, wer
immer lebendigen Glauben und Sinn für Gebet hatte, auf, mit ihm
im Gebet einen geistigen Kampf gegen den unsichtbaren Feind zu
kämpfen.
So machte er eine
Kriegserklärung gegen den Satan wie folgt:
„Höre, Satan, samt deinem Anhang!
Wir haben uns in Schlachtordnung gestellt; wir haben uns
bewaffnet mit dem Schilde und dem Panzer unseres Glaubens, mit
dem Helm der Hoffnung und dem Feuer der Liebe Gottes - für seine
Ehre. Wir haben uns verschanzt in den hl. fünf Wunden
Jesu Christi. Wir werden also mit Füßen auf dir und
deinem Anhange einhergehen."
Er betete den hl. Rosenkranz,
dieses schöne Kirchengebet, dieses Gott angenehmste, demütigste
Gebet; vornehmlich aber betete er den schmerzhaften Rosenkranz
mit den Geheimnissen vom Leiden und Sterben Jesu Christi mit
eingeschalteten Gebeten wie folgt:
Nach jeder Strophe von zehn Ave
Maria mit einem Geheimnis - zuerst, wie gewöhnlich, das „Ehre
sei dem Vater" usw., und dann das Vaterunser und nach diesem
sogleich das „Salve Regina":
„Gegrüßt seist du,
Himmelskönigin, du Mutter der Barmherzigkeit, des Lebens
Süßigkeit, unsere Hoffnung, sei gegrüßt. Zu dir rufen wir elende
Kinder Evas. Zu dir seufzen wir, trauernd und weinend in diesem
Tal der Tränen. Wohlan, unsere Fürsprecherin, wende doch deine
barmherzigen Augen zu uns, und nach diesem Elend zeige uns
Jesus, die gebenedeite Frucht deines Leibes, o gütige, o milde,
o süße Jungfrau Maria."
Diesem fügte er noch bei das bekannte:
„In all unserer Trübsal, Angst
und Not komme uns zu Hilfe, o du allerseligste Jungfrau und
Mutter Gottes Maria". „Bitf für uns, o heilige Gottesgebärerin."
„Auf daß wir würdig werden der
Verheißungen Jesu Christi."
Dann machte er noch folgende Einfügung:
„Erbarme Dich unser!"
„Erbarme Dich unser!"
„Erbarme Dich unser, o
allerheiligste Dreieinigkeit, ein einiger Gott, himmlischer
Vater, erhöre unser Gebet durch Jesus Christus, Deinen geliebten
Sohn, durch seine hl. Menschwerdung, strenges und bußfertiges
Leben, Leiden und Tod, durch sein heiliges für uns vergossenes
Blut, durch die Fürbitte seiner heiligen jungfräulichen Mutter
Maria, des hl. Josef, der hl. Anna und aller lieben Heiligen und
Engel. Verherrliche Deinen göttlichen Sohn; errette die
Menschen, stürze die Hölle. Gib uns die Gaben des Hl. Geistes,
die hohe Weisheit der hl. Einfalt und den reichen Schatz der
Demut. -
So geschehe es im Namen des
†
Vaters, des
†
Sohnes und des
†
Hl. Geistes. Amen."
Dieses Rosenkranzgebet opferte er
dann auf wie folgt:
„Zu Ehren des göttlichen Herzens
Jesu Christi im hochwürdigsten Sakrament des Altars, in welches
wir diesen Rosenkranz samt all unserm Bitten und Flehen, unsern
Gedanken, Worten und Werken, Schritt und Tritt, Tun und Lassen
unseres ganzen Lebens hineinlegen, damit alles darin so
verbessert werde, daß es zum höchsten Lob, Ehre, Glorie und
Anbetung Gottes werde und wir in unserm Bitten erhört werden.
Auch zur Ehre und Glorie der jungfräulichen Mutter Gottes Maria,
des hl. Josef, der hl. Anna und aller lieben Heiligen und Engel,
die wir bitten, daß sie alles dasjenige durch ihre Fürbitte
ersetzen wollen, was uns abgegangen ist im Gebet an Andacht und
Betrachtung der Geheimnisse, um erhört zu werden."
Hierauf folgte das Apostolische
Glaubensbekenntnis und zum Schluß noch dieses:
„Es komme uns durch die Kraft des
hl. Namens Jesus Kraft, Weisheit und Stärke zu, und der Hl.
Geist sei unsere Leitung, auf daß wir in allem den hl. Willen
Gottes mögen erfüllen. Wir geben uns ganz und gar dem lieben
Gott als ein Opfer dar. Mache mit uns, großer Gott, was Du
willst. Dein heiliger Wille ist der schönste, vollkommen und
gerecht. Lieber Gott, nimm dieses unser Opfer an. Verlaß doch
uns arme Sünder nicht."
„Königin des Himmels und der
Erde, bitte für uns. Wir legen unsere Sache in deine
fürbittenden Hände nieder. Nimm uns in deine mütterliche Schutz
und Gnaden auf, 0 Maria."
,,HI. Erzengel Michael und ihr
hl. Geister, die ihr uns von Gott seid an die Seite gegeben
worden, laßt doch nicht geschehen, daß wir vom Satan überwunden
werden, sondern helft uns, ihn besiegen, zu Ehren des hl. Namens
Jesus."
„Der gekreuzigte Jesus
†
sei in meinem Gedächtnis, daß ich allezeit an ihn denke. Der
gekreuzigte Jesus
†
sei in meinem Mund, daß ich ihn allezeit lobe. Der gekreuzigte
Jesus
†
sei in meinem Herzen, daß ich ihn allezeit liebe. - So
geschehe es im Namen des Vaters
†
und des Sohnes
†
und des Hl. Geistes.
†
Amen.
Anmerkung. Dieser Rosenkranz mit
obigen Einschaltungen wird in der Pfarrkirche zu Neuenkirch
jetzt noch am Glaubensfeste (1. Sonntag im September) gebetet.
Er ist beim Volk bekannt unter dem Namen
„Glaubensbruderschaftsrosenkranz". In der Tat ein sehr kräftiges
Gebet, das, schön gebetet und deutlich und langsam vorgelesen,
einen mächtigen Eindruck macht.
Seine hohe Weisheit
der heiligen Einfalt und reicher Schatz der Demut
Niklaus Wolf gewann durch
seine vielen Hilfeleistungen, durch seine Ermahnungen zum
lebendigen Glauben und zum Gebet, durch die Begeisterung,
mit der er von Religion redete, und durch sein
bewunderungswürdiges Tugendbeispiel bei allen kirchlich und
christlich gesinnten Zeitgenossen, bei hoch und nieder, bei
Priestern und Laien ein außerordentliches Ansehen und wurde
deshalb nicht selten mit auserlesenen Besuchen geehrt.
Das Volk nannte ihn allgemein nur „Vater".
Niemand aber ging von ihm weg. ohne belehrt und erbaut
worden zu sein.
Einst wurde er von sehr hoch
stehenden Personen um seine Meinung befragt, ob die Cholera,
die bereits an verschiedenen Orten Europas auftrat, auch
Deutschland
und die Schweiz
heimsuchen werde. Darauf antwortete er: „Wenn wir ihrer
würdig sind. Aber es ist eine Frage. Wenn Gott uns
gnädig sein will, so schickt er sie uns." Er sah nämlich
diese Krankheit und andere Übel stets als Strafruten an
und als Beweise, daß Gott uns durch diese Mittel allein
noch retten könne und wolle, für die wir deswegen Gott
dem Herrn Dank und Lob wissen sollten. Das
schrecklichste Übel war ihm die Verdunkelung und
Auslöschung des Glaubenslichtes, und schrecklicher noch
als Krankheit - der Krieg; „denn", sagte er,
„Pest füllt den Himmel, Krieg die
Hölle mit Seelen an; darum Glück, wenn wir die Cholera
bekommen."
Oft sagte er auch: „Es
ist den Gelehrten schwer, Glauben zu fassen, und warum?
Sie haben in ihrer Gelehrsamkeit ein fast unübersehbares
Feld vor sich, über das sie sich ausbreiten und das sie
ausfüllen wollen. Für den Glauben ist aber die Demut und
Armut des Geistes notwendig, in der sich derselbe
gleichsam auf einen kleinen Punkt zusammenziehen und wie
ein Kind werden muß."
Die zum Geisteskampf
Berufenen erinnerte er an ihre Pflicht mit den Worten:
„Unser geistiges Zeughaus ist voll Waffen; lasse man sie
nicht verrosten, da der Feind in die Herde eingefallen
ist."
Wenn ihm Streithändel
vorgebracht wurden, wies er die Leute zurecht, indem er
einfach sagte: „Ist das wohl vom Schutzengel? Nein."
Um die Notwendigkeit der
Leiden, der Buße und Abtötung zu lehren, sprach er: Mit
Kutschen und Pferden fährt man nicht in den Himmel". Er
wollte damit sagen: „Das Himmelreich leidet Gewalt, und
nur die, die Gewalt brauchen, reißen es an sich". (Mt
11,12.) Es gefiel ihm daher auch nicht, wenn Reiche und
Vornehme ihre Buße und Besserung meist nur mit Geld
abmachen wollten. Wenn man ihm Geld geben wollte unter
dem Vorwand „für die Armen", so erwiderte er: „Gebt es
ihnen selbst; ihr werdet solche überall finden".
Als einst ein mit
Leibesübeln Belasteter durch Schmeichelei und Lob seiner
Heiligkeit und Wunderkraft sich ihm empfehlen wollte,
sagte ihm Vater Wolf sogleich: „Dir wird nicht
geholfen, weil du nicht dem Herrn, sondern auf eine
niedrige Art und Weise einem Menschen vertraut hast
und glaubst, ich werde in Hochmut helfen
können. Ich bin kein Heiliger und kein Wundermann,
sondern meine Sache stützt sich nur auf das Versprechen,
das der göttliche Heiland gab: ,Wenn zwei oder drei in
meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter
ihnen'. (Mt. 18,20.) ,Um was ihr den Vater in meinem
Namen bitten werdet, das wird er euch geben." (Joh.
16,23.)
So gab er sich bei allen,
denen er durch Gebet half. Mühe, daß sie nicht ihm,
sondern dem Herrn die Ehre gaben.
Einige weitere Gebete, die Vater Wolf
selber verfaßt und
gebetet hat Morgengebet
Jetzt stehe ich auf und fange an den Tag im Namen der
allerheiligsten Dreifaltigkeit des
† Vaters,
des
† Sohnes und des
† Hl. Geistes. Amen. Und im Namen meines
gekreuzigten Herrn Jesu Christi, der mich erlöst hat mit seinem
kostbaren Blut. Derselbe wolle mich vor allem Übel behüten und
bewahren, beschützen und beschirmen
an Leib und Seele. Er wolle mir auch geben, was förderlich ist zu seiner Ehre und zum ewigen Leben. Amen.
O Herr Jesus Christus, alle Bewegungen meines Leibes, alle Anmutungen meiner Seele sollen Dir zur Ehre und in der Liebe zu Dir geschehen. Alles, was ich heute tue, soll getan sein zu Deiner Ehre, o Gott. O Jesus und Maria, euch schenke ich mein Herz, meinen Leib und meine Seele. Ich empfehle mich in alle heiligen und guten Werke, in alle hl. Tugenden, alle hl. Gebete, alle hl. Messen, alle hl. Sakramente, die in der ganzen Christenheit empfangen und aufgeopfert werden, und was ich leide und tue, soll alles Jesus aufgeopfert sein, zu Hilf und Trost der armen Seelen im Fegfeuer. Vater unser, Ave Maria, Glaube.
Heilig, heilig, heilig bist
Du, Herr, Gott der Heerscharen! Himmel und Erde sind voll
Deiner Herrlichkeit. Ehre sei dem Vater, Ehre dem Sohn, Ehre
dem Hl. Geist!
Vielleicht ist heut mein letzter Tag, Den ich lebe
auf der Erde; Doch geh' es, wie es gehen mag. Wenn ich nur selig
werde. In des Herrn Jesu Namen, Der mich an des Kreuzes Stammen
Durch sein Blut erlöst hat. Steig ich aus der Liegestatt. Jesus,
höre meine Bitte!
Mich an Leib und Seel' behüte. Daß
mir heut den ganzen Tag Böses nichts begegnen mag. Schenk mir Deine
Gnad' und Liebe, Daß ich immer Gutes übe. Bis ich einst nach kurzem
Leid Komme in die ew'ge Freud! Vater unser, Ave Maria, Glaube.
Wenn die Stunde schlägt
mein Gott, verleihe uns eine glückliche Stunde
zum Leben und zum Sterben, durch Jesum Christum, unsern Herrn.
Amen.
Beim Kirchenläuten
(Wenn man gehindert ist, in
die Kirche zu gehen.)
O Du lieber Gott, wie gerne wollte ich
kommen, wenn ich nur könnte; denn meine Freude ist es, Dich in
Deinem Tempel anzubeten. O Herr, lasse die Andacht, die Deine
Kinder in Deinem heiligen Hause jetzt verrichten werden, auch
für mich gelten. Besonders empfehle ich mich in das Gebet des
Priesters; erhöre die Stimme, die ich durch seinen Mund zu Dir
abschicke, um Deines Namens Jesus Christus willen. Amen.
Gebet am Sonntag
vor oder nach dem
Gottesdienst
Ich danke Dir, lieber Gott, für Deine hl.
Menschwerdung, Dein strenges, bußfertiges Leben, Leiden und Tod. Ich
danke Dir, daß Du mich im wahren, allein selig-machenden
katholischen Glauben hast geboren und erzogen werden lassen, für
Deine Langmut, Güte und Erbarmen, in der Du mich armen Sünder mit
großer Geduld erträgst, sowie für alles, was Du mir Gutes erwiesen
hast. Ich danke Dir auch für den schon öfters gehabten Genuß des
heiligsten Altarssakramentes und bitte Dich um Verzeihung, wenn ich
Dich jemals in gottesräuberischer Weise in mein boshaftes Herz
empfangen habe. Ich bitte Dich, Du wollest geben, daß ich Dich
alsbald und so auch am Ende meines Lebens in ein bußfertiges Herz
empfangen könne und Du also meine Wegzehrung sein wollest in alle Ewigkeit. O großer, liebevollster und barmherziger Gott, ich bitte Dich durch die Liebe, mit der Du dieses heiligste Sakrament eingesetzt hast, und durch die Fürbitte Deiner jungfräulichen Mutter und aller Heiligen, die Dich mit großer Inbrunst empfangen haben. Du wollest mich Sünder doch erhören und geben, daß ich am Ende meines Lebens das hl. Sakrament der letzten Ölung mit solcher Vorbereitung empfangen könne, wie sie das hl. Sakrament erfordert, damit es mir zum Nutzen gereiche, wozu Du es für uns sündige Menschen eingesetzt hast. Gib auch Gnade, o Gott, daß ich Dich liebe aus ganzem Herzen, aus allen meinen Kräften und den Nächsten wie mich selbst. Amen.
Bei der Aussprengung des Weihwassers
Die Besprengung mit diesem gesegneten Wasser und mit dem
kostbaren Blut Jesu Christi gereiche mir und allen Sündern zur
Bekehrung und bewahre uns vor allen Anfällen des Widersachers,
im Namen des
† Vaters und des
† Sohnes und des
† Hl. Geistes.
Amen.
Meßgebete
Vorbereitungs- und Aufopferungsgebet
Allmächtiger Gott, weil das Opfer der hl. Messe Deiner Majestät
eine unaussprechliche Verehrung bringt und man allein durch
dasselbe Dich nach Gebühr loben und Deiner Majestät eine
angemessene Ehre erweisen kann, so will ich jetzt in dieser
unschätzbaren göttlichen Handlung mit möglichster Andacht und
Ehrerbietung beiwohnen und mit Deinem Priester dieses
hochheiligste Opfer aufopfern.
Wenn es möglich wäre, daß ich allen hl. Meßopfern, die in der
ganzen Welt dargebracht werden, beiwohnen könnte, so wollte ich
es gerne tun. Weil dies aber unmöglich ist, so opfere ich Dir
alle hl. Messen auf in Vereinigung mit jener Liebe, mit der sich
Dein Sohn am Kreuz aufgeopfert hat. Ich bitte. Du wollest mich
und alle Anwesenden von allen Sünden reinigen und durch das
rosenfarbene Blut Deines lieben Sohnes uns Deinen Hl. Geist
mitteilen, der unsere Herzen erleuchten und in der Liebe
entzünden, vor aller Unandacht und Unehrerbietigkeit bewahren
möge, damit wir diesem hochheiligen Geheimnisse zu Deinem ewigen
Lob und zum Heil der ganzen Kirche beiwohnen mögen.
(Hier erwecke nun zuerst eine herzliche Reue und Leid über deine
Sünden, was höchst notwendig ist, um der heiligen Messe gut
beizuwohnen.) Dann bete:
Herr, erbarme Dich unser! Christus, erbarme Dich unser! Herr,
erbarme Dich unser!
Ehre sei dem Vater, der uns erschaffen hat! Ehre sei dem Sohn,
der gekommen ist, uns zu erlösen und zu heilen! Ehre sei dem
Lamm Gottes, das die Sünden der Welt hinweg nimmt! Ehre sei dem
Hl. Geist! Herr Jesus, Du Sohn Davids, erbarme Dich meiner!
Erwecke in mir und andern, o Gott, einen Hunger und Durst nach
der Gerechtigkeit, nach dem Reich Gottes, nach dem Wort Gottes,
damit wir dieses notwendige Licht der Seele nicht verschmähen
und in Finsternis wandeln, sondern Dein Wort aufmerksam und
gerne anhören, es bewahren und davon leben.
O ewiger, unendlicher Gott, ich. Dein armes Geschöpf, bekenne
mit dankbarem Gemüt, daß ich meinen Leib und meine Seele und
alles Gute von Deiner mildreichen
Hand empfangen habe. Ich lege nun alles dies - zugleich mit den Verdiensten Deines lieben Sohnes - auf die Patene des Priesters und opfere Dir alles zu einem vollkommenen Lob- und Dankopfer auf. Das Beste, was ich habe, mein Herz, lege ich im Geist auf den Altar, damit alle Gebete, die dort gesprochen werden, auch über mein Herz ausgesprochen werden. Und wie der Wein, der in diesem heiligen Kelch ist, wahrhaft durch die Konsekration in das hl. Blut verwandelt wird, so soll auch mein Herz konsekriert und ganz und gar in ein besseres Herz verwandelt werden. Ich vereinige auch all mein Kreuz und meine Leiden mit dem Leiden Deines Sohnes und aller Heiligen und opfere es Dir auf und damit mich selbst mit Leib und Seele. Demütig bitte ich, du wollest dieses Opfer gut aufnehmen und mit väterlicher Huld den hl. Segen darüber sprechen. Amen.
Zum Orate fratres
- Betet Brüder...
Himmlischer Vater, nimm an dieses
hl. Opfer von den Händen dieses Deines Priesters und gib ihm
Deine Gnade und den Beistand des Hl. Geistes, damit er diesen
hl. Dienst zu Deiner größeren Ehre, zum Heil der ganzen Kirche,
der armen Seelen im Fegfeuer verrichten möge.
Ich lobe, preise und bete Dich
an, o allerheiligste Dreifaltigkeit, in Vereinigung mit der
allerseligsten Jungfrau Maria, allen Engeln und Heiligen, welche
Deine glorwürdigste Majestät mit unablässiger Stimme loben,
preisen und verherrlichen wegen der Wohltaten, die Du allen
Geschöpfen im Himmel und auf Erden erwiesen hast, mit welchen
auch ich nun meine Stimme erhebe und von Herzen spreche:
Heilig, heilig, heilig ist der
Herr Gott Sabaoth! Himmel und Erde sind voll Deiner
Herrlichkeit. Hosanna in der Höhe! Gebenedeit sei, der da kommt
im Namen des Herrn! Hosanna in der Höhe!
O gütigster Gott, nimm mein Gebet
an durch Jesus Christus, Deinen lieben Sohn, durch den alles Dir
wohlgefällig wird.
O unergründlicher Gott! Jetzt
beginnen jene hohen Geheimnisse, die weder Cherubim noch
Seraphim, noch alle Kräfte der Himmel zu begreifen vermögen,
weil Du allein weißt, mit welcher Liebe Du Dich täglich für das
Heil der Gläubigen Gott dem Vater auf dem Altar opferst. O wie
groß ist Deine Liebe für das Heil der Menschen, o Jesus! Wie
groß ist Deine Weisheit, die ein so wunderbares Mittel gefunden
hat. Deinen Vater zu versöhnen und uns Elenden zu helfen! Ich
bekenne, daß ich nicht würdig bin, diesem hochheiligen
Geheimnisse beizuwohnen. Deshalb bitte ich in Demut um Deine
Gnade, o Jesus. Mit Deiner hl. Liebe entzünde alle kalten
Herzen, die hier gegenwärtig sind. Komm mit Deiner milden
Freigebigkeit und bereichere unsere armen, dürftigen Seelen.
Komm mit Deiner ewigen Klarheit und erleuchte unsere finstern
Herzen. Komm mit Deiner großen Barmherzigkeit und verzeihe uns
alle Sünden.
Zur Aufhebung der hl. Hostie
Ich bete Dich an, o Herr Jesus Christus, wahrhaft gegenwärtig in
dieser hl. Hostie als Gott und Mensch. Ich bitte Dich, sei mir
Speise und Stärke vor meinem letzten Ende. Amen. O Gott, sei mir
armem Sünder gnädig. Amen.
Zur Aufhebung des heiligen Kelches
Ich bete Dich an, Herr Jesus Christus, wahrhaft gegenwärtig
mit dem heiligen Blut, das aus Deinen Wunden geflossen ist.
Ach, wasche mich von allen Sünden. Heilige und bewahre meine
Seele zum ewigen Leben. Amen.
(Ermahnung: Befleißige dich allezeit, die hl. Hostie
anzuschauen.)
O gütigster Vater, schaue herab von Deinem himmlischen Thron und
sieh an diese hochheilige Hostie des Leibes und Blutes Deines
Sohnes Jesu Christi! In meinem und aller Menschen Namen
opfere ich Dir jetzt dieselbe samt allem, was Jesus Christus in
33 Jahren gelitten und getan hat, sowie auch damit die
Verdienste, Tugenden und Gnaden der allerseligsten Jungfrau
Maria und aller Hl.. Dieses so kostbare Opfer opfere ich Dir in
der Kraft des Hl. Geistes zu Deinem ewigen Lob und Preis, zur
Erkenntnis und Verehrung Deiner höchsten Majestät, zur
Danksagung für alle Wohltaten und zur vollkommenen Abtragung
aller Unehre, die Dir von mir und allen Sündern ist angetan
worden.
Zweitens opfere ich Dir dieses Opfer auf zur Verehrung
und Dankbarkeit für das bittere Leiden und Sterben Jesu Christi,
wie auch zur Ehre der allerseligsten Jungfrau Maria, meiner
lieben Patrone und aller Heiligen.
Drittens opfere ich Dir zum Heil und Trost aller
Betrübten, Kranken und Elenden; für mich armseligen Sünder und
für alle meine geistlichen und leiblichen guten Freunde, für
diejenigen, die sich in mein Gebet empfohlen haben. Verzeihe uns
unsere Sünden und verleihe uns Deine Gnade und das ewige Leben.
Amen. Das hl. Blut opfere ich Dir auf zur Abwaschung meiner und
aller Welt Sünden, bittend, daß meiner armen Seele in meinem Tod
ein einziges Tröpflein zugute kommen möge.
Viertens opfere ich dieses hl. Opfer Dir auf zur
Erlösung aller armen Seelen im Fegfeuer, zur vollkommenen
Danksagung für alles Gute, zur Erlangung aller Gnaden, deren wir
an Leib und Seele bedürfen, zur Sühnung für alle unsere Sünden
und Unterlassung des Guten. Amen.
Zum Paternoster
(Bete ein Vaterunser für die
katholische Kirche.
Ferner zum Lamm Gottes, das auf dem Altar
liegt, folgendes):
O Du Lamm Gottes, erbarme Dich und opfere Dich für uns Deinem
himmlischen Vater mit all Deiner Demut und Geduld, zur Erwerbung
aller Tugenden, die uns mangeln.
O Du Lamm Gottes, erbarme Dich unser und opfere Dich für uns und
Deinen Vater, mit aller Bitterkeit Deines Leidens, zur
gänzlichen Verzeihung unserer Sünden.
O Du Lamm Gottes, erbarme Dich unser und opfere Dich selbst für
uns Deinem Vater, mit aller Liebe Deines göttlichen Herzens, zur
Erfüllung aller guten Werke, die uns mangeln. Amen.
Vor und bei der hl. Kommunion
O allersüßester Jesus, wie herzlich gerne wollte ich jetzt
kommunizieren, wenn ich nur würdig wäre. Weil ich aber meiner
Sünden wegen dessen unwürdig bin. so bitte ich Dich, daß Du mich
nichtsdestoweniger in geistiger Weise besuchen und stärken
wollest. Ach, verschmähe nicht mich Armen, der ich mit dem
offenen Sünder von ferne stehe und herzlich zu Dir seufze. Gib
mir, wie der kananäischen Frau, Brosamen von Deinem hl. Tisch,
wodurch meine arme Seele möge erquickt und gestärkt werden,
damit sie sich diesen Tag in Deiner Gnade erhalten, in allem
Guten fleißig üben und den Versuchungen besseren Widerstand
leisten möge. Das verleihe mir, o gütigster Jesus, durch Deine
unendliche Liebe und Barmherzigkeit. Amen.
O gebenedeitester Jesus, wie Du in dieser hl. Messe Brot und Wein so kräftig
gesegnet hast, daß es in Deinen Leib und Dein Blut verwandelt wurde, so
wollest Du jetzt auch mich segnen, damit diesen ganzen Tag das Zeichen
Deines hl. Sakramentes in meiner Seele eingeprägt bleibe und durch dessen
Kraft alle Gewalt des Feindes vernichtet werde.
So segne mich denn Deine Allmacht! Es erleuchte mich Deine Weisheit! Es
erfülle mich Deine Seligkeit! Mich ziehe und vereinige mit Dir Deine
unendliche Güte und Barmherzigkeit! So geschehe es durch die Hand des
Priesters im Namen des
† Vaters und des
† Sohnes und des
†
Hl. Geistes. Amen.
Gebet am Donnerstag
(Zur Angst Christi am Ölberg)
O gütiger
Herr Jesus Christ! Traurig an den Ölberg gegangen bist! Du littest große Angst
und Not; Dein' Seel' war betrübt bis in den Tod. Vor Herzenleid war's Dir so
heiß. Daß Du littest blutgen Schweiß! Ich bitte Dich durch Dein Herzenleid,
Stärke mich in Angst und Traurigkeit, Daß ich auch sage zum Vater dein: „Dein
Wille geschehe und nicht der mein'!" Hilf endlich mir im letzten Streit, Von dem
abhängt die Ewigkeit. Amen. (Vater unser, Ave Maria)
Gebet am Freitag
(Nachmittags drei Uhr, zur Scheidung
Christi.)
Es ist Finsternis geworden, als die Juden den Herrn Jesum
gekreuzigt hatten. Und um die neunte Stunde schrie der Herr Jesus mit lauter
Stimme: „Mein Gott, mein Gott, warum hast Du mich verlassen!". Und mit
geneigtem Haupt gab er den Geist auf. Deshalb, o Herr Jesus Christus, beten
wir Dich an und loben Dich, denn durch Dein hl. Kreuz, durch Dein bitteres
Leiden und unschuldiges Sterben hast Du uns und die ganze Welt erlöst.
O Herr Jesus Christus, durch die Bitterkeit Deines hl. Leidens, das Du um
unsertwillen am Kreuz gelitten hast, besonders in der Stunde, da Deine edle
Seele von Deinem hl. Leib geschieden ist, bitte ich Dich, Du wollest Dich
meiner armen Seele erbarmen, bevor sie von meinem Leib wird scheiden müssen,
auf daß Dein Kreuz und Marter an mir und andern Sündern nicht verloren
gehen. Amen.
1. Es walte über uns Gott der
† Vater, der
† Sohn und der
† Hl. Geist. Ich
danke Dir, himmlischer Vater, durch Jesum Christum, Deinen Sohn, meinen
Herrn, daß Du mich diesen Tag gnädiglich behütet hast. Ich bitte Dich, Du
wollest mir vergeben alle Sünden und mich auch diese Nacht gnädiglich
behüten; denn in Deine Hände empfehle ich meine Seele, meinen Leib und
alles, was Deine ewige Majestät mir gegeben hat. Dein hl. Engel wache über mich, daß der böse Feind
keine Gewalt über mich habe. Amen. Vater unser. Ave Maria. Glaube.
2. Vater unser, der Du bist im Himmel, der Du für mich auf Erden diesen
Tag väterlich gesorgt hast! Geheiligt und gepriesen sei Dein Name für
die Wohltaten dieses Tages.
Ist der heutige Tag mir und andern der letzte des Lebens, so ist dies
meine letzte Bitte:
Zukomme uns Dein Reich!
Willst Du, daß ich diese Nacht sterbe, so sei es, Vater! Dein Wille
geschehe, wie im Himmel, also auch auf Erden.
Nur um das bitte ich Dich: Gib uns heute unser täglich Brot, nicht für
den Leib, sondern für die Seele; nämlich die Gnade, die Sünden dieses
Tages zu erkennen, zu bereuen und abzubüßen. {Hier die
Gewissenserforschung)
Nach der Gewissenserforschung:
O mein Gott, wie böse war ich an diesem Tag, da Du so gut gegen mich
warst! Erbarme Dich meiner und aller Sünder! Vergib uns unsere Schulden,
wie ich auch allen meinen Schuldigern von Herzen vergebe, die mich
diesen Tag beleidigt haben. Es reut mich, o höchstes Gut, daß ich Dir
heute nicht gedient habe, aus Liebe zu Dir reut es mich. In Zukunft,
koste es was es wolle, will ich Dir von ganzem Herzen dienen.
Führe uns nicht in Versuchung, Vater! Diese Nacht beschütze mich, damit
ich mit hl. Gedanken zu Dir aufwache.
Erlöse uns von dem Übel der Sünde, von allen sichtbaren und unsichtbaren
Feinden, von allen quälenden Übeln und Plagen der Seele und des Leibes,
besonders aber von dem Tod in der Sünde. Amen.
Gegrüßet seist du, Maria, voll der Gnaden! Deiner mütterlichen Gnade
empfehle ich mich diese Nacht. Der Herr ist mit Dir, segne mich durch
ihn, da ich schlafe. Du bist gebenedeit unter den Frauen, und gebenedeit
ist die Frucht deines Leibes, Jesus Christus; in dessen offenes heiliges
Herz empfehle ich meine arme Seele.
Hl. Maria, Mutter Gottes, bitte für mich armen Sünder, daß ich mit hl.
Gedanken einschlafe. Und wenn ich diese Nacht sterben sollte, so bitte
für mich armen Sünder, jetzt und in der Stunde meines Absterbens. Amen.
O hl. Schutzengel, streite für mich. O hl. Namenspatron, bitte für mich.
O Herr, gib den armen Seelen die ewige Ruhe. Ihnen schenke ich aus
christlicher Liebe alle Verdienste dieses Tages. Amen.
Als eine Adventsgabe bezeichnete er auch folgendes Gebet, von ihm
selbst das Almosen genannt. Er hatte von ungefähr einen armen
blinden Bettler angetroffen, der, an einer Straße sitzend, die
Vorübergehenden um ein Almosen ansprach. Vater Niklaus, gewohnt, in
allen Dingen eine Beziehung auf die ewigen Wahrheiten zu nehmen und
so recht also von allem auf einer Stufenleiter zu Gott
emporzusteigen, bedachte sogleich den Zustand dieses Bettlers als
ein Bild unseres geistigelenden Zustandes, in dem auch wir teils
geblendete Augen, teils gelähmte Glieder des Geistes haben und vor
Gott als Bettler erscheinen. In einer bald darauf folgenden
Gebetsstunde zu Hause betete er, nachdem er sich noch einmal an
jenes Bild erinnert hatte, sogleich also:
„Ich bitte Dich, o großer Gott, um Deines göttlichen Namens und
um Deiner
Eigenschaften willen um ein Almosen dem armen blinden Menschen,
dem elenden Tropf. Denn da ich meine Augen von Dir ab- und zu
eitlen Sachen hingewendet habe, da bin ich ganz blind geworden,
und zwar so stockblind, daß ich meine Blindheit selbst nicht
mehr kenne. Und meine Glieder, die ich zu Deiner Ehre und Glorie
gebrauchen sollte, habe ich zu Deiner Unehre gebraucht; sie sind
so schwach und matt geworden, daß ich nicht mehr vermag,
vorzurücken; immer geht es rückwärts. Und durch mein sünd- und
lasterhaftes Leben habe ich nicht nur all mein Gut verschwendet
und mich in die äußerste Armut versetzt, sondern überdies in
ungeheure Schulden gestürzt, und habe nichts daran zu bezahlen.
Also bitte ich Dich, großer Gott, um ein Almosen dem armen
blinden Menschen, dem elenden Tropf."
Hier betete er zu Ehren der drei Personen der heiligsten
Dreifaltigkeit drei Vaterunser und Ave Maria samt dem Lobspruch:
„Ehre sei Gott, dem Vater" usw., um das Almosen zu erhalten,
dann ferner:
„Ich bitte Dich, liebster Jesus, unser göttlicher Erlöser durch
Deine hl. Menschwerdung, durch Dein strenges und bußfertiges
Leben, Leiden und Tod, durch Dein hl. vergossenes Blut und durch
die große Güte, in der Du Dich im hl. Altarssakrament
hinterlassen hast zu einem immerwährenden Opfer und Genuß, durch
die Liebeswerke alle, die Du erwiesen hast, und durch die Kraft
Deiner hl. fünf Wunden: Schenke mir doch ein Almosen, dem armen
blinden Menschen, dem elenden Tropf."
Hier betete er fünf Vaterunser und Ave Maria mit dem Glauben, zu
Ehren der hl. fünf Wunden Christi; und dann wandte er sich zu
Maria, der Gottesgebärerin, und bat um das Almosen auf folgende
Weise:
„Ich bitte dich, liebe Mutter Gottes Maria, du Königin des
Himmels und der Erde, du Ausspenderin der himmlischen Schätze,
um Gottes und des Namens deines göttlichen Sohnes willen um ein
Almosen dem armen blinden Menschen, dem elenden Tropf."
Und er fügte nun dreimal den Englischen Gruß mit dem Salve
Regina hinzu, beschloß aber den dritten Englischen Gruß mit dem
Gebet: „Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, o heilige Gottesgebärerin!" usw.
Zuletzt nahm er auch noch Zuflucht zu der
Fürbitte der Heiligen und der seligen Geister, die mit uns
Glieder eines Leibes in Christo sind, aber, reich an Gnade vor
dem Herrn und an Liebe für uns, gewiß eine, obwohl
untergeordnete, jedoch heilsame Vermittlung (durch Verdienste
und Fürbitte) leisten.
„So bitte ich euch, ihr lieben hl. Engel, jeden insbesondere,
und alle Heiligen und Seligen, jeden insbesondere, um ein
Almosen, um Gottes und Unserer Lieben Frau willen - dem armen
blinden Menschen, dem elenden Tropf."
Seine
Andacht zu den heiligen Wundmalen Jesu Christi
In das Leiden unseres Herrn hatten sich von
jeher alle frommen Christen betrachtend vertieft, und es entstand in der
Kirche bald die Verehrung und Andacht zu den fünf Wunden Jesu Christi.
Niklaus Wolf erkannte diese geistige
Zufluchtsstätte ebenfalls und benutzte die Andacht zu den hl. fünf Wunden
Jesu Christi eifrig für sein Heil, empfahl sie allen, die für seine
väterlichen Ermahnungen ein offenes Ohr und Herz hatten, und unterrichtete
sie sogar darüber durch einen eigenhändig entworfenen Unterricht, woraus das
folgende entnommen wurde:
Andacht zu den heiligen fünf Wunden
Jesu
O mein Jesus! Vor Dir falle ich nieder auf
meine Knie und bitte Dich, barmherzigster Jesus, laß mich doch in diese
Deine heiligen Wunden eingehen. Ach, mein liebster Jesus, Dir sind bekannt
die Wünsche meines Herzens! Du weißt, daß ich nur darum in diese hl. Höhle
verlange aufgenommen zu werden, damit ich Dich aus Seelen- und Leibeskräften
lieben könne. Deine hl. Leiden betrachten, von Sünden abstehen, Nachlaß der
Sünden erhalten, Buße tun, vom Teufel und seiner Verführung befreit werde.
Du weißt, mein liebster Jesus, wie mich der Teufel so oft in die Sünde
der Hoffart und des Neides, der Unkeuschheit, des Zornes, der Trägheit,
ja, in alle Laster gestürzt hat. Ich bin so in Sünden und
Anfechtungen verstrickt, daß ich mir nicht zu raten und zu helfen weiß. Ach,
ich bitte, mein liebster Jesus, laß mich doch in Deine hl. Wunden eingehen;
dann ist mir ganz geholfen, und ich habe weder den Teufel, noch seine
Fallstricke zu fürchten. Mich dünkt, ich höre Dich sagen: „So komme denn und
gehe hinein! Ich habe diese meine Wunden wegen dir, o Sünder, empfangen und
so grausame Schmerzen gelitten und die Wunden deswegen behalten, damit du
eine sichere Wohnung habest. Nimm alles mit dir, was dein ist, damit du
nicht mehr nötig habest, hinauszugehen, damit der Feind weder dir, noch den
deinigen, noch dem deinigen schaden könne und du also ungehindert mir dienen
könnest."
O Jubel, o Freude, o Trost, o Süßigkeit meiner Seele! Ich schwimme in einem
Freudenmeer; mein Herz will mir schmelzen vor Freuden. Ach, was soll ich
doch tun, wie soll ich mich verhalten bei diesem Einzug? Ich will mich
umsehen um Hilfe, die mir hilft, Gott loben und jubilieren und dem Herrn
einen neuen Lobgesang anstimmen. O Jesus, Jesus, Jesus! Ich weiß fast nicht,
was ich mache vor großer Herzensfreude. Auf den Knien will ich hineingehen
in die hl. neue Wohnung, aber zuvor zu diesem feierlichen Einzug jemanden
einladen zum Lobe Gottes.
O Maria, du jungfräuliche Mutter des Sohnes
Gottes! Hl. Josef! Hl. Joachim und hl. Anna! Hl. Apostel und Evangelisten!
Hl. Erzengel Michael! Auch mein lieber Schutzengel, du großer Himmelsfürst,
samt allen himmlischen Heerscharen! Ihr hl. Namens- und Schutzpatrone samt
allen Heiligen im Himmel! Ach, helft mir, bei diesem herrlichen Einzug Gott
loben! Singt ihm ein neues Lied! Auch alle Geschöpfe lade ich bei diesem
Einzug zum Lob Gottes ein. Aber du verfluchter Teufel und Bösewicht,
dahin kannst du nicht kommen; jetzt bin ich ganz sicher vor dir! O
Jubel, o Freude, o Trost, o Sicherheit!
Am Freitag jeder Woche statt des
obigen folgendes:
O mein Jesus! Wie soll ich armer großer
Sünder mich verhalten bei diesem Einzug? Wie soll ich mich dazu vorbereiten?
Mit was für Gedanken soll mein Herz angefüllt sein? O mein Jesus! Ich will
zu Gemüte führen Dein so bitteres Leiden und Sterben, das Du wegen mir
Sünder ausgestanden hast. Gib mir Deine Gnade dazu! Ich will mich zuerst an
den Ölberg verfügen; da sehe ich Jesum auf den Knien, gebeugt bis zur Erde,
voll Betrübnis, Angst und Not. Er sprach: „Meine Seele ist betrübt bis in
den Tod". Er betete zu seinem Vater, daß er doch diesen Kelch von ihm nehmen
wolle: „Jedoch nicht mein, sondern Dein Wille geschehe!" Seine Angst war so
groß, daß sein Schweiß, der geworden wie Blutstropfen, auf die Erde rann. Da
kam Judas mit seiner Kriegsrotte und verriet Dich mit einem Kuß. Du wurdest
zu Boden geworfen, geschlagen, gebunden, zu Annas und Kaiphas geführt, mit
Backenstreichen geschlagen, vor dem Rat zum Tod verdammt, die ganze Nacht
verspottet, geschlagen und gepeinigt, zu Pilatus und Herodes geführt, dort
verspottet, beschimpft und geschlagen, mit Geißeln zerfetzt, mit Dornen
gekrönt, zum Tod verdammt. Du selbst, o Jesus, trugst das Kreuz, wurdest
daran genagelt; drei Stunden lang hingst Du am Kreuz unter größter
Verspottung, Du betetest für Deine Feinde und Peiniger und starbst am Kreuz.
O Jesus, was hast Du mir zuliebe getan, und was tue ich Dir zuliebe, mein
Jesus, für Dein hl. bitteres Leiden und Sterben? O mein Jesus, es reuen mich
meine Sünden aus Liebe zu Dir. Ach, wie habe ich so boshaft sein können, mit
meinem boshaften Leben Dich und Dein hl. Leiden zu verachten! Aus Liebe zu
Dir nehme ich mir vor. Dich nicht mehr zu beleidigen. Ich hoffe, Du wirst
mich durch die Kraft dieser hl. Wunden stärken, von Sünden abzustehen; denn
der Feind, der mich verführt, kann nicht in diese hl. Höhle kommen. Jetzt
bin ich sicher vor ihm. Ich danke Dir für diese große Guttat, o Jesus!
O mein liebster Jesus! Jetzt
will ich auf den Knien in diese hl. Wunden und Felsenhöhle
eingehen, die Meinigen und das Meinige mitnehmen, damit ich
nicht mehr hinausgehen muß. Mit Jubel und Lobgesang gehe ich
hinein: |
|
Ich bitte dich, Maria, samt den Thronen,
Auch euch, ihr himmlischen Heerscharen in
Chören,
Erhebt eure Stimmen und helft mir singen
Mit großer Herzensfreud und ohne alles
Leid:
Gelobt sei Jesus Christus in alle
Ewigkeit!
Laßt uns Jesum loben und preisen.
Nach aller Möglichkeit Ehre beweisen!
Ihr Heiligen im Himmelssaal, lobet
allzumal
Mit großer Herzensfreud' und ohne alles
Leid:
Gelobt sei Jesus Christus in alle
Ewigkeit!
Ihr Kreaturen all, und alles, was
erschaffen ist.
Kommt, helft mir Jesum preisen zu jeder
Frist!
Denn in seinen hl. Wunden hab' ich Heil
gefunden.
Darum singt mit Herzensfreud' und ohne
alles Leid:
Gelobt sei Jesus Christus in alle
Ewigkeit!
|
O Jesus! Wie schön ist es doch in dieser hl. Höhle! Ein ganzer Berg ist
mir vom Nacken gefallen. O Jesus! Was sehe und empfinde ich in dieser
hl. Höhle! O wie sehr entzündet mich diese hl. Höhle in der Liebe Gottes
und des Nächsten! Da sieht man, was Jesus gelitten, und wie abscheulich
die Sünde ist. Ach, hätte ich doch niemals gesündigt! Aus Liebe zu Dir reuen mich meine
Sünden! Ich hoffe Verzeihung, und durch die Kraft dieser heiligen
Wunde vergieße ich ganze Zährenbäche, meine Sünden zu beweinen. O
wie viele Plagen und Anfechtungen hatte ich vom Teufel zu erdulden!
O wieviel Mal bin ich von ihm überwunden worden! Und jetzt, o mein
Jesus! Auf einmal bin ich befreit und gestärkt, ihn zu überwinden.
Höre, Teufel! Wo sind jetzt deine Prahlerei und dein Hochmut? Ich
fürchte die ganze Hölle nicht mehr; hier in dieser hl. Höhle bekommt
man Demut, Furcht Gottes, Weisheit, Kraft und Stärke, Lust und Eifer
zum Gebet und andere Gaben mehr. Auch habe ich bei mir die Meinigen.
Wie gut sind sie besorgt an diesem Ort! Auch habe ich alles das
Meinige bei mir; ich darf meine Arbeit nur, wie Gott es verlangt,
verrichten, aber allen Kummer und alle Sorge ihm überlassen, weil an
diesem Ort tausendfacher Segen ist. So kann ich mich da in meinem
Sinnen und Denken beständig mit Gott beschäftigen.
O Jubel! O Freude! O Süßigkeit! Tausendfältigen Dank sei Dir gesagt,
o liebster Jesus! Ich will alles tun, um in dieser hl. Höhle
verbleiben zu können. Gib mir Deine göttliche Gnade, daß es
geschehe! Auch danke ich der Mutter Gottes, allen Heiligen und
Engeln, die mich in diesem feierlichen Einzug begleitet haben; ich
empfehle mich euch auf ein Neues an!
Nun folgen die Betrachtungen zu den hl. Wundmalen
1. Betrachte, meine Seele, die Heiligkeit des Ortes, wo du wohnst!
Jesus ist der Herr des Himmels und der Erde; vor ihm fallen die himmlischen
Heerscharen auf ihre Angesichter und beten ihn an. Er hat alle Macht im
Himmel und auf Erden; wenn nur sein hl. Name ertönt, so zittert
schon die ganze Hölle. Ja, wenn ein Mensch im Herzen nicht
zweifelt, sondern lebendigen Glauben und Vertrauen hat, was er in diesem
sagen wird, daß es geschehen soll, das geschieht. Dieser Jesus hat die
heiligen Wunden, die er an Händen und Füßen und an der Seite empfangen,
behalten. Jetzt weiset er dir eine seiner heiligen Wunden an als einen
sichern Ort für dich. Siehst du jetzt die Heiligkeit des Ortes! Ach,
liebster Jesus, jetzt falle ich auf meine Knie mit den himmlischen
Heerscharen und bete Dich mit ihnen an: Heilig, heilig, heilig bist Du, Gott
der Heerscharen! Die ganze Welt ist mit Deiner Herrlichkeit erfüllt.
Liebster Jesus! Gib mir die göttliche Gnade, diesen hl. Ort in solcher Ehre
zu halten, daß ich nicht daraus verstoßen werde.
2. Betrachte
jetzt in dieser hl. Wunde, was dein liebreichster Jesus gelitten, da er
diese hl. Wunden empfangen! Betrachte, als sähest du es mit leiblichen
Augen, wie ihm grausam ein stumpfer Nagel auf das Glied gesetzt worden, wie
die Henkersknechte ihm mit schwerem Hammer Streich auf Streich verfügten,
bis der Nagel durch das Glied und Kreuzholz getrieben war. Gedenke, was für
ein unmenschlicher Schmerz es gewesen, ein Schmerz über alle menschlichen
Begriffe, wie reichlich das Blut aus der Wunde floß, wie
der Schmerz seinen ganzen Leib durchdrang und selbst sein edles Herz, wie
viele Zähren⃰
der schon zuvor so grausam gemarterte Jesus vergossen, wie
viele herzbrechende Seufzer er zum himmlischen Vater getan, wie dieser
Schmerz vergrößert wurde durch die grausame Ausspannung, wo alle Glieder aus
ihren Gelenken gezogen wurden, und da er mit dem Kreuz aufgerichtet wurde,
drei ganze Stunden an demselben hing! O Schmerzen! O Qual!
O Angst! O Not! Wer will es aussprechen, welche Feder will es
beschreiben, welcher Mensch kann es fassen, was das für Schmerzen waren
- ach, großer Gott! O schmerzhafter Jesus! Tausend- und
tausendmal sei Dir Lob und Dank gesagt für Dein bitteres
Leiden, das Du wegen mir schnödem und boshaftem Sünder gelitten hast, um
mich zu erlösen und mir einen so sicheren Ort, mein Heil zu wirken,
verschafft hast! Ich danke Dir auch, o schmerzhafter, liebreicher Jesus,
daß Du mich armen Sünder in diese hl. Wunde aufnimmst. Ich bitte Dich,
liebster Jesus, verstoße mich nicht von diesem hl. Ort und gib mir die
Gnade, Dein hl. Leiden mit dankbarem Herzen allzeit zu betrachten und
mein geringes Leiden mit dem Deinigen zu vereinigen, von Sünden
abzustehen und wahre Buße zu wirken.
⃰
Zähre, Zähren
Ein Tropfen Flüssigkeit, der von den Augen beim Weinen oder einer
Reizung abgesondert wird. Synonyme: Träne
Übergeordnete Begriffe: Tropfen Anwendungsbeispiele:
weinte bittere Zähren.
3. Betrachte wohl, meine Seele, wer derjenige ist, der so
unaussprechliche Schmerzen gelitten. Es ist der Sohn Gottes, der mit dem
Vater und dem Hl. Geist als gleicher Gott lebt und regiert von Ewigkeit
zu Ewigkeit. Also ganz freiwillig hat er die Menschheit angenommen, auch
freiwillig gelitten und gestorben: Er, der Heiligste, Reinste,
Unschuldigste! Und für wen? Ach, welch ein Wunder! Für mich armen Sünder
und das ganze menschliche Geschlecht, uns von der ewigen Verdammnis zu
erlösen. Wie groß ist doch die Liebe! Gott selbst nimmt
die Genugtuung der Sünden für seine sündhaften Geschöpfe auf sich. Wie
werden sich jetzt die lieben Engel verwundern, da der Sohn Gottes, der
zur Rechten seines himmlischen Vaters sitzt, mir boshaftem Sünder eine
seiner heiligen fünf Wunden anbietet - zu einer Wohnung, nachdem ich so
viel tausendmal den Fluch von ihm verdient habe! Fordert solche Liebe
nicht auch Gegenliebe und Liebe gegen den Nächsten?
Ach, liebster Jesus! Du bist Christus, der Sohn des lebendigen Gottes;
und Du erniedrigst Dich so weit herab, daß Du Fleisch und Blut
angenommen hast, mich boshaften Sünder ewig glückselig zu machen. Und
nachdem Du für mich armen Sünder so viel gelitten hast und gestorben
bist, bietest Du mir eine Deiner hl. fünf Wunden an, damit ich nicht
irre gehe und der Hölle zulaufe. So bitte ich Dich, liebster Jesus,
durch Deine hl. Wunden, daß die Kraft Deiner hl. Wunden mich in Deiner
hl. Liebe entzünde und in der Liebe des Nächsten, damit ich nicht aus
diesem hl. Ort verstoßen werde.
4. Betrachte, meine Seele, das Mitleiden Maria,
der jungfräulichen Mutter des Sohnes Gottes, als ihr liebster Sohn an das
Kreuz ist genagelt worden! Betrachte zuerst die unaussprechliche Liebe,
die sie zu ihrem göttlichen Sohn hat. Niemand kann aussprechen, wie
Maria in der Liebe Gottes entzündet war, also auch gegen ihren Sohn,
weil er Gott und Mensch zugleich war. Und sie hatte eine vollkommene
Erkenntnis dieses Geheimnisses; auch war sie eine wahrhaft glückliche
Mutter dieses menschgewordenen Sohnes Gottes. Jetzt betrachte, meine
Seele, wie größer die Liebe und Erkenntnis dieses ihres Sohnes war,
desto größer war auch ihr Schmerz in dem Leiden ihres Sohnes, und da sie
hörte, daß ihr Sohn am Kreuz angenagelt werden und daran sterben soll, -
wer will aussprechen, was für Schmerzen und Qualen ihr Herz, Leib und
Seele durchdrungen haben! Und da ihr Sohn an das Kreuz genagelt worden,
so war es ihr nicht anders, als wenn sie es selbst litt. Es ist
unmöglich, zu begreifen, was für Schmerzen damals Maria ausgestanden.
Ja, aus Größe der Schmerzen war sie mehr tot als lebendig. Es ist nicht
möglich, das Leiden Jesu und Maria nach seiner Größe zu betrachten. Und
dann - wo ist die Dankbarkeit?
O schmerzhafte, jungfräuliche Mutter Maria! Ich bitte dich, erhalte mir
bei deinem lieben Sohne, sein hl. Leiden und dein Mitleiden mit wahrem
Mitleiden zu betrachten und in dieser hl. Wunde mit den Meinigen zu
leben und zu sterben, Verzeihung meiner Sünden und Schulden und
wohlverdienten Strafen zu erlangen. Auch danke ich dir, liebe Mutter
Gottes, für alle Gaben, Gnaden und Wohltaten, die du mir von deinem
geliebten Sohne schon erhalten hast. Ich empfehle dir mich und die
Meinigen.
5. Wie muß ich mich doch verwundern über die Werke Gottes, besonders
aber darüber, daß Gott so viel für mich tut, sich so weit herab läßt,
Mensch wird, leidet, eines so schmerzlichen und verächtlichen Todes
stirbt - um mich ewig selig zu machen. Er überhäuft mich mit so vielen
Gnaden und gibt sich sozusagen alle Mühe, damit ich ewig selig werde.
Was siehst Du, o Gott, an mir, daß Du mich so sehr liebst; mein ganzes
Leben ist ja mit Sünde und Bosheit angefüllt. Ja, großer Gott, der ganze
Himmel wird sich wundern über die Liebe und die Guttaten, die Du mir
erweisest; und die Hölle wird rasend sein vor Neid über Deine Liebe
gegen mich.
O mein liebster Jesus! Ich falle auf meine Knie und danke Dir
tausendfältig für die große Liebe, mit der Du mich liebest, und für alle
Guttaten, mit denen du mich überhäufest. Gib mir die Gnade, daß ich
diese Deine Liebe und Guttaten recht erkenne, mit dankbarem Herzen Dir
diene und ein solches Leben führe, daß ich nicht aus diesem heiligen Ort
verstoßen werde.
6. O mein Jesus! Wenn ich mein vergangenes Leben betrachte, so
geht ein ganzer Schauer über mich wegen der Viele und Größe meiner
Sünden. Ich kann mich nicht genug verwundern über Deine Langmut, o
barmherzigster Jesus! O wieviel tausendmal habe ich verdient, ewig von
Dir verstoßen zu werden, und jetzt, da die Hölle nichts anderes erwarten
konnte, als daß Du über mich den Fluch werdest ergehen lassen, rufst Du
mich und sprichst: „Komm, mein Kind, und siehe, was ich für dich
gelitten; warum willst du ewig zugrunde gehen? Komm in diese
meine Wunde, die ich wegen dir empfangen habe; komm herein; bereue deine
Sünden,
tue Buße in dieser hl. Höhle, der Feind wird dich nicht daraus reißen
können."
O mein Jesus, jetzt falle ich in dieser hl. Höhle nieder auf meine Knie
und bitte Dich, barmherzigster Jesus, verzeihe mir meine so unzählbaren
und großen Sünden; es ist mir leid und reut mich von Grund meines
Herzens aus Liebe zu Dir, daß ich Dich, das höchste, liebenswürdigste,
unendliche Gut beleidigt und erzürnt habe. Ich werde nicht aufhören, auf
meine Brust zu schlagen und zu rufen: „O Gott, sei mir Sünder gnädig!".
Ich nehme mir ernstlich vor, mit Deiner Gnade nicht mehr zu sündigen,
sondern in dieser hl. Höhle Buße zu tun. Aber, mein liebster Jesus, du
weißt, wie oft ich dies schon versprochen und niemals gehalten habe; was
wird diesmal geschehen? Ich habe mich an das Sündigen so sehr gewöhnt,
daß ich ungeachtet aller Vorsätze ohne Deine mächtige und besondere
Gnade nicht aufhören kann. Darum bitte ich Dich, liebster Jesus, wirke
Du mit Deiner Gnade in mir, auf daß ich Früchte wahrer Buße bringe. Ich
hoffe es, gütigster Jesus, Du werdest mir die Kraft dieser Deiner hl.
Wunde zukommen lassen, damit ich hinfür mit dankbarem Gemüt Dir diene!
7.
O mein liebster Jesus! Nun habe ich mein vergangenes Leben und dagegen
auch den hl. Ort Deiner Wundmale betrachtet. Ist es möglich, liebster
Jesus, daß ich Unwürdiger in dieser Höhle soll wohnen können, ich, ein
so großer Sünder und boshafter Mensch! O wie soll ich es Dir, liebster
Jesus, vergelten? O gütigster, liebreichster, barmherzigster Jesus! In
dieser hl. Höhle falle ich nieder und bete Dich an und danke Dir,
liebster Jesus, daß Du mich Unwürdigen in Deine heilige Wunde aufnimmst.
Ich bitte Dich, gütigster Jesus, gib mir die Gnade, daß ich meine
Unwürdigkeit erkenne, und daß ich erkenne die große Gnade, die Du mir
erweisest, und daß ich lerne, mich verachten und wahrhaft demütig werden
und Dich, o Jesus, aus Seelen- und Leibeskräften liebe. Ach, demütigster
Jesu! Erhöre meine Bitte!
8. Indem ich meine Unwürdigkeit und mein sündhaftes Leben
betrachte und mich erinnere, wie voll Sünde und Bosheit, wie unrein ich
bin, wie sehr gewöhnt an das Sündigen, - wandelt mich billig eine Furcht
an: Ich möchte selbst diese hl. Wohnung verlassen, um sündigen zu
können, oder ich möchte wieder daraus verstoßen werden. O mein Gott, wie
schrecklich wäre dies!
O mein Jesus! Ich bitte Dich, durchstich mein Fleisch mit Deiner Furcht,
auf daß ich mich fürchte, vor Deinem Angesicht zu sündigen, und daß ich
niemanden fürchte als Dich. O gib doch, liebster Jesus, daß ich
beständig in der Furcht Gottes wandle und den hl. Ort Deiner Wundmale
nicht verlasse, noch auch sie zu verlassen genötigt werde.
9. Weil ich in so großer Gefahr bin und mir selbst nicht helfen kann, so
will ich mein Vertrauen auf Jesum setzen und ein solches Vertrauen auf
ihn haben, wie möglich. Ich habe Gründe genug dafür; er ist ja
allmächtig, gütig und getreu; er hat so viel gelitten, um mich selig zu
machen; er hat diese hl. Wunde empfangen, um mir einen sichern
Zufluchtsort zu verschaffen und mich von den teuflischen Nachstellungen
zu befreien, mich zu stärken, auch die Welt und das Fleisch zu besiegen,
den hl. Namen Jesus zu verherrlichen und im Angesicht des Himmels vor
der Welt und der Hölle zu bekennen.
Wollten Welt, Fleisch und Satan mich bekämpfen und besiegen, so fliehe
ich in die innere Höhle dieser hl. Wunde und rufe den Namen Jesus aus,
und ich werde siegen. Ja, wenn die ganze Hölle und die ganze Welt sich
wider mich zusammen verschworen hätte, so würde ich in dieser heiligen
Höhle ruhig und ohne Furcht bleiben und ihrer spotten; denn sie werden
nichts wider mich vermögen. Ich siege durch Jesum und sein heiliges
Kreuz.
O getreuer, wahrhaftiger, allmächtiger Jesus! Du hast gesagt:
„Was ihr immer in meinem Namen bitten werdet, das werdet ihr erhalten,
glaubet es nur!" Jetzt bete ich auch durch Dich, o Jesus, und
Deine heiligen Wunden zu Gott um die Gabe, mit festem Glauben und
gläubigem Vertrauen Deinen heiligen Namen öffentlich und ungescheut im
Angesicht des Himmels vor der ganzen Welt und der Hölle zu bekennen, ihn
öffentlich zu verherrlichen, ohne Furcht oder Zaghaftigkeit, gleich
einem Felsen, für die Ehre dieses hl. Namens zu stehen und zu seiner
Ehre den Sieg davonzutragen. Ich werde nicht aufhören, Dich, großer
Gott, mit allem Vertrauen um diese Gnade zu bitten; denn Dein geliebter
Sohn hat mich versichert, daß ich werde erhört werden.
10. O unendlich gütiger, barmherziger Jesus! Ich bitte Dich durch
die Liebe, mit der Du diese heiligen Wunden empfangen hast, erhalte doch
mich und die Meinigen beständig in Deiner heiligen Wunde und beseele uns
mit der Heiligkeit dieses Ortes! Gib uns Kraft, Weisheit und Stärke,
Demut und Sanftmut, wahre Liebe Gottes und des Nächsten, Lust und Eifer
zum Gebet! O liebster Jesus! Ich bitte Dich, segne auch das Meinige mit
hundertfachem Segen zu Deiner Ehre und Verherrlichung! Ich bitte Dich,
großer Gott, um dieses alles durch Jesum Christum, seine heiligen fünf
Wunden, Schmerzen, Blutvergießung, Seufzer und Zähren⃰
.
⃰
Zähre, Zähren
Ein Tropfen Flüssigkeit, der von den Augen beim Weinen oder einer
Reizung abgesondert wird. Synonyme: Träne
Übergeordnete Begriffe: Tropfen Anwendungsbeispiele: weinte
bittere Zähren.
11. Ich bitte dich, o Königin des Himmels und der Erde, Mutter unseres
Herrn und Heilandes Jesu Christi! Bitte doch für mich armen großen
Sünder und erwirb mir von deinem geliebten Sohn diese Gnaden, damit ich
lebe, wie es sich an diesem Ort zu leben geziemt, auch den hundertfachen
Segen für das Meinige, und die Gnade, einen solchen Gebrauch davon zu
machen, wie es am meisten zur Verherrlichung des Namens Jesus gereicht.
Auch danke ich dir, o Maria, du Königin des Himmels und der Erde, für
alle Gnaden, die du mir und den Meinigen erworben hast: Gegrüßt seist
du, Maria, voll der Gnaden, der Herr ist mit dir usw.
Auch zu dir rufe ich, o hl. Josef, du Bräutigam der Königin des Himmels
und der Erde! Bitte auch für mich armen Sünder! Hl. Blasius, hl. Joachim
und Anna, ihr hl. Apostel und Evangelisten! Hl. Erzengel Michael! Hl.
Namenspatrone! Bittet für mich armen Sünder! Auch du, mein lieber
Schutzengel, großer Himmelsfürst, ich bitte dich inständig, du wollest
vor dieser hl. Höhle wachen und mich nicht mehr herausgehen lassen!
12. Gebet für die Kirche und das allgemeine
Anliegen der Christenheit.
Barmherziger Gott! Du hast das Gebet Deiner Kirche, das ohne Unterlaß
für den hl. Petrus verrichtet wurde, gnädig erhöret und hast ihn zu
rechter Zeit aus den Händen seiner Feinde gerettet. Erhöre auch unser
demütiges Gebet, das wir mit kindlichem Vertrauen für unsern dermaligen
obersten Hirten, den Nachfolger des hl. Petrus, vor Deinem Angesicht
ausgießen. Erhalte ihn, o Gott, den allgemeinen Vater der
Rechtgläubigen, noch ferner in Deiner Gnade, mit der Du ihn bisher recht
erkennbar gestärkt hast; segne den, der uns gesegnet hat, lindere seine
Leiden über das schwere Anliegen der Kirche, verlängere noch weiter die
Tage seines Lebens bis auf ruhigere Zeiten, damit er ungehindert die ihm
anvertraute Herde zu Deiner größeren Ehre, zu seinem und zu unserem
Trost noch viele Jahre weiden möge.
Wir bitten auch, Herr Jesus Christus, laß uns nicht auf spätere Zeiten
warten, sondern stehe auf und zeige in diesen Tagen Deine
unwiderstehliche Macht in Erhaltung Deiner Kirche, wie Du dieselbe in
ihrer Ausbreitung gezeigt hast, damit alle Feinde zuschanden werden und
reumütig erkennen, daß Deine Kirche auf einen Felsen gebaut, wider den
die Pforten der Hölle nichts vermögen, wenn Du dieselbe auch manchmal
bestürmen, doch nie zugrunde gehen läßt.
Hl. Geist! Geist der Liebe und der Wahrheit! Ergieße Dich abermals über die
Herzen der Völker, damit die, welche durch ihre Weisheit blind geworden
sind, durch eine heilsame Erfahrung überzeugt, das wohltätige Licht Deiner
Lehren erkennen und daß die, welche in ihrer Lauheit darnieder liegen, von
einer warnenden Furcht durchdrungen, mit einem neuen Eifer belebt werden.
Leite die Verwirrungen und das Elend unserer Zeit durch die wunderbaren
Gänge Deiner Weisheit, damit die zerrütteten Gemüter, in Einigkeit des
Glaubens versammelt, den allein wahren Gott und Jesum Christum, den er zum
Heil der Welt gesandt hat, recht erkennen, die Gnade des christlichen
Glaubens, die Stütze der Ruhe und Sicherheit künftig höher schätzen, auch
den Statthalter Jesu Christi, auf Erden, welcher der Mittelpunkt unserer
Einigkeit ist, mit kindlicher Liebe ergeben, wie es sich gebührt, in Ehren
halten.
Dreieiniger Gott! Mache den vielen Trübsalen ein Ende und laß Deine
Kirche, dadurch geeinigt, mit einem neuen Glänze hervorgehen -
dafür wollen wir Deine Macht und Herrlichkeit, Deine Güte und
Barmherzigkeit, mit Worten und in Werken zu allen Zeiten loben und preisen.
Herr, eile, uns zu helfen. Wir bitten Dich durch Jesum Christum, Deinen Sohn
und unsern Herrn. Amen.
13. Ich bitte Dich, großer Gott, durch Jesum, Deinen geliebten Sohn, und
durch seine hl. fünf Wunden, verschaffe doch, daß alle diejenigen, die diese
Wunden verehren und in dieselben eingehen, glänzende Perlen werden - zur
Ehre und Zierde dieser hl. Wunden und zum Spott der Hölle.
O liebreichster, gütigster, barmherzigster Jesus! Du weißt, welch ein großes
Verlangen ich habe, in dieser Deiner hl. Wunde beständig zu wohnen, darin zu
leben und zu sterben. Um dieses desto eher von Dir, o freigebigster Jesus,
zu erhalten, so schenke ich Dir zuliebe, o Jesus, alle Genugtuung den lieben
Abgestorbenen im Fegfeuer. Ich bitte Dich, liebster Jesus, eine Bitte,
verstoße mich doch nicht aus diesem hl. Ort, sondern laß mich und die
Meinigen mit dem Meinigen allezeit darin wohnen. Vater unser usw. Ave Maria
usw. Ich glaube usw.
O Jesus! O heilige Wunde! O heilige Höhle! O heilige Einsamkeit! Amen.
Das Grab Vater Wolfs ist die Zuflucht zahlreicher Pilger,
die mit ihren Nöten zu ihm kommen und viele haben Erhörung
ihrer Bitten erlangt.
Der Priester W. Sch. schreibt dem Verfasser:
„An einem der letzten Tag meiner Rekrutenschule erlitt ich eine Hydrops
genus sin. (Knieerguß), laut Dienstbüchlein. Vom 1.
April bis 6. Mai 1915 war ich im Kantonsspital Luzern. Ich genas und
wurde entlassen mit der Bemerkung, das Knie sei gesund. Die Gefahr aber
sei, daß leicht ein Rückfall eintreten könne. Eine Operation sei dann
nicht ausgeschlossen, vielleicht ein steifes Kniegelenk. Da versprach
meine liebe Mutter eine Wallfahrt zum frommen Wolf nach Neuenkirch. Mit
ihr pilgerte ich zum Grabe mit Vertrauen auf seine Fürsprache.
Nie hatte ich einen Rückfall, trotzdem ich das Knie nicht schonte. Ich
bin ganz überzeugt, daß ich dies der Hilfe des frommen Vaters Wolf verdanke.
- Dies ist meine Überzeugung."
In der „Schildwache" Nr. 52 vom 24. Sept. 1932 schreibt der Pfarrer
Joh. Sp. aus Tirol: „Auf die Empfehlung in der , Schildwache' hin
hatte ich zwei Stück von dem Büchlein ,Der fromme Niklaus Wolf von
Rippertschwand" bestellt, um es zu lesen und herzuleihen. Meine
Schwester litt schon längere Zeit infolge einer schlecht verheilten
Mittelohrentzündung oft sehr heftige Kopfschmerzen,
Schlaflosigkeit usw. Ärztliche Hilfe brachte nicht den
gewünschten Erfolg. Als es nicht mehr erträglich schien, sie daran
war, den Posten aufzugeben, versprach ich eine Novene zum frommen
Niklaus Wolf und eine hl. Messe um seine Fürbitte zu lesen. Am
zweiten Tag der Novene konnte sie bereits schlafen. Auffallend nahm
die Besserung zu und hält immer noch an. Ich hatte niemandem etwas
von dem Versprechen gesagt und erzählte es auch ihr erst einige
Wochen danach. Um die versprochene Veröffentlichung bitte ich
hiermit."
A. S. in N. hatte im Sommer 1923 einen Abszeß am rechten Bein. Zwei
Ärzte, die konsultiert wurden, fürchteten Tuberkulose und rieten zu
einer Operation, die die Durchtrennung der Gelenkkapsel erforderte,
um angegriffene Knochenteile entfernen zu können. Von einem Priester
aufmerksam gemacht, nahm der Kranke seine Zuflucht zum frommen Wolf
von Rippertschwand.
Während der Operation kam dem operierenden Arzt plötzlich
der Gedanke, die Gelenkkapsel nicht zu durchschneiden.
(Die
Durchtrennung hätte ein steifes Bein zur Folge gehabt.) Er reinigte
also nur die eiternde Wunde, die dann nachher so schnell und gut
heilte, daß der Arzt darüber in Erstaunen geriet. Dieser erklärte es
auch als merkwürdig, daß er einfach auf einen Gedanken hin, der sich
durch nichts begründen ließ, seinen Operationsplan plötzlich während
der Operation noch änderte und so den Patienten vor Invalidität
bewahrte.
A. St. ist überzeugt, daß der fromme Wolf geholfen hat.
Frau Sch. in N. erkrankte im Januar 1924 nach der Geburt eines
Kindes plötzlich an einer Embolie (Trombose vom
Herz in die Lunge). Zwei Ärzte waren anwesend und hielten die Frau,
wie sie selber ihr nachher gestanden, für verloren. Der Pfarrer traf
die Kranke bereits röchelnd wie eine Sterbende. Sie gab aber doch
Erkennungszeichen, so daß der Geistliche sie aufforderte, ihr ganzes
Vertrauen auf den frommen Niklaus Wolf von Rippertschwand zu
richten. Als Einverständnis drückte die Frau dem Pfarrer die Hand,
der denn auch den Gatten und die Kinder, sowie seine eigene Mutter
aufforderte, zum frommen Wolf zu beten und selber mit ihnen betete.
Nach kurzem ließ das Röcheln nach, die Kranke kam zu sich und war
gerettet.
Vor einigen Jahren hatte ich Lungen- und
Brustfellentzündung. Der Arzt mußte mir Wasser vom
Brustfell abziehen. Immer hatte ich noch hohes Fieber; der Arzt hatte
Bedenken, weil noch Wasser im Brustfell war, zu der Stelle er fast
nicht kommen konnte. Ich hatte große Angst vor dem Wasserabziehen,
dachte an Vater Wolf sel., wie er mir schon wunderbar geholfen,
versprach wieder eine Wallfahrt aufs sel. Wolfs Grab. Als der Arzt
wieder kam, sagte er zu seiner und meiner Freude, das Wasser sei
verschwunden, welches vor kurzem noch vorhanden war.
R., den 1. Juli
1935. Fr. L. Die Unterschrift der Fr. L, 0.,R., ist echt test. R.,
den 1. Juli 1935. Per
Gemeinderatskanzlei, Der Gemeindeschreiber: C. F.
Bezugnehmend Ihrem Befehl schreibe ich
die Begebenheit, welche erlebt auf Fürbitte von Vater Wolf sel.,
Neuenkirch.
Im Jahr 1895 bekam ich ein böses
Auge, mußte längere Zeit in ärztliche Behandlung. Später kam
leider die gleiche Geschichte wieder zurück. Es war an einem Abend, wo
ich so Schmerzen hatte, konnte kein Lichtschein mehr ertragen, weil so
entzündet. Ging ins Bett und dachte, eine Wallfahrt zu machen aufs Wolf
sel. Grab, Neuenkirch. Endlich schlief ich etwas ein, erwachte bald
wieder und spürte zu meinem Erstaunen gar kein Schmerz mehr; beide Augen
waren ganz gleich. Es war wirklich ein Wunder, noch an diesem Abend
geheilt zu sein.
R., den 1. Juli 1935. Fr. L. Die
Unterschrift der Fr. L., 0., R., ist echt test.
R., den 1. Juli 1935. Per
Gemeinderatskanzlei, Der Gemeindeschreiber: C. F.
Eine Anleitung, in Anliegen
den Vater Wolf um seine Fürbitte anzurufen.
Wir tun das wohl am besten mit den
Gebeten, die Vater Wolf selber bei seinen Krankenheilungen gebetet hat.
Alles im Namen Jesu und alles zur
größeren Ehre Gottes! - Im Namen Jesu bitten wir dich um deine Fürbitte,
Vater Wolf! - Wir vertrauen auf Dich, o Jesus!
O mein Jesus, ich glaube an Dich, weil Du
die unfehlbare Weisheit bist. O mein Jesus, ich hoffe auf Dich, weil Du
die unendliche Barmherzigkeit bist. O mein Jesus, ich liebe Dich, weil
Du das höchste Gut bist.
Fünf Vaterunser, Gegrüßet seist du, und
Glauben. Unter deinen Schutz und Schirm fliehen wir, o hl.
Gottesgebärerin usw.
Jetzt nimm andächtig Weihwasser.
Bei
Wunden oder Gebrechen gebrauche gesegnetes Öl.
O heiligster Name Jesus, sei unsere Hilfe! Wir
vertrauen auf Dich. Amen.
Eine Wegweisung, wie man den Namen Jesus um Hilfe anrufen soll, finden
wir auch in den zwei Briefen, die auf S. 38 und 42 angeführt sind.
So steht Vater Wolf da im Licht der
Geschichte als musterhafter Familienvater, als tüchtiger,
fortschrittlicher Bauer, als gewissenhafter Beamter, als ein höchst
verdienter Führer und Berater des katholischen Volkes, als
gottbegnadeter Beter und Helfer seiner Mitmenschen, als tiefsinniger, in
geistlichen, religiösen Fragen hochgebildeter Christ. Denen, die ihm auf
der Straße begegneten, rief er zu: „Gelobt sei Jesus Christus!".
Immer war er heiter und fröhlich und
machte gern einen Scherz, erzählte oft einen Spaß. Ein Mann, der bei
allen Ehren frei blieb von Hoffart und Ehrgeiz oder Habsucht; ein großer
Freund und Wohltäter der Armen, getragen von geistiger, übernatürlicher
Liebe. Ein Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle, ein grundsatztreuer
Katholik, ein gottbegeisterter, heiligmäßiger und bis zum letzten
Atemzug für Gott und seine hl. Kirche arbeitender Mann der katholischen
Aktion.
Aussprüche
des Dieners Gottes Niklaus Wolf:
Hat nicht Christus gesagt: Wenn ihr den
Vater in meinem Namen um etwas bitten werdet, so wird Er es euch geben"?
Was haben wir noch Zweifel? Alles werden wir erhalten, wenn wir genug
Glauben haben.
Ich ermahne die Leute, keinen Morgen ihr
Schlafzimmer zu verlassen, ohne zuvor auf den Knien ein eifriges Gebet
verrichtet zu haben.
Wenn der Mensch in der Kirche täglich
eine Geldsumme holen könnte, so klein sie auch wäre, er wäre an keinem
Tag zu träge, sie zu holen.
Jesu hat den Kranken, die zu Ihm kamen,
nicht gesagt: Leidet geduldig usw:; sondern Er hat sie gesund gemacht,
damit der Vater durch Ihn verherrlicht werde und Er durch den Vater.
O heiligster Name Jesus, sei
unsere Hilfe! Wir vertrauen auf Dich. Amen.
Die fünf einflußreichen
Beter der Schweiz
von links nach rechts
1. Josef Leu von Ebersol, 1800-1845;
2. Niklaus Wolf von Rippertschwand, 1756-1832;
3. Hl. Niklaus von Flüe, 1417-1487;
4. Konrad Scheuber von Wolfenschießen, Enkel des hl. Bruder Klaus, 1481 -1559;
5. Bruder Johann Wagner im Hergiswald ob Kriens, 1456-1516.
Der heilige Name JESUS befreie uns an allen Übeln
des Leibes und der Seele. Er sei unsere Kraft, unsere Stärke, unser Sieg: Im Leben,
im Tod und in der Ewigkeit. Amen.
Stoßgebet des Vater Niklaus Wolf
|